Tanguy Viel - Selbstjustiz/ Article 353 du code pénal

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    Ein Mann ertrinkt auf hoher See war es Unfall oder Mord? Der Verdächtige vertraut dem Richter ganz ungeschützt seine Lebensbeichte an. Ein fein ziselierter Roman über Schicksal und Moral. Martial Kermeur ist des Mordes angeklagt. An einem einzigen Tag, Auge in Auge mit dem Richter, erzählt er die Geschichte seines Lebens in einer kleinen bretonischen Stadt am Meer, von der gescheiterten Ehe mit France und von seinem Sohn Erwan, den er allein aufgezogen hat. Er ist ein einfacher und bescheidener Mann, der das alte Gutshaus verwaltet, bis es einer Großbaustelle weichen muss. Seinem Sohn will er ein Vorbild sein und ihm nicht das Gefühl vererben, auf der Seite der Verlierer zu stehen. Und doch scheitert Kermeur an den eigenen Hoffnungen. Er wird von dem Immobilienspekulanten Antoine Lazenec schmählich betrogen, dem es über Jahre hinweg gelungen ist, buchstäblich die ganze Stadt mit einer gläsernen Chimäre hinters Licht zu führen und so Gemeinde wie Kleinanleger finanziell zugrunde zu richten. Minimalistisch und elegant ist dieses neue Sprachkunstwerk, dieser Roman über einen Mann, der ehrenwert leben will und zum Mörder wird.



    Zwei Männer welche am Fischen sind, einer fällt in da Wasser. Er ruft um Hilfe, das Boot entfernt sich.

    Mit dieser Szene beginnt das Buch von Tanguy Viel.


    Dann beginnt hinter verschlossener Türe, nur der Richter und Martial Kermeur sind anwesend, ein langer Monolog, das Geständnis. Kermeur der keine Anstalten machte sich zu wehren wie er von der Polizei festgenommen wurde. Er gibt zu den Investor Lazenec getötet zu haben, ein Mann welcher ihn und das ganze Dorf betrogen hatte. Er erzählt wie es dazu kam dass er ihm das Leben nahm. Denn Lazenec war schuldig, ja da gibt es nicht mehr dazu zu sagen wie, "schuldig".


    Arsenal die Fabrik welche vielen eine Arbeit gab, wurde geschlossen. Kermeur getrennt von seiner Frau welcher seinen Sohn alleine aufzog stand da, ohne Job. Der Bürgermeister gab im die Möglichkeit Im Haus welches der Gemeinde gehörte und einfach das "Schloss" genannt wurde zu wohnen.

    Eines Tages kam dieser Fremde in die Gemeinde, wie Kermeur betont...

    Zitat von Tanguy Viel

    mit seinen spitzen Schuhen – ich weiß auch nicht, warum ich immer Probleme hatte mit solch spitzen Schuhen, diesen italienischen Schuhen, die sogar bei Regen noch glänzen....

    Schnell freundet dieser Antoine Lazenec sich mit allen Bewohnern an, zeigt sich grosszügig und schafft somit Vertrauen.


    Sehr ruhig erzählt Kermeur weiter. Er muss dem Richter verständlich machen, wie die Atmosphäre im Dorf war, was Lazenec tat um Glaubwürdigkeit zu erlangen, um sein Ziel zu erreichen.

    Es folgt das Angebot von Lazenec das "Schloss" zu einem modernen Gebäudekomplex umzubauen, aus dem Dorf ein Badeort zu machen, im Sinne von

    Zitat von Tanguy Viel

    "Hier entsteht demnächst das bretonische Saint Tropez."

    Und sie, die Bewohner, hätten als erste die Gelegenheit die besten Wohnungen kaufen zu können indem sie ihre Ersparnisse investierten. Jeder, jeder war darauf hereingefallen. Alle taten es ohne etwas zu sagen - wie hätte er Kermeur als Sozialist wie er sich bezeichnete zugeben können sein ganzes Geld in ein Gebäude investiert zu haben.

    Kermeur muss langsam erzählen, muss sich auf die Details konzentrieren, damit der Richter die Sorgen und Ängste versteht welche sich in ihm aufbauten, während er den Fortschritt oder eben den Nichtfortschritt der Arbeiten beobachtet.


    Und dann, wie seinem Freund dem Bürgermeister etwas passiert, die Sache mit seinem Sohn. All dies, er der die Untreue seiner Frau verkraften musste, den Verlust der Arbeit, das was um in herum geschieht führt dazu dass in dem ansonsten passiven Mann eine Wut entsteht die ihn zum rächenden Engel macht.


    Kermeur hat alles berichtet, er schweigt, somit ergreift der Richter welcher ihm zugehört hatte das Wort.

    Der Schluss ist einfach grossartig.


    Fazit

    Eine aussergewöhnliche Geschichte, in welcher es der Autor schafft auf knapp 120 Seiten dem Protagonisten eine kraftvolle Stimme zu geben, welche überzeugend darstellt wie diese Situation entstanden ist. Ausserdem steckt sehr viel Gesellschaftskritik in dieser kurzen Erzählung, wie es immer wieder irgendwelchen Personen gelingt mit dubiosen Machenschaften das Leben nicht nur eines Menschen sondern in diesem Falle einer ganzen Gemeinschaft zu zerstören.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter