Karen Duve - Macht

  • Kurzmeinung

    drawe
    Von jedem Thema ein Häppchen, platt + oberflächlich, ständige Wiederholungen - ich fand es nur noch fad.
  • Kurzmeinung

    Hypocritia
    Warum streben Menschen nach Macht über andere? Ist es die Gier nach Macht, die die Erde ins Verderben führt?
  • Klappentext:

    Wir schreiben das Jahr 2031: Staatsfeminismus, Hitzewellen, Wirbelstürme, Endzeitstimmung und ein 50-jähriges Klassentreffen in der Hamburger Vorortkneipe ›Ehrlich‹. Dank der Verjüngungspille Ephebo, der auch Sebastian Bürger sein gutes Aussehen verdankt, sehen die Schulkameraden im besten Rentenalter alle wieder aus wie Zwanzig- bis Dreißigjährige, und als Sebastian seine heimliche Jugendliebe Elli trifft, ist es um ihn geschehen. Wen interessiert es da noch, dass die Krebsrate von Ephebo bei 60% innerhalb der nächsten zehn Jahre liegt?

    Alles könnte so schön sein, wäre da nicht Sebastians Frau, die ehemalige Ministerin für Umwelt, Naturschutz, Kraftwerkstilllegung und Atommüllentsorgung, die er seit zwei Jahren in seinem Keller gefangen hält. Dort muss sie ihm seine Lieblingskekse backen und auch sonst in jeder Hinsicht zu Diensten sein. Seiner neuen Liebe steht sie jetzt allerdings im Weg. Bei dem Versuch, sich seine Frau vom Hals zu schaffen, löst Sebastian eine Katastrophe nach der anderen aus. – Amazon (gekürzt)


    Zur Autorin:

    Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane »Regenroman« (1999), »Dies ist kein Liebeslied« (2005), »Die entführte Prinzessin« (2005), »Taxi« (2008) und »Macht« (2016) waren Bestseller und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. 2011 erschien ihr Selbstversuch »Anständig essen«, 2014 die Streitschrift »Warum die Sache schiefgeht«. Die Verfilmung ihres Romans »Taxi« kam im Sommer 2015 ins Kino. – von der Galiani-Verlagsseite kopiert


    Allgemeine Informationen:

    Ich-Erzählung von Sebastian Bürger

    26 Kapitel auf 414 Seiten


    Meine Meinung:

    Eine Dystopie, von der wir (bei Erscheinen des Buches) nur noch 15 Jahre entfernt sind? In diesen 15 Jahren haben die Frauen die absolute Macht in allen Bereichen von Gesellschaft, Kultur und Politik an sich gerissen. Sie versuchen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, in den Männer ihn über Jahrtausende befördert haben, aber das klappt natürlich nicht. Vor allem nicht sofort.

    In diesen 15 Jahren wurde eine Verjüngungspille entwickelt, die, je nach Dosierung, um wenige Jahre bis hin zu Jahrzehnten die Haut strafft, die Figur verändert und die Haare in die Originalfarbe zurück verwandelt. Je nach Dosierung greift der Krebs an, mal schneller, mal langsamer. Wer alt aussieht, ist geächtet.

    Die arme Hälfte des Volkes, die Männer, hat alles verloren, was sie auszeichnete: Die Befehlsgewalt im Staate, die Rolle als Familienvorstand und – gefühlt am schlimmsten – die sexuelle Orientierung. Auf Staatsämter kann man notfalls verzichten und die Rolle als Familienvater hat sowieso nicht immer Spaß gemacht, doch wenn man beim Sex nicht mehr weiß, wo es langgeht, … kann man sich eigentlich aufhängen. Oder, wie Sebastian, dafür sorgen, dass die alten Machtverhältnisse, zumindest im Keller des Eigenheims, wieder hergestellt werden.


    Eigentlich ist Sebastian ein „Guter“; schon als Jugendlicher engagierte er sich politisch auf der „richtigen“ Seite gegen Umweltzerstörung, Ungerechtigkeit und Gedankenlosigkeit. Er wird zum Täter, weil er sich als Opfer fühlt und diese Rolle nicht länger spielen will. Ihn als Ich-Erzähler auftreten zu lassen, birgt die Gefahr, die Distanz zu einem eigentlich satirischer Thema zu verlieren. Und tatsächlich erzählt Sebastian seine ganze Geschichte bitterernst und humorfrei.

    Von Gewalt bedroht fällt die ehemals selbstbewusste und angesehene Christine in die alten Rollenklischees: Um den Ehemann milde zu stimmen, backt sie seine Lieblingsplätzchen und stellt sich als unterwürfige Geliebte zur Verfügung. Er genießt es. Vor allem die ständige sexuelle Verfügbarkeit und den täglichen Akt an der Grenze zur Vergewaltigung.


    An Duves Sprache ist nichts zu bemängeln, an einigen Stellen blitzt Ironie durch das Elend, aber irgendwie ist das Buch weder Fisch noch Fleisch, weder Satire noch Dystopie, weder Gesellschafts- noch Feminismuskritik. Von allem klingt ein bisschen an, aber es sind zu viele Themen, die oberflächlich gestreift werden.

    Ich finde das Buch einfach nur unsympathisch. Auch wenn ich Duve gern mag.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Huhu Marie , nach deinem Beitrag in 365 Büchern durch das Jahr melde ich mich mal hier :).


    Ich dachte, hier hätte bereits eine heftige Diskussion stattgefunden, aber es gibt nur deine Rezension oder sollte ich woanders nachschauen :-k?


    Das Buch ist leider nicht mehr in meinem Besitz. Ich hatte es seinerzeit verliehen und nicht zurückbekommen :|. Aber weil ich es wahrscheinlich eh kein zweites Mal lesen werde und meine Wohnung reichlich Bücher beherbergt, hab ich es ziehen lassen.

    Doch meine Rezension konnte ich noch auf dem Laptop finden:


    Dieses Buch einer Kategorie zuzuordnen und zu bewerten, fand ich gar nicht so einfach. Ich habe es als politisch-dystopische Gesellschaftssatire empfunden, bitterböse und mutig, mit einem sarkastischen und schwarzen Humor, der einem das Lachen im Hals stecken bleiben lässt.

    Man schreibt das Jahr 2031, die Menschen in Deutschland leben in einer Art feministischen Demokratie, der Klimawandel zeigt drastische Auswirkungen, Technik und Medizin haben einige befremdliche „Fortschritte“ gemacht.

    Sebastian ist meiste Zeit seines Lebens einer von den „Guten“ gewesen, ein Kämpfer für die Umwelt, die Gleichberechtigung und den Erhalt unseres Planeten – nun, im fortgeschrittenen Alter (dazu später mehr) von ca. 70 Jahren hat er aufgegeben. Der Punkt, an dem eine Umkehr noch möglich wäre, ist für ihn überschritten und er geht davon aus, dass der Menschheit noch 5 bis 10 Jahre beschieden sind bis zu ihrem endgültigen Untergang. Seitdem sind bei ihm die moralischen Schranken gefallen. Er isst wieder Fleisch – und hat seine Exfrau im Keller seines Hauses eingesperrt, wo er sich in jahrelang unterdrückter männlicher Machtausübung ergeht. Daraus entwickeln sich bizarre Situationen, von merkwürdig über grotesk bis hin zu grausam und brutal. Nichtsdestotrotz trägt Sebastian seine vorwurfsvollen Thesen bezüglich der Selbstvernichtung der Menschheit beständig auf den Lippen.


    Die Geschichte ist ziemlich verstörend, aber interessant und fesselnd geschrieben, die Beschreibungen ebenso anschaulich wie drastisch. Karen Duve nimmt kein Blatt vor den Mund und schont ihre Leser nicht. Sie legt den Finger schonungslos in die offenen Wunden unserer Gesellschaft - nicht nur in Bezug auf Umweltzerstörung und teilt dabei nach allen Seiten aus. Ausgehend vom Status Quo zeigt sie, wohin die Reise in den nächsten Jahren gehen könnte (ihrer Überzeugung nach sicher „gehen muss“) und dabei kriegt so ziemlich jeder sein Fett weg.

    Besonderes Augenmerk legt sie dabei auf den übersteigerten Jugendwahn der Menschen, der sich ja bereits heute abzeichnet. Mit Ephebo hat man in der näheren Zukunft ein Medikament entwickelt, welches die Jugend zurückbringt. Wobei sich durch die Dosierung steuern lässt, welchen Grad an Verjüngung man erzielen will. Die überwiegende Zahl der Übersiebzigjährigen bewegt sich demnach in Körpern von deutlich Jüngeren, so auch Sebastian. Das Ganze bezahlt man mit einem exorbitant gesteigerten Krebsrisiko, was aber keinen interessiert, weil jeder denkt, ihn wird es schon nicht erwischen. Sebastian sieht die Sache durchaus realistisch, aber auch für ihn ist das nicht weiter von Bedeutung, da es nach seiner festen Überzeugung über die nächsten paar Jahre hinaus eh keine Zukunft geben wird.


    Wie die Geschichte am Ende aufgelöst wird, hat mir gefallen. Es passte so. Glaubwürdigkeit und Stimmigkeit bezüglich der Figuren und der Ereignisse sollte man nicht so eng sehen. Alles ist überzeichnet, wenig subtil, ja sogar ein bisschen plakativ. Manchmal hatte ich den Eindruck, Karen Duve hat sich im Vorfeld diverse Schubladen zurechtgelegt und dann sämtliche Figuren passend einsortiert.

    Ihr drastisches Anprangern der Umweltzerstörungen durch Geldgier, Gleichgültigkeit und Versagen von Wirtschaft und Politik ist mir noch geläufig durch ihre Streitschrift "Warum die Sache schiefgeht". Ihre aufrüttelnden Wahrheiten sind es durchaus wert, wieder und wieder ausgesprochen zu werden. Aber es stört mich ein bisschen, dass sie es dem Leser quasi mit dem Holzhammer eintrichtert. In den ersten beiden Dritteln des Buches gibt es kaum ein Gespräch, das sich nicht um Endzeitszenarien dreht und in welchem nicht die immer gleichen Vorwürfe fallen.

    Trotz der kritischen Anmerkungen war es für mich ein interessantes Buch, das sicherlich polarisieren und so manchen er- und abschrecken wird, dem ich aber trotzdem viele Leser wünsche.