Rachel Khong - Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte / Goodbye, Vitamin

  • Entsprach leider nicht meinen Erwartungen!


    Klappentext (Quelle amazon):


    Wenn das Gedächtnis des eigenen Vaters schwindet, hilft nur noch Humor. Und ein gutes Steak.
    Rachel Khongs Debütroman »Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte« thematisiert den Moment im Leben jedes Menschen, wenn sich das Eltern-Kind-Verhältnis umkehrt. Sehr humorvoll beschreibt sie den Alltag mit einem dementen Familienmitglied, mit all seinen traurigen Tiefen, aber auch mit den urkomischen Höhen. Ruth ist 30, als ihr Verlobter sie plötzlich verlässt. Völlig aus der Bahn geworfen, kommt sie der Bitte ihrer Mutter nach, kündigt Job und Wohnung und zieht für ein Jahr wieder zurück zu ihren Eltern. Dort soll sie ein Auge auf ihren Vater werfen, einen berühmten Geschichtsprofessor, der nach und nach sein Gedächtnis verliert. Aus purer Verzweiflung verbannt seine Ehefrau alles aus dem Haus, was nur irgendwie im Verdacht steht, Demenz zu begünstigen. Ruth schafft es aber zusammen mit einigen Verbündeten, dem Leben ihres Vaters noch einmal einen Sinn zu geben, indem sie zum Beispiel sein geliebtes Seminar zur amerikanischen Geschichte heimlich weiterhin stattfinden lassen, ohne dass der Dekan Wind davon bekommt. Mit viel Humor und einer ordentlichen Portion Situationskomik schildert Ruth das Jahr mit ihrem Vater, das die beiden immer enger zusammenschweißt.


    Howard Young, ehemaliger Dozent, leidet an Alzheimer. Seine Frau Annie bittet Tochter Ruth für ein Jahr zu ihnen zu ziehen, um ein Auge auf Howard zu haben. Ruth ist nach der Trennung von ihrem Freund froh, eine Aufgabe zu haben und bricht ihre Zelte in San Francisco ab. Sie versucht den Haushalt neu zu organisieren, beginnt zum Beispiel wieder zu kochen, da ihre Mutter das aufgegeben hatte. Als Theo, ein ehemaliger Student ihres Vaters, vorschlägt, zur Beschäftigung von Howard, Schein-Vorlesungen zu organisieren, finden sich gleich eine Handvoll Studenten, die mitmachen. Doch Howard baut mehr und mehr ab.


    Zugegeben…ich hatte nach dem Lesen des Klappentextes Erwartungen an dieses Buch. Ich habe mir vorgestellt, dass man als Leser hautnah dabei ist, wenn die Familie Young versucht mit der Diagnose Alzheimer von Mann und Vater Howard zurecht zu kommen.

    Leider, leider, dümpelte die Geschichte weit weg von meinen Erwartungen vor sich hin. Zu Beginn steht noch die Krankheit Alzheimer, und wie das Umfeld des Kranken mit der Diagnose umgeht, im Mittelpunkt. Doch dann rückt mehr und mehr Belangloses und das Leben von Ruth in den Mittelpunkt. Wie eine Aneinanderreihung von Kurzgeschichten ähnlichen Passagen entwickelt die Story eine Monotonie, die ich mehr und mehr langweilig empfand. Sinn und Zweck dieser Passagen habe ich nicht immer sehen können und der rote Faden hat weitgehend gefehlt. Wenn dieses Buch kein Rezensionsexemplar gewesen wäre, hätte ich es abgebrochen.

    Die Handlung ist extrem sprunghaft, vieles wird von der Autorin angerissen und nach einem kurzen Intermezzo fallen gelassen und nicht weiter verfolgt. Ich empfand diese Sprunghaftigkeit als ermüdend.

    Ab und zu wurden Briefe, die Howard an seine Tochter Ruth geschrieben hatte, eingefügt. Und dies in so einem abgehackten und einfachen Stil, dass genau so gut ein Zehnjähriger sie hätte geschrieben haben können. Berührt haben sie mich nicht, denn auch hier wieder einen Aneinanderreihung von Ereignissen. Gefühle wurden wie im Rest der Story aussen vor gelassen.

    Mit dem Schreibstil kam ich nicht zurecht. Nicht nur, dass er wie oben beschrieben sehr sprunghaft ist, ist er auch äusserst sachlich gehalten.

    Die Figuren blieben, und auch das ist wohl dem Schreibstil geschuldet, äusserst blass. Die Autorin hat sich entschieden die direkte Rede rar einzusetzen und in Form von Tagebucheinträgen die Geschichte zu erzählen. Beides nicht unbedingt dazu angetan, für die Leser Nähe zu den Figuren entstehen zu lassen. Gerade die Mutter von Ruth ist sehr farblos. Ausser, dass sie Esswaren wegwirft und sich weigert zu kochen, erfährt man praktisch nichts von ihr. Wie fühlt sie sich mit der Krankheit ihres Mannes? Ist es eine Entlastung, dass Tochter Ruth zu ihnen zieht? Genau diese Fragen sind offen geblieben…wie auch die versprochenen " traurigen Tiefen und humorvollen Höhen das Leben mit einem demenzkranken Familienmitglied zeichnet (Klappentext). Leider haben mich diese Tiefen und Höhen nicht erreicht, dazu fühlte ich eine zu grosse Distanz zu sämtlichen Figuren.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Rachel Khong - Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte.“ zu „Rachel Khong - Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte / Goodbye, Vitamin“ geändert.
  • Nur ein Jahr, das nimmt sich Ruth vor. Nur ein Jahr will sie nach der Trennung von ihrem langjährigen Verlobten Joel wieder zuhause bei den Eltern einziehen. Bei ihren Mutter Annie und ihrem Vater Howard, der an Alzheimer leidet. Es wird ein schwieriges Jahr für Ruth werden, mit all den Höhen und Tiefen, die man als Angehöriger bei so einer heimtückischen Krankheit durchleben muss.

    Es ist eine Geschichte über einen Familienalltag, der sich zunehmend ändert. Von ärztlichen Untersuchungen oder Krankenhausaufenthalten ist hier nur wenig die Rede. Die Autorin schildert nur nebenbei, was Alzheimer medizinisch für einen Menschen bedeutet; es geht in "Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte" eher um das ganz Private. Um die Erinnerungen, die nach und nach verschwinden, die bösen Worte, die man sich an den Kopf wirft, die verzweifelten Versuche, die man unternimmt, um einen Prozess aufzuhalten, der sich nun mal nicht aufhalten lässt.

    Rachel Khong schreibt sehr nah am Geschehen, dennoch wirken die Worte zum Teil recht distanziert. So als wäre es ein anderer Vater, der all das erlebt, nicht der Vater der Protagonistin selbst. Überhaupt ist das Verhältnis der beiden kompliziert geworden. Während der jüngere Bruder den Vater in all seiner Schwäche erlebt hat, der Alkoholsucht und der Affäre mit einer anderen Frau, war Ruth zu diesem Zeitpunkt schon von zuhause ausgezogen. Was das alles mit der Familie angestellt hat, darüber hat sie sich bisher kaum Gedanken gemacht. Nun, wieder in ihrem Elternhaus, ist sie gezwungen, sich all dem zu stellen. Besonders für Mutter und Bruder ist die Situation jedoch beinahe unerträglich: wie kann man jemandem seine Verfehlungen nachtragen, der sich nicht einmal mehr daran erinnern kann?

    Es ist interessant zu sehen, wie sich der Sprachstil der Handlung nach und nach verändert. Howard hatte stets Tagebuch geführt, als Ruth noch klein war. Liebevoll, aber in Stenografieform hielt er fest, was er mit seiner Tochter erlebt hat: die kleinen Situationen, in denen er ihr die Welt erklärte, die Momente, in denen sie ihn zum Lachen oder zum Nachdenken brachte. Und vor allem die Augenblicke, in denen ihm bewusst war, dass seine Kleine ihn irgendwann verlassen wird. Am Ende ist es Ruth, die auf dieselbe Art und Weise das Leben ihres Vaters dokumentieren wird, mit all den Rückschritten und all den lichten Momenten. Es ist, als hätten beide die Rollen getauscht, sowohl was die Handlung als auch, was die Sprache betrifft.

    Obwohl der Roman nicht im Detail auf die Krankheit Alzheimer eingeht und obwohl hier viel Alltägliches beschrieben wird, hat er mich dennoch berührt. Denn der Autorin gelingt es einzufangen, wie sich das Leben aller Beteiligten ändert - und zwar nicht nur das des Erkrankten, sondern gerade das eines gesamten Umfeldes. Wenn Howards Studenten ein ganzes Seminar für ihn erfinden, nur damit ihr Professor das Gefühl hat, weiterhin nützlich zu sein und unterrichten zu dürfen, dann geht das schon sehr ans Herz. Dafür kann ich der Handlung auch verzeihen, dass sie im Prinzip nur einen Ausschnitt der ganzen Geschichte zeigt.

    Fazit: Ein Roman ohne große Vorkommnisse, dafür aber mit Herz :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: