Hiltrud Baier - Helle Tage, helle Nächte

  • HILTRUD BAIER - HELLE TAGE, HELLE NÄCHTE


    DIE SCHÖNHEIT NORDSCHWEDENS

    Anna Albinger zweiundsiebzigjährig und an Lungenkrebs erkrankt möchte im Angesicht des endlichen Lebens reinen Tisch machen, ihr Gewissen erleichtern. Sie bittet ihre Nichte Frederike unbedingt nach Jokkmokk ins schwedische Lappland zu reisen, um einem gewissen Petter Svakko einen Brief von ihr zu überbringen. Frederike fragt sich, was kann so wichtig sein, dass sie ihn persönlich übergeben muss? Die 51jährige hat eigentlich gar keine Muße, da sie ihr Leben nach der Scheidung neu ordnen muss. Ihre Tochter Paula wiederum weilt gerade weit weg in Australien. Schließlich macht sie sich, nicht gerade enthusiastisch, mit ihrem roten Kleinbus auf die lange Reise nach Nordschweden. Was sie dort erlebt, ist mit viel Herzenswärme, wunderbaren Einblicken in das Land und das Leben der Leute, mit viel Lokalkolorit erzählt.


    Abwechselnd erfährt der Leser aus der Sicht Annas und aus der Sicht Frederikes vom Stand des Gesundheitszustandes bzw. der Reise. Dabei reflektieren Tante und Nichte ihre Vergangenheit. So setzt sich nach und nach Stück für Stück die gesamte Geschichte wie ein Puzzle zusammen. Ich musste mich auf die Person Annas bewußt konzentrieren. Sie ist eine komplizierte, oft schwermütige und melancholische Person, die in ihrem gesamten Leben alles hinterfragte. Sie besitzt einen verschlossenen Charakter, der eine eigene Familie verhinderte. Es fällt mir schwer ihre Entscheidungen und Beweggründe über den riesigen Zeitraum von über 50 Jahren nachzuvollziehen. Aber sicher gibt es solche Menschen, die sich meiner Meinung nach selbst im Weg stehen. Sie spricht ständig von einer Wiedergutmachung ihrer Schuld, von ihrer Lebenslüge. Ich war eigentlich auf einer ganz falschen Fährte, aber egal, die Geschichte las sich recht unterhaltsam. Dazu trugen die herrlichen Landschaftsbeschreibungen sowohl im schwäbischen als auch im samischen Umfeld bei.

    Durch Frederike, die sich bald einsam in völliger Abgeschiedenheit in einer Berghütte befindet, erfährt der Leser die einzigartige Schönheit der Natur Lapplands. Er ist dabei, wie der Frühling erwacht in den Bergen, erhält Einblicke in die Traditionen der Samen, ihre Kultur. Ich nutzte die Gelegenheit und habe mir die wunderschönen Klänge der Musik des samischen Künstlers Nils-Aslak Valkeapää angehört. Diese Musik transportiert einen großen Teil der einzigartigen Stimmung, die ich glaubte, in der Natur Nordschwedens herausgelesen zu haben. Den Titel des Buches finde ich sehr stimmig. Helle Tage, helle Nächte ist gut gewählt. Dazu paßt wiederum das freundliche, klare Cover. Als sehr angenehm empfand ich die Schriftgröße.


    Fazit:

    Ein optimistischer Ausklang in der Schönheit der nordschwedischen Natur. Am Ende sind alle glücklich und das ist ja die Hauptsache.


    Nicht nur für Schwedenliebhaber eine angenehme Urlaubslektüre. Ich vergebe vier von fünf Sternen.:bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Reinen Tisch machen


    Die über 70jährige Anna, die nach ihrer Pensionierung an den beschaulichen Ort ihrer Kindheit auf der schwäbischen Alb zurückgezogen ist, erfährt, dass sie Krebs hat. Da sie die Behandlungen schlecht verträgt, beschließt sie, diese abzubrechen und sich in das Unvermeidliche zu fügen. Doch vor ihrem Tod will sie noch reinen Tisch machen. Viel zu lange trägt sie schon ein Geheimnis mit sich herum. Deshalb tritt sie mit einer ungewöhnlichen Bitte an ihre Nicht Frederike heran: Diese soll einen Brief nach Lappland bringen und ihn dort persönlich einem gewissen Petter übergeben.

    Frederike, die sich nach der Scheidung von ihrem Mann erst einmal eine Auszeit genommen hat, findet die Bitte im Zeitalter moderner Kommunikation zwar seltsam, da sie aber merkt, wie wichtig es ihrer Tante ist, sagt sie schließlich zu.

    Frederike hat keine Ahnung, wer Petter ist, und Anna will sich nicht näher dazu äußern. Schon auf der Fahrt in den Norden wundert sich Frederike darüber, wie gut sie Schwedisch versteht. Erinnerungen an einen Sommer während ihrer Kindheit steigen in ihr hoch.

    In Lappland angekommen, überreicht sie den Brief in der Absicht, sich so schnell wie möglich wieder auf die Heimreise zu machen. Am nächsten Morgen ist Petter ohne Erklärung verschwunden und Frederike sitzt mitten in der Einsamkeit Lapplands fest. Schlechtes Wetter und unpassende Ausrüstung machen die erste Zeit zur Herausforderung, doch dann beginnt Frederike immer mehr, sich mit der Situation abzufinden und die wunderschöne Gegend zu erkunden und zu genießen. Ohne Ablenkungen der modernen Zivilisation beginnt sie, sich mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Als Petter schließlich zurückkommt, ist sie eine andere als zuvor.

    Hiltrud Baier, die selbst aus Süddeutschland stammt und in Lappland verheiratet ist, hat mit „Helle Tage, helle Nächte“ einen sehr schönen, entschleunigten Roman geschrieben, in dem sie dem Leser die Stille und menschenleere Schönheit Lapplands nahebringt. Auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und die Frage „Was zählt im Leben?“ sind wichtige Themen. Ein berührender Roman, der mir gut gefallen hat. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Das schlicht gehaltene Cover ist in seiner Farb- und Kontrastgebung wunderschön und spiegelt gelungen die Atmosphäre wider, die sich auch im Buch selbst erleben lässt. Außerdem wird einem beim Lesen klar, dass es vom Titel und der Abbildung her, nicht passender gewählt hätte werden können.


    Der Schreibstil ist super eingängig und lässt sich flüssig lesen. Gleich zu Beginn und bis zum Ende hin wird man von den Szenerien und den Charakteren eingenommen.

    Die Darstellungen der Vorkommnisse sind authentisch und man hat als Leser das Gefühl, sich an Ort und Stelle zu befinden.

    Ebenso verhält es sich mit den Charakteren. Diese wirken so lebendig und real, dass man sich auf Du-und-Du mittendrin fühlt. Ich hatte immer das Gefühl, ich wäre direkt vor Ort und würde alles miterleben. Die Emotionen, die ein breites Spektrum abdecken, lassen keine Fragen offen und sind ohne Kitsch oder dergleichen. Der Tiefgang, der sich ebenfalls mit den vielfältigsten Themen beschäftigt, lässt einen teilweise innehalten und reflektieren. Es regt zum Nach- und Umdenken an, was denn im Leben wirklich wichtig ist und welche Dinge man getrost beiseitschieben kann.


    Die Erzählweise, dass die Protagonistinnen abwechselnd "zu Wort kommen", ist hervorragend umgesetzt und schafft ein vollkommenes Bild. Die gut gesetzten Cliffhanger bauen Spannung auf und lassen den Leser an den Fragen, die sich die Mitwirkenden stellen, teilhaben und miträtseln. So erlebt man die Spannung und die Emotionen hautnah mit.


    Außerdem werden die örtlichen Begebenheiten so wundervoll erläutert, dass ich, obwohl ich die vorgestellten Örtlichkeiten nicht kenne, alles genau vor Augen habe und ein Urlaub in die Region geplant wird. Man verliebt sich in die raue Landschaft und man hat das Gefühl, dass es der Autorin mit ihrer Wahlheimat ebenso ergangen ist.


    Mein Fazit: wundervoll atmosphärisches Bild von Land und Leuten, das mit Tiefgang, Emotionen und Spannung aufbereitet ist

  • Auf nach Lappland....


    Die 72 jährige Anna Albinger ist an Krebs erkrankt und bittet ihre Nichte Frederike um einen grossen Gefallen. Diese hat sich gerade von ihrem Mann Thomas getrennt und erfüllt ihrer Tante den Wunsch, einen Brief nach Lappland zu bringen. Ihr schwant schon, dass hinter diesem Botendienst etwas Ernsteres steckt und macht sich auf die Reise mit ihrem Bus. Und tatsächlich, verbirgt sich hinter dem Empfänger Peter Svakko ein grosses Geheimnis.



    Den Start in das Buch empfand ich als ansprechend und gelungen. Man reist gedanklich zurück in die Kinderzeit von Anna und ihrer Schwester Marie. Erinnerungen, die äusserst glücklich und mitreissend geschrieben sind, und mich völlig gefangen genommen haben. Es tut im Herzen weh, zu lesen, wie diese fröhliche Anna, sehr viel später an Lungenkrebs leidet. Ganz schnell wird die Stimmung düster und dunkel, wie es für diese lebensbedrohende Krankheit normal ist. Ich empfand gerade die Passagen, in denen es darum geht, ob und wie Anna sich behandeln lässt, als sehr authentisch und äusserst feinfühlig erzählt. Die Autorin vermittelt hervorragend die Angst, die Schmerzen und die Zweifel, ohne zu sehr ins Detail zu gehen.

    In abwechselnden Kapiteln ist man so einerseits an Annas Krankenlager, jedoch auch immer wieder mal bei den Erinnerungen an die Kinder und Jugendzeit Annas, hautnah dabei. Und im Kapitel danach auch im Bus bei Frederike, die auf ihrer Reise nach Lappland allerhand erlebt. Hier haben mir vor allem die tollen Landschaftsbeschreibungen und die Erläuterungen zu der samischen Kultur sehr gefallen. Ebenfalls beeindruckt und auch etwas neidisch gemacht, hat mich die Art, wie Frederike reist. Nur mit dem Nötigsten in ihrem Bus unterwegs! Freiheitsgefühl grenzenlos!

    Und immer fährt da das grosse Geheimnis mit. Als Leser weiss man relativ schnell, dass ein Zusammenhang zwischen dem Mann in Lappland und Anna besteht. Spannend empfand ich, mir zu überlegen, worin dieser Zusammenhang denn besteht? Leider hat sich die Autorin ziemlich früh (ca 120 Seiten vor Schluss) dazu entschlossen, das Geheimnis zu lüften. Danach war irgendwie die Luft etwas raus aus der Story. Die Auflösung hätte ich gerne erst später erfahren. Denn danach hatte ich den Eindruck, dass doch einige Hänger, wie der detaillierte Beschrieb, wie Frederike in Lappland ihre Kleidung wäscht, durchzustehen waren.

    Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten. Und auch sehr ausdrucksstark, man lebt regelrecht mit, wie die beiden Frauen ihre Gegenwart und auch ihre Vergangenheit aufarbeiten und ein kleiner Funke Hoffnung für die Zukunft entsteht.

  • Nette Unterhaltung


    Inhalt

    Anna erfährt, dass sie Krebs hat. Daraufhin denkt sie viel über ihr Leben nach und beschließt, reinen Tisch zu machen. Denn in ihrem Leben gibt es eine große Lüge. Ihre Nichte Frederike soll den Brief mit der Wahrheit persönlich nach Lappland bringen. Doch sie rechnet nicht damit, was sie dort vorfinden und wie dieses Ereignis auch ihr Leben verändern wird.

    Meine Meinung

    Die Kapitel sind abwechselnd aus Annas und Frederikes Perspektive erzählt. Es dauert einige Zeit, bis Frederike in Lappland ankommt und die Geschichte so richtig beginnt. Denn am Anfang und ab und zu auch später schweifen die beiden Charaktere oft in die Vergangenheit ab. Auch ein paar Wiederholungen sind in dem Buch zu finden. Dadurch bleibt, vor allem zu Beginn, die Handlung in der gegenwärtigen Zeit stehen. Allerdings erfährt man auf diese Weise viel über Annas Leben und die Autorin hat es so geschafft, Annas Person tiefgründig darzustellen, was mir gefallen hat. Baiers Schreibstil ist einfach gehalten und dadurch leicht und schnell zu lesen.

    Ich hätte mir ein tieferes Eintauchen in das Leben der Samen in Lappland gewünscht. Leider kam darüber nur wenig und auch erst gegen Ende des Buches.

    Teilweise hatte ich das Gefühl, dass das Buch auf ein Ereignis am Ende hinarbeitet, dass dann aber nicht kommt. Denn das Ende war sehr abrupt und nicht zufriedenstellend. Ein Kapitel mehr hätte dem Buch gut getan.

    Fazit

    Das Buch war schnell zu lesen und hat mich unterhalten, allerdings hatte ich erwartet, tiefer in die Lebensweise der Samen einzutauchen und das Ende war mir zu abrupt. Daher vergebe ich 3 von 5 Sternen.

  • "Manchmal passen zwei Menschen so gut zusammen. Nur leider ihre Leben nicht." (spruechewelt.com)
    Es ist Frühling in Beuren am Rande der Schwäbischen Alb, als Anna erfährt, dass sie an Lungenkrebs erkrankt ist. Das ist auch der Grund für Anna endlich mit ihrem Leben aufzuräumen und den Menschen, die sie bisher belogen hat die Wahrheit zu sagen. Den schon viele Jahre lebt Anna mit einer Lüge in ihrem Herzen. Deshalb bittet sie ihre Nichte Frederike einen Brief, den sie schweren Herzens geschrieben hat nach Lappland zu bringen. Frederike ist frisch geschieden, während ihre Tochter Paula gerade in Australien verweilt. Dass sie Annas Brief extra nach Lappland bringen soll, versteht sie gar nicht. Aber da Anna so darauf drängt, fährt sie schweren Herzens in den Norden, um einem gewissen Petter Svakko einen Brief zu bringen. Dort angekommen hat sie Petter kurz zuvor verpasst, bevor er sich in die Einöde auf seine Hütte aufgemacht hat. Deshalb entschließt sie sich ihm in die Bergwelt zu folgen, ungeahnt das sie die Bergwelt Lapplands verändern wird.

    Meine Meinung:
    Ein recht unscheinbares Cover mit Wacholderbeeren oder Blaubeeren, lädt ein zu einer authentisch, deutsch-schwedischen Familiengeschichte. Die Leseprobe hat mich auf dieses Buch neugierig gemacht, da es zum Teil in Hiltrud Baiers ehemaligen Heimat der Schwäbischen Alb spielt. Aber es geht auch um einen geheimnisvollen Brief, eine heimliche Liebe und die Schönheit Lapplands. Der Schreibstil ist sehr gut, recht leicht zu lesen, dabei wechseln sich in der Geschichte die beiden Frauen Frederike und Anna jeweils mit ihren Erlebnissen ab. Im Plot geht es um eine Familiengeschichte, die nicht tragischer sein könnte, im Grunde fängt das ganze schon mit Frederikes Großmutter an. Sie verstirbt recht jung aus Sehnsucht nach ihrer Heimat Lappland. Sicher auch, weil sie kein Geld hatten, das sie ihre Eltern mal besuchen konnte. Dass sie so tragisch verstarben und sie nicht mal auf ihre Beerdigung konnte, setzt der jungen Frau zu. Doch die Familiengeschichte nimmt so erst ihren traurigen Verlauf. Die Charaktere sind aufgrund dessen, das die Autorin selbst auf der Schwäbischen Alb und Lappland gewohnt hat, sehr authentisch dargestellt. Vor allem Frederike zeigt alle Facetten, von Wut, Trauer, aber auch von Harmonie, Ausgeglichenheit bis hin zur Freude die sie erst in der Einsamkeit Lapplands wiederfindet. Man merkt bei der Autorin sehr gut die Liebe zu ihrer schwäbischen Heimat, aber auch zu Lappland ihrem jetztigen Zuhause, in dem sie mit ihrer Familie wohnt. Allein die Beschreibung von Land, Leuten und auch dem Brauchtum dieser Region macht das Buch lesenswert. Dass, man in so einer schönen und ruhigen Gegend sein Leben verändert kann, kann ich mir gut vorstellen. Auch wenn das Verschwinden von Petter und der daraus resultierende längere Aufenthalt etwas eigenartig war, war es schön Frederikes Veränderung mitzuerleben. Das einzige was mir ein wenig zu flach blieben, waren die Emotionen, die habe ich nicht ganz nachempfinden können. Trotzdem bekommt das Buch von mir 5 von 5 Sterne. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::thumleft::applause: