Sofia Lundberg - Das rote Adressbuch / Den röda adressboken

  • Doris ist 96 Jahre alt und so langsam macht ihr Körper nicht mehr mit. Inzwischen muss sich ein Pflegedienst täglich um sie kümmern; ihre einzige Verwandte - Großnichte Jenny - lebt weit weg in den Vereinigten Staaten. Und so kommt es, dass Doris Gedanken immer wieder in die Vergangenheit reisen. Zu ihrer Kindheit in Schweden, der aufregenden Zeit als Model in Paris, dem furchterregenden zweiten Weltkrieg, der Flucht in die USA und schließlich der Rückkehr in die Heimat. Entlang hangelt sich Doris dabei an ihrem roten Adressbuch, ein Geschenk ihres Vaters. Doch ist beinahe jeder Namenseintrag schon mit der Anmerkung "tot" versehen, so dass die alte Dame dringend ihre Lebensgeschichte für Jenny aufschreiben will.

    Diese Lebensgeschichte ist es, die Sofia Lundberg hier rückblickend erzählt. Protagonistin Doris ist eine weit gereiste, kluge Frau; umso trauriger macht es einen als Leser, wie sehr sie körperlich bereits verfallen ist und wie sehr dieser Körper sie an ihre Wohnung, ihr Bett, ja ihr ganzes neues Leben fesselt. Sprachlich und emotional bleibt die Handlung immer ganz nah bei den Charakteren. Durch die wechselnden Zeitebenen ist die Geschichte historischer, Familien- und Liebesroman zugleich, aber auch ernstere Themen wie Armut, ungewollte Schwangerschaft, Homosexualität oder Ausbeutung werden angesprochen.

    Der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist gut gelungen und durch Jenny als Nebencharakter können wir auch einen Blick auf eine andere Doris werfen. Eine Frau, die bereit ist, ihre eigenen Träume zurückzustellen, um für andere da zu sein. Doris, der Familienmensch. Doris, die gute Freundin. Am Ende war sie mir wirklich sehr ans Herz gewachsen - hier hat die Autorin wirklich gute Arbeit geleistet.

    Fazit: Ein emotionaler Roman, der ein ganzes Leben umspannt :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • "Das rote Adressbuch" von Sofia Lundberg,

    ein Roman mit Emotion und vielen Ergreifenden Momenten. Die Autorin nimmt uns mit in ein Leben was von vielen Veränderungen und einigen Schicksalsschlägen stark beeinflusst wurde. Sie zeigt uns außerdem wie viel nur eine Begegnung oder ein einzelner Mensch, das Leben eines anderen verändern kann und das für immer. Mich hat es sehr berührt, wie sie uns hat, am Leben von Doris heute und aber auch in den verschiedenen Zeiten ihres Lebens teil zu haben.

    Der Schreibstil ist sehr angenehm. Das Buch hat sich fließend und schnell lesen lassen. Besonders gut haben mir die kurzen Kapitel gefallen. Durch die, wurde auch viel Spannung in die Geschichte gebracht, denn wir haben oft nur Teil Informationen bekommen und erst durch spätere Kapitel mehr Infos. Die Einbeziehung von Doris Großnichte finde ich sehr schön, auch ihr Engagement für Doris als es dieser Schlecht geht.

    Für mich ein Buch für zwischen durch mit genau der richtigen Menge Tiefgang.

    Zum Inhalt:

    Doris bekommt mit zehn Jahren ein rotes Adressbuch von ihrem Vater, sie soll im Leben alle wichtigen Menschen notieren. Viele Jahre später beschließt sie mit Hilfe ihres roten Adressbuches für ihre Großnichte Jennifer, ihre Erlebnisse mit den einzelnen Personen aufzuschreiben. Als Jennifer nach Stockholm kommt liegt Doris bereits im sterben, doch einen Wunsch kann sie ihr noch erfüllen.

  • Der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist gut gelungen...

    Vielen Dank Naraya für deinen Leseeindruck.
    Ich mochte nie Bücher mit Vergangenheit und Gegenwart im Wechsel, bis ich die Schwesternreihe von Lucinda Riley entdeckt habe. Seitdem liebe ich das, wenn es fesselnd und gut geschrieben ist.
    Dieses Buch ist mir vor kurzem begegnet und ich möchte es sehr gern lesen.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Die 96-jährige Doris Alm lebt in Stockholm und ist auf die Hilfe von Pflegekräften angewiesen, als sie einen Blick zurück auf ihr Leben wirft. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen im Schweden der 1920er-Jahre, erhält sie im Alter von zehn Jahren von ihrem Vater Eric ein rotes Adressbuch als Geschenk. Darin soll sie die Menschen verewigen, die ihr etwas bedeuten. Auch im hohen Alter passt sie gut darauf auf. Sie beschließt, für ihre Großnichte Jenny anhand der Einträge im Adressbuch die Geschichte ihres sehr bewegten Lebens niederzuschreiben…


    „Das rote Adressbuch“ ist der berührende Debütroman von Sofia Lundberg.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus 37 eher kurzen Kapiteln und endet mit einem Epilog. Passagen aus der Gegenwart wechseln sich mit solchen aus der Vergangenheit ab, wobei die Übergänge gut markiert sind. Die Erinnerungen von Doris werden in der Ich-Perspektive erzählt. Die unterschiedlichen Episoden werden mit Namen aus dem Adressbuch überschrieben. Der Aufbau ist durchdacht und funktioniert prima.


    Der Schreibstil ist nicht nur angenehm und flüssig, sondern auch sehr einfühlsam und gefühlvoll. Mit einem liebevollen Blick für Details und die Hauptprotagonistin wird viel Atmosphäre transportiert. Schnell bin ich in die Geschichte eingetaucht und habe das Buch nur ungerne zur Seite gelegt.


    Im Mittelpunkt des Romans steht Doris Alm, die ich als Hauptcharakter wegen ihrer sympathischen Art schon nach wenigen Seiten in mein Herz geschlossen habe. Sie wirkt ebenso authentisch wie die übrigen Personen. Zwar bleiben viele der Nebenfiguren dagegen blass. Dies hat mich jedoch beim Lesen nicht gestört.


    Die Handlung ist dank der unterschiedlichen Episoden in Doris‘ Leben abwechslungsreich. Die Geschichte bleibt kurzweilig und konnte mich fesseln.


    Eine Stärke des Romans ist es, dass er sehr emotional und bewegend ist. Es geht um Themen wie Liebe und Glück, aber auch um Verlust, Trauer und Einsamkeit. Immer wieder sind Lebensweisheiten eingeflochten. Dadurch regt die Geschichte zum Nachdenken an und wird wohl noch eine Weile bei mir nachklingen.


    Die Grundidee hat mich gleich angesprochen. Schön finde ich, dass die Geschichte sogar auf einer wahren Persönlichkeit basiert, der unverheirateten und inzwischen verstorbenen Großtante der Autorin, die ebenfalls Doris hieß.


    Sehr gut gefällt mir auch das Cover, das sich optisch an das rote Adressbuch anlehnt und sehr hübsch gestaltet ist. Der deutsche Titel ist erfreulicherweise sehr wortgetreu aus dem Schwedischen übersetzt und passt natürlich inhaltlich auch hervorragend zur Geschichte.


    Mein Fazit:

    „Das rote Adressbuch“ von Sofia Lundberg ist ein gelungener Roman, der mich bewegen und überzeugen konnte. Ich kann die Geschichte wärmstens empfehlen.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.


  • Geschichte eines Lebens


    Eine gefühlvoll erzählte Geschichte vom Leben und über das Leben. Der Schreibstil ist geprägt von Emotionen und sehr flüssig gehalten - einfach schön zu Lesen. Das Buch transportiert auch eine Nachricht mit und regt zum Nachdenken an: zum einen, gib niemals auf im Leben, auch wenn du hinfällst, lohnt es sich, wieder aufzustehen.

    Von meiner Seite eine Empfehlung. Ein berührender Lebensrückblick. Geschickt verwobene Schicksalsstränge. Emotional und respektvoll geschrieben. Beeindruckend.

  • Doris ist 96 Jahre alt und liegt im Sterben


    Die Autorin hat im Wechsel von Gegenwart und Vergangenheit geschrieben,das war für mich sehr reizvoll und das hat die Autorin auch gut umgesetzt

    Die Kapitel waren nicht zu lang und der Schreibstil war flüssig und einfühlsam,aber nicht zu kitschig (an einigen Stellen im Buch hat es stark am Kitsch gekratzt,aber S.Lundberg hat die Kurve bekommen und einfach nur schön weiter geschrieben)


    Die Kapitel ,die in der Vergangenheit gespielt haben,haben mir besonders gut gefallen .Es war spannend zu lesen,wie Doris gelebt hat und wie weit sie in der Welt herumgekommen ist

    Die Kapitel,die in der Gegenwart gespielt haben,waren sehr traurig,weil die Autorin uns an der Einsamkeit von Doris hat teilhaben lassen


    Ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: für eine gefühlvolle Geschichte

  • Das rote Adressbuch ist ein Buch, welches auf den ersten Blick so unscheinbar auf mich wirkte, dass ich erst durch andere Leser darauf aufmerksam geworden bin und so meine Neugier weckte. Und so begann ich, in die Welt der 96 jährigen betagten Doris einzutauchen, die einen nachhaltigen Eindruck mit ihrer Geschichte in mir hinterlassen hat...

    Doris Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Da ist die Gegenwart, in der wir als Leser Doris mit ihren stolzen 96 Jahren kennenlernen. Sofia Lundberger erzeugt so bereits am Anfang des Buches eine sensible Stimmung, die mir direkt ein Gefühl dafür vermittelt hat, wie sich diese betagte Dame fühlen muss. Eine einsame Wohnung, in der der regelmäßig erscheinende Pflegedienst eine kurze Ablenkung vom Alltag schafft, die wöchentlichen Anrufe ihrer Großnichte, die sie mit besonders großer Freude erwartet und die vielen restlichen Stunden, die sie in großer Einsamkeit verbringt.
    Doris schwelgt sehr oft in Erinnerungen, die sie ihrem roten Adressbuch zu verdanken hat. Ein Buch mit mit vielen gelebten Leben, die mittlerweile fast alle von ihr geggangen sind. Und so blättert Doris durch das Adressbuch und erzählt aus ihrer Vergangenheit, die mit dem frühen Tod ihres geliebten Vaters begonnen hat und weiter verlief mit all den Menschen, die sie auf ihrem Lebensweg, ob kurz oder lang, begleitet haben.

    Es ist nicht nur Doris bewegendes Leben, was mich an die Zeilen fesselte, sondern auch die Umsetzung der Autorin, dass alle geliebten Menschen aus dem roten Adressbuch zu einer Geschichte zusammengefügt worden sind, die in mir als Leser nie das Gefühl erzeugten, dass zeitliche Lücken in der Erzählung entstanden wären. Und so folgte ich der starken Doris durch ein schwieriges Leben über mehrere Kontingente, in dem sogar zeitweise der Krieg vorherrschte und alles sehr schwierig gestaltete. Ein Leben mit vielen schönen Momenten, die mir ein Lächeln ins Gesicht zauberten aber auch sehr vielen traurigen Szenen, die mir die Tragweite ihrer Handlungen erst so richtig bewusst machen. Es ist ein Buch über eine starke und mutige Frau, die am Ende doch noch einmal das große Glück erfahren durfte.

    Mein Fazit:
    Das rote Adressbuch ist in meinen Augen nicht nur ein sehr emotionales Werk über eine bewegende Geschichte einer alten Frau, sondern es war für mich so viel mehr. Es hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Über unser System und den Umgang mit der älteren Bevölkerung. Die Einsamkeit vieler älterer Menschen und das daraus resultierende Gefühl, meinen Mitmenschen noch mehr an Aufmerksamkeit zu schenken.
    Sofias Lundberg Buch wird mich noch eine lange Zeit in meinen Gedanken begleiten.
    Ein bewegendes Werk, welches mein Herz berührt hat und in mir immer wieder die Frage der letzten Seite des Buches in Erinnerung ruft. „Hast du in deinem bisherigen Leben genug geliebt?“

    Wohlverdiente :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Von seinen Eltern lernt man lieben, lachen und laufen.

    Doch erst wenn man mit Büchern in Berührung kommt, entdeckt man, daß man Flügel hat." ( Helen Hayes )[/align]

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Sofia Lundberg - Das rote Adressbuch“ zu „Sofia Lundberg - Das rote Adressbuch / Den röda adressboken“ geändert.
  • Das rote Notizbuch

    Ein sehr schöner, gefühlvoller Roman.

    Die 96jährige Doris aus Schweden reist mithilfe ihres roten Adressbuchs in ihre Vergangenheit zurück und trifft alle Menschen wieder, die ihr im Laufe ihres Lebens begegnet sind. Und sie hat viel erlebt, vor allem eine Kindheit in Armut in Schweden, ein aufregendes Leben als Mannequin im Paris der 1920er Jahre, Kriegszeit, New York und dann wieder Schweden. Am Ende ihrer Tage schreibt sie für Ihre Großnichte Jenny ihr Leben auf.

    Jenny ist zur Stelle, als Doris nach einem Sturz ins Krankenhaus muss und kann ihr noch einen Herzenswunsch erfüllen.

    von mir: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Nicht jeder, der das Wort ergreift, findet ergreifende Worte :-,


    (frei nach Topsy Küppers)


  • WERTVOLLE ERINNERUNGEN


    Die eindrucksvoll geschilderte Lebensgeschichte der 96jährigen Schwedin Doris Alm nahm mich gefangen. In einfachen Worten läßt die Autorin Sofia Lundberg ihre Protagonistin anhand des roten Adressbuches zu Wort kommen.


    Doris erinnert sich...


    S. 275 „ Ich wollte nicht mit all den Geschichten im Kopf sterben."


    Sie hat alles aufgeschrieben für ihre Großnichte Jenny, die mit drei Kindern und Mann in den USA lebt. Über Skype hält sie von Schweden aus Kontakt mit der einzigen Verwandten.


    Das rote Adressbuch bekommt Doris, Jahrgang 1918, als Zehnjährige von ihrem Vater zum Geburtstag geschenkt. Der hatte eine eigene Tischlerwerkstatt, war mit seinen Gedanken in der ganzen Welt unterwegs und teilte diese mit seiner älteren Tochter. Mit ihm beginnt die Handlung aus dem Büchlein mit der Überschrift A. ALM, ERIC - . Nur wenig später erscheint sein Name wieder, nun allerdings durchgestrichen mit dem Zusatz TOT. Damit beginnt Doris Lebensweg unter denkbar schlechten Voraussetzungen. Der Vater war ihre Leitfigur, ihr Vorbild und der Halt der Familie. Erst 13 Jahre alt, wird sie von der Mutter in Stellung geschickt zu einer Dame, die einen Salon betreibt. Das ist der Ausgangspunkt für alle ihre Lebensstationen in verschiedenen Ländern und auf einem anderen Kontinent. Einen Beruf lernte sie nie, war immer auf sich allein gestellt. Doris war eine zarte, schöne Person, die über sehr viel Stärke und Überlebenswillen auch in aussichtslosen Situationen verfügte. Dabei forderte sie nie etwas von anderen.

    Es ist berührend, wie die alte, gebrechliche Frau aus ihrem langen Leben erzählt und wie sie ihre einzige große Liebe beschreibt. Eine Liebe, die keine Erfüllung erfährt.

    Die kurzen Kapitel aus dem Adressbuch in der Ich-Perspektive und die ebenfalls kurzen Kapitel vom Jetzt über Doris und Jenny, ließen sich sehr schnell lesen. Das war ein schöner unterhaltsamer Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Zu den Erinnerungen für die Großnichte fügt sie in ihren letzten Zeilen noch liebevolle Ratschläge hinzu:


    S. 341 „Hab keine Angst vor dem Leben, Jenny...Nutze die Chancen, wenn sie sich bieten, und mach etwas Gutes daraus...“


    Zum Schluß hin fand ich die Story zu sentimental, zu gewollt. Das war mir persönlich zuviel des Guten und hat meinen Gesamteindruck dann doch etwas geschmälert.

    Sofia Lundberg gelang ihr Debüt gut und ich freue mich schon auf ihr neues Buch „Ein halbes Herz“, erschienen am 02. März 2020.

    (Das Buch gibt es mit verschiedenen Titelbildern, in rot mit Zweigen und Vögeln als HC und eine junge Frau an einem weit geöffneten Fenster als TB)

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Verlagstext

    Doris wächst in einfachen Verhältnissen im Stockholm der Zwanzigerjahre auf. Als sie zehn Jahre alt wird, macht ihr Vater ihr ein besonderes Geschenk: ein rotes Adressbuch, in dem sie all die Menschen verewigen soll, die ihr etwas bedeuten. Jahrzehnte später hütet Doris das kleine Buch noch immer wie einen Schatz. Und eines Tages beschließt sie, anhand der Einträge ihre Geschichte niederzuschreiben. So reist sie zurück in ihr bewegtes Leben, quer über Ozeane und Kontinente, vom mondänen Paris der Dreißigerjahre nach New York und England – zurück nach Schweden und zu dem Mann, den sie einst verlor, aber nie vergessen konnte.


    Die Autorin

    Sofia Lundberg wurde 1974 geboren und arbeitet als Journalistin in Stockholm. Mit ihrem Debütroman »Das rote Adressbuch« eroberte sie die schwedische Literatur- und Bloggerszene im Sturm.


    Inhalt

    Doris lebt mit über 90 Jahren noch im eigenen Haushalt und wird von einem Pflegedienst betreut. Mit den wechselnden Betreuerinnen hat sie aufgrund ihres Alters einige Probleme; die jungen Frauen sind häufig gehetzt und bringen in gutem Willen Doris Ordnung durcheinander. Doris Adressbuch dokumentiert, dass alle Menschen, die sie gekannt oder geliebt hat, inzwischen verstorben sind. Großnichte Jenny, ihre einzige lebende Angehörige, hält aus den USA Kontakt zu Doris per Skype. Eine Pflegekraft hat Doris einen Laptop eingerichtet, den sie eifrig nutzt.


    So schreibt sie für Jenny die aufregende Geschichte ihres Lebens auf. Doris musste nach dem Tod ihres Vaters mit 13 Jahren die Schule verlassen und als Hausmädchen arbeiten, eine Entscheidung, die sie ihrer Mutter lange nicht verzeihen konnte. Doch die Arbeit bei der Französin Dominique bringt Doris nicht nur die innige platonische Freundschaft mit dem Maler Gösta, Dominique nimmt Doris auch mit nach Paris. Ob Doris Vater sich hätte erträumen können, dass seine Tochter einmal Paris und New York sehen würde, als er ihr damals das rote Notizbuch schenkte? Gleich zu Beginn zeichnet sich bereits ab, dass Doris im Lauf ihres Lebens eine Vielzahl von getriebenen, heimatlosen, durch den Zweiten Weltkrieg entwurzelten Menschen getroffen hat. Ihr Lebensbericht wird unterbrochen, als sie zuhause stürzt und sich die Hüfte bricht. Sowie sie im Krankenhaus wieder bei Bewusstsein ist, fragt sie nach ihrem Laptop, dem unentbehrlichen Kontakt zu Jenny, ihrer einzigen Familienangehörigen. Mitten aus dem hektischen Alltag mit drei Kindern reist Jenny sofort nach Schweden, um Doris vor ihrem abzusehenden Tod noch einmal zu sehen. Für Jenny wird es die letzte Gelegenheit sein, zu erfahren, warum Doris sie aufgezogen und unterstützt hat und nicht ihre Mutter. In Doris Wohnung gibt es außerdem noch Fotos und andere Unterlagen, die Zeugnis eines aufregenden Lebens in mehreren Ländern ablegen.


    Die Idee, mit einem Adressbuch und seinen zig Mal korrigierten Einträgen Rechenschaft über ein Leben abzulegen, hat mich zunächst sehr angesprochen. Das rote Buchcover mit Lackoptik und Namensetikett hat meine Neugier verstärkt. Nach eigener Aussage lässt Sofia Lundberg in ihrem Text drei reale Personen auftreten: das Fotomodell Doris ist an die Autorin selbst angelehnt, Gösta an einen Onkel ihres Großvaters und Doris an ihre Großtante, die ebenfalls ein Adressbuch hinterließ. Durch die vielen, sehr kurzen Abschnitte aus Doris Leben entstehen kurze Kapitel, die mühelos am Leser vorüberziehen. Nachdem mir die erste Hälfte des Romans sehr einfühlsam die Lebenssituation hochbetagter Menschen vermitteln konnte, fand ich die schnellen Szenenwechsel von Land zu Land und Person zu Person in der zweiten Hälfte sehr oberflächlich und die Details (Behandlung einer hochbetagten Patientin im Krankenhaus) eher schlecht fantasiert als glaubwürdig recherchiert.


    Fazit

    Ein sehr emotionaler Roman mit deutlicher Botschaft, sich hochbetagten Angehörigen rechtzeitig zuzuwenden, solange man sie erreicht, den ich aufgrund einiger flüchtig wirkender Passagen nicht uneingeschränkt empfehle.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:


    (17.8.2018)

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • BAMM🥳😍

    Da wäre es: mein zweites Lesehighlight 2020!


    Aufmerksam, wurde ich auf das Buch durch eine der Folgen von Longstoryshort

    Ich wußte ehrlich gesagt, nicht genau, was mich erwartet,weil Liebesromane können ja unterschiedlich aufgenommen werden, aber ich wagte das Abenteuer und wurde von der ersten Seite an positiv überrascht.

    Erzählt wird die Lebengeschichte der 97 jährigen Doris, anhand der Namen ihres roten Adressbuch, in zwei Handlungssträngen.

    In der Gegenwart lebt Doris alleine in Schweden und wird von einem Pflegedienst versorgt.

    Ich fand es so eindrucksvoll, wie sehr man zwischen den Zeilen das "unwürdige" Verhalten, der Pflegerin Doris gegenüber gespürt hat. Es wird geredet, aber nicht unterhalten, man nimmt sich keine Zeit, weil das Pflegepersonal wegen chronischem Personalmangel einfach keine Zeit hat.

    Die Arbeiten werden erledigt, pflichtbewußt, aber doch schnell schnell... es hat mich ziemlich betroffen gemacht.


    In Rückblenden erzählt Doris ihrer Grossnichten schriftlich von ihrem Leben und den Menschen aus dem Roten Adeessbuch. Sei es der homosexuelle Künstler, der ihr durch seine Gespräche oder späteren Briefe immer wieder Kraft zum weitermachen gibt, sei es die Geschicht um Allan, DIE Liebe ihres Lebens, und die vielen anderen Menschen denen sie in ihrem bewegten Leben begegnet. Sie hat viel erlebt und erzählt es in kurzen knappen Kapiteln.

    Das Buch hat mich von der ersten Seite emotional abgeholt und tief berührt und bewegt.

    Ich fand es unglaublich stark, wie Doris ihr Leben bewältigt hat, sich immer neuen Herausforderungen stellen mußte, häufig heimatlos, ohne Geld und verzweifelt war und daran nicht kaputt gegangen ist.

    Doris bleibt bis zum eine eine willenstarke, liebenswerte Dame, die ich einfach nur bewundert habe.


    Am Ende habe ich geweint, vor Rührung, vor Trauer und weil meine Emotionen einfach ein Ventil brauchten.


    Volllllllllllle Punktzahl mit Sternchen

  • Wunderbar!


    Doris ist 96 Jahre alt, lebt in Stockholm und ihre Erinnerungen sind eng mit einem roten Adressbuch verknüpft. Als 10-Jährige hat sie dieses Buch von ihrem Vater geschenkt bekommen und die Namen und Adressen für sie wichtiger Menschen darin notiert. Von Stockholm aus chattet sie oft mit ihrer Nichte Jenny, die mit ihrer Familie in San Francisco lebt, blättert im Adressbuch und erzählt Jenny aus ihrem bewegten Leben.



    Die Idee hinter diesem Buch fand ich wundervoll. Ich mag unheimlich gerne Geschichten, in denen Figuren zurückblicken auf ihr Leben und daraus erzählen. Speziell hier ist, dass anhand eines Adressbuches erzählt wird.

    In abwechselnden Kapiteln erfährt man, wie die 96-jährige Doris allein und von Einsamkeit gezeichnet in ihrer kleinen Wohnung in Stockholm lebt. Unterbrochen werden ihre Tage, in denen sie an die Wohnung gefesselt ist, von den Besuchen einer Pflegerin und den wöchentlichen Skype Anrufen mit Jenny. Die Passagen, in denen Doris auf die Hilfe der Pflegerin angewiesen ist, sind ein Spiegel der heutigen Zeit im Bereich der ambulanten Pflege. Wenig Zeit, totale Abhängigkeit und schlussendlich ein Krankenhausaufenthalt mit der Frage, wie es weitergeht und ob Doris noch autonom leben kann?

    Doris vererbt Jenny das Wertvollste, das sie besitzt: ihre Erinnerungen. Es sind Erinnerungen an eine bewegte Zeit, in denen der Zweite Weltkrieg, eine unerfüllte Liebe, Hunger und eine Reise durch verschiedene Länder und Kontinente eine Rolle spielen. Die Differenz, zwischen der gebrechlichen Doris in der Gegenwart und dem selbstbewussten Mannequin in Paris empfand ich als frappant. Gleichzeitig gefällt mir die Botschaft dahinter. Hinter jedem betagten Mensch steckt ein Mensch mit einer Vergangenheit, in der er das Leben in vollen Zügen genossen und sich dem Leben gestellt hat.

    Der Schreibstil von Sofia Lundberg gefiel mir sehr. Immer wieder liest man tiefgründige und klangvolle Sätze. Wie zum Beispiel: „Ich durfte ein paar wunderbare Schritte durch die Kindheit mitlaufen“, als Doris ihre sehr viel jüngere Schwester bei sich aufnimmt.

    „Das rote Adressbuch“ ist ein tolles Buch mit einer facettenreichen Protagonistin und einem Plot, der mich überzeugt hat. Denn dieses Buch ist nicht nur eine Zeitreise, sondern auch eine Reise durch verschiedene Länder und Kontinente.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Als kleines Mädchen erhält Doris zum Geburtstag von ihrem Vater ein rotes Adressbuch. Dieses Buch begleitet sie durch ihr ganzes Leben, auch noch, als es schon ganz zerfledert ist und nur noch Klebeband und Leim helfen. In ihrem bewegten Leben ist sie einigen Personen begegnet, welche allesamt in diesem Adressbuch vermerkt sind. Im hohen Alter von 98 Jahren schaut sie nun zurück auf ihr Leben und auf die Begegnungen mit den Personen aus dem Buch. Ihr Leben wurde geprägt von Trennungen, Erfolgen, Enttäuschungen und Hoffnungen, welche sie bis nach Amerika und wieder zurück nach Schweden bringen. Nirgends scheint Doris ihren Platz zu finden und ist immer auf der Suche danach. Um ihrer Grossnichte Jenny ihre Lebensgeschichte näher zu bringen, schreibt sie ihre Erinnerungen und Geschichten auf, damit diese auch noch für die Nachwelt da sind.


    ‘Das rote Adressbuch’ liest sich sehr fliessend und ist von emotionalen Stellen geprägt. Die Erzählung von Doris Lebensgeschichte und ihren vielen Begegnungen ist sehr interessant. Dadurch dass bei den Kapiteln nicht vermerkt ist, in welcher Zeitepoche man sich nun gerade befindet, braucht es zuerst ein paar Sätze bis man in den Kapiteln drin ist. Schön fand ich, dass wenn es um eine bestimmte Person ging, beim Kapitelbeginn der entsprechende Namen stand. Einige Handlungen fand ich sehr realitätsfremd, auch gerade für die Zeit in denen die Handlung gespielt hat.


    Doris als Hauptperson des ganzen Buches ist eine alte, sehr sympathische Frau, welche einen unglaublichen Kämpferwille hat. Zu Beginn scheint sie mit ihren 98 Jahren noch ganz fit zu sein, doch auch sie hat ihre Gebrechen, welche sich dann auch sehr schmerzlich bemerkbar machen. Dass sie mit der einzigen Verwandten, ihre Grossnichte Jenny, einen so innigen Kontakt pflegt, ist für sie unerlässlich. Dafür ist sie sich auch nicht zu Schade auf neue digitale Geräte zu setzen und skypt regelmässig mit ihr. Echt bewundernswert, was überhaupt nicht selbstverständlich ist. Auch Jenny finde ich sympathisch. Ihre Grosstante ist ihr unglaublich wichtig und dafür lässt sie auch mal einfach alles stehen und liegen.


    Ein spannendes Buch über ein bewegtes Leben, das an einigen Stellen leider ein bisschen realitätsfremd ist. Ansonsten aber eine gute Unterhaltung.