Marie Lacrosse - In stürmischen Zeiten

  • 1866 Weißenburg/Elsass. Die 15-jährige Irene Weber lebt schon jahrelang in einem Waisenhaus in Speyer, als ihr die Chance geboten wird, als Dienstmädchen eine Anstellung im Haus des Weinhändlers Wilhelm Gerban anzunehmen, der dort zusammen mit seiner Frau Pauline und seinen Kindern Mathilde und Franz lebt. Franz ist auf einem bayerischen Internat, doch muss er diese verlassen, da er ein Freund der französischen Revolution ist und dies dort nicht geduldet wird. Als sich Irene und Franz begegnen, verlieben sich die beiden Hals über Kopf ineinander. Aber das Glück steht nicht auf ihrer Seite, denn sie haben nicht nur gegen Standesdünkel zu kämpfen, sondern auch familiäre Machtspielchen und Intrigen machen ihnen das Leben schwer. Als der Deutsch-Französische Krieg ausbricht, werden die beiden getrennt und sowohl Irene als auch Franz müssen sich allein durchschlagen…


    Marie Lacrosse alias Marita Spang hat mit ihrem Buch „Das Weingut-In stürmischen Zeiten“ den ersten Teil ihrer wundervollen großen Familiensaga vor historischer Kulisse vorgelegt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig, packend und bildgewaltig, der Leser wird schon mit dem Prolog in die Geschichte hineingesogen. Durch wechselnde Perspektiven lässt die Autorin den Leser mal an der Seite von Irene mal an der von Franz stehen und deren Erfahrungen und Gefühle kennenlernen. Ebenso wird dadurch die Spannung der Handlung immer weiter in die Höhe geschraubt und der Leser fragt sich immer wieder, was ihn als nächstes erwarten wird. Der historische Hintergrund wurde von der Autorin akribisch recherchiert und mit der Geschichte verwoben. Sie versteht es auf eindrucksvolle Weise, Realität mit Fiktion zu verbinden und daraus eine spannende Handlung zu stricken. Sehr bildhaft und detailliert hat der Leser die Schlachtfeldszenen des Deutsch-Französischen Krieges 1870-1871 vor Augen ebenso wie die Behandlungen im Lazarett oder die Arbeit der Sanitäter auf dem Kriegsboden. Hautnah erlebt man die Verzweiflung und den Hunger der Bevölkerung mit, aber auch die Stellung der Frau zur damaligen Zeit und die gesellschaftlichen Unterschiede werden hier wunderbar skizziert. Auch die farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen müssen erwähnt werden, die Bilder vor dem inneren Auge des Lesers während der Lektüre hervorrufen. Mit geschickten Wendungen lässt die Autorin den Leser wie bei einem Puzzle Stück für Stück Geheimnisse der Geschichte entdecken, um dann im nächsten Absatz mit der nächsten Überraschung aufzuwarten. Die liebevolle Ausgestaltung des Buches mit Nachwort, Personenverzeichnis, Landkarte und Glossar muss ebenfalls erwähnt werden, denn sie bereichern das Lesevergnügen ungemein und geben zusätzliche Hintergrundinformationen.


    Die Charaktere sind sehr facettenreich und liebevoll ausgearbeitet worden, ihnen allen wurde Leben eingehaucht. Durch ihre individuellen Ecke und Kanten wirken sie durchweg authentisch und sehr realitätsnah. Der Leser kann seine Sympathien gerecht verteilen, mit den Protagonisten leiden, hoffen und bangen. So wird er selbst zu einem Teil der Handlung. Irene hat bereits als junges Mädchen einige Schicksalsschläge erfahren müssen, doch sie ist daran gewachsen und besitzt eine innere Stärke, die einem Respekt abverlangt. Irene ist fleißig und freundlich, was ihr die Herzen so mancher Mitmenschen öffnet. Franz ist ein aufrichtiger junger Mann, der oftmals etwas zurückhaltend wirkt. Er setzt sich für die Schwachen ein und kämpft für eine gerechtere Welt, was ihn oftmals bei seinem Vater in Ungnade bringt. Gleichzeitig kümmert er sich geradezu rührend um Verletzte und Bedürftige, während der Krieg um ihn herum tobt. Wilhelm Gerban ist ein Mann, der die Macht liebt und diese auch in jeder Form ausübt. Franz‘ Schwester Mathilda ist eine intrigante Person, die ihren Mund nicht halten kann und jedes Gespräch belauscht. Damit richtet sie so manches Unheil an. Pauline Gerban ist Wilhelms Ehefrau, die zuerst nur eine untergeordnete Rolle spielt, sich dann aber immer mehr zu einer so kraftvollen Erscheinung mausert, dass sie anderen gefährlich wird. Auch Minna und Marianne tragen mit ihrem Erscheinen einen großen Anteil an der spannenden Handlung.


    Mit „Das Weingut-In stürmischen Zeiten“ ist Marie Lacrosse alias Marita Spang ein wunderbarer Auftakt ihrer Familiensaga gelungen, der den Leser neben akribisch recherchierten historischen Fakten mit Spannung, Liebe, Intrigen und Machtspielchen wundervoll zu unterhalten weiß. Ein Gesellschaftsroman der Extraklasse, der schon jetzt zum Besten gehört, was 2018 als Lesejahr zu bieten hatte. Absolute Leseempfehlung!!!


    Tolle :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Marie Lacrosse - Das Weingut-In stürmischen Zeiten“ zu „Marie Lacrosse - In stürmischen Zeiten“ geändert.
  • Mit dem 1. Teil der "Weingut-Trilogie" ist der Autorin ein sehr spannender Einstieg gelungen.

    Der Roman erzählt die Geschichte einer Weinhändler-Familie zur Zeit des Deutsch-Französischen Krieges. Besondere Brisanz erhalten die politischen Ereignisse durch die Tatsache, dass die Mitglieder der Familie Gerban beiden Nationen angehören und vor allem Franz, den künftigen Erben, in eine schwierige Situation bringen.

    Charakterlich sind die Figuren sehr vielschichtig ausgearbeitet und lassen den Leser durch ihre positiven und negativen Eigenschaften intensiv an deren Schicksal Anteil nehmen.

    Die familiären Tragödien hätten bereits völlig ausgereicht, um eine interessante Geschichte zu erzählen, doch Marie Lacrosse hat in ihrem bemerkenswerten Roman noch viel mehr zu bieten.

    Die Autorin hat äußerst intensive Recherchen zum Deutsch-Französischen Krieg angestellt. Einzelne Schlachten, vor allem aber das unvorstellbare Leid sowohl der Soldaten als auch der Zivilbevölkerung, das sinnlose Abschlachten und grausame Gemetzel sind für meinen Geschmack beinahe zu detailliert beschrieben worden.

    Der Leser bekommt auch einen sehr genauen Einblick in die damaligen medizinischen Behandlungsmethoden. Das ist nicht immer leicht zu ertragen, doch finde ich es sehr gut, dass nicht immer nur die Gräuel der beiden Weltkriege im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Auch der Deutsch-Französische Krieg hat unbeschreibliches Elend über die Bevölkerung gebracht. Das Entsetzen darüber darf meines Erachtens ruhig in einem Roman thematisiert und verarbeitet werden.

    Die Autorin erzählt einfach großartig und verknüpft einen aus dem Blickfeld des Interesses geratenen, unvorstellbar grausamen Krieg mit einer äußerst spannenden und dramatischen Familiengeschichte. Trotz der auf allen Ebenen spektakulär verlaufenden Handlung fand ich die Ereignisse immer so realistisch dargestellt, dass sie sich für den Leser letztlich gut nachvollziehen lassen.

    Der Roman endet mit einem Cliffhanger, der auf die weiteren Geschehnisse sehr neugierig macht.

    Für die hervorragende Recherche zum historischen Hintergrund und die authentische Einbettung der Handlung in eine spannende Familiengeschichte vergebe ich sehr gerne :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Liebe Grüße von Lorraine :)


    "Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen." (Karl Kraus) :study: