Jane Harper - Ins Dunkel / Force of Nature

  • Was eine Ausnahmesituation aus uns macht


    Dieser Thriller entwickelt seine Spannung weniger aus einem klassischen Mord oder einer Gräueltat heraus sondern vielmehr aus der intensiven Betrachtung menschlicher Gefühle in extremen Situationen. Eine Gruppe von fünf Frauen wandert (gezwungenermaßen) durch den australischen Urwald. Während langsam aber sicher immer mehr Kleinigkeiten in ihrem Plan scheitern, erlebt der Leser den langsamen Verfall von höflichem, engagiertem Verhalten hin zu nackter Panik ums Überleben.


    Was die Sache noch pikanter macht: die fünf sind keine homogene Freundinnen-Gruppe, sondern Arbeitskolleginnen, somit besteht noch eine Hierarchie zwischen ihnen, die zwar etwas verschwimmt, je länger sie unterwegs sind, aber unterschwellig immer Bestand hat. Sie müssen sich ja noch in die Augen sehen können, wenn sie aus dem Dschungel herauskommen…


    Auch wenn grobe Punkte der Geschichte schon vorher zu erraten sind, ist der Thriller so gut geschrieben, dass man die Abschnitte (die gegen Ende deutlich kürzer werden) nur so verschlingt. Die kleinen Schwächen fallen nicht so sehr ins Gewicht, vielmehr beschäftigt man sich nebenbei noch mit einigen Fragen.

    “Was, wenn mir das passieren würde?” “Wie würde ich mich gegenüber … verhalten?” “Würde ich abwarten oder versuchen einen Weg zu finden?” “Wie viel Mut hätte ich tatsächlich in einer fast ausweglosen Situation?”


    Hinten auf dem Buchcover steht ganz oben ein Satz: “Grausamer als die Natur ist nur der Mensch.” Das ist soweit keine Überraschung, dennoch fasst er das Buch eigentlich sehr gut zusammen und zeigt schon, wo der Fokus liegt. Es ist keine blutrünstige Grausamkeit im Spiel, sondern in erster Linie psychische, verbale. Und die kann viel schlimmer sein.


    “Ins Dunkel” ist der zweite Teil der Serie um Polizist Aaron Falk aus Melbourne.


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  • "Ins Dunkel" ist der zweite Band aus der Serie um den australischen Ermittler Aaron Falk. Das erste Buch ("Hitze") habe ich bisher nicht gelesen, das macht aber nichts. Es gibt lediglich ein paar minimale Hinweise zu Band 1, aber keine Spoiler und der Leser vermisst kein Vorwissen aus dem Vorgängerband.


    Das Buch ist unterteilt in zwei sich abwechselnde Erzählstränge. So kann der Leser die fieberhafte Suche nach Alice mitverfolgen und erfährt in Rückblenden was die Gruppe im Busch erlebt hat, wie es dazu gekommen ist, dass sie sich verlaufen haben und wie sie Alice verloren haben. Erzählt wird dabei jeweils aus einer anderen Sicht einer anderen Person. Da lässt es sich gut verdächtigen und spekulieren was denn nun mit Alice geschehen ist. Die beiden Ermittler fand ich sehr sympatisch, im Laufe des Buches erfährt man über beide auch ein wenig ihrer Geschichte. Die Auflösung am Ende war für mich zwar nicht ganz überraschend, aber auch nicht so vorhersehbar, dass es langweilig wäre.


    Fazit: ein sehr gut zu lesendes Buch. Wer eine spannende Lektüre sucht ist hier richtig.

    "Die klimatischen Bedingungen in der Hölle sind sicher unerfreulich, aber die Gesellschaft dort wäre von Interesse." (Oscar Wilde)

  • Erst nachdem ich mit dem Buch begonnen hatte, habe ich festgestellt, dass es sich ja um einen Fortsetzungsband handelt. Da ich sehr oft Bücherreihen lese, weiß ich von der Problematik bezüglich der Charakteren. Oft gibt es soviele Rückblenden, dass es kaum mehr Spaß macht, einen Band inmitten der Reihe zu beginnen. Oder es baut sich die Geschichte direkt im Anschluß an den Vorgänger auf. Hier nun gab es zwar ein paar kleinere Rückblenden, diese haben jedoch den Lesefluß in keinster Weise gestört. Sie wurden so gekonnt in die Story eingebunden, dass auch einige Charaktermerkmale oder Handlungen einfach besser verständlich wurden.

    Aber kommen wir nun zur Handlung. Bereits beim Prolog ist diese gewisse Spannung zu bemerken. Mir erging es jedenfalls so, dass ich während des Lesens, völlig angespannt war. Für mich, ein gutes Zeichen für einen Thriller.

    Schnell werden dann die einzelnen Protagonisten erwähnt, so dass es mir anfangs etwas zu wirr war. Aber dann wurden die Charakteren in den Kapiteln einzeln beschrieben und ich konnte mich in das Geschehen reinversetzen und habe durchaus auch Emotionen entwickelt. So war mein Urteil über Alice auch schnell klar: Sie muss ein Maulwurf sein. Jemand, der andere aus niedrigen Beweggründen verrät und verkauft. So eine Person, die man nicht wirklich in seinem Umfeld haben möchte. Sie hatte also alle Sympathiepunkte bei mir verspielt. Daran kann man natürlich das schriftstellerische Können messen. Wen der Leser Emotionen gegenüber Protagonisten entwickelt... kann es noch mehr Lob geben?

    Auf die einzelnen Protagonisten möchte ich nicht näher eingehen, da ich sonst zuviel von der Story verraten würde. Ich kann nur soviel sagen, das Ende ist ganz anders als man denkt. Es ist durchaus nachvollziehbar, aber durch die vielen Motive, die zur Tat hätten führen können, habe ich dieses Ende wirklich nicht erwartet.


    Die beiden Ermittler waren zwar durchaus wichtig, um den Fall aufzuklären, hatten jedoch bei mir nicht wirklich soviel Aufmerksamkeit. Für mich war der Handlungsstrang zur Aufklärung bzw. der Tat weitaus spannender.


    Abschließend möchte ich noch ein paar Worte zu Cover und Klappentext anmerken.

    Das Cover soll wohl die Wildnis widerspiegeln, in der die Story spielt. Es macht neugierig, ohne aufdringlich zu wirken. Man muss vielleicht sogar das Buch zweimal in die Hand nehmen, bevor man es wirklich zum Kauf in die engere Wahl zieht.

    Der Klappentext macht neugierig. Das war auch der Grund, weshalb ich diesen Thriller unbedingt lesen wollte.

    Was mir jedoch nicht so ganz klar wurde, war die Übersetzung des Titels. Weshalb "Ins Dunkel"?


    Lesespaß oder Lesefrust?


    Na ja, bei einem Thriller von Spaß zu sprechen, wäre irgendwie nicht passend.

    Es war jedoch so, dass ich dieses Buch sehr gerne gelesen habe, da mich die Story absolut gefesselt hat. Spannung gepaart mit guter Unterhaltung.

    Für Thriller-Liebhaber kann ich hier eine absolute Leseempfehlung aussprechen.

  • Meine Meinung


    In meinem Kopf herrschte nach Beendigung des Buchs etwas Verwirrung und Durcheinander. Die Autorin erzählt dermaßen viele Geschehnisse, die dann manchmal doch anders waren, dass ich teilweise echt den Faden verloren hatte.


    Es wird im Wechsel aus Sicht des Ermittlers Aaron Falk (Gegenwart) und der Frauen-Gruppe im Wald (nahe Vergangenheit) erzählt, und das zwar sehr anschaulich, bildhaft, atmosphärisch und dicht, für mich teilweise zu dicht, so dass kein Raum für Spannung mehr blieb, der Fokus liegt eindeutig auf den Charakteren der 5 Frauen (ihre Vergangenheit und deren Bewältigung, ihre familiären Probleme, ihre berufliche Stellung in der Firma, das, was die Familienangehörigen, denen die Firma gehört, gerne verbergen wollen und Aaron Falk und seine Partnerin Carmen Cooper herausfinden sollen, wobei Alice dabei für die beiden extrem wichtig war), aber ich hatte irgendwann die Nase voll von den ganzen Querelen unter ihnen, die sich immer weiter zuspitzten. Das Verhalten und die Dynamik zwischen den Protagonistinnen waren manchmal nicht nachvollziehbar, gerade bei den Schwestern Bree und Beth habe ich manchmal nicht so richtig durchgesehen. Auch ein anderes Ereignis, das gleich zu Anfang Thema ist, war am Ende überhaupt nicht so, wie mir auch jemand bestätigte, der das Buch kurz vor mir las. Das hat mich mit einigen Fragezeichen zurückgelassen.


    Sehr gut gefielen mir die Passagen, die sich direkt mit Aaron befassten, ihm war Carmen eine große Hilfe.


    Im Klappentext steht, dass Alice auch die dunklen Geheimnisse ihrer Kolleginnen kennt. Am Ende habe ich mich gefragt, welche das denn bitte gewesen sein sollen. Es steht auch dort, dass die wahre Gefahr von ganz anderer Seite droht. Welche Seite soll das denn gewesen sein?


    Es gab keinen show-down und auch keinen "Aha"-Effekt, obwohl ich immer hoffte, dass es doch anders war und ich als Leserin überrascht werde. So war das Ende o.k.


    Es ist eine sehr sehr dicht erzählte atmosphärische Geschichte mit einem starken Fokus auf die weiblichen Charaktere. Leider blieb die Spannung dabei auf der Strecke und es gab auch Ungereimtheiten.


    Das Ende war zwar schlüssig, aber jetzt auch nicht überraschend oder wendungsreich.


    Ich kann das Wort "Rumzicken" oder "Zickenkrieg" nicht ausstehen, das ausschließlich herabwürdigend auf Frauen verwendet wird, deren Probleme damit gerne kleingeredet werden. Von daher verwende ich "Entladen von ungelösten Problemen mit der Vergangenheitsbewältigung und familiären problematischen Ereignissen".


    Von mir gibt es wohlwollend :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:



    Das ist schade, nachdem mir der 1. Band "Hitze" so viel besser gefiel.

    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)