Robert Seethaler - Das Feld

  • Kurzmeinung

    towonder
    Mein erste Seethaler, Roman kann ich nicht wirklich sagen. Es sind Episoden und Erinnerungen von Toten in schönem Ton
  • Kurzmeinung

    Aladin1k1
    Von toten Menschen aus Paulstadt erzählte Lebensgeschichten.
  • Klappentext:

    Wenn die Toten auf ihr Leben zurückblicken könnten, wovon würden sie erzählen? Einer wurde geboren, verfiel dem Glücksspiel und starb. Ein anderer hat nun endlich verstanden, in welchem Moment sich sein Leben entschied. Eine erinnert sich daran, dass ihr Mann ein Leben lang ihre Hand in seiner gehalten hat. Eine andere hatte siebenundsechzig Männer, doch nur einen hat sie geliebt. Und einer dachte: Man müsste mal raus hier. Doch dann blieb er. In Robert Seethalers neuem Roman geht es um das, was sich nicht fassen lässt. Es ist ein Buch der Menschenleben, jedes ganz anders, jedes mit anderen verbunden. Sie fügen sich zum Roman einer kleinen Stadt und zu einem Bild menschlicher Koexistenz. – Hanser-Verlagsseite


    Zum Autor:

    Robert Seethaler, geboren 1966 in Wien, ist ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller und Drehbuchautor. Seine Romane "Der Trafikant" (2012) und " Ein ganzes Leben" (2014) wurden zu großen internationalen Publikumserfolgen. 2018 ist sein neuer Roman " Das Feld" erschienen. Robert Seethaler lebt in Wien und Berlin. - Hanser-Verlagsseite


    Allgemeine Informationen:

    Episodenroman

    Personale Perspektive, Ich-Erzählung, Perspektive des unbeteiligten Beobachters sind vertreten

    Eigennamen als Kapitelüberschriften

    239 Seiten


    Meine Meinung:

    In den Romanen, die Seethaler bisher veröffentlichte, steht jeweils eine Figur im Mittelpunkt, deren Leben entweder ganz oder in einer bestimmten Zeitspanne erzählt wird. Hier entwickelt der Autor Biographien verschiedener Personen, erzählt also komprimierte Viten, und das besonders daran ist: Die Figuren erzählen rückwirkend als Tote. Ihnen allen ist nur der Ort gemeinsam, an dem sie lebten, das fiktive Paulstadt, und der Friedhof, auf dem ihre Gräber liegen, nämlich das titelgebende „Feld“ in Paulstadt.


    Für mich ist die größte Stärke des Buches gleichzeitig seine größte Schwäche: Wie ein guter Karikaturist, der mit eine paar Strichen ein Gesicht zeichnet, das man sofort erkennt, zeichnet Seethaler Lichtblicke eines Lebens, kurze Passagen oder Knapp-Biographien der Figuren, die aus der Distanz des Todes zurückblicken. Hat man sich als Leser mit einer Figur angefreundet und wäre interessiert an weiteren Schilderungen, ist das Kapitel zu Ende, und man muss sich der nächsten zuwenden.

    Jeder könnte Protagonist eines eigenen Romans sein. Was der Autor wohl nicht gewollt hat.


    Von welchem Ort sich die Toten melden, spielt keine Rolle. Mehrmals wird gesagt, dass Gott nicht existiert (und somit kein ewiges Leben in irgendeinem Jenseits), dass man aber als Toter Erinnerungen besitzt, den liebsten Menschen zugewandt bleibt und das Sterben in der Rückschau als ganz natürlich und nicht besonders schlimm empfindet.


    Seethaler schreibt großartig in ruhiger, einprägsamer und poetischer Sprache. Für die Lebendigkeit seiner Figuren sorgen vor allem seine ungewöhnlichen Bilder und der ihm eigene Blick auf die entscheidenden und besonderen Merkmale.


    Ein empfehlenswertes Buch, aber: Nicht täuschen lassen von der Gattungsbezeichnung „Roman“.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Die Figuren erzählen rückwirkend als Tote. Ihnen allen ist nur der Ort gemeinsam, an dem sie lebten, das fiktive Paulstadt, und der Friedhof, auf dem ihre Gräber liegen, nämlich das titelgebende „Feld“ in Paulstadt.

    Ein paar der Toten haben einander auch zu Lebzeiten gekannt, das spielt allerdings keine größere Rolle.

    Dieser Roman, der - wie Marie richtig bemerkt - eigentlich gar keiner ist, sondern nur in Schlaglichtern Rückblicke auf das Leben verschiedener verstorbener Einwohner/innen Paulstadts gibt, hat mir gut gefallen. Eine originelle Idee, die Toten in Ausschnitten aus ihrem Leben erzählen zu lassen, wobei der Leser von den meisten einen ganz guten Einblick in die jeweilige Persönlichkeit bekommt, auch wenn man über einige der Menschen gern noch etwas mehr gewusst hätte!

    Irgendwie hat das Buch bei mir eine etwas melancholische Stimmung hinterlassen, was auch an den Schicksalen einiger der verstorbenen Ich-Erzähler gelegen haben mag, aber es ist auf jeden Fall ein Buch, das man nicht so schnell vergisst!


    Ich vergebe eine Leseempfehlung für alle, die sich auf einen etwas ungewöhnlich konzipierten (NIcht-)Roman einlassen wollen und :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Meine Kollegin meinte O-Ton: "Yvonne, das ist voll das Depri-Buch" :mrgreen:

    Wie man´s nimmt. Die Schicksale einiger Verstorbener stimmen traurig, andererseits scheint es nach deren Aussagen ganz angenehm zu sein, als Beobachter der noch Lebenden friedlich in der kühlen Erde zu liegen und aus seinem Leben zu erzählen.:wink:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Mein Leseeindruck:


    29 Tote kommen hier zu Gehör: ein Totentanz der besonderen Art, und so entsteht in

    diesem Roman eine Art Sittengemälde einer kleinen fiktiven Stadt.

    In melancholischem, aber auch heiterem Ton erzählen die Toten das, was ihnen im Leben wichtig war.

    In der Rückschau zeigen sie eine beeindruckende, fast stoische Gelassenheit, und der Leser denkt sich

    beruhigt: "Ach, so schlimm ist das alles doch nicht."


    Aber es entwickelt sich kein Gespräch der Toten. Sie liegen mit Körper, Geist und Seele in ihrem Grab und scheinen

    sich dort auch wohl zu fühlen. Auf sie wartet kein Jenseits, ihr Leben - in welcher Form auch immer - geht nicht weiter,

    entwickelt sich nicht weiter. Zeit und Raum sind unwichtig, alle sind nun gleich - das Totsein ist demokratisch.


    Ein schöner Satz: "Denk an die Toten und verzeih ihnen", sagt der Vater. Diese Versöhnlichkeit liegt über allen Erzählungen der Toten.

    Vielleicht macht die Trafikantin Sophie Breyer eine Ausnahme - ihr erfrischend kurzer Kommentar: "Idioten".


    Seethalers unaufgeregter, karger Stil passt zu diesen kurzen Lebensberichten. Seine große Stärke besteht

    in diesem Buch darin, mit nur wenigen Pinselstrichen eine prägnante Figur zu erschaffen.


    Ich muss dieses Buch mit einem anderen Totentanz vergleichen: "Lincoln im Bardo" von George Saunders.

    Seethalers Buch wirkt dagegen nüchtern und auch etwas brav, an die inhaltliche und sprachliche Wucht von Saunders

    kommt er nicht heran.

    Will er wohl auch nicht.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich muss dieses Buch mit einem anderen Totentanz vergleichen: "Lincoln im Bardo" von George Saunders.

    In diesem Thread geht es allerdings um "Das Feld", Du hast also die ISBN zum falschen Buch verlinkt. :wink:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • In diesem Thread geht es allerdings um "Das Feld", Du hast also die ISBN zum falschen Buch verlinkt

    Nein, das habe ich nicht. Ich wollte auf das andere "Totentanz"-Buch hinweisen, daher

    ich den Link zu dem Saunders-Buch gesetzt.

    Das Seethaler-Buch ist ja bereits verlinkt.

    :winken:

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • ### Inhalt ###

    Paulstadt, irgendein kleines Dort im Nirgendwo und dort ist ein Feld, das als Friedhof dient. Die dort begrabenen Toten haben Geschichten von ihrem Leben in Paulstadt zu erzählen, die irgendwie zusammenhängen.


    ### Meinung ###

    Die einzelnen Geschichten sind mehr oder weniger stark. Alle beginnen mit dem Namen der toten Person, die die Geschichte erzählt. Manche gehen über mehrere Seiten, eine besteht nur aus einem Wort, eine andere ist eine stakkatohafte Folge von Begriffen, welche wohl der Zusammenfassung des Lebens des erzählenden Toten entsprechen soll. In Erinnerung sind mir drei Geschichten geblieben. Die Geschichte von drei Freunden, zwei Jungs, einem Mädchen. Bei einer Spritztour stirbt der Fahrer. Seine letzten Gedanken drehen sich um den Groll, den er für seinen "Freund" empfindet, da ihm immer alles zuviel. Oder die Geschichte einer Frau, der Thresendame in der Paulstädter Kneipe, die scheinbar zig Männer hatte. Oder die einer Frau, die ihre beste Freundin im Sanatorium findet kurz bevor beide am Alter oder Krebs sterben. Ich habe das Buch in wenigen Tagen gelesen und es hat mich nicht gelangweilt. Was für zwischendurch und kalte Wintertage.


    ### Fazit ###

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    Von toten Menschen aus Paulstadt erzählte Lebensgeschichten. Manche interessant, manche weniger. Was für zwischendurch und kalte Wintertage.

    Der ideale Tag wird nie kommen. Der ideale Tag ist heute, wenn wir ihn dazu machen. -- Horaz


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