Jennifer Egan - Manhattan Beach

  • Starke Figur!


    Klappentext (quelle amazon):

    Tauchen Sie ein in das vibrierende New York der 30er und 40er Jahre, folgen Sie einer unvergesslichen Heldin in eine Zeit, in der alles auf dem Spiel steht.

    New York – von der Marinewerft in Brooklyn zu den schillernden Nachtclubs in Manhattan, von den Villen auf Long Island zu den Absteigen in der Bronx. 1942 sind die Männer an der Front, die Frauen stehen in der Fabrik. Aber Anna möchte ein besseres Leben. Seitdem der Vater verschwunden ist, sorgt sie für ihre Mutter und die pflegebedürftige Schwester. Während Anna den Vater nicht vergessen kann, verfolgt sie bestimmt ihren großen Traum: Unter die gigantischen Kriegsschiffe an den Docks möchte sie tauchen, um sie zu reparieren. Ein Beruf zu gefährlich für eine Frau – genauso wie die New Yorker Unterwelt, in der sich die Spur ihres Vaters verlor.



    Anna Kerrington wächst als Kind um 1934 in New York auf. Der zweite Weltkrieg tobt, doch Anna hat andere Sorgen. Ihr Vater Eddie ist von einem Tag auf den anderen verschwunden und hat die Familie im Stich gelassen. Mutter Agnes und Anna kümmern sich alleine und liebevoll um die schwerstbehinderte Lydia. Als Anna älter wird, arbeitet sie in den Marinewerfts der Armee, in denen Schiffe gebaut werden. Anna ist genügsam, doch ihr grosser Traum ist es, als Taucherin ihr Geld zu verdienen. Sie lernt Dexter Styles kennen und ihr wird bewusst, dass sie ihn schon früher einmal zusammen mit ihrem Vater getroffen hat. Eddie war bei Dexter angestellt…weiss er, was mit ihrem Vater geschehen ist?



    Zugegeben … ich muss gestehen, dass ich etwas erschrocken bin, als ich das Buch aufgeklappt habe. Zwei Seiten mit Lob, und das vor dem Lesen des Lektüre.... von der " Los Angeles Times " bis zum " Guardian ". Gefolgt von einem längeren Interview, in dem die Autorin sehr ausschweifend über ihr Buch erzählt. Meiner Meinung nach etwas, das am Schluss eines Buches hingehört.

    Anna ist ohne Zweifel eine sehr taffe und überzeugende Figur. Hier merkt man, dass die Autorin sich bei der Charakterisierung sehr viel überlegt hat. Mir gefallen überzeugende Figuren und starke Frauen in Geschichten und Anna ist eine. Sie kämpft um ihr Recht, genau den Beruf, ihre Passion das Tauchen, ausüben zu dürfen wie die männlichen Bewerber des Tauchlehrganges.

    Die Geschichte ist sehr komplex mit vielen Figuren, Namen, Orte und Nebenhandlungen. Hauptsächlich werden drei Figuren, die den Mittelpunkt einzelner Stränge markieren, hervorgehoben. Anna, Vater Eddie und Dexter. Ich empfand es als anspruchsvoll zu folgen …teils auch, weil mich gerade der Strang um Dexter weit weniger mitgerissen hat als die beiden anderen. Ich empfand doch hie und da die Geschichte um die geschäftlichen Aktivitäten Dexters als etwas langatmig. Meiner Meinung nach, hätte man hier Überflüssiges und Aufbauschendes herausstreichen, und sich auf das Wesentliche konzentrieren können.

    Die ganze Geschichte spielt zur Zeit des zweiten Weltkrieges. Wobei dieser weder zentral ist, noch gross thematisiert wird. Es wird ab und zu erwähnt, dass Männer eingezogen wurden und wofür die Schiffe gebaut werden, doch dies äusserst zurückhaltend. Grosse und intensive Kriegsgeschichten gibt es nicht.

    Lydia, die Schwester von Anna ist schwerstbehindert. Mich hat sehr berührt, wie die Beziehungen zwischen ihr und den Familienmitgliedern, Nachbarn und Arbeitskollegen des Vaters gezeichnet sind. Eddie, der Vater, hat grosse Schwierigkeiten die Behinderung seiner Tochter zu akzeptieren, schämt sich mit ihr in der Öffentlichkeit. Die Autorin hat durch einige gut geschriebene Passagen, das sehr subtil deutlich gemacht.

    Der Schreibstil ist sehr detailliert und teilweise ausschweifend. Man spürt jedoch die hervorragenden Recherchen. Sei es, wenn es um den Schiffbau geht, die Taucherausrüstung oder die Behinderung von Lydia.

    Eine Geschichte rund um eine zähe und kämpferische Frau, die etwas hätte gestrafft werden dürfen.

  • Zwei Seiten mit Lob, und das vor dem Lesen des Lektüre.... von der " Los Angeles Times " bis zum " Guardian ". Gefolgt von einem längeren Interview, in dem die Autorin sehr ausschweifend über ihr Buch erzählt.

    Es sieht aus, als hättest Du das Buch als Rezensionsexemplar bekommen. In denen findet sich oft vorne Bonusmaterial, das in der endgültigen Printausgabe nicht mehr vorhanden ist. Wenn mir so ein Buch zwischen die Finger kommt, frage ich beim Verlag an, ob dieses Material in allen Ausgaben ist und bei der Rezension erwähnt werden soll. Bisher habe ich immer als Antwort bekommen, dass die Ausgabe ohne Bonusmaterial in den Buchhandel ausgeliefert wird.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Es sieht aus, als hättest Du das Buch als Rezensionsexemplar bekommen. In denen findet sich oft vorne Bonusmaterial, das in der endgültigen Printausgabe nicht mehr vorhanden ist.

    Da stellt sich mir die Frage, was das Bonusmaterial bewirken soll - sollen hier die Erstrezensenten beeindruckt oder gar beeinflusst werden? Oder warum sonst wird es in Rezensionsexemplare eingefügt, in die Handelsausgaben aber nicht.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Es sieht aus, als hättest Du das Buch als Rezensionsexemplar bekommen.

    Das gab es letztens bei Vorablesen.

    Da stellt sich mir die Frage, was das Bonusmaterial bewirken soll - sollen hier die Erstrezensenten beeindruckt oder gar beeinflusst werden? Oder warum sonst wird es in Rezensionsexemplare eingefügt, in die Handelsausgaben aber nicht.

    Ein Schelm wer Böses dabei denkt :wink: Ich denke auch, dass damit Erstrezensenten beeinflusst werden sollen. Macht sich doch super wenn ein Buch bei Erscheinen mal gleich ach so tolle Rezis hat :geek: Damit wären wir wieder bei Sinn und Unsinn derselben ^^


    Das Buch selbst finde ich aber nicht uninteressant, bei mir ist es auch schon auf der WuLi. Aber unabhängig von irgendwelchen Rezis,


    Igela

    Das Buch erscheint laut amazon erst am 29. August. Durfte das denn schon rezensiert werden ?

  • Igela

    Das Buch erscheint laut amazon erst am 29. August. Durfte das denn schon rezensiert werden ?

    Seltsam. In unserer Bibliothek gibt es das Buch als Printausgabe bereits und es wird auch verliehen, ist also nicht gesperrt bis Ende August oder sowas. Ich kann es mir heute abholen. :scratch: ?(

  • Igela

    Das Buch erscheint laut amazon erst am 29. August. Durfte das denn schon rezensiert werden ?

    Seltsam. In unserer Bibliothek gibt es das Buch als Printausgabe bereits und es wird auch verliehen, ist also nicht gesperrt bis Ende August oder sowas. Ich kann es mir heute abholen. :scratch: ?(

    Das ist echt seltsam :scratch: Aber auch schön, viel Spass Dir dann beim lesen ! :D

    Hab eben mal geschaut, im Berliner Bibliothekenverbund ist es noch nicht gelistet. Ich möchte mir das dann nämlich auch bestellen :wink:

  • Das Buch selbst finde ich aber nicht uninteressant, bei mir ist es auch schon auf der WuLi. Aber unabhängig von irgendwelchen Rezis

    Ich finde es bisher auch nicht übel, spätestens Ende der Woche möchte ich es beenden und dann auch rezensieren.

  • Inzwischen weiß ich auch, warum ich es jetzt schon ausleihen kann: es ist die englische Ausgabe, nicht die deutsche. :roll: Habe ich beim Bestellen total übersehen.

  • Also... Maire ja, das Buch ist/war ein Rezensionsexemplar.

    Squirrel Genau die Gedanken hatte ich auch...soll da der Leser beeindruckt werden, so nach dem Motto " Sehr viele sagen Positives, wir hoffen du auch". Leider fruchtet das bei mir nicht, da ich meine eigene Meinung habe und zu der auch stehe. Egal ob Times und co was anderes sagen.

    @Jessy1963 Alle Bücher, die bei vorablesen gewonnen werden, sind von der Sperrfrist ausgenommen, dh dürfen vor der Veröffentlichung rezensiert werden. Steht explizit in den Gewinnermails und hier bei diesem Buch auch noch mal im Begleitschreiben vom Verlag.

  • Da stellt sich mir die Frage, was das Bonusmaterial bewirken soll - sollen hier die Erstrezensenten beeindruckt oder gar beeinflusst werden? Oder warum sonst wird es in Rezensionsexemplare eingefügt, in die Handelsausgaben aber nicht.

    Ich könnte mir vorstellen, dass diese Ausgaben auch an die Buchhändler gehen und eben die entsprechend beeinflussen sollen, das Buch zu ordern.


    Das Buch lese ich auch gerade, hab aber noch keinen Blick in das Interview geworfen, auf die Kritiken ebenfalls nicht. Werde wohl noch eine Weile dafür brauchen, es liest sich nicht schlecht, reißt mich aber auch nicht so sehr mit.


    Wenn ich lese "hymnisch gefeiert", bin ich eher skeptisch eingestellt. Da werden oft Erwartungen geweckt, die sich nicht wirklich erfüllen. Ich meine, damit tun sich die Verlage nicht unbedingt einen Gefallen.

  • Jessy1963 Alle Bücher, die bei vorablesen gewonnen werden, sind von der Sperrfrist ausgenommen, dh dürfen vor der Veröffentlichung rezensiert werden. Steht explizit in den Gewinnermails und hier bei diesem Buch auch noch mal im Begleitschreiben vom Verlag.

    Ah ok, danke, das wusste ich nicht dass das generell so ist. Das ist auch schon länger her als ich mal mitgemacht habe bei Vorablesen


    Wenn ich lese "hymnisch gefeiert", bin ich eher skeptisch eingestellt. Da werden oft Erwartungen geweckt, die sich nicht wirklich erfüllen. Ich meine, damit tun sich die Verlage nicht unbedingt einen Gefallen.

    Mich verschrecken solche Lobhudeleien eher....ehrlich gesagt.

    Mich auch. Ich gebe darauf auch nichts sondern mache mir immer mein eigenes Bild. Sehr oft hatte ich auch schon den Fall dass gehypte Bücher mir gar nicht gefielen und umgedreht.

  • Wenn ich lese "hymnisch gefeiert", bin ich eher skeptisch eingestellt. Da werden oft Erwartungen geweckt, die sich nicht wirklich erfüllen. Ich meine, damit tun sich die Verlage nicht unbedingt einen Gefallen.

    Im englischen Sprachraum finden sich in so ziemlich jedem Buch erst mal zwei bis fünf Seiten Lobhudeleien - ich ignoriere das einfach und mache mir mein eigenes Bild. Wenn mich ein Buch grundsätzlich interessiert, schreckt mich auch ein Hype nicht ab.


    Ich bin gespannt auf "Manhattan Beach", das ich mir kürzlich gekauft habe, nachdem ich im "New Yorker" einen interessanten Artikel über die Autorin gelesen hatte (und ich meine, die hätten auch mal eine Kurzgeschichte von ihr abgedruckt, die gut war).

  • Im Prinzip sind es drei Geschichten, die Jennifer Egan in ihrem Roman "Manhattan Beach" erzählt: die der jungen Anna, ihres Vaters Eddie und des Gangsterbosses Dexter. Angesiedelt sind diese Handlungsstränge in den 30er und 40er Jahren in New York, vor dem Hintergrund des zweiten Weltkrieges. Anna hat es satt, in der Marinewerft noch länger am Fließband zu stehen; Taucherin möchte sie werden und unter Wasser Schiffe reparieren. Was in dieser Zeit quasi unmöglich ist, Anna will es unbedingt als einzige Frau erreichen, um ihre Mutter und behinderte Schwester zu unterstützen. Die drei Frauen sind auf sich allein gestellt, denn 5 Jahre zuvor ist Annas Vater Eddie verschwunden, nachdem er jahrelang für den Gangsterboss Dexter Styles Botengänge erledigt hat. Anna stellt schließlich Nachforschungen an, um den Aufenthaltsort ihres Vater zu ermitteln und so werden alle drei Schicksale eng miteinander verwebt.

    Jennifer Egan kann schreiben, das steht außer Frage. Dennoch fällt es schwer, mit dem Roman und seinen Charakteren warm zu werden. Schon die Einordnung in ein Genre fällt schwer. Für einen Kriegsroman sind die Kriegshandlungen zu oberflächlich abgehandelt, sind nur schmückendes Beiwerk und Motor der eigentlichen Geschichte. Ein Familienroman, das dürfte noch am ehesten passen. Gegenüber stehen sich zwei Familien: Annas, eher ärmlich, durch die Behinderung der Schwester vereint und gespalten zugleich. Und der Familienclan um Dexter Styles, nach außen hin reich und glücklich, im Inneren zerrissen und chaotisch.

    Dexter Styles war am Ende tatsächlich auch der Charakter, den ich am meisten nachvollziehen konnte, der für mich am rundesten war. Er ist gefangen in einer Welt, die er selbst gewählt hat. Gleichzeitig sehnt er sich aber auch nach deren Zerstörung und einem Leben, das mehr zu bieten hat, das einen Einfluss hat auf die Zukunft der Gesellschaft. Anna wird zwar in allen Rezensionen und Pressestimmen als DIE starke Frau und Feministin gefeiert, aber leider konnte ich das nach der Lektüre von "Manhattan Beach" nicht bestätigen. Taucherin wird sie am Ende eigentlich nur, weil sie es sich in den Kopf gesetzt hat und ihrem Chef schöne Augen macht. In ihrem sonstigen Wesen und ihren Handlungen kann ich die starke Frauenfigur, die ich mir erhofft hatte, nur in Teilen erkennen. Sicherlich behauptet sie sich in einer schwierigen Zeit, aber das tun die anderen weiblichen Figuren auch, wenn auch auf ihre eigene Weise. Schade, mit Annas Figur wurde definitiv Potenzial verschenkt. Und Eddie? Was bleibt über Eddie zu sagen? Einen Schwächling, der nicht den Mut besitzt, seine behinderte Tochter so zu lieben, wie sie es verdient und der irgendwann einfach von der Bildfläche verschwindet. Nein, ich mochte ihn nicht, auch wenn er im Verlauf des Romans noch an Profil gewinnt.

    Sprachlich ist der Roman gut und präzise erzählt, allerdings hat er doch seine Längen. Die Arbeit in der Marinewerft, jeder Schritt beim Anziehen des Taucheranzuges oder ein Familienwochenende bei Dexter Styles. Alles wird in epischer Breite geschildert, ohne die Handlung großartig voranzubringen. Und das ist überhaupt ein Problem des Romans, denn im Grundsatz ist "Manhattan Beach" nur ein Ausschnitt aus einer großen Handlung, die wenigsten Stränge werden am Ende aufgelöst, zu vieles bleibt offen. Wer den Roman als genau dies akzeptieren kann, einen Ausschnitt aus mehreren Menschenleben in Kriegszeiten, der wird vermutlich seine Freude daran haben. Ich hingegen hatte mir einfach mehr von diesem hochgelobten Werk versprochen.

    Fazit: Ein sprachlich solider Roman mit Längen und verschenktem Potenzial :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Eine starke Frau geht ihren Weg, in einer für ihre Zeit ganz und gar ungewöhnlichen Umgebung – diesen Eindruck hatte ich nach Kurzbeschreibung und war echt gespannt auf die Geschichte. Leider hat der Roman meine Erwartungen nicht erfüllt, nicht wegen der Inhalte, sondern der Art und Weise wie erzählt wurde.


    Anna ist mir zu keinem Zeitpunkt irgendwie nahe gekommen, aber schon ein interessanter, starker Charakter. Zur Zeit des zweiten Weltkrieges arbeitet sie auf einer Marinewerft in New York und als sie dort zum ersten Mal einen Taucher aus der Nähe sieht, steht für sie fest, das will ich auch. Die Beharrlichkeit und der Mut, mit dem sie ihr Ziel verfolgt nötigen Respekt ab, irgendwann auch ihren „Kollegen“ *g*. Neben Annas gibt es einen weiteren Handlungsstrang, der in die New Yorker Unterwelt führt und relativ großen Raum einnimmt. Über ihren Vater ist Anna als Kind einmal kurz mit dem Gangsterboss Dexter Styles in Kontakt gekommen und als junge Frau kreuzt sie erneut dessen Weg.


    Das hätte spannender Lesestoff sein können, denn die Autorin hatte im Prinzip eine gute Geschichte zu erzählen, mit interessanten Figuren und Schauplätzen in einem aufregenden historischen Kontext. Und doch habe ich mich über weite Strecken hindurch gequält, weil die Umsetzung meinen Geschmack so gar nicht getroffen hat.

    Für sich genommen, sind einzelne Passagen durchaus ansprechend erzählt, doch es fehlen fließende Übergänge, die das Ganze rund und stimmig machen. Teile der Handlung fand ich extrem unglaubwürdig und auch die Dialoge fühlten sich für mich nicht authentisch an. Genervt war ich von den unzähligen sperrigen Metaphern, die meinen Lesefluss zusätzlich beeinträchtigt haben. Teilweise waren sie so befremdlich, dass ich sie mehrfach gelesen habe um dem tieferen Sinn auf die Spur zu kommen – in der Regel vergeblich. Keine Ahnung, ob dafür die Autorin oder der Übersetzer verantwortlich zeichnet.

    Nicht nur das Bemühen um sprachliche Intensität wirkte auf mich künstlich und übertrieben, auch die Figuren und ihre Emotionen. Da kam bei mir einfach nichts rüber, kaum etwas passte. Sehr schade. Ich glaube nicht, dass ich ein weiteres Buch dieser Autorin lesen möchte, egal wie „hymnisch“ es besprochen und gelobt wird.


    Sicher kein schlechtes Buch, aber nur 2 Sterne von mir, weil mir das Lesen so gar kein Vergnügen bereitet hat. :bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Stell dir vor, es ist Krieg – und plötzlich stehen die Chancen offen, die früher undenkbar gewesen wären.

    So jedenfalls geht es Anna, der Hauptfigur in Jennifer Egans Roman “Manhattan Beach”. Als Tochter einer irischen Familie aus Brooklyn scheint ihr Leben weitgehend vorbestimmt – Familie und Kirchgang, und irgendwann eine eigene Familie. Aber der Kriegseintritt der USA nach dem Angriff auf Pearl Harbour wirft das traditionelle Gefüge durcheinander. Plötzlich fehlen in Fabriken und anderswo die Männer und die Frauen rücken in eine Arbeitswelt vor, die ihnen bisher verschlossen war.

    Auch Anna arbeitet für die Kriegsindustrie im Büro einer Werft. Die Arbeit findet sie aber langweilig, viel mehr reizen sie die Schiffe, die dort gebaut werden, beneidet im Stillen die Frauen, die auf den Docks etwa als Schweißerinnen arbeiten.

    Doch Anna, das brave irische Mädchen, das seiner Mutter bei der Pflege der behinderten Schwester hilft, hat auch eine verborgene wilde Seite, die sie selbst zu verdrängen versucht. Eine Freundin auf der Werft schafft es dennoch, sie zu einem Ausflug ins Nachtleben von Manhattan zu überreden. Hier trifft sie auf den attraktiven, aber auch in Mafiakontakte verstrickten Nachtklubbesitzer Dexter Stiles, einen Mann, von dem sie sich angezogen fühlt wie eine Motte vom Licht.

    Noch mehr wird Anna allerdings von dem Wunsch angetrieben, als Taucherin an Kriegsschiffen zu arbeiten. Beharrlich und gegen alle Widerstände, ja Anfeindungen männlicher Vorgesetzter und Kollegen verfolgt sie ihren Traum, versucht mit Charme und Entschlossenheit Widerstände zu erschüttern.

    Egan hat mit “Manhattan Beach” ein episches Gesellschaftsbild gezeichnet, in dem es nicht nur um Anna und ihr Streben nach Selbstverwirklichung geht. Der multiethnische Mikrokosmos Brooklyn, das schillernde Nachtleben von Manhattan, die Welt der Finanzpatriarchen, Seeleute und Mobster – viel Liebe zum Detail steckt in dem Roman, für den Egan akribisch recherchiert haben muss.

    Allerdings führt gerade diese akribische Genauigkeit mitunter dazu, dass ihre Figuren mitunter gewissermaßen leblos wirken, wie Staffage im Gesamtgemälde. Andere spielen vorübergehend eine Rolle, um dann gewissermaßen kommentarlos wieder in der Versenkung zu verschwinden. Das stört ein wenig Lesbarkeit und Erzählfluss.

    Wer historisch inspirierte Bücher um selbstbewusste Frauenfiguren mag, dürfte “Manhattan Beach” dennoch genießen. Anna ist eine Figur mit Ecken und Kanten, die trotz einer gänzlich anderen Lebenswelt auch heute vielen Leserinnen mit ihren Kämpfen vertraut sein kann.

  • 1934, die elfjährige Anna lebt zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Vater und ihrer stark körperbehinderten jüngeren Schwester in New York. Sie liebt ihre Schwester Lydia abgöttisch, genauso wie ihren Vater Eddie. Diesen darf sie sogar auf seinen Botengängen für die Gewerkschaft begleiten. Ihre Mutter hat ihre Tanzschuhe (sie und Eddiehaben sich am Broadway kennen gelernt) gegen eine Nähnadel seit der Geburt von Lydia eingetauscht. Keine der Bewohnerinnen ahnt das Eddie mit seinem Leben unzufrieden ist. Die Zerbrechlichkeit seiner jüngsten Tochter nagt ungeheurlich an seinem Selbstwertgefühl. Ein Gedanke, der ihn beherrscht ist folgender: „Nein ich kann das nicht akzeptieren, das reicht nicht, um glücklich zu sein.“ Innerlich distanziert er sich in den folgenden Monaten von seiner Familie um 1936 verschwindet er spurlos und lässt Anna und die Familie im Stich. Auf sich allein gestellt wird Anna recht schnell erwachsen und tritt 1942 nach dem College, ein dreiviertel Jahr nach dem Angriff auf Pearl Harbor, sogar eine Stelle bei der Marinewerft (Brooklyn Naval Yard) an. Auf einmal wurden (wie in allen am Krieg beteiligten Ländern) Frauen nicht am Herd, sondern in den Fabriken gebraucht, das kommt der jungen Anna sehr gelegen kann sie doch für ein paar Stunden das elterliche Heim verlassen und gleichzeitig ihre Mutter finanziell unterstützen. Während einer Mittagspause sieht sie die Marinetaucher und sofort ist ihr klar, das sie genau das machen möchte. Egal wie viele Widerstände sie bezwingen muss.



    Es gab einen für mich sehr wichtigen Grund genau dieses Buch zu lesen. Mein Großvater war nach dem Krieg Minentaucher an der Ostseeküste. Ich kenne sowohl das „Tauchkleid“ als auch den riesigen und schweren Messinghelm. Dies und der Klappentext weckten Interesse an dem neuen Roman von Jennifer Egan.

    Ich hatte jedoch zu Anfang große Schwierigkeiten in die Geschichte rein zu finden. Irritiert musste ich feststellen das Annas Vater einen sehr großen Platz in diesem Buch einnimmt, dahinter verblasst die eigentliche Akteurin fast. Der Schreibstil der Autorin war für mich genauso gewöhnungsbedürftig. Abgehackt und Übersprunghaft auf der einen Seite und viel zu distanziert auf der anderen Seite. Ich empfand auch keinen der Protagonisten authentisch oder in irgendeiner Weise sympathisch. Die eigentliche Geschichte, die Anrollende aus der Not geborenen Emanzipation der Frauen im Zweiten Weltkrieg mit dem New Yorker Gangsterleben in den 30- 40 Jahren zu kombinieren war sehr gewagt und ist leider nicht immer gelungen.


    Mein Fazit: Die sich überschlagende positiven Pressestimmen für Manhattan Beach kann ich für mich so nicht bestätigen. Es ist jedoch ein Roman, der mit sehr viel Liebe zum Detail recherchiert wurde und dessen Hauptaugenmerk nicht nur auf der Emanzipation liegt, sondern auch auf der technischen Thematik.

  • Anna Kerrigan lebt mit ihrer Mutter und der behinderten Schwester Lydia 1942 in New York. Ihr Vater ist seit Jahren verschwunden. Die Männer sind an der Front und die Frauen übernehmen die Arbeit in den Fabriken und auf der Werft, so wie Anna. Als Anna einen Taucher beobachtet, setzt sie alles daran, Marinetaucherin zu werden. Sie möchte die Kriegsschiffe in den Docks unter Wasser reparieren. Eigentlich unvorstellbar und doch spielt die Zeit ihr in die Hände, denn immer mehr Männer wurden eingezogen.

    Die Weltwirtschaftskrise hat den Menschen zugesetzt und man macht sich nicht viele Gedanken, wenn man einen Job haben konnte. Da Annas Mutter sich um Lydia kümmern musste, nahm der Vater Gelegenheitsjobs an und geriet so an Dexter Styles, eine sehr zwielichtige Gestalt. Anna hatte Dexter früher mal getroffen. Dann war Eddie plötzlich verschwunden. Als Anna Dexter Styles wiedertrifft, macht sie sich auf die Suche nach ihrem Vater und bekommt es so mit der New Yorker Unterwelt zu tun.

    Das Buch liest sich sehr angenehm.

    Ich mochte Anna, die weiß was sie will und dafür kämpft, ihr Ziel zu erreichen. Dabei muss sie durchaus auch Rückschläge einstecken. Aber sie zeigt den Männern, was in ihr steckt. Auch die Suche nach ihrem Vater betreibt sie trotz der Gefahren zielstrebig. Aber auch die anderen Figuren sind interessant und authentisch dargestellt und so zeigen selbst Bösewichte schon mal auch eine nette Seite.

    Mit diesem Buch taucht man ein in das pulsierende Leben im New York der 30er und 40er Jahre. Es zeigt die überschäumende Lebensfreude und auch die Schattenseiten.

    Mich hat dieser Roman von Anfang an gepackt. Auch wenn es schon mal ein paar Längen gab, war die Geschichte dennoch spannend.

    Ein interessanter und spannender Roman, der mich gut unterhalten hat.

  • Der Nachtclub-Besitzer Dexter Styles lebt samt Familie und Personal in einem Haus direkt am Strand. Männer wie er haben früher Alkohol geschmuggelt. Seine Geschäftspartner lädt er zu sich nachhause ein, um Vertrauen aufzubauen. Familienväter halten sich an Regeln, signalisiert er ihnen damit. Auch Eddie Kerrigan nutzt diesen Code und bringt seine kleine Tochter Anna mit zum geschäftlichen Treffen in der Strandvilla. Der soziale Unterschied zwischen Unterwelt-Boss und seinem Laufburschen könnte nicht krasser sein. Die Kerrigans leben in den 30ern mit Anna und einer älteren behinderten Tochter in einer Mietwohnung im 6. Stock und kommen finanziell kaum über die Runden. Den Rollstuhl für Lydia müssen sie privat finanzieren. Anna und ihre Mutter Lydia verdienen zwar mit Näharbeiten etwas dazu; Eddie ist jedoch dringend auf die Aufträge angewiesen, die er als wandelndes Kassenbuch für Styles erledigt. Anna durchschaut die Beziehung der beiden Männer instinktiv, Eddie ahnt das und wird sie nie wieder mitnehmen zu einem Geschäftstermin. Eigentlich müsste Eddie besser verdienen; denn wenn es der Schifffahrt so schlecht geht wie jetzt, blühen in einem Hafen stets die krummen Geschäfte. Rückblicke zeigen, wie Eddies Karriere als Berufsspieler und Varieté-Künstler begann, wie er dabei seine Frau kennenlernte und wie sich sein Verhältnis zur heranwachsenden Anna entwickelte.


    Einige Jahre später hat Anna einen kriegswichtigen Job im Hafen von Brooklyn beim Bau des Schlachtschiffs Missouri. Kurz blitzt bei mir die Frage auf, wie Annas Mutter allein mit der behinderten Lydia zurechtkommt; denn Eddie ist nach dem Anfangskapitel einfach verschwunden. Weil die Werftarbeiter im Krieg sind, übernehmen Frauen ihre Arbeitsplätze, leisten auch schwere körperliche Arbeit. Tagsüber arbeiten die Frauen für die amerikanische Marine, nach Dienstschluss haben sie sich wieder den Normen jener Zeit zu unterwerfen. Eine unverheiratete Frau kann auf keinen Fall allein wohnen, bekräftigt Annas Mutter, als sie selbst New York verlassen will. Anna spielt das Maskottchen ihres Teams, ist respektlos und unpünktlich, als wolle sie ihre Entlassung provozieren. In einem Hafen ließe sich sicher auch anders Geld verdienen; Anna weiß nur noch nicht wie. Als sie den ersten Marinetaucher mit einem Kugelhelm sieht, malt sie sich dessen Arbeit unter Wasser aus und fragt sehnsuchtsvoll: „Ob sie uns das je erlauben?“ Berufstaucher bergen Leichen aus den Hafenbecken, Schrott aus den Schifffahrtsrinnen und führen unter Wasser Reparaturen an Schiffen aus. Obwohl Frauen für den Job nicht erwünscht sind, bewirbt Anna sich. Die Macht, eine wichtige Tätigkeit zu beherrschen und davon erzählen zu können, wird sie nicht wieder loslassen. Auch die Familie Styles bleibt vom Zweiten Weltkrieg nicht unberührt. Ihr Neffe wartet gerade auf seine Einschiffung nach Europa. Ein möglicher U-Boot-Krieg könnte direkt vor ihrem Haus stattfinden an der Einfahrtsrinne nach Manhattan.


    Jennifer Egan berichtet im Interview,

    Von „Manhattan Beach“ hatte ich erwartet, Anna als Berufstaucherin würde im Mittelpunkt stehen. Die Handlung entwickelte sich zwar anders als erwartet, aber für mich doch zu einem großartigen historischen New-York-Roman mit Anna als Verbindung gegensätzlicher Milieus. Sie stand mit einem Bein in der kriegswichtigen Wirtschaft, mit dem anderen auf Seiten der Unterwelt-Clans und ihrer Geheimnisse. In diese Welt irischer Gewerkschafter, italienischer Mafiosi und New Yorker Geschäftsleute führt Jennifer Egan ihre Leser und lässt ihre Figuren auf beiden Seiten einträgliche Geschäfte machen. Wie die Anfangsszene mit Dexter Styles bereits vermuten ließ, werden sich die Wege der Beteiligten noch einmal kreuzen. Die symbolische Bedeutung des Tauchens in die „Unterwelt“ für Anna erschließt sich am Ende ebenso wie die Rolle Eddies.


    Fazit

    Dass die Autorin Figuren einfach verschwinden lässt und mich im Unklaren darüber lässt, ob ich sie noch im Kopf behalten sollte, ist bei umfangreichen Romanen nicht mein Fall. Von dieser Hürde abgesehen, hat Egan mich mit ihrer peniblen Recherche und dem Schauplatz Marinewerft sofort eingefangen. Da die Spoilergefahr bei diesem Roman groß ist, sollte man sich einfach überraschen lassen, ohne vorher zu viel über „Manhattan Beach“ zu lesen.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Toibin - Long Island

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow