Amy Sackville - Reise nach Orkney / Orkney

  • Was für eine Sprache - allein dafür liebe ich dieses Buch. Ich liebe es, wenn es jemand mit Worten schafft, mich an das Meer zu katapultieren. Amy Sackville konnte das - mit wunderschönen Sätzen, die Bilder in meinem Kopf auslösten.

    Die Handlung dagegen konnte mich nicht so mitreißen:


    Das frisch verheiratete Paar - er 40 Jahre älter als sie - macht sich auf in die Flitterwochen. Sie verbringen sie auf Orkney, nordöstlich von Schottland. Er ist ein angesehener Literaturprofessor, der auch während der Hochzeitsreise an seinem neuen Buch über Magie arbeiten muss. Ihr macht das nichts aus. Sie ist gespannt darauf, es zu lesen.


    "Ich hätte mir kaum einen besseren Rückzugsort aussuchen können, um einen Teil der Flitterwochen mit diesen Geschichten zu verbringen, um die alten Mythen zu durchstreifen und auf ein neues Echo zu lauschen. Dieser Ort, so unwirklich in vielerlei Hinsicht, dieser Ort des Nebels und der Wetterwechsel, des kahlen Gestrüpps und der wilden See - ja, er scheint zum Arbeiten wie gemacht."


    Die Tage vergehen, sie hat ständig Albträume, die damit enden, dass sie von der Flut gepackt wird. Die Handlung wird zumeist getragen durch seine Erinnerungen daran, wie sie sich kennengelernt haben - er der Professor, sie die junge Studentin. Ansonsten erfahren wir von ihr kaum etwas. Vielleicht ihre Albträume, die erzählt sie uns. Und doch zieht es sie immer wieder ans Meer. Ob ihre Träume etwas mit ihrer Familie zu tun haben, von der sie nichts erzählen mag?


    Ich hatte mir vorgestellt, dass sich die beiden, hier, wo sie fast alleine sind, näher kommen. Doch habe ich das Gefühl, sie entfernen sich mehr und mehr voneinander.


    Als ich dann lese:


    "Jetzt, im Bett, ihr Rückgrat ein langer Schatten im schwachen Licht des Mondes, ihre Lippen leicht geöffnet; ich küsse die Schwimmhäute ihrer gespreizten Hand."


    frage ich mich, wohin diese Geschichte gleitet. Und ich muss gestehen: So richtig gefesselt hat mich dann bis zum Ende des Buches nur die wunderschöne Sprache.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 84 von 80 - geschafft :)

  • Das Original :wink:


    Biografiefan Danke für die Rezension, auch wenn das Buch Dir hauptsächlich sprachlich gefallen hat. Aber nachdem ich eben noch die zweite Rezension zum Buch auf Amazon gelesen habe, denke ich, das könnte mir dennoch gefallen. Ich setz es mir mal auf die Wunschliste. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Danke, Biografiefan, für die Rezi!

    Zitat von Squirrel

    ... auch wenn das Buch Dir hauptsächlich sprachlich gefallen hat. Aber nachdem ich eben noch die zweite Rezension zum Buch auf Amazon gelesen habe, denke ich, das könnte mir dennoch gefallen.

    Für mich ebenfalls ein durchaus wichtiges Kriterium. Sicher gibt es Bücher, die man wegen dem Plot kauft. Doch es gibt auch solche, die durch ihre Sprache bestechen. Manchmal wichtiger als die Story! Wir hatten ja im "Wer-schreibt-Rezis?-Fred" auch dieses Thema über die Sternchenbewertung oder Spoilergefahr. Bei solchen Büchern ohne den Hauptakzent auf Plot wird man keinem die Freude am Lesen nehmen können, wenn die Sprache erstes Kriterium ist...

  • Sicher gibt es Bücher, die man wegen dem Plot kauft. Doch es gibt auch solche, die durch ihre Sprache bestechen. Manchmal wichtiger als die Story!

    Ich glaube, Du hast mich jetzt gründlich missverstanden :wink: Ich bin keiner, der Bücher nur wegen der Sprache liest und dem die erzählte Geschichte egal ist. Im Gegenteil, mir persönlich hilft die schönste Sprache nichts, wenn mich die Geschichte nicht mitnimmt.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Nun, Squirrel, das "ebenfalls" stimmt dann eben nicht, weil Du es nicht auf Dich beziehst. Aber für mich bleibt diese Aussage dennoch wahr. Man kann mit an für sich "dummen Plots" eine tolle, sprachlich super Geschichte schreiben, die mich überzeugt. Da passiert nichts Weltbewegendes, oder sehr wenig, und dennoch...

    Und man kann ebenfalls - m.E. - tolle Plots ausarbeiten mit Cliffhangern und allem oder total originale Settings, und dennoch nicht ankommen beim Leser, weil die Umsetzung nicht stimmt.


    So empfinde ich es.

  • Aber für mich bleibt diese Aussage dennoch wahr.

    natürlich bleibt sie das :wink:

    Aber für mich muss in aller Regel beides passen, jedoch lege ich mehr Wert auf die erzählte Geschichte (die durchaus ruhig und ohne große Knalleffekte sein darf, wie z.B. die Familiengeschichten von Anne Tyler). Ein sprachlich sicher ausgefeiltes Buch wie "Widerfahrnis" konnte mich dagegen überhaupt nicht erreichen, weil außer gekünstelter, sicher beherrschter Sprache bei mir nichts ankam.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier