Gesetzesbruch und kontroverse Themen in Büchern

  • Hallo zusammen :winken:

    ich habe gerade das Buch "Forbidden" von Tabitha Suzuma gelesen, das mich nachhaltig beeindruckt und nachdenklich zurückgelassen hat, weshalb ich hier gerne mal nach Eurer Meinung fragen würde. In diesem Buch geht es (oberflächlich betrachtet) um Inzest zwischen Bruder und Schwester und nachdem ich nun viele Rezensionen durchgelesen habe, hat sich mir eine Frage gestellt:


    Selbstjustiz und sogar Mord sind sehr häufig Themen in Büchern, von denen ich das Gefühl habe, dass sie, obwohl sie strafrechtlich mindestens so verwerflich sind wie Inzest, irgendwie einfacher akzeptiert werden können :-k Gerade wenn die Motive "nachvollziehbar" erscheinen. Ist das so, weil man es mehr gewohnt ist? Weil Inzest ein größeres Tabu darstellt als Mord oder Selbstjustiz? Irgendwie hatte ich den Eindruck. dass viele, denen das Buch "Forbidden" gut gefallen hat, trotzdem in ihren Rezensionen (nicht speziell hier im Büchertreff) das Bedürfnis hatten, sich zu "rechtfertigen", dass immer wieder betont wurde, dass es trotz alledem falsch ist. So in der Form liest man das bei Büchern, in denen die Hauptpersonen andere Verbrechen begehen, nicht. Zumindest ist das mein Eindruck, da kümmert es die meisten nicht so wirklich.


    Ich weiß jetzt gerade auch nicht so genau, welche direkte Frage ich an Euch stellen will, aber irgendwie ist das etwas worüber ich die letzten Stunden viel nachgedacht habe und vielleicht mag der Ein oder Andere ja seine Meinung darüber da lassen. Dies soll keine Diskussion entfachen, ob etwas rechtlich oder moralisch gesehen falsch oder nicht ist oder etwas mehr oder weniger schlimm, darum geht es mir gar nicht!

  • Das mag vielleicht daran liegen, dass Mord und Selbstjustiz Dinge sind, die uns beinahe täglich über den Weg laufen, aber Inzest eher nur selten an die Öffentlichkeit gelangt und damit weniger »akzeptiert« wird. Weniger Akzeptanz fordert gleichfalls mehr Rechtfertigungen. Liebe unter direkten Verwandten findet üblicherweise hinter verschlossenen Türen statt. Niemand sieht es, niemand weiß davon, und möglicherweise kommt es niemals heraus, wenn nicht Kinder aus dieser Beziehung entstehen. Anders dagegen bei Mord. Es gibt eine Leiche, folglich wird ermittelt, wer der Täter ist. Der Aufruhr, den solch eine Tat verursacht, ist um einiges Größer als der bei einer Inzest. Bei Letzterem kennt man zudem die Täter von Anfang an :wink:


    Interessant finde ich am Thema Inzest besonders, dass gesetzlich nur die vaginale Penetration verurteilt wird. Jede andere Form der körperlichen Liebe würde dagegen kein Richter verurteilen, da es das Gesetz nicht hergibt. Die gesellschaftlichen Werte stehen natürlich auf einem anderen Blatt.

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Vorweg: ich kenne das genannte Buch nicht. Aber ich denke, wenn verbotene Dinge vom Autoren positiv dargestellt werden, wird das meistens zu Kontroversen führen bzw. dazu, dass manche Leser ihren Beifall nur eingeschränkt äußern. Das dürfte bei Mord und Selbstjustiz ähnlich sein, da käme von mir auch ein entsprechender Kommentar, selbst wenn ich die Motive des Täters nachvollziehbar dargestellt finde.


    Wobei bei Inzest sicherlich hinzukommt, dass es nicht so häufig in Büchern thematisiert wird wie Mord und wenn, dann in der Regel in Verbindung mit Missbrauch oder zumindest tragischem Verlauf. Sprich, es wurde bisher weniger "ausgeschlachtet" und hat daher mehr Aufregpotential. Und wenn es um Sexualität geht, sind viele Menschen besonders besorgt, sich selbst von einem bestimmten Verhalten abzugrenzen, das sie als problematisch oder umstritten empfinden.


    Nun könnte man natürlich disktuieren, ob Inzest überhaupt strafrechtlich verfolgt werden muss, aber das möchtest du ja nicht und ist sicherlich hier auch nicht nötig.

  • ... dass gesetzlich nur die vaginale Penetration verurteilt wird.

    Aber das ist doch auch irgendwie logisch.

    Schließlich ist Inzest eigentlich nur deshalb verboten, weil für die Kinder, die dabei herauskommen ein enorm hohes Risiko einer Behinderung besteht. Und die enstehen ja nun einmal nur durch vaginale Penetration (oder durch Spermadiebstahl in irgendwelchen Besenkammern). :wink:


    Ich persönlich habe aber nicht das Gefühl dass dieses Thema sooooo extrem selten in Büchern thematisiert wird.

    Okay, das mag aber gefühlsmäßig wahrscheinlich davon abhängen welche Genre man denn bevorzugt. Ich, als Liebhaber historischer Romane, habe es durchaus öfter mal mit diesem Thema zu tun, denn früher war Inzest gerade bei den herrschenden Klassen gar nicht allzu selten. Dadurch wurde nach vorherrschender Ansicht "das Blut rein gehalten".


    Dieses "Blut-reinhalten-Gedöhns" begegnet einem auch in Fantasyromanen realativ oft. Z.B. bei den Targaryens in "Game of Thrones".

  • Aber das ist doch auch irgendwie logisch.

    Schließlich ist Inzest eigentlich nur deshalb verboten, weil für die Kinder, die dabei herauskommen ein enorm hohes Risiko einer Behinderung besteht.

    Na ja, aber wenn kein Kind daraus entsteht, weil z.B. die Betroffenen verhüten, ist es dennoch strafrechtlich relevant. Sinnvoller wäre es doch, eine mangelhafte oder nicht vorhandene Verhütung unter Strafe zu stellen als die Art der Penetration :wink:

    Ich persönlich habe aber nicht das Gefühl dass dieses Thema sooooo extrem selten in Büchern thematisiert wird.

    Sooo selten nicht, aber immer noch seltener als Mord und Totschlag. Und es geht um so böse Dinge wie Sex - das an sich ist ja schon ein Tabuthema. Kein Wunder, wenn die Reaktionen darauf so verhalten oder rechtfertigend kommen. Ich bemerke das ja auch häufig, wenn ich die Reaktionen auf meine Bücher bekomme nach dem Motto: Ich lese so etwas normalerweise ja nicht, aaaber ...und ich schreibe üblicherweise nicht über Inzest, sondern nur über Sex und seine (Neben)wirkungen :lol:

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Sinnvoller wäre es doch, eine mangelhafte oder nicht vorhandene Verhütung unter Strafe zu stellen als die Art der Penetration :wink:

    Nuja, aber wenn man erst einmal merkt dass die Verhütung mangelhaft war, dann ist es ja wohl schon ein bisschen zu spät. :mrgreen:

    Dann müsste man ja quasi im Nachhinein das Paar wegen des Lochs im Kondom verklagen und das passt nicht in unser Strafsystem. Hier muss man dem Straftäter nämlich schon während der Tat ein Unrechtsbewusstsein, oder zumindest mal Fahrlässigkeit unterstellen können.

    Das geht ja schlecht, wenn man sich während der Tat glaubhaft darauf verlässt dass das Kondom dicht hält. :wink:

  • Hier muss man dem Straftäter nämlich schon während der Tat ein Unrechtsbewusstsein, oder zumindest mal Fahrlässigkeit unterstellen können.

    Richtig. Die Frage ist aber trotzdem, warum die Penetration der Vagina die Straftat darstellt, wenn doch letztendlich die Zeugung eines Kindes das ist, was bei Inzest verhindert werden soll. Rein durch die Penetration entsteht kein Kind, das sollten sogar die Leute wissen, die das Gesetz auf den Weg gebracht haben. Ein Kind könnte dagegen auch dann entstehen, wenn das Sperma ohne Penetration d.V. an der falschen Stelle landet, aber das wird nicht unter Strafe gestellt. Das ist widersinnig, hier wird mit zweierlei Maß gemessen, denn die Penetration d.V. wäre auch dann noch strafbar, wenn einer der Partner sterilisiert ist und gar kein Kind aus dieser Verbindung entstehen kann, im anderen Fall läuft dagegen eine Strafbarkeit ins Leere.

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • ... denn die Penetration d.V. wäre auch dann noch strafbar, wenn einer der Partner sterilisiert ist und gar kein Kind aus dieser Verbindung entstehen kann

    Hm, stimmt.

    So habe ich das noch gar nicht gesehen. :-k