Jodi Picoult - Kleine große Schritte / Small Great Things

  • Kurzmeinung

    Katis-Buecherwelt
    ~ berührend ~ fesselnde und authentische Story ~ hervorragend recherchiert ~ Eine absolute Leseempfehlung!
  • Klappentext:

    Ruth Jefferson ist eine äußerst erfahrene Säuglingsschwester. Doch als sie ein Neugeborenes versorgen will, wird ihr das von der Klinikleitung untersagt. Die Eltern wollen nicht, dass eine Afroamerikanerin ihren Sohn berührt. Als sie eines Tages allein auf der Station ist und das Kind eine schwere Krise erleidet, gerät Ruth in ein moralisches Dilemma: Darf sie sich der Anweisung widersetzen und dem Jungen helfen? Als sie sich dazu entschließt, ihrem Gewissen zu folgen, kommt jede Hilfe zu spät. Und Ruth wird angeklagt, schuld an seinem Tod zu sein. Es folgt ein nervenaufreibendes Verfahren, das vor allem eines offenbart: den unterschwelligen, alltäglichen Rassismus, der in unserer ach so aufgeklärten westlichen Welt noch lange nicht überwunden ist …


    Zum Buch:

    Die Umschlaggestaltung ist nett anzusehen und passt farblich gut zueinander. Die Qualität des Umschlages dagegen hat mich enttäuscht. Das Papier ist zwar kräftig, aber rissanfällig und ich musste aufpassen, das der Schutzumschlag beim Entfernen nicht einriss. Die goldfarbenen Punkte, die über das gesamte Bild verteilt sind, sehen an manchen Stellen wie Glitterpunkte aus, nur das diese nicht schimmern. Das fand ich schade und es hätte die Gestaltung um einiges mehr zum Glänzen gebracht.


    Erster Satz:

    "Das Wunder ereignete sich an der West 74th Street, in dem Haus, in dem Mutter arbeitete."


    Meine Meinung:

    Jodi Picoult war mir durch die Buchverfilmung "Beim Leben meiner Schwester" und durch ihre Medienpräsenz bekannt. Gelesen habe ich von ihr bis dato noch kein Buch und war daher neugierig auf ihren Schreibstil und wollte nachvollziehen, warum viele meiner Freunde von der Autorin so begeistert sind. Nachdem ich das Buch gelesen habe, kann ich die Schwärmerei verstehen und teile die neu gefundene Begeisterung.


    Ruth Jefferson ist Hebamme seit über 20 Jahren im Mercy-West Haven Bezirkskrankenhaus und kümmert sich liebevoll um die Paare und ihren Babys. Als sie bei der Schichtübergabe die Familie Bauer übernimmt und den kleinen Davis versorgen will, wird ihr von den Eltern verboten, sich dem Kind zu nähern. Der einzige Grund dafür ist - Ruth ist eine Afroamerikanerin und die Eltern sind Rechtsextremisten.

    Ruth gerät während einer Doppelschicht in einen Gewissenskonflikt, als sie bemerkt, dass der kleine Davis Probleme mit der Atmung hat. Darf sie ihm helfen, obwohl sie die Anweisung hat, das Kind nicht anzufassen?

    Letztendlich verstirbt der Junge und Ruth findet sich auf der Anklagebank wegen Mordes. Der Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit beginnt ...


    Diese Geschichte hat mich von Anfang an gefesselt und die ersten Szenen waren schockierend und Fassungslosigkeit machte sich in mir breit. Mir fehlten die Worte, um auszudrücken, was ich in dem Moment fühlte, als Ruth Jefferson verboten wurde, das Kind weiterhin zu betreuen. Und als Davis anschließend verstarb, seine Eltern die Hebamme dafür verantwortlich machen. Alles was danach passierte, stimmte mich nachdenklich und es fiel mir schwer, das Buch zur Seite zu legen - besonders nachdem der Prozess begonnen hatte. Von da an, saß ich nägelkauend in meinem Sessel und schlotterte vor Angst vor dem bevorstehenden Urteil.


    Jodi Picoult entführte mich in eine hervorragend recherchierte Story, die nicht lebendiger hätte geschrieben werden können.

    Aus verschiedenen Blickwinkeln wurden die Charaktere Ruth, Kennedy und Turk in der Ich-Perspektive geschrieben, und ich erhielt dadurch einen tief schürfenden Einblick der Protagonisten. Ich konnte mich in sie hineinversetzen und mitfühlen. Ruth verzauberte mich mit ihrer liebevollen Art und ihrer Leidenschaft zu ihrem Beruf als Hebamme. Mit vollem Körpereinsatz und Liebe erzählt sie aus ihrem Alltag und der Vergangenheit, oder beschrieb ihr Leben als Schwarze - was wahrlich nicht ganz einfach war und mir nahegegangen ist. Turk und Brittany sind Rechtsextremisten und berichteten über ihre brutalen Aktionen gegen die Schwarzen, Asiaten und Schwulen, die mich schockierten. Beide sind aufgrund ihrer Vergangenheit auf die rassistische Schiene gerutscht, aus der es schwer zu entkommen war, was keine Entschuldigung für ihr Tun sein soll. Eine erschütternde Tat jagte die Nächste und einige Male hielt ich während des Lesens inne, weil ich es nicht begreifen konnte, wie viel Hass in einem Menschen heranreifen kann, der zu solchen Übeltaten fähig ist.


    Im Mittelteil des Buches zog es sich kurzzeitig etwas, was aber nicht uninteressant war. Zum Prozessbeginn stieg die Spannung atemberaubend an und erreichte seinen Höhepunkt. Ich dachte, schlimmer kann es nicht mehr werden, doch die Ereignisse überschlugen sich und Jodi Picoult schaffte einen grandiosen Abschluss, denn ich so nicht erwartet hätte.


    Dieses Buch wird mir noch lange in Erinnerung bleiben und ich danke Jodi Picoult für diese Story, die mir den Atem geraubt hat, mich zu Tränen berührte und mir zahlreiche Denkanstöße bescherte.

    "Kleine große Schritte" wird übrigens verfilmt mit den Schauspielern Julia Roberts und Viola Davis.


    Ich möchte noch betonen, dass der Ausdruck "Schwarze" Teil des Buches ist und ich deshalb diesen Wortlaut verwendet habe. Für mich gibt es keine Unterschiede, ob ein Mensch nun hell, dunkel, gelb oder mischfarbig ist. Für mich ist jeder Mensch besonders und einzigartig, egal welche Hautfarbe oder Herkunft er hat.


    Fazit:

    "Kleine große Schritte" von Jodi Picoult erzählt über Rassendiskriminierung, Gerechtigkeit und über Veränderungen. Eine bewegende und spannende Geschichte über ein aktuelles Thema, was mich fassungslos aber auch nachdenklich stimmte. ~ berührend ~ fesselnde und authentische Story ~ hervorragend recherchiert ~ Eine absolute Leseempfehlung!


    Meine Wertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Jodi Picoult - Kleine große Schritte“ zu „Jodi Picoult - Kleine große Schritte / Small Great Things“ geändert.
  • Schön, dass du eine Rezension zu dem Buch geschrieben hast. Ich habe es vor kurzem auch gelesen, konnte mich aber nicht aufraffen eine Rezi zu schreiben.


    Ich habe einige Bücher von Jodi Picoult gelesen und dieses gehört für mich zu den schwächeren.


    Ja, das Thema ist interessant und dass das ganze Geschehen immer noch so passiert finde ich schrecklich. Das Buch macht manchmal traurig, manchmal wütend. Dennoch konnte es mich nicht richtig fesseln. Es sind immer wieder Passagen dabei, die mich, so wie sie sind, stören. Auch wurde ich mit Ruth, der Protagonistin, nicht warm. Von mir gab es nur 3 Sterne für das Buch.


    Aber es ist schön, dass dir das Buch gefallen hat. Ich finde Picoult hat einige wirklich gute Bücher geschrieben. Es wäre schade gewesen, wenn du durch dieses Buch kein Interesse mehr an der Autorin gehabt hättest.


    Es ist ein ewiger Zwiespalt: arbeitet man am Abbau des SuB oder am Abbau der WL?




  • Ich habe einige Bücher von Jodi Picoult gelesen und dieses gehört für mich zu den schwächeren.

    Für mich war es das erste, und ich war sehr enttäuscht. Mit der Protagonistin hatte ich auch meine Probleme: sie ist so angepasst und

    verweist den Leser ständig auf ihre guten Noten und ihre berufliche Qualifikationen. Na ja, vielleicht sind amerikanische Leser

    besonders vergesslich?

    Auch mit dem Gegenspieler Turk hatte ich Probleme. Wer schafft das schon, alleine eine Gang von 12 Motorad-Rowdies niederzuringen...


    Und mit dem Plot kam ich auch nicht so recht zu Rande. Spätestens seit dem Eichmann-Prozess wissen wir, dass der Gehorsam

    gegenüber Vorgesetzten dem Gewissen nachgeordnet ist.


    Wie gesagt: ich war enttäuscht.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • ich war enttäuscht

    Das ging mir mit den meisten Büchern der Autorin so. Die Inhaltsangabe hört sich oft interessant an, aber ich mag ihren Stil, das Larmoyante und das emotional und mit verschiedensten Problemen Überfrachtete nicht.

    Ich weiß, dass sie viele Fans hat, aber ich gehöre nicht dazu.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • das emotional und mit verschiedensten Problemen Überfrachtete

    Ich kann nur für das eine Buch sprechen, das ich gelesen habe.

    Emotionalisierung halte ich für sehr wichtig (und ich gehe gerne mit!), aber es ist die Frage, womit sie erzeugt wird.

    Und in diesem Buch wird einfach alles gesagt, und das mehrfach, jede Emotion wird beschrieben statt "show not tell".


    Dass das auf mich nicht emotionalisierend wirkt, sondern eher aufreizend ermüdend und, wie Du sagst, "larmoyant", ist

    wohl nur mein persönliches Problem.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ja, das Thema ist interessant und dass das ganze Geschehen immer noch so passiert finde ich schrecklich. Das Buch macht manchmal traurig, manchmal wütend. Dennoch konnte es mich nicht richtig fesseln. Es sind immer wieder Passagen dabei, die mich, so wie sie sind, stören. Auch wurde ich mit Ruth, der Protagonistin, nicht warm. Von mir gab es nur 3 Sterne für das Buch.

    Und in diesem Buch wird einfach alles gesagt, und das mehrfach, jede Emotion wird beschrieben statt "show not tell".

    Diese Aussagen würde ich doch glatt unterschreiben. Ich habe schon einige Picoult-Bücher gelesen und ganze drei von ihnen gehören zu meinen absoluten Lieblingsbüchern (19 Minuten, Die Spuren meiner Mutter, In den Augen der anderen). Ich schätze es immer sehr, wie gut sie doch für ihre Geschichten recherchiert und dass sie über mehrere Erzählperspektiven schwierige Themen aus verschiedenen Sichtweisen beleuchtet. In vielen ihrer Bücher kommt es früher oder später zu Gerichtsverhandlungen, die so fesseln und spannend sind, dass man das Buch nur mit größter Mühe zur Seite legen kann.


    Bei diesem hier hat mir irgendwie auch der Zugang gefehlt. Ich fand das Buch hat stark begonnen, aber im weiteren Verlauf einfach an Tiefe verloren. Die Kapitel aus Sicht von Turk haben mich regelrecht aggressiv gemacht und ich habe tatsächlich des öfteren ganze Absätze übersprungen, weil ich es nicht ausgehalten habe so eine inhaltliche Grütze zu lesen (nicht bezogen auf die Autorin, sondern was in einem so unterentwickelten Hirn alles so passieren kann). In den Anmerkungen der Autorin musste ich leider lesen, dass sie hier mit akut betroffenen gesprochen hat und ihre Gedanken daher aus dem echten Leben gegriffen und nicht frei erfunden sind.


    Auch wenn Picoult für diese Geschichte wieder sehr ausgiebig recherchiert hatte, konnte mich das Buch nicht so mitreißen, wie ich es von ihr gewohnt bin. Es hat sich trotzdem alles recht oberflächlich angefühlt, wobei ich gar nicht mal so genau beschreiben kann, warum. Dass ich mit Rassismus aus wenig bis gar keinen eigenen Erfahrungen zehren kann, hat damit m.E. nichts zu tun, denn so ging es mir bei anderen Büchern von ihr auch und da hatte es mich nicht davon abgehalten hier vollkommen eingefangen zu werden.


    Fazit: Das Buch war nicht schlecht, aber so richtig gut leider auch nicht. Daher gibt es von mir :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: Sterne.

    "The worth of a book is to be measured by what you can carry away from it."

    - James Bryce