Katie lebt in Los Angeles, wird bald geschieden und ist bei einer Zeitschrift als Filmkritikerin beschäftigt. Ihre Arbeit füllt sie nicht aus und auch die dortige tägliche Begegnung mit ihrem Noch-Ehemann David erinnert sie schmerzlich an das, was sie verloren hat. Nachdem Katie ihren Vater in einem Heim für Alzheimer- und Demenzpatienten untergebracht hat, möchte sie seine alte Briefmarkensammlung schätzen lassen, die sie in ihrer Kindheit mit ihm bei früheren Flohmärkten zusammengetragen hat. Der Philatelist Benjamin soll für sie herausfinden, ob einige wertvolle Marken darunter sind. Benjamin wird tatsächlich fündig, entdeckt er doch eine alte österreichische Marke aus der Nazizeit, die noch dazu auf einem ungeöffneten Brief an eine Ellen Faber klebt. Katie möchte unbedingt herausfinden, was es mit dieser Marke auf sich hat. Gemeinsam mit Benjamin macht sie sich auf die Suche nach dem Graveur und nach Ellen Faber. Je näher sie der Lösung kommen, umso mehr nimmt Katie Anteil an der Geschichte von Ellen Faber. Wie sehr ihre eigene Familie darin verwickelt ist, wird ihr erst sehr spät bewusst…
Jillian Cantor hat mit ihrem Buch „Das Mädchen mit dem Edelweiss“ einen wunderschönen bewegenden Roman vorgelegt, der dem Leser mitten ins Herz geht. Der Schreibstil ist flüssig und emotional, der Leser wird regelrecht in die Geschichte hineingesaugt, um sich an Katies Seite auf Spurensuche zu begeben. Die Handlung wird über zwei Zeitebenen erzählt, der eine beschäftigt sich mit der Gegenwart im Jahr 1989 rund um Katie, der andere versetzt den Leser ins Jahr 1938, wo er der Familie Faber und dem Waisen Christoph in Österreich während der deutschen Besatzung zum ersten Mal begegnet und mit ihnen fühlen darf. Durch den ständigen Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit erhält der Leser einen guten Rundumblick über die damaligen Geschehnisse, während er gleichzeitig mit Katie auf der Suche ist. Wunderschön beschreibt die Autorin das Gravurhandwerk, das nötig war, um eine Briefmarke zu erstellen. Das Verstecken von heimlichen Botschaften in den kleinen Marken, um andere zu warnen oder einen Treffpunkt mitzuteilen, ist faszinierend in die Handlung verwebt. Auch das Thema Alzheimererkrankung wird von der Autorin sensibel gehandhabt und glaubhaft in ihrer Geschichte verarbeitet.
Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll
ausgestaltet worden, Jillian Cantor hat sie regelrecht zum Leben erweckt. Durch
ihre individuellen Eigenschaften wirken sie durchweg sehr real und authentisch.
Der Leser kann gar nicht anders als mit ihnen zu fühlen und atemlos zu hoffen,
dass sich alles zum Guten wendet. Katie ist eine Frau, die sich ihrer Familie
sehr verbunden fühlt. Sie kümmert sich rührend um ihren kranken Vater, dabei ist
ihre tägliche Furcht greifbar, dass er sie wieder einmal nicht erkennt. Katie
hat eine gescheiterte Ehe hinter sich und fühlt sich einsam. Sie ist
hilfsbereit und freundlich, es fehlt ihr nur an Überwindung, ihrem Leben eine
neue Richtung zu geben. Ihre Entwicklung, während die Geschichte fortschreitet,
ist wunderschön zu beobachten. Benjamin ist ein schüchterner junger Mann, der
bereits einen großen Schicksalsschlag zu verkraften hatte. Einerseits wirkt er
wie ein Nerd, andererseits ist seine zurückhaltende, aber direkte Art
erfrischend. Er ist immer für eine Überraschung gut. Katie und Benjamin sind
zwei verletzte Seelen, die sich über Allgemeinplätze und der Suche nach der
Geschichte auf ganz ungewöhnliche Weise kennenlernen, während der Leser so
viele Parallelen zwischen ihnen entdecken darf. Katies Oma Gram ist ein wahrer
Schatz, warmherzig, menschlich und einfach liebevoll. Christoph ist ein
ehrlicher junger Mann, der alles für die Menschen tut, die er liebt und
schätzt. Elena ist eine junge impulsive Frau, die sich zur Wehr setzt und die
Nazis mit allen Mitteln bekämpfen will. Dabei überschreitet sie oftmals die
Grenzen, ohne über die Folgen nachzudenken. Auch die weiteren Protagonisten
geben der Handlung mit ihrem Handeln und Tun zusätzliche Spannung.
„Das Mädchen mit dem Edelweiss“ ist ein bewegender teils historischer Roman, der den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht und ihn mitten in Herz und Seele trifft. Wunderbar verwobene Zeitschienen und eine Handlung, die man spannender und besser nicht erzählen könnte. Absolute Leseempfehlung für ein Kleinod! Chapeau!
Wunderbare, zauberhafte verdiente