Lindsey Fitzharris - Der Horror der frühen Medizin / The Butchering Art

  • Kurzmeinung

    Bellis-Perennis
    Einblicke in die Medizingeschichte des 19. Jahrhunderts
  • Kurzmeinung

    Gaymax
    Informatives, blutiges und gut recherchiertes Stück Medizingeschichte
  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    Grausig sind die Anfänge der Medizin: Leichenraub, blutige Operationen wie Kirmesspektakel, Arsen, Quecksilber, Heroin als verschriebene Heilmittel. Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Unwissen der Ärzte sagenhaft, wie sie praktizieren, ein einziger Albtraum. Bis ein junger Student aus London mit seinen Entdeckungen alles verändert … Lindsey Fitzharris erzählt vom Leben dieses Mannes und vom Horror, den ein einfacher Arztbesuch damals bedeutete – schaurig, unterhaltsam, erhellend.

    Als Joseph Lister 1844 sein Studium in London beginnt, ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung desaströs: Die Krankenhäuser sind überfüllt und verseucht. Um aufgenommen zu werden, müssen Patienten genug Geld für die eigene Beerdigung mitbringen. In den Operationssälen arbeiten Chirurgen in Straßenklamotten vor schaulustigem Publikum. Warum fast alle Patienten sterben, wie sich Krankheiten ausbreiten, darüber herrscht nicht die geringste Einigkeit, nur hanebüchene Theorien. Joseph Lister wird dann Chirurg, er will ganz praktisch helfen. Und von Neugier und hellem Verstand geleitet, entwickelt er eine Methode, die das Sterben vielleicht beenden kann …


    Autorin (Quelle: amazon)
    Lindsey Fitzharris promovierte in Oxford in Medizingeschichte. Ihre YouTube-Serie Under the Knife über Wissenswertes und Gruseliges aus der Welt der Chirurgie verhalf Fitzharris zu größerer Bekanntheit. Sie schreibt regelmäßig für The Guardian, The Huffington Post, The Lancet und New Scientist.


    Allgemeines
    Titel der Originalausgabe: „The Butchering Art“, ins Deutsche übersetzt von Volker Oldenburg
    Erschienen am 9. Juli 2018 im Suhrkamp Verlag als TB mit 276 Seiten
    Gliederung: Prolog – 11 Kapitel – Epilog – Anmerkungen



    Inhalt und Beurteilung
    Das Sachbuch der promovierten Medizinhistorikerin Lindsey Fitzharris beschäftigt sich mit dem Leben und segensreichen Wirken des Joseph Lister (1827 – 1912), dem die Medizin die Einführung der Antisepsis verdankt. Der Prolog schildert die Zustände in englischen (und auch anderen europäischen) Operationssälen zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als Operationen ohne jegliche Schmerzbetäubung und unter katastrophalen hygienischen Umständen vorgenommen werden.
    Nach Einführung der Äther- und später Chloroformnarkose, die den bedauernswerten Patienten die entsetzlichen Schmerzen des Eingriffs erspart, greift jedoch der „Wundbrand“, die Sepsis, immer mehr in den Hospitälern um sich, was nicht zuletzt daran liegt, dass sich die Chirurgen aufgrund der Schmerzausschaltung an immer längere und invasivere Eingriffe wagen.
    Joseph Lister, dessen Leben von der Kindheit, als ihm sein Vater das Mikroskopieren nahebringt, über seine wechselvolle, von Höhen und Tiefen geprägte Karriere bis zu seinem Tod im Mittelpunkt des vorliegenden Buchs steht, will sich mit dem Sepsis-Tod der Patienten nach eigentlich gelungenen Operationen nicht abfinden. Er forscht und experimentiert, bis ihn die Erkenntnisse von Louis Pasteur (1822 – 1895) auf eine vielversprechende Spur bringen.


    Die Autorin schildert die Zustände in Europas Operationssälen in schonungsloser Deutlichkeit, diese überaus fesselnde Darstellung ist für Leser mit einem guten bildlichen Vorstellungsvermögen manchmal schwer zu ertragen. Neben dem gut recherchierten Lebensweg Listers gibt es auch Exkurse in verwandte Bereiche der Medizingeschichte der Epoche, z.B. zum Wirken von Ignaz Philipp Semmelweis (1818 – 1865) im Kampf gegen das Kindbettfieber. Lister, dessen Karriere ihn von England nach Schottland und später auch zu Medizinkongressen nach Kontinentaleuropa und Amerika führt, muss die bittere Erfahrung machen, dass er von Neidern und Unbelehrbaren angefeindet wird, erst allmählich setzt sich seine Lehre durch, wird von jüngeren Kollegen übernommen und erweitert.
    Es gelingt der Autorin, dem Leser die Persönlichkeit Listers nicht nur als Arzt, sondern auch als Mensch sehr nahezubringen – das Hauptanliegen des Mannes, der aus einer Quäkerfamilie stammt, ist immer das Wohl des Patienten, seine Patienten sind für ihn nicht „Fälle“, sondern Geschöpfe, deren Leid er lindern will.
    Der Epilog gibt einen Ausblick auf die Zeit nach Listers Tod, als der Wert von gründlicher Hygiene auch im Alltagsleben zunehmend erkannt wird. So geht z.B. die Entwicklung des desinfizierenden Mundwassers „Listerine“ - zu Ehren von Lister benannt - auf dessen Erkenntnisse und Lehre zurück.


    Fazit
    Ein hochinteressantes Werk zur Medizingeschichte des 19. Jahrhunderts, gut recherchiert und fesselnd, aber auch schonungslos anschaulich präsentiert, allzu empfindlich sollte der Leser nicht sein!:wink:

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Meine Rezension bezieht sich auf die englische Originalausgabe, die ich als E-Book gelesen habe.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ich hab das Buch leider nicht gewonnen, aber auf der Wunschliste ist es natürlich gelandet :D

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Helden der Medizingeschichte


    Der Horror der frühen Medizin, Biographie von Lindsey Fitzharris, 276 Seiten, erschienen im Suhrkamp - Verlag.
    Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber und Knochenklempner.
    Die dunkle Zeit der viktorianischen Medizin. Im frühen 19.Jh. waren Operationen wegen der Folgerisiken strikt zu vermeiden. Chirurgische Eingriffe waren eine Seltenheit und wurden von Ärzten im Straßenanzug, ohne Betäubung und wie Jahrmarkttreiben zelebriert. Doch die Zeiten der Qualen fanden durch die Äthernarkose ein Ende. Weitaus schlimmer waren die Komplikationen durch postoperative Infektionen. Die Gründe für Sepsis, Wundbrand und Gangräne waren noch nicht erforscht. Doch Joseph Lister und viele seiner berühmten Kollegen konnten und wollten sich nicht damit abfinden, dass sie selbst durch unsaubere Instrumente, blutverschmierte Kittel und ungewaschene Hände ihren Patienten den Tod brachten. Hier wird die Lebensgeschichte von Joseph Lister und sein Kampf gegen den Hospitalismus eindrucksvoll beschrieben.
    Das Buch ist in 11 Kapitel unterteilt, die jeweils mit einer zum Inhalt passenden, in Großbuchstaben gedruckten Überschrift versehen sind. Darunter wurden Zitate in kursiver Schrift gedruckt, die überwiegend von berühmten Ärzten stammen. Lateinische Krankheitsbezeichnungen, Fachausdrücke und Eigennamen sind ebenfalls kursiv dargestellt. Am Anfang ist ein Inhaltsverzeichnis angegeben, welches sehr hilfreich war. Einzelne Textstellen sind mit Anmerkungsziffern versehen, die Fußnoten dazu sind im Anhang vermerkt.
    Lindsay Fitzharris hat mich mit ihrem Buch äußerst beeindruckt. Die promovierte Medizinhistorikerin veröffentlich regelmäßig in verschiedenen Zeitungen, auch medizinischen. Bekannt wurde sie durch ihre You Tube-Serie „Under the knife“. Dass die Autorin weiß wovon sie schreibt, merkt man unbedingt. Ich habe das Buch schnell gelesen und zwischendurch fast vergessen zu blinzeln, so spannend hat sich die Lektüre erwiesen. Jederzeit konnte ich der Erzählung folgen, die Charaktere handelten plausibel und nachvollziehbar. Allerdings sollte eine gewisse medizinische Vorbildung vorhanden sein. Fachbegriffe die einem Mediziner geläufig sind, werden nicht näher erläutert. Die hygienischen Zustände im 19. Jh., die infizierten Wunden, die blutigen Eingriffe, der empörende Gestank, auch Leichenhandel werden bis ins kleinste delikate Detail geschildert, deshalb sollte der Leser schon etwas abgebrüht sein. Wer sich für Medizingeschichte interessiert und etwas Fachkenntnisse mitbringt fühlt sich mit dieser Biografie sicher gut unterhalten. Die Person Joseph Lister wurde hervorragend charakterisiert und sympathisch beschrieben. Ihm und anderen Pionieren der Medizin z.B. Pasteur, Semmelweis usw. ist es durch ihre unermüdliche Forschungsarbeit zu verdanken, dass die Gefahr der Ansteckung oder einer postoperativen Infektion nahezu ausgemerzt ist. Ein hervorragendes Sachbuch zu keiner Zeit langweilig oder unverständlich, lebendig geschrieben und sehr unterhaltsam. Dafür von mir volle Punktzahl, 5 Sterne :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study::musik::montag:


    Und wenn mir alle Königskronen für meine Bücher und meine Freude am Lesen angeboten wären: Ich würde sie ausschlagen.
    François Fénelon

  • Das Buch ist mir in der Buchvorschau sofort ins Auge gesprungen, da mich das Thema sehr anspricht. Das englische Cover gefällt mir jedoch noch besser, zeigt es doch das Gemälde "The Gross Clinic" von Thomas Eakins aus dem Jahr 1875, das er auf Wunsch des amerikanischen Chirurgen Samuel D. Gross angefertigt hat und welches die recht grausamen und unsauberen Zustände in einem Operationssaal zeigt.


    Es handelt sich hier um ein Sachbuch, das ich jedoch innerhalb kürzester Zeit verschlungen habe, da der Schreibstil äußerst fesselnd ist und es sich eher wie ein Roman mit so einigen schaurigen Details liest. Wie hier schon angemerkt wurde, kann man wirklich nur froh sein, im heutigen Zeitalter zu leben, denn wer im 19. Jahrhundert ins Krankenhaus (vom Volk verächtlich "Todeshaus" genannt) musste, war danach in der Regel kränker als vorher, wenn er es überhaupt lebend wieder verlassen konnte. Doch der Chirurg Joseph Lister erkannte recht früh nach Beginn seiner Karriere, dass es einen Zusammenhang zwischen der Wundversorgung und Hygiene während und nach Operationen und der Ausbreitung von Krankheiten sowie von Entzündungen in Wunden geben musste. Er war ein sehr fleißiger, ehrgeiziger Mann, der sein Leben lang Forschung betrieben hat, um Lösungen zu finden, die so vielen Menschen wie möglich das Leben retten sollten. Er hatte bald ein Mittel gefunden und versuchte es in Großbritannien und später auch auf dem Kontinent sowie in Amerika bekannt zu machen, aber ihm wurden so einige Steine in den Weg gelegt. Zum Glück hat er nie aufgegeben und für sein Ziel gekämpft, denn davon profitieren wir heute noch.


    Im Jahr 1889 hat Thomas Eakins übrigens ein weiteres Gemälde namens "The Agnew Clinic" gemalt. Wenn man beide Gemälde miteinander vergleicht, erkennt man deutlich den Fortschritt, der in der Zwischenzeit in den Operationssälen Einzug gehalten hat. Es ist viel heller und sauberer, nicht zuletzt dank Joseph Lister.


    Ich kann dieses Buch nur empfehlen, unbedingt allen, die sich für Medizingeschichte interessieren, aber eigentlich uneingeschränkt jedem, da es einfach eine spannende und lehrreiche Lektüre ist, die zu keinem Zeitpunkt langweilig oder unverständlich wird. Einige medizinische Fachbegriffe musste ich nachschlagen aber das hat mich nicht gestört.


    Von mir gibt es :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: und eine Leseempfehlung :thumleft:

  • Der Titel "The Gross Clinic" ist hübsch gewählt. "Gross" kann ja auch "eklig, abstoßend" heißen.

  • Grausig sind die Anfänge der Medizin: Leichenraub, blutige Operationen wie Kirmesspektakel, Arsen, Quecksilber, Heroin als verschriebene Heilmittel. Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Unwissen der Ärzte sagenhaft, wie sie praktizieren, ein einziger Albtraum. Bis ein junger Student aus London mit seinen Entdeckungen alles verändert … Lindsey Fitzharris erzählt vom Leben dieses Mannes und vom Horror, den ein einfacher Arztbesuch damals bedeutete – schaurig, unterhaltsam, erhellend....(Klappentext)


    ✚✚✚✚✚


    "Alles war infrage gestellt, alles war unerklärt,
    alles war zweifelhaft, nur die große Anzahl der toten war eine unzweifelhafte Wirklichkeit."
    (Ignaz Semmelweis / S. 119)


    Der Titel des Buches könnte treffender nicht sein, denn es liest sich wie ein Roman im Sub-Genre Medizin-Horror.

    Leider war dies damals traurige Wirklichkeit - traurig vor allem für den Patienten, denn der Tod war ihm im Krankenhaus so gut wie sicher. Und doch wurde die Medizin durch ein paar Ärzte voran getrieben.

    Durch Ärzte die sich über Konventionen und andere Ärzte hinwegsetzten, Ärzte die nicht nur abhackten und rumschnippelten, sondern sich wirklich dafür interessierten ihren Patienten zu helfen, Ärzte wie Ignaz Semmelweis, Alexander Flemming, Robert Koch und eben auch Joseph Lister, den wir hier begleiten werden.


    Lister war nicht nur Arzt, sondern auch durch und durch Forscher und Wissenschaftler. Ihn begleitet man durch das kranke und tödliche viktorianische London.

    Doch auch andere Ärzte begegnen uns und auch an deren Leben und Geschichten darf man teilnehmen.

    Wie z. B. Robert Liston, dessen rohe Gewalt und Schnelligkeit schon vor der Erfindung der Äther-Anästhesie, sein Markenzeichen war. Diese Schnelligkeit war zwar vor allem bei Amputationen ein Segen, jedoch war er hierbei hin und wieder zu enthusiastisch. Zum Beispiel schnitt er dabei einem Patienten auch gleich noch den Hoden mit ab oder er hatte mit dem Messer so einen Zahn drauf, sodass er seinem Assistenten auch gleich drei Finger abtrennte.

    Oder Berkley Moynihan, der sich erinnerte, dass er und seine Kollegen in einem Kittel operierten, der vor lauter Blut und Dreck schon von alleine in der Ecke gestanden hätte. Dieser war übrigens auch der erste Chirurg der Gummihandschuhe verwendete.


    Man wohnt Amputationen, Ausschabungen und diversen äußerst ungewöhnlichen Behandlungsmethoden bei, die einem den Ekel ins Gesicht treiben. Und natürlich behandelt man auch Gangrän, Erysipel und Sepsis, welche Lister besonders interessierten.


    "Die Frau drohte an der Flüssigkeit in ihrer Lunge zu ersticken.
    Erichsen griff zu einer ungewöhnlichen Maßnahme:
    Er drückte den Mund auf die offene Wunde und saugte Blut und Schleim aus den Atemwegen.
    Dreimal musste er ausspucken, dann beschleunigte sich der Puls der Patientin wieder,...."
    (S. 81)


    Dies war der Ausgangspunkt seiner Forschungen über die Wundheilung und die Auswirkungen von Infektionen auf Körpergewebe und somit der erste Schritt in die Richtung der Wundhygiene. Hierbei kreuzen natürlich auch Ärzte wie Ignaz Semmelweis und Louis Pasteur unseren Weg.


    Dies alles erfolgt in einem flüssigen und klaren Schreibstil und der Erzählstil ist äußerst plastisch. Für schwache Nerven und sensible Mägen ist dieses geschichtliche Sachbuch der Medizin also definitiv nichts. Ich bin mir jedoch sicher, dass hauptsächlich Personen, welche im medizinischen Bereich tätig sind und Personen, welche ein allgemeines Interesse an Medizin und Geschichte haben, zu diesem Buch greifen. Und ich gehe davon aus, dass diese Personen keineswegs zimperlich sind.


    Jedes Kapitel wird mit einem Zitat eines Forschers, Wissenschaftlers oder Arztes eingeleitet und schon befindet man sich mitten in der Geschichte.

    So sehr ich das viktorianische Zeitalter bewundere, bin ich doch froh in der heutigen Zeit zu leben. Doch so schockierend es sich auch liest, so faszinierend und interessant ist es, in die damalige Zeit einzutauchen und damit die ersten Schritte in die Richtung der heutigen Medizin zu verfolgen.


    "Das begeisterte Publikum sah gebannt zu, wie der Anatom die aufgeblähten Bäuche verwesender Leichname aufschnitt,
    aus denen Blut und stinkender Eiter quoll.
    Manchmal wurde das makabre Schauspiel von lieblicher Flötenmusik begleitet."
    (S. 10)


    Dieses Buch besticht jedoch nicht nur durch interessante Fakten zur Geschichte der Medizin, sondern vor allem auch durch das Cover, wobei auch die Rückseite des Covers nicht zu verachten ist.


    Die Verarbeitung zeugt zusätzlich von guter Qualität...sonst hätte das Buch den Urlaub mit Strand, Meerwasser und Wind sicher nicht so gut überstehen können.


    Fazit:

    Ich bin von diesem Sachbuch über die Medizin und dessen Geschichte absolut begeistert und könnte es immer und immer wieder lesen. Es ist informativ wie ein Sachbuch, spannend wie ein Thriller und schaurig wie ein Horror.

    All diese Hürden, Fehler und auch Grausamkeiten, führten dazu, dass sich die Medizin weiterentwickelte.

    Mein Respekt und auch Dank gehört all den Ärzten von damals, die den Mut hatten sich gegen Kollegen, Konventionen und Aberglauben zu stellen, um ihr eigenes Ding durchzuziehen. Damals erforderte dies nämlich Mut und vor allem auch Bereitschaft eventuell mit seiner eigenen Forschung unterzugehen.

    Dies ist mein absolutes Lesehighlight, welches ich jedem der sich für Geschichte und Medizin interessiert, ans Herz legen möchte - Ihr werdet es lieben.:bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone

  • Marie und Cocolina

    Die Spritze ist einfach nur eine Saucenspritze (die historisch alte medizinische Spritze finde ich derzeit nicht) und alles andere sind chirurg. Instrumente. Ich arbeite ja an der Quelle :wink:

    Wenn ein Mann zurückweicht, weicht er zurück. Eine Frau weicht nur zurück, um besser Anlauf nehmen zu können. (Zsa Zsa Gabor)
    :twisted:

  • Lehrreich, gruselig und dennoch unterhaltsam


    Mitte des 19. Jahrhunderts war alleine die Durchführung von Operationen ohne jegliche Betäubung aus heutiger Sicht haarsträubend. Wen wundert es da, dass ein guter Chirurg hauptsächlich daran gemessen wurde, wie schnell er eine OP durchführen konnte. Damalige Chirurgen konnte man guten Gewissens als Knochenklempner bezeichnen. Eine Amputation unter einer Minute war erstrebenswert in Anbetracht der fürchterlichen Qualen, die die Patienten dabei erleiden mussten. Mit der Entdeckung des Chloroforms hatten diese Zustände zum Glück ein Ende.

    Allerdings brachte dies den Nachteil, dass nun umso häufiger zu Messer und Säge gegriffen wurde, da die Eingriffe selbst nicht mehr so furchterregend waren. Meist jedoch kam es einem Todesurteil gleich, wenn man in ein Krankenhaus musste, um sich einer Operation zu unterziehen. Die Kranken lagen eng gedrängt in total überfüllten Sälen, wo sich Keime problemlos und blitzschnell verbreiten konnten. Aus diesem Grund bezeichnete man Krankenhäuser umgangssprachlich auch als Todeshäuser. Wer es sich leisten konnte, bestellte den Operateur nachhause und hatte deutlich bessere Überlebenschancen.

    Sind heutzutage die multiresistenten Erreger als sog. Krankenhauskeime überall im Gespräch, so sind sie wirklich ein Klacks im Vergleich zur damaligen Zeit, wo noch nicht einmal bekannt war, was die fürchterlichen Entzündungen nach Gewebeverletzungen auslöste. Nicht selten starb sogar der Operateur nach dem OP, weil er sich dabei eine kleine Verletzung zuzog. Es gab praktisch keinerlei Hygiene - weder im OP noch im Krankenhaus allgemein. Mehrere OPs nacheinander wurden mit dem gleichen Besteck durchgeführt, ohne es auch nur abzuspülen zwischen den Eingriffen. Auch die Reinigung der Hände vor dem OP war nicht gebräuchlich. Als unvermeidbare Nebenerscheinung wurden die zahlreichen Todesfälle von allen Beteiligten hingenommen.

    Der junge englische Chirurg Joseph Lister jedoch gibt sich nicht damit zufrieden. Er ist bekennender Anhänger der Mikroskopie und macht sich beständig und hartnäckig auf die Suche nach den Auslösern der unseligen Entzündungen und Blutvergiftungen, die meist zum Tode führten. Er leidet sehr darunter, dass er seine Patienten nicht retten kann, obwohl der OP an sich sehr gut verlaufen ist und große Hoffnungen machte.


    Lindsey Fitzharris präsentiert in ihrem Buch nicht nur einen ausgesprochen interessanten und informativen Blick auf die medizinischen Verhältnisse jener zum Glück vergangenen Epoche. Es ist vielmehr eine Biografie des Chirurgen Joseph Lister, den der Leser auf den zahlreichen Wegen seiner beruflichen Laufbahn und der Suche nach den Krankenhauserregern begleiten kann, dem immer klarer wird, dass die hygienischen Verhältnisse Schuld tragen an den hohen Opferzahlen. Während seiner verschiedenen Anstellungen werden ihm auch oft genug Steine in den Weg gelegt, die er jedoch hartnäckig umgeht.

    Trotz dieses eigentlich trockenen Stoffes liest sich dieses Buch wie ein spannender Roman. Der Schreibstil ist angenehm locker und auch nicht voyeuristisch, sondern ausgesprochen sachlich. Eine ausgesprochen angenehme Art, sich auch einmal mit etwas Lehrreichem zu unterhalten.


    Fazit: Schön, dass die gute alte Zeit längst vorbei ist!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • pralaya Nein, der Vater von Joseph Lister ist Joseph Jackson Lister. Er verdient sein Geld mit dem Weinhandel und ist ein anerkannter Fachmann im Umgang mit dem Mikroskop. Er versteht es seinen Sohn fürs Mikroskopieren zu interessieren.


    Ich glaube, Du meinst Robert Liston. Er ist der frühe Anästhesist.

  • pralaya Nein, der Vater von Joseph Lister ist Joseph Jackson Lister. Er verdient sein Geld mit dem Weinhandel und ist ein anerkannter Fachmann im Umgang mit dem Mikroskop. Er versteht es seinen Sohn fürs Mikroskopieren zu interessieren.

    Okay... dann muss ich vielleicht doch mal weiterlesen oder diesen Robert Lister mal googlen. Steht er in irgendeinem Verwandschaftsverhältnis mit ihm oder ist das ein Fehler im Buch? :scratch:


    Oder einfach mal richtig lesen #-o Es war Robert Liston! Entschuldigung... gerade nochmal nachgeschlagen... ich sollte nicht vorm Schlafen lesen.. haha:uups:

  • Ich glaube, Du meint Robert Liston. Er ist der frühe Anästhesist.

    pralaya

    Das ist der Herr, der den Spitznamen "the fastest knife in the West End" führte und über den auch Arnold van de Laar in "Schnitt" einiges zu berichten wusste.:totlach:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ich glaube, Du meint Robert Liston. Er ist der frühe Anästhesist.

    pralaya

    Das ist der Herr, der den Spitznamen "the fastest knife in the West End" führte und über den auch Arnold van de Laar in "Schnitt" einiges zu berichten wusste.:totlach:

    Jaaa genau das hatte ich gelesen. Nur irgendwie den namen nicht einordnen können. Aber wie auch, wenn man nicht richtig liest :uups: hüstel

    Danke euch beiden @Yurmala und €nigma :friends:

  • Nur irgendwie den namen nicht einordnen können.

    Als ich im zarten Alter von 15 Jahren anfing, über Medizingeschichte zu lesen, passierte mir exakt dasselbe: Ich vermutete einen verwandtschaftlichen Zusammenhang zwischen Liston und Lister.:uups: Die Namen sind ja auch sehr ähnlich ...und den Beruf hatten die Beiden ebenfalls gemeinsam.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998