• Klappentext:

    In einer Welt, in der Frauen nur hundert Wörter am Tag sprechen dürfen, bricht eine das Gesetz. Das provozierende Überraschungsdebüt aus den USA, über das niemand schweigen wird!

    Als die neue Regierung anordnet, dass Frauen ab sofort nicht mehr als hundert Wörter am Tag sprechen dürfen, will Jean McClellan diese wahnwitzige Nachricht nicht wahrhaben – das kann nicht passieren. Nicht im 21. Jahrhundert. Nicht in Amerika. Nicht ihr.

    Das ist der Anfang.

    Schon bald kann Jean ihren Beruf als Wissenschaftlerin nicht länger ausüben. Schon bald wird ihrer Tochter Sonia in der Schule nicht länger Lesen und Schreiben beigebracht. Sie und alle Mädchen und Frauen werden ihres Stimmrechts, ihres Lebensmuts, ihrer Träume beraubt.

    Aber das ist nicht das Ende.

    Für Sonia und alle entmündigten Frauen will Jean sich ihre Stimme zurückerkämpfen.


    Autorin:

    Christina Dalcher pendelt zwischen den Südstaaten und Neapel. Die gebürtige Amerikanerin, zu deren Helden Stephen King und Carl Sagan zählen, promovierte an der Georgetown University in Theoretischer Linguistik und forschte über Sprache und Sprachverlust. Ihre Kurzgeschichten und Flash Fiction erschienen weltweit in Magazinen und Zeitschriften, u.a. wurde sie für den Pushcart Prize nominiert. »Vox« ist ihr Debütroman.


    Allgemeines:

    Erscheinungsdatum: 15. August 2018

    Seitenanzahl: 400

    Verlag: Fischer Verlag


    Eigene Meinung:

    In einer nicht allzu fernen Zukunft werden die Frauen unterdrückt und der Stimme beraubt. Ganze 100 Wörter dürfen diese am Tag noch sprechen, jedes weitere Wort lässt sie Schmerzen durch Elektroschocks spüren.

    Wie es dazu kam und was das alles verändert schildert Christina Dalcher sehr eindrücklich. Aus der Perspektive der Protagonistin Jean, haben wir Zugang zu den Gedanken voller Zweifel, Unglauben und Wut einer Betroffenen. Schleichend war die Entwicklung, zu milde der Protest als man noch etwas hätte ändern können.

    Christina Dalcher schafft eine sehr beklemmende Atmosphäre, bei der mir eine Szene besonders im Gedächtnis geblieben ist, die ich hier nicht nennen möchte, denn ich denke, dass jedem klar sein wird, welche Szene ich meine.

    Jean ist nämlich Mutter und inwieweit die begrenzte Wortzahl ihr Mutterdasein einschränkt, wirkt in diesem Roman mehr als deutlich, auch die Gefühle, die sie gegenüber ihrem Mann entwickelt, gehen auf den Leser über.

    Auch die Entwicklung ihrer kleinen Tochter wird scharf gezeichnet. Wenn in der Schule die Mädchen nicht mehr sprechen dürfen, wie lernen sie dann. Und was passiert eigentlich mit jenen, die sich so gar nicht an die Vorgaben halten?

    Doch die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen, denn die Regierung möchte die Unterdrückung der Frauen weiter ausweiten…


    Fazit: Für mich ein ganz großartiges Debüt der Autorin, was ich an einem Tag durchgelesen habe. Kein Witz. Denn die Atmosphäre war so dicht, so beklemmend, aber auch so fesselnd, dass ich einfach nicht aufhören wollte zu lesen.Das Buch wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben und ich freue mich darauf, es in der Buchhandlung endlich verkaufen zu können. Ich werde es vermutlich auch noch einmal lesen! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Meine Zusammenfassung: Jean ist 43 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei Söhnen und einer sechsjährigen Tochter. Ihr Mann Patrick geht als Berater des US-Präsidenten im weißen Haus ein und aus, während Jean seit einem Jahr das Arbeiten verboten ist. Die promovierte Linguistin hat einst an einem Heilmitteln für die Wernicke-Aphasie geforscht, eine Sprachstörung, bei der die Betroffenen zwar noch sprechen können, jedoch die Bedeutung der Wörter nicht erkennen und recht sinnfreie Wörter und Sätze bilden. Gemeinsam mit ihrem Team hat Jean ein Gegenmittel entwickelt, wurde jedoch von der neuen Regierung unterbrochen, bevor dieses richtig ausgetestet werden konnte.


    Vor einem Jahr bekamen Jean und alle anderen Frauen und Mädchen in der USA ein Armband angelegt, welches die gesprochenen Wörter zählt. Nur noch hundert Wörter darf jede Frau sprechen, darüber hinaus verpasst ihr das Armband Stromschläge die sich in ihrer Intensität steigern, je mehr das Limit überschritten wird. Neben dieser radikalen Einschränkung ist ihnen auch die Zeichensprache und das Schreiben verboten, sogar der Briefkasten ist verschlossen, da nur der Mann des Hauses die Post in Empfang nehmen darf. In den Schulen wird den Kindern die Normalität des neuen Alltags und der neuen Regeln gelehrt, und das Ende der Fahnenstange scheint längst nicht erreicht zu sein, ungehorsame Frauen werden öffentlich gedemütigt und in Arbeitslager geschickt. Der Zählerstand ihrer Armbänder steht ständig auf Null.


    Dann hat der Bruder des Präsidenten einen Unfall, eine Hirnblutung hat eine Wernicke-Aphasie verursacht und Jean soll mit ihrem Team weiterforschen, um die Sprachstörung von Bobby Myers zu heilen. Für die Zeit wird ihr und ihrer Tochter Sonia das Wörter zählende Armband entfernt und sie darf Sonia zu Hause unterrichten. Im Labor trifft sie auf ihr einstiges Team, bestehend aus Lin und Lorenzo. Doch auch im Labor werden die drei überwacht und unter Druck gesetzt. Schnell wird klar, dass es die Regierung nicht die ganze Wahrheit rausrückt und dass Jean scheinbar auch ihrem Mann Patrick nicht trauen kann.


    Meine Meinung: Dieses Buch hat mir einiges abverlangt. Von den ersten Seiten an war ich wütend über die Demütigung der Frauen, über das Machtspiel der Männer und vor allem über die Sinnlosigkeit der neuen Gesetze. Frauen wird eingeredet, sie seinen die "gottgewollte Bewahrerin des Heims", und das wäre doch "das Verantwortungsvollste und Königlichste, was einer Sterblichen zuteil werden kann". Mir kam beim Lesen mehr als einmal die Galle hoch.


    Ich habe immer wieder darüber nachgedacht, ob sowas tatsächlich passieren könnte. Natürlich ist die Geschichte rein fiktiv, aber spätestens nachdem die USA diesen aktuellen Präsidenten tatsächlich gewählt haben, was ich vorher für völlig abwegig gehalten habe, scheint mir kaum etwas unmöglich zu sein. VOX zeichnet eine verdammt beängstigende mögliche Version der Zukunft, die stark an vergangene düstere Kapitel erinnert.


    Mit Dr. Jean McClellan hat die Autorin eine interessante Protagonisten entwickelt. Eine hochintelligente Forscherin in der Linguistik und Mutter von vier Kindern, welches unter der neuen Regierung mit ihren Regeln neue Sorgen mit sich bringt. Geködert mit Geld, und vor allem dem Entfernen der Wortzähler, ist sie bereit, für den Bruder des Präsidenten das Heilmittel zu vollenden. Doch letztendlich wird sie unter Druck gesetzt und muss Entscheidungen treffen, die den Tod geliebter Menschen bedeuten können.


    Mehr als einmal hab ich mich gefragt, warum man Frauen die Stimme und viele ihrer Rechte nimmt, meine einzige Erklärung ist, weil MANN es kann. Wenn Männer Schwächen mit protzigen Autos kompensieren, warum dann nicht auch damit, Frauen zu unterdrücken?


    VOX ist ein sehr spannender Roman, Science Fiction, Dystopie, aber auch ein bisschen Wissenschaftsthriller, die ich schon immer gerne gelesen habe. Eine Geschichte über starke Frauen, denen die Stimme genommen wird, und die auf verschiedene Art dagegen aufbegehren. Aber es gibt auch die Frauen, die diese Entsetzlichkeit hinnehmen und sich gerne in die Rolle des vermeintlich schwachen Geschlechts und Hausmütterchens zurückziehen.


    Mein Fazit: Absolute Empfehlung! Als Frau hätte ich dieses Buch mehr als einmal am liebsten gegen die Wand gedonnert, aber ich liebe es, wenn eine Geschichte meine Emotionen zum Kochen bringt. Leichter Schreibstil, spannende und interessante Story, keine Längen.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Vox" ist die literarische Stimme zum "Women´s March", zur #MeToo-Debatte, zu Pussy

    Riot und dem Unbehagen, dass längst überwunden geglaubte Geschlechterbilder und

    Gender-Identifikationen plötzlich zurückführen könnten in eine Gesellschaft, wie wir sie

    seit, sagen wir mal, den 50-er Jahren überwunden glaubten. In eine Gesellschaft, in der

    Frauen vor allem Ehefrauen und Mütter sein sollen, eine Gesellschaft, in der Mädchen

    buchstäblich mit der Gewisseheit aufwachsen, dass sie nichts zu sagen haben.


    Jean McClellan, die Hauptfigur dieses Romans in einer womöglich nicht zu fernen

    Zukunft, war einmal Linguistin, arbeitete in einem bedeutenden wissenschaftlichen

    Projekt. Doch all das zählt nicht mehr, seit die "Reinen" das Sagen in Amerika übernahmen,

    gesteuert von einem fundamentalistischem Geistlichen, der einen unheilvollen Einfluss auf

    den US-Präsidenten ausübt. Jetzt ist Jean nur noch die Ehefrau von Patrick, Mutter von vier

    Kindern, darunter einer sechsjährigen Tochter, die zu verstummen droht.


    Denn Frauen und Mädchen in dieser gar nicht schönen neuen Welt dürfen nur noch bis zu

    100 'Wörter täglich über die Lippen bringen. In der neuen Geschlechter-Apartheid besuchen

    Jungen und Mädchen unterschiedliche Schulen - denn wozu sollen Mädchen lesen, wozu

    ihren Intellekt schulen, wenn sie sowieso nur Ehefrau und Mutter sein sollen? Ein

    "Wortzähler", am Handgelenk achtet darauf, dass Frauen sich nicht zu oft zu Wort melden -

    wird das tägliche 100 Worte-Limit überschritten, sind schmerzhafte Stromschläge die

    Konsequenz.


    Zugleich ist die neue Welt ein perfekter Überwachungsstaat, der alle Fluchtmöglichkeiten

    wie etwa den Gebrauch von Zeichensprache ausschließt. Für vorehelichen Sex, für

    Homosexualität gibt es Umerziehungs- und Zwangsarbeitslager. Jean hatte die Zeichen der

    Zeit verkannt, als ihre lesbische Freundin Jacko Protestmärsche organisierte. Nun muss sie

    hilflos beobachten, wie die Spaltung der Gesellschaft in der eigenen Familie Einzug hält.

    Doch dann tut sich plötzliche eine Chance auf, zumindest vorübergehend die Sprache

    wieder zu gewinnen...


    Ich habe "Vox" innerhalb von 24 Stunden verschlungen - das Thema war einfach packend,

    und scheint mittlerweile längst nicht mehr überzeichnet. Ein Roman, der eine Welt schlildert,

    die es zum Glück noch nicht gibt. Aber nicht erst seit #MeToo, nicht erst seit den Berichten

    über die Entgleisungen eines Donald Trump ("Grab them by the pussy") ist das Thema, wie

    Frauen von Männern gesehen und behandelt werden, wo die "gläsernen Decken" sind und

    wo trotz aller emanzipatorischer Erfolge noch immer Abgründe zwischen den Möglichkeiten

    für Männer und Frauen stehen. Die Charaktere sind glaubwürdig - Jean ist beileibe keine

    Kämpferin für Frauenrechte, sondern hat sich lange eingerichtet in der Haltung, dass doch

    alles nicht so schlimm sei. Es ist spannend zu lesen, wie sie plötzlich ihre bisherigen

    Entscheidungen überdenkt und die Möglichkeiten zum Widerstand nutzt - und lernt, sie

    steht nicht allein.


    Zu viel sollte hier nicht verraten werden, aber ich finde: Ein wichtiges Thema, gar nicht so

    weit hergeholt mit Identifikationsfiguren, denen der Leser einen Ausweg aus dem Dilemma

    wünscht - und gleichzeitig fürchtet, dass ein happy end für alle ausgeschlossen ist. - Fünf Sterne auch von mir!


    Christina Dalcher, Vox

    S. Fischer Verlage, 2018

    20 Euro,

    ISBN 978-3-103974072

  • evaczyk Bitte nutze beim Einfügen von Texten aus anderen Programmen den Quellcode, indem Du vorher auf das Rechteck links oben in der Befehlszeile klickst. Damit werden unschöne Zeilenumbrüche vermieden. Danke :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Das Leben in den USA hat sich grundlegend geändert. Per Gesetz dürfen Frauen nur noch einhundert Wörter am Tag verwenden. Bei Übertreten dieser Grenze sorgt ein Armband dafür, dass diese Frauen mit Stromschläge bestraft werden. Jean McClellan, vierfache Mutter, kann diese Entwicklung nicht glauben, aber die Auswirkungen sieht sie jeden Tag, denn das Leben verändert sich grundlegend. Als Wissenschaftlerin kann sie natürlich nicht mehr arbeiten, doch aufgrund ihrer besonderen Begabung erhält sei eine Ausnahmegenehmigung, um an einem bestimmten Projekt zu forschen. Diese Gelegenheit will sie nutzen, nicht nur für sich, sondern vor allem auch für ihre kleine Tochter. Doch die Verräter stehen an jeder Ecke, haben Kameras installiert und Verstöße und Aufstände werden weit schlimmer bestraft, als nur mit Stromstößen.


    Die Dystopie spielt im 21. Jahrhundert, daher fühlt sie sich extrem realitätsnah an und man spürt, wie schnell unsere Welt sich in eine solche verändern könnte, kleine Schritte am Anfang, die noch keiner richtig wahrnimmt, bis es irgendwann zu spät. Unglaublich erschreckend. Am Anfang habe ich tatsächlich Beklemmungen beim Lesen bekommen, als die Autorin mir offenbart hat, was für Auswirkungen das hat. Die Sprache ist ja allgegenwärtig, daher ist sie einem gar nicht richtig bewusst, sondern wir nehmen sie als selbstverständlich hin. Aber in diesem Szenario ist sie eben nicht mehr. Frauen dürfen nicht mehr arbeiten, sind von jeglichen sozialen Kontakten abgeschnitten, können ihre Kinder nicht mehr trösten oder ihnen Gute-Nacht-Geschichten vorlesen. In der Schule gibt es nur noch Frontalunterricht und gerade den jungen Mädchen wird eingetrichtert, sie sollen lernen ergebene, pflichtbewusste Ehefrauen zu werden. Und das sind nur einige wenige Beispiele, wie das Leben von Frauen durch das neue Gesetz beschnitten wurde. Das Buch hat mich daher tatsächlich sehr aufgewühlt und schon beinahe böse gemacht.


    In der Mitte hat mich das Buch nicht mehr ganz so gepackt, wie am Anfang, was evtl. einfach daran lag, dass ich mich an diese entsetzliche Lage schon „gewöhnt“ hatte. Trotzdem bleibt die Handlung weiterhin interessant. Leider hat das Ende dafür gesorgt, dass es kein 5-Sterne-Buch geworden ist. Es kommt viel zu plötzlich, besitzt keine Details mehr, sondern die Autorin hat einen sehr einfach Ausstieg aus dem Roman gewählt, der mich total unbefriedigt zurückgelassen hat und auch nicht zum Rest des Romans passt.


    Fazit: Auch wenn mich die Umsetzung des Endes enttäuscht hat, sollte man dieses Buch lesen, wenn man die Thematik interessant findet. Mich hat das Buch emotional aufgewühlt und erst einmal vor Augen geführt, wie wichtig diese Sprache für uns Menschen ist und wie leicht wir in eine ähnliche Situation abdriften könnten. Ein tolles Debüt der Autorin!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • "Denk darüber nach, was du tun musst, um frei zu bleiben.
    Tja, mehr zu tun als rein gar nichts, hätte ein guter Anfang sein können."
    Pos 354


    Das denkt sich Jean, die mit ihrem Mann und vier Kindern in den USA lebt. Einem Land, dass sich binnen weniger Wochen in ein schreckliches Gefängnis verwandelt hat. Die Frauen, wortwörtlich mundtot gemacht, sollen sich wieder an ihre von Gott zugedachte Rolle gewöhnen. Putzen, kochen, Kinder kriegen und dem Mann gefällig sein und nur ja keine Widerworte geben.


    Als ich zum ersten Mal von dem Konzept zur Handlung gelesen habe, hab ich mich gefragt: mit welcher Begründung wird die Autorin wohl diese abstruse Maßnahme begründen, dass den Frauen tatsächlich verbietet zu sprechen? Der Glaube bzw. ein religiöser Hintergrund war da am leichtesten einzusetzen. Zum einen, weil einfach grundsätzlich - und auch heute noch - viel reininterpretiert und fehlinterpretiert wird an den vielen Auslegungen von Glaubenstexten, zum anderen ist es an sich egal, welche Begründung dahinter steckt: die Herde ist viel zu leicht zu lenken.


    Das zeigt gerade auch das Zitat, das ich oben erwähnt habe. Denn Jean wurde relativ früh darauf hingewiesen, dass sich in der Politik etwas tut, etwas, dass in eine völlig abstruse Richtung läuft, aber Jean, und da geht es ihr sicher wie vielen von uns, konnte einfach nicht glauben, dass das tatsächlich Realität werden würde. Das Aufwachen geschah zu spät und jetzt steckt sie mit all den anderen Amerikanerinnen fest in einem Land, in dem Frauen so gut wie keine Rechte mehr haben.

    Jean hat vier Kinder, davon drei pubertierende Söhne und eine 6jährige Tochter, Sonia. Gerade ihr Schicksal macht Jean zu schaffen, denn wie sehr sie sich auch sträubt, sie muss der Kleinen beibringen und einimpfen, ja nicht zu viel zu sprechen.

    100 Wörter sind nichts wenn man bedenkt, wie viel jeden Tag gesprochen wird. Wie wichtig es ist, sich auszutauschen, sei es wörtlich, in der Gebärdensprache, schriftlich oder in welcher Form auch immer: der Austausch mit anderen und die Möglichkeit, sich anderen mitzuteilen, ist nunmal grundlegend in unserer Gesellschaft. Aber auch die Jungs sind einem sehr prägenden Bild ausgesetzt und ich hab mich immer gefragt, welches Frauenbild sie wohl von einer Mutter haben, die "nichts zu sagen hat".


    "Schließlich wird von meiner Tochter erwartet, eines Tages einzkaufen und einen Haushalt
    zu führen, eine ergebene und pflichtbewusste Ehefrau zu sein. Dafür braucht man Mathematik,
    keine Rechtschreibung. Keine Literatur, keine Stimme."
    Pos 150


    Erzählt wird das ganze aus Jeans Perspekive im präsens. So kann man ihren Gefühlen teilhaben, an der Wut, der Ohnmacht und auch dem Trotz, der sich immer wieder Bahn bricht. Es gibt immer wieder Momente in denen sie zurückblickt auf die Anfänge, auf die Entwicklung, was alles logisch ineinander aufgebaut ist.

    Ein paar kleine Unstimmigkeiten gab es, die mich irritiert haben, die insgesamt aber nicht wirklich ins Gewicht gefallen sind.


    Ich hab in einer Kurzmeinung gelesen, dass es in der zweiten Hälfte zu wissenschaftlich wurde, was ich aber gar nicht so aufgefasst habe. Es fallen einige Fachbegriffe, die ich nicht alle zuordnen konnte, die man aber im Kontext durchaus versteht und sich meist von selbst erklären. Ob die alle stimmig sind weiß ich nicht und man hätte es durchaus auch "verständlicher" umschreiben können, aber es hat einfach zum Umfeld und zur jeweiligen Situation gepasst.

    Gerade über die Wernicke Aphasie gibt es einige interessante Details. Ich hab noch nie davon gehört, aber die Autorin erklärt es in einem kurzen Interview am Anfang des Buches (ich würde allerdings raten, es erst nach der Geschichte zu lesen, um Spoiler zu vermeiden). Diese Aphasie kann nach einem Trauma auftreten, bei dem der Patient zwar Sprechen kann, also richtige Wörter, diese aber in keinem Zusammenhang stehen. Das wird auch in der Handlung relevant, aber dazu möchte ich noch nichts verraten.


    Es war jedenfalls beängstigend zu sehen, wie sehr hier in die verschiedenen Lebensbereiche eingegriffen und wie subtil aber sorgfältig alles umgesetzt wird.

    Bezeichnend fand ich auch, dass mit die Grundlage der Staatsoberhäupter war, dass es in der heutigen Zeit keine Unterschiede mehr zwischen Mann und Frau gibt. Die (von Gott oder wem auch immer) festgesetzte Ordnung des arbeitenden Mannes und der heimischen Frau ist außer Kontrolle geraten und die Männer (viele, einige, alle?) können und wollen damit nicht mehr umgehen. Männer werden zu weich und ihrer Stärke beraubt, während Frauen sich mehr und mehr in die Berufung der Männer drängen und damit ihrer Berufung berauben.

    Tja, natürlich gibt es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen, dazu muss man sich ja nur ihre Anatomie anschauen - aber das heißt ja nicht, dass ich ein Geschlecht in eine Rolle drängen muss oder auf irgendeine Art und Weise beschneide, dass derjenige kein selbstbestimmtes Leben führen kann.


    Bei selbstbestimmtem Leben kommt man unwillkürlich auf den Begriff der Freiheit (hier muss ich mich kurz selbst bremsen, sonst schreibe ich selbst hier noch einen Roman), aber natürlich ist das hier auch ein wichtiger Punkt.


    Was alles würdest du tun, um frei zu sein?


    Pauschal kann man das nicht beanworten - um welche Einschränkungen geht es und welche Definition von Freiheit - doch ja, es gibt sicher Situationen, in denen wir töten würden. Jeder von uns. Nein, wahrscheinlich nicht jeder, aber wenn ein Familienanghöriger bedroht ist, ein guter Freund, das eigene Kind, ich glaube, dass da sehr viele über ihre moralischen Bedenken hinweg kommen würden.

    Gar nichts zu tun, alles laufen zu lassen, so wie es in dieser Gesellschaft gelaufen ist, bringt meist nichts gutes. Hier hat die Autorin ein schönes Zitat von Edmund Burke eingeflochten:


    „Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun!“


    Ich hatte, wie oben bemerkt, bei ein paar Kleinigkeiten Probleme, es logisch nachzuvollziehen und hab auch zwischendurch nicht alles nachempfinden können, aber die Thematik ist wirklich sehr eindringlich und deutlich umgesetzt, mit einer sehr flüssigen und spannenden Schreibweise, dass ich durchweg gefesselt war und das Buch nicht aus der Hand legen wollte.


    © Aleshanee

    Weltenwanderer

  • Das Desaster ist nicht von außen gekommen, sondern durch eine demokratisch gewählte Seilschaft, genannt „Die Reinen“, um einen schwachen Präsidenten. Man ahnte die kommende Diktatur und mit ihr die Einschnitte in das private Leben schon vor der Wahl, denn die Politiker machten kein Hehl aus ihren Vorhaben, aber niemand glaubte, dass es passieren könnte. Warnrufe nannte man Panikmache, und Widerstand schien unnötig. Eigentlich hätten die Konsequenzen der politischen Befehle niemanden überraschen können, denn sie waren angesagt.

    Aber nicht die Gegner des Systems sind in der Überzahl; die meisten Menschen, unter ihnen auch Frauen, marschieren willig mit auf dem Weg der Ausgrenzung. Nicht nur das Sprechen ist ihnen verboten; sie dürfen keiner Arbeit außer Haus nachgehen, nicht ins Ausland reisen, sogar der Pass wird ihnen entzogen.


    Eine absurde Vorstellung, die Hälfe der Menschheit zum Schweigen zu bringen.

    Eine absurde Vorstellung?

    Passieren nicht inzwischen Dinge, die man nie für möglich hielt, auf den höchsten Ebenen von Politik, Wirtschaft und Kultur?

    Diesen „Warnschuss“ sehe ich als das Zentrale des Romans. Im weiteren Verlauf entspricht das Buch einem Thriller, verarbeitet eine Liebesgeschichte und unterhält in erster Linie.


    Für dystopische Romane, in dem Frauen in einer pseudo-religiösen Staatsdiktatur unterdrückt und als Menschen niederer Kategorie betrachtet werden, liegt die Messlatte von „Der Report der Magd“ sehr hoch. Diesem Vergleich hält „Vox“ nicht stand.


    Die politische Brisanz, die angedeutet ist, trägt Dalcher nicht durch ihr gesamtes Buch; sie verschenkt Potenzial zugunsten Verfolgungsjagden durch Labore und einer Liebesgeschichte, die überflüssig ist und dem Buch Gestaltungsoptionen entzieht. Jeans Auseinandersetzungen mit ihrem Mann oder ihrem ältesten Sohn, die beide regimekonform erscheinen, bleiben an der Oberfläche haften, obwohl gerade in ihnen die ganze Tragik der verkorksten Entwicklung zutage tritt.


    Ein interessanter Ansatz, ein starker Anfang, leider nicht durchgehalten, und

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:  

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich zitiere mich einfach mal kurz aus einem anderen Thread:


    Zitat

    ich habe das Buch gestern zuende gelesen und mir hat es wirklich gut gefallen. Es war spannend und interessant und ich bin wirklich froh um das Ende nach allem was so passiert ist in der Geschichte. Das Buch ist wirklich etwas zum Nachdenken und vielleicht sollten das gerade in Amerika mehr Leute lesen. Nicht, weil ich denke dass sowas dort wirklich passieren würde, aber weil es vielleicht mehr Leute dazu bringen würde zur Wahl zu gehen und sich zu überlegen wen sie wählen wollen. Dass zu wenige Leute wählen gehen ist ja nicht nur bei uns ein Problem

    Generell müssen einfach mehr Leute etwas tun statt nur MItläufer zu sein.


    Bei mir hat das Buch 5 Sterne bekommen, weil mir das Ende gefallen hat. Ja, irgendwie ging es im späteren Teil ein wenig mehr in eine Psychothriller-Richtung so wie bei Fitzek, aber das fand ich nun nicht schlimm. Mir hat es jedenfalls bis zum Ende gefallen. :D

    "I'm one with the force, the force is with me..." - Chirrut Imwe (Star Wars: Rogue One)

    俺は、お前を裏切らない - Ich werde dich nicht verraten

  • Ich habe das Buch letze Woche beendet. Hier kommt meine Rezension:


    Zum Inhalt:

    Seit die neue Regierung an der Macht ist und der Präsident mehr oder weniger von dem ultrarechten Reverend Carl gelenkt wird, sind die Rechte aller Frauen in Amerika komplett beschnitten. Kein Wahlrecht, keinen eigenen Beruf mehr, kein eigenes Konto. Für alles brauchen sie die Erlaubnis ihres männlichen Vormundes. Entweder Mann oder Vater oder Bruder oder Onkel. Nicht nur dass, sie werden alle mit sogenannten „Wortzählern“ ausgestattet. Das Kontingent von 100 Wörtern pro Tag für jede weibliche Person darf nicht überschritten werden, sonst bekommen die Frauen die Folgen in Form eines immer stärker werdenden Stromschlags zu spüren. Folgsame Ehefrauen, die sich nur um Haushalt und Kindererziehung kümmern und ansonsten still und brav ihren Männern folgen, ist das erklärte Ziel der „Reinen“. Männer und Frauen, die gleichgeschlechtliche Beziehungen pflegen, kommen in Internierungslager, bis sie sich freiwillig der Bewegung anschließen und der Homosexualität abschwören.

    Jean war vorher eine bekannte und talentierte Wissenschaftlerin. Jetzt ist sie nichts mehr. Nur noch Ehefrau und Mutter ohne eigene Stimme. Ihren Mann scheint sie nicht mehr zu kennen. In seiner Tätigkeit in hohen Regierungskreisen ist es für ihn zwingend notwendig, sich keine Feinde zu machen und so scheint er dem Regime widerstandslos zu folgen. Doch Jean will nicht kampflos aufgeben. Soll ihre kleine Tochter Sonia niemals frei reden dürfen? Niemals lesen dürfen oder die Chance auf einen Beruf und freie Entscheidung erhalten?

    Als der Präsident der vereinigten Staaten in einer persönlichen Angelegenheit dringend ihren Expertenrat und ihr Wissen braucht, sieht Jean ihre Chance, für sich, für ihre Tochter und für alle Frauen Amerikas zu kämpfen….

    Meine Meinung:

    Meine Meinung:

    VOX – #100 Wörter – Was für ein beklemmendes, aufwühlendes Buch!

    Zumindest in der ersten Hälfte. Die hat mich wirklich aufgeregt. Danach *hmmm* ich will nicht vorweggreifen….

    Die knapp 400 Seiten starke Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Jean erzählt, die sich nicht erklären kann, wie es wirklich so weit im Amerika des 21. Jahrhunderts kommen konnte. Doch rückblickend betrachtet ist genau das passiert, vor dem ihre politisch engagierte lesbische beste Freundin sie immer gewarnt hat. Eben diese Freundin, die nun in einem Internierungslager ein stummes Dasein fristet.

    Schon auf den ersten Seiten habe ich begonnen, fassungslos den Kopf zu schütteln beim Lesen und mich zu fragen, aus welchem Grund Männer auf diese abgrundtief entsetzliche Idee kommen, Frauen so dermaßen in ihren Grundrechten zu beschneiden…

    Doch so spannend und so unbegreiflich, wie das Buch begonnen hat, umso mehr tauchten bei Fortschreiten der Lektüre Fragen auf, die leider für mich während des ganzen Romans unbeantwortet blieben. Das ist etwas, was ich in der Geschichte tatsächlich vermisse: die Erklärung für den ganzen Wahnsinn, der dort passiert. Warum. Wieso. Weshalb. Mit welcher Intention.

    Nun habe ich in diesem Jahr auch von Margret Atwood „Der Report der Magd“ gelesen und muss sagen, dass sich für mich in „Vox“ viele Parallelen zu Atwoods 1985 erschienenen Roman ergeben haben. Und im Gegensatz zu „Vox“ entwirft Margret Atwood ein für mich sehr stimmiges und ausgesprochen detailliertes Szenario, während „Vox“ zwar ein wahnsinniges Tempo beim Fortschreiten der Geschichte an den Tag legt, aber dafür so viel in die 400 Seiten reinquetscht, dass es sich irgendwann von einem dystopischen Science Fiction-Roman in einen Verschwörungsthriller verwandelt und das eigentliche Thema – der Kampf um die Rechte der Frauen – für meinen Geschmack nach mehr und mehr in den Hintergrund gelangt. Ehrlich gesagt bin ich mir am Schluss überhaupt nicht mehr sicher, worum es wirklich in der Geschichte ging: um die Feminismus-Debatte und die Rechte der Frauen oder darum die amerikanische Bevölkerung am liebsten komplett zum Verstummen zu bringen, um das Machtstreben einer ultraradikalen Minderheit zu fördern?

    Ich mag nicht spoilern, deswegen werde ich Euch nichts weiter zur Handlung verraten.

    Aber trotzdem – auch wenn der Roman jetzt in einigen Bereichen nicht meine Erwartungen erfüllt hat, so macht er doch sehr nachdenklich. Zumindest die erste Hälfte der Geschichte, in der es um die Machtergreifung der Radikalen und den Rechteverlust der Frauen geht, finde ich sehr, sehr wichtig.

    Ich sehe durchaus gewisse Parallelen zur aktuellen politischen Lage hier in Deutschland.

    Es gibt da diese kleine Partei, die bei der letzten Bundestagswahl knapp 13 % Stimmen bekommen haben (siehe meinen Blogbeitrag vom September 2017) und die ein umfangreiches Wahlprogramm haben, bei dem mir schon beim Lesen so richtig schlecht wird. Ich bin immer wieder fassungslos, wenn ich sehe, wie viele Menschen von dieser Partei überzeugt sind und sie wählen wollen. Sei es aus Überzeugung oder aus Protest den Altparteien gegenüber.

    Sollte diese Partei jemals an die Macht kommen (was ich nicht hoffe), so werden wir vermutlich – wenn es auch nicht explizit auf Frauen bezogen ist – mitbekommen, wie Christina Dalchers Roman „Vox“ auch in Deutschland zum Teil Realität werden könnte. Und alleine, um jedem Einzelnen die Augen zu öffnen, wie schnell so etwas passieren kann, wie wichtig es ist, seine eigene Stimme zu erheben und „NEIN“ zu sagen, ist das Buch absolut lesenswert und wichtig. Also lest es bitte.

    #wirsindmehr #100wörter

    Meine Rezension findet Ihr auch unter http://www.buchspinat.de

  • Beschreibung:


    Die USA der heutigen Zeit. Ein Land, in dem jedoch alles ganz anders ist.


    Frauen, die ihr Leben nicht mehr leben dürfen.

    Frauen, die ihren Job nicht mehr ausüben dürfen.

    Frauen, die ihren Hobbys nicht mehr nachgehen dürfen.

    Frauen, die keine eigene Meinung mehr haben dürfen.

    Alles, was ihnen bleibt, sind 100 Wörter am Tag. ...


    Persönliche Meinung:


    ... mehr lässt die Regierung in dieser Geschichte nicht zu. Versucht eine Frau diese Grenze zu überschreiten, wird sie durch Folter wieder zum Schweigen gebracht.


    Eine dystopische Welt, die ziemlich erschreckend aber in meinen Augen gar nicht so unrealistisch ist. Eine Welt die zeigt, was passieren kann, wenn die falschen Personen an die Macht kommen und diese nutzen.


    Eine Geschichte, die sehr eindringlich und realistisch beschrieben wird, die sehr polarisiert. Die einen, die im Inhalt fast nur frauenfeindliches sehen und das Buch vielleicht aus diesem Grund verabscheuen. Und die anderen, die sehr fasziniert sind.

    Ich persönlich gehöre da definitiv zur letzteren Gruppe, weil mir hier die Autorin eine Figur präsentiert, mit der ich gelitten habe, deren Entscheidungen ich so, so gut nachempfinden und auch nachvollziehen konnte.


    Lediglich das Ende (etwa die letzten 50 Seiten) haben mir überhaupt nicht gefallen.

    Alles wirkte so erzwungen, so leicht. So absolut nicht zum Rest passend. Als wollte Christina Dalcher einfach unbedingt zum Ende kommen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Hab gerade über ein Experiment gelesen, das eine russische Journalistin durchgezogen hat. Sie hat sich einen Zähler besorgt, ein Hundehalsband, das Stromschläge austeilt, und versucht, drei Tage lang nicht mehr als 100 Wörter zu sprechen. Der Anlass war die "Vox"-Veröffentlichung in Russland.

    Anders als die Protagonistin in "Vox" hatte sie andere Möglichkeiten zur Kommunikation. Trotzdem kam sie sich bereits nach einem Tag wie ein "Ding" vor, das niemand so recht ernst nimmt. Auf Abendgesellschaften hat sie die Textnachricht "Habe aktuell keine Stimme, freue mich aber, dich zu sehen" herumgezeigt. Von ihren Freunden wurde sie nur kurz begrüßt und dann stehen gelassen. Nur ein-zwei enge Freundinnen waren zur anderen als der verbalen Kommunikation bereit.

    Die Journalistin schreibt auch, dass man ohne Stimme eher bevormundet wird. In der U-Bahn wurde sie wegen des um das Handgelenk gewickelten Halsbandes von einem Polizisten gestoppt, der sie erst für eine Terroristin und anschließend, nach ihrer schriftlichen Erklärung, für eine geistesgestörte hielt. Sie war nach drei Tagen heilfroh, das Experiment zu beenden.


    Ich habe das Buch als Hörbuch gehört und die Handlung hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Der Schluss war mir zu knapp gehalten und zu plötzlich. Trotzdem werde ich mir das Buch "fürs Regal" kaufen.


    ***

    Aeria

  • Ich kann die Lobeshymnen unterschreiben. Bin in der Fraktion: Ich liebe das Buch.:applause:Ein großartiger Roman!

    Ich bin allerdings noch nicht ganz am Ende, aber ich denke mal, da ändert sich nichts mehr. Ich finde es ausgesprochen spannend.:lechz:So einen Einfall muss man erst mal als Autorin haben, echt. Mich hat das Buch ganz und gar gepackt. Und es ist nicht nur das Szenario, das ich mir vorstellen kann und das erschreckend auf einen wirkt. Es ist auch das psychologische Spiel der Charaktere. Einfach toll. Wenn man es genau nimmt, werden die Frauen dieser Welt auch jetzt schon zum Schweigen gebracht, und das ganz ohne einen Armband [-( da ist diese dystopische Vorstellung gar nicht mal weit entfernt von der Realität.... (ich kann mich noch lebhaft an den Fall mit meiner Theologie Professorin erinnern, der man verbieten wollte zu unterrichten)

    Auf das Ende bin ich gespannt, denn ich habe in einigen Rezensionen gelesen, dass es wohl nicht so gelungen sei. Aber ich lasse es auf mich zukommen, und ich kann mir ehrlich gesagt nichts vorstellen, was meiner Meinung von diesem Roman noch ändern würde.

    2024: Bücher: 91/Seiten: 40 202

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

    --------------------------------------------------

    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
    ------------------------------

    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

    ------------------------------

    Lese gerade:

    Saunter, Mick - Im Angesicht des Zorns

    Naam, Ramez - Nexus

  • Der Schluss??? :wink::):wink:

    da bin ich, wie gesagt, gespannt drauf. Mal abwarten, ein Paar Seiten habe ich noch...:winken:

    2024: Bücher: 91/Seiten: 40 202

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

    --------------------------------------------------

    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
    ------------------------------

    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

    ------------------------------

    Lese gerade:

    Saunter, Mick - Im Angesicht des Zorns

    Naam, Ramez - Nexus

  • Ich staune echt wieviele Leute an dieser abstrusen Geschichte Gefallen gefunden haben :shock: Die Geschmäcker sind wirklich unterschiedlich, das ist nicht nur eine Floskel.:)

  • Auf das Ende bin ich gespannt, denn ich habe in einigen Rezensionen gelesen, dass es wohl nicht so gelungen sei

    ich war zur Recht auf das Ende gespannt. :wink: Die Stimmen in der Rezensionen haben vollkommen recht. Das Ende hätte man anders machen können: Es wirkt konstruiert, stellenweise konfus und zuletzt unglaubwürdig. Für das Ende bekommt das Buch einen Abzug von :bewertungHalb: Stern. Mit dem Rest bin ich nach wie vor zufrieden. Die Gesamtwertung :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:. Ich fand diese beklemmende Geschichte toll. :applause:

    2024: Bücher: 91/Seiten: 40 202

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

    --------------------------------------------------

    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
    ------------------------------

    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

    ------------------------------

    Lese gerade:

    Saunter, Mick - Im Angesicht des Zorns

    Naam, Ramez - Nexus

  • Interview mit der Autorin


    Inhalt

    Jean McClellan ist Spezialistin für das Wernicke-Areal im Gehirn (eine der beiden Hauptkomponenten des Sprachzentrums) und Mutter von vier Kindern. Da sie sich nie für Politik interessiert hat, wird Jean von der Machtübernahme der radikalen religiösen Sekte „Die Reinen“ in den USA überrascht, die Frauen zukünftig nur 100 Wörter pro Tag zu sprechen erlaubt. Weiße, heterosexuelle Männer fühlten sich offenbar entthront, obwohl sie an der Macht waren, und setzten ein simples hierarchisches Weltbild durch. Über alle Menschen herrscht Christus, über jede Frau deren Vater oder Ehemann. Frauen sind zum Ruhm des Mannes geschaffen, sie haben sittsam und unterwürfig zu sein. Alle Frauen verlieren ihre Arbeitsstellen und Parlaments-Mandate, alle öffentlichen Tätigkeiten werden von nun an von Männern übernommen. Mit dieser Maßnahme wären angeblich alle brennenden sozialen Probleme der USA lösbar, auch Amokläufe an Schulen.


    Ein Wortzähler am Handgelenk straft Mädchen und Frauen sofort schmerzhaft, wenn die Wörter-Grenze überschritten wird. Das Mundtotmachen von Frauen umfasst auch Papier, Stifte und Briefmarken, so dass findige Frauen das Sprechverbot selbst auf schriftlichem Weg nicht umgehen können. Der Frage, wie in dieser Gesellschaft kleine Kinder mit 100 Wörtern am Tag erfolgreich von Erwachsenen das Sprechen lernen, geht Dalcher leider nicht genauer nach, obwohl mich das brennend interessiert hätte. Seit 8 Jahren sind „Die Reinen“ nun an der Macht; der amerikanische Bibel-Gürtel hat sich zum Korsett ausgewachsen. Die restliche Welt wurde in Trump-Manier zu feindlichem Gebiet erklärt.


    Jeans drei ältere Kinder sind Söhne, die die Marginalisierung von Frauen unterstützen, weil sie selbst dadurch nichts zu verlieren haben. Sie plappern nach, was ihnen eingetrichtert wird, z. B. warum es besser für Jean wäre, keine Wissenschaftlerin zu sein. Das Schicksal der erst 6-jährigen jüngsten Tochter macht Jean die Unterdrückung der Hälfte der amerikanischen Einwohner besonders schmerzhaft deutlich. Auch für Sonia gilt die 100-Wort-Grenze; sollte sie im Schlaf sprechen, muss sie sofort geweckt werden. Als der Bruder des Präsidenten durch eine Kopfverletzung eine Schädigung des Wernicke-Areals erleidet, fällt den Regierenden die stumm geschaltete Expertin Jean McClellan ein, deren Hilfe nun dringend benötigt wird. Jean will die Gelegenheit nutzen, um für Sonia und sich Privilegien herauszuhandeln, aber kann sie den Regierenden überhaupt trauen?


    „Vox“, eine spekulative politische und auch feministische Dystopie, entstand aus einer Kurzgeschichte, die für eine Anthologie vorgesehen war. Es ist zweifellos ein wichtiges Buch, das schon vor dem Erscheinungstermin gerade bei Frauen in den 20ern für erhebliches Aufsehen sorgte. Bemerkenswert finde ich es schon deshalb, weil Logopäden seit langem beklagen, der Verlust von Sprache auf unterschiedlichen Ebenen würde in der Literatur zu selten thematisiert. Aus dem Schatten von Margaret Atwoods großem dystopischen Roman „Der Report der Magd“ kann „Vox“ als kleine Schwester allerdings nicht heraustreten. Christina Dalcher (die Autorin ist Linguistin) setzt ihren Warnruf sehr plakativ um vor einer Zukunft, in der der Zugang zu Sprache behindert wird. Sprachlosigkeit lässt sich hier mühelos auch als Ausgrenzung, als nicht Gehörtwerden oder als Existenz von Parallelgesellschaften interpretieren.


    Fazit

    Mich konnte „Vox“ nicht vollständig begeistern, weil für einen Umfang von 400 Seiten die Figuren recht blass blieben und die Icherzählerin Jean McClellan für meinen Geschmack einen zu begrenzten Blickwinkel auf sich und die eigene Familie hatte. Logisch, so wünscht sich das System der „Reinen“ alle Frauen, aber lassen sich 40 Jahre Lebenserfahrung wirklich auf Befehl aus dem Bewusstsein ausradieren?


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Toibin - Long Island

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Christina Dalcher - Vox

    Was eine Nichtteilnahme am politischen Geschehen bewirken könnte ... !

    Christina Dalcher hat mich mit diesem Buch tief berührt. Es ist zwar keine hohe Literatur oder besitzt einen besonderen Sprachklang, ist eher einfach in der Sprache gehalten. Es hat aber einen unglaublichen Sog. Gestern Nacht musste dieses Buch beendet werden, egal was die Uhr sagte. Nun ja, gerade dieser entstehende Sog ist etwas, was ich an Büchern sehr schätze. Natürlich hat eine Frau Atwood dieses Thema deutlich gehaltvoller umgesetzt. Trotzdem hat auch dieses Buch seine Stärken. Vielleicht auf einer anderen Ebene/einer anderen Klasse, aber es hat sie, schon durch diesen sehr starken Sog und anfänglich auch in der Geschichte. Erst gegen Ende, etwa im letzten Viertel des Buches, verliert die Geschichte einen Teil ihrer Intensität und deutlich an Glaubwürdigkeit, wirkt wie ein hastig herbeigeführtes Ende. Schade.


    Zum Inhalt/Thema: In "Vox" wird eine Welt gezeichnet, in der in Amerika christliche reaktionäre Fundamentalisten an die Macht kommen und in einem schreckensgleichen Szenario der weiblichen Bevölkerung ihre berufliche Identität nehmen und sie als Heimchen an den häuslichen Herd schicken. Als ob das nicht schon reichen würde, werden ihnen die Pässe eingezogen, Bücher, Computer, Telefone und Schreibwaren aus dem Leben der Frauen entfernt, das Schreiben verboten und die verbale Kommunikation eingeschränkt, erlaubt sind 100 Worte am Tag, wer darüber hinaus kommt, erhält über ein Armband Stromstöße. Den schulpflichtigen Mädchen wird die Schulbildung minimiert, es ist nur noch eine Art Hauswirtschaft wichtig, sonst nichts mehr. Doch, und eine schnelle Heirat ist noch wichtig, wer hätte das gedacht, das Weib sei dem Manne Untertan. Eine Horrorvorstellung ! Aber durchaus auch in der heutigen Zeit gar nicht so abwegig, wenn man sich das Frauenbild bestimmter Parteien ansieht, in unserem Land wie auch weltweit. Das Ganze wird aus der Sicht von Jean McClellan geschildert, ehemalige Linguistin, jetzt in ihrer Situation gezwungen zuzusehen, wie sich ihre Familie verändert, ihre Kinder beeinflusst werden. Ihre eigene Untätigkeit damals lässt sie mit sich selbst hadern. Ihre damalige Freundin Jackie hat versucht, sie auf die sich anbahnenden Geschehnisse aufmerksam zu machen und sie zu Protesten zu bewegen, aber Jean war mehr mit sich selbst beschäftigt und als sie dann protestierte war es bereits zu spät. Auch dieses finde ich sehr gut in diesem Buche, wie viele gehen heutzutage nicht wählen aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen. Tja, alles was man tut oder eben nicht tut hat Folgen.


    Am Ende des Buches vermehren sich leider recht viele unglaubwürdige Sequenzen, was dem Buche einen großen Teil seiner Kraft nimmt. Schade. Frau Dalcher hätte am Ende deutlich mehr Wert auf die Glaubwürdigkeit der Geschichte und auch der Charaktere legen müssen. Bis zu diesem Ende war es für mich ein Vier Punkte Buch, danach hat es für mich leider einen Punkt verloren. Schade, weil die Geschichte allein hätte vier Punkte verdient. Nur der Sog bleibt die ganze Geschichte weiterhin sehr intensiv. Aber das allein reicht nicht.