Bernard Cornwell - Der Schattenfürst / Enemy of God

  • Obwohl mich der erste Band nicht wirklich in seinen Bann gezogen hat, wollte ich dem zweiten Teil noch eine Chance geben. Irgendwie mag ich die Art, wie Cornwell den edlen und vernünftigen Arthur porträtiert (kann man einen so großartigen Kerl überhaupt unsympathisch schreiben?), und tatsächlich kam mir auch der unfreiwillige Sachse und Erzähler Derfel im "Schattenfürst" ein wenig näher; wahrscheinlich, weil man einiges über sein Familienleben und seine Herkunft erfährt. Ich hatte den Eindruck, er war ein bisschen weicher und nicht mehr gar so kriegerisch. Immerhin brechen im zweiten Teil die Tage von Camelot an, was bedeutet, dass es lange Zeit Frieden gab im Land.


    Inhaltlich ist mir "Der Schattenfürst" in der Rückschau trotzdem weniger präsent als "Der Winterkönig." Der Titel spielt auf Merlin an, der mir fast zuwider ist in seiner gewollt coolen Art, und dessen Abgeklärtheit im starken Widerspruch dazu steht, dass er die dreizehn Kleinodien Britanniens vereinen möchte, um die alten Götter zu rufen, damit sie die Unordnung auslöschen, die das Christentum ins Land gebracht hat. Ihm zur Seite steht die hysterische Nimue, die zwar nicht immer Merlins Meinung ist, darum aber nicht weniger fanatisch. Wirklich berührt hat mich das Schicksal von Tristan und Isolde (ich wollte schon immer wissen, welchen Platz die beiden in der Artus-Sage einnehmen. Cornwell ist diese Interpretation gut gelungen, finde ich), und - wie bereits erwähnt - auch das von Derfel, der unter seiner harten Schale doch ein ganz Netter ist und seiner Ceiwyn treu ergeben, mit der er in einfachen Verhältnissen lebt und drei Töchter hat.


    Gestört hat mich die Geringschätzigkeit, fast schon Verachtung, mit der Cornwell über das Christentum schreibt. Ja, er legt diese Dialoge seinen Protagonisten in den Mund und will wohl unpartteiisch bleiben, doch irgendwie blitzt immer wieder durch, dass heidnische Rituale einer Religion vorzuziehen seien. So jedenfalls habe ich es verstanden. Ich möchte nicht sagen, dass Religionen gut sind, denn sie führen immer wieder zu Kriegen und Missverständnissen. Und dennoch hätte ich mir weniger religiöse Voreingenommenheit im "Schattenfürst" gewünscht. Der einzige, der mir diesen Wunsch erfüllt hat, war Arthur, der sich auf seinen Verstand und sein Urteilsvermögen verlässt. Mir gefällt, dass er an das Gute glaubt und weder Heiden noch Christen verdammt. Leider war er zum Schluss dann doch der Dumme, denn seine Frau - immer noch glühende Isis-Anhängerin - entpuppt sich als untreu, sowohl was Arthurs Privatleben als auch seinen Herrscherstatus angeht. Sie stellt ihre Sekte über die Solidarität zu ihrem Mann, der von Nimue (Merlins Gefährtin) als Narr bezeichnet wird, weil er in politischen Belangen nie auf Guinevere gehört und sich demnach die Suppe selbst eingebrockt hat.


    Prompt wird das kluge promiskure Weib an einen "christlichen Ort" verbannt und als Hure Babylons verunglimpft, die noch froh sein kann, dass sie nicht auf dem Scheiterhaufen endet. Überhaupt, die Gewalt wieder... für mich oft einfach zu plakativ. Natürlich sind einem Verbrecher nicht sympathisch und müssen bestraft werden, doch auf die Details, die Cornwell seinen Derfel fast genüsslich schildern lässt, hätte ich hin und wieder gern verzichtet.


    Aber ich muss zugeben, dass mich der Roman nach anfänglichen Schwierigkeiten besser unterhalten hat als "Der Winterkönig." Daher werde ich demnächst den letzten Teil in Angriff nehmen.


    Bewertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Nach dem großen Kampf von Lugg Vale geht es nahtlos weiter. Sehr schön fand ich, dass am Anfang die Handlung von Band 1 zusammengefasst wurde, damit man gut wieder reinkommt! Wird ja leider selten in Reihenbänden gemacht.
    In das Personenregister würde ich aber nicht reinschauen, das enthält zu viele Spoiler ;)

    Der mittlerweile gealterte Mönch Derfel erzählt wieder aus seiner Sicht die damaligen Ereignisse, die sich um den Frieden drehen, den Arthur mit allen Mitteln erkämpfen will - sowie die Suche nach den 13 Kleinodien der Götter, die in den letzten Jahrhunderten verloren gingen.
    Das fand ich übrigens sehr interessant, denn über diese Kleinodien hatte ich bisher noch gar nichts gehört oder gelesen. Sie waren ein Schutz der Götter, die in Streit mit anderen Göttern geraten sind und mit diesen mächtigen Artefakten "ihre" Schützlinge in Britannien beschützen wollten. Das Zusammentragen dieser verschollenen Gegenstände setzt Merlin mit unendlich großer Macht gleich und die Rückkehr der wahren Magie.

    Der Schreibstil bleibt gleich auf eine nüchterne, aber doch sehr bildhafte Art, die die Geschehnisse sehr anschaulich beschreiben. Es gibt wieder viele Kämpfe und Schlachten, aber auch Verhandlungen über den Frieden, die ruhig, aber doch fesselnd beschrieben sind. Der erste Band hatte mich ja schon beeindruckt, aber der zweite hat mich noch mehr überzeugt! Es gab so viel Abwechslung und Entwicklungen der Figuren, die man immer besser kennenlernt, dass ich von der ersten bis zur letzten Seite mitgefiebert habe!

    Arthur bleibt seinem Weg treu und möchte ein vereintes Britannien ohne die Sachsen, muss aber mit schweren Schicksalsschlägen kämpfen.
    Merlin möchte die Macht der alten Götter mithilfe der Kleinodien zurück und die Christen vertreiben, die sich immer mehr ausbreiten.
    Derfel schätzt beide sehr und versucht, ihnen gerecht zu werden. Für ihn freut es mich besonders, dass er seine Liebe gefunden hat - auf höchst überraschende Weise.

    "Vielleicht beten sie eine Forelle an. Was weiß ich? Bis jetzt verehren sie bereits einen heiligen Geist, eine Jungfrau und einen Zimmermann. Warum also nicht auch einen Fisch?"
    Zitat Seite 420

    Die krassen Gegensätze der Heiden und Christen mit all ihren Ritualen ihres unterschiedlichen Glaubens werden sehr interessant aufgezeigt. Blutige Zeremonien, täuschende Flüche, Angst schürende Bräuche und fanatische Gläubige zeigen, wie tief verwurzelt die Hoffnung auf etwas Übernatürliches ist. Etwas, das größer ist als wir selbst und das Schicksal auf Erden lenken kann und ein besseres Leben verspricht. Dieser Zwang, andere vom eigenen Glauben überzeugen zu müssen und dafür Kriege zu führen, zu töten und andere zu bezwingen schwingt hier sehr deutlich mit. Und zieht sich ja leider auch unentwegt durch die Jahrhunderte.

    Die Dinge, die er sich wünscht, sind rührend simpel: Gesetze, Gerechtigkeit, Ordnung, Sauberkeit. Er wünscht sich aufrichtig, dass alle glücklich sind, und das ist schlechthin unmöglich.
    Zitat Seite 330

    Das steht auch Arthurs tiefstem Wunsch nach Frieden im Weg. Er ist ein sehr simpel gestrickter Mensch, voller Ideale und zutiefst mit einer allumfassenden Ordnung verwoben. Er möchte ein einfaches Leben ohne Kampf und Streit, ein glückliches Leben in dem alle Menschen zufrieden sind.
    Ein Wunsch, den wir wohl alle haben und der leider so oft durch die äußeren Umstände vereitelt wird. Arthur muss das hier sehr schmerzhaft erfahren.

    Es werden natürlich auch viele bekannte Begriffe und Ereignisse erwähnt. "Camelot" zum Beispiel, das Hof des mythischen britannischen Königs Artus bekannt ist, umfasst hier das gesamte Land. Scheint aber, wie im Nachwort des Autors erwähnt, gar nicht hierher zu passen, da dieser Begriff erst im 12. Jahrhundert aufkam.
    Die Ritter der Tafelrunde hat sicher auch schon jeder mal gehört - aber auch dieser Mythos wird hier ganz neu interpretiert und als Trugschluss aufgedeckt.
    Auch die Sage von Tristan und Isolde findet hier ihren Platz, wenn auch ebenfalls verändert, aber sie fügt sich perfekt ins Gesamtbild.

    Überhaupt fand ich die ganzen Ereignisse erfrischend anders und mag diese Art der Erzählweise, als würde man tatsächlich einer alten Sage lauschen, die der alte Derfel in seinen letzten Tagen aufs Pergament bringt. Ich freu mich jetzt schon sehr auf den dritten und letzten Band!


    Mein Fazit: 5 Sterne

    Weltenwanderer