Inhalt:
Ein Kind im Krieg: Anfang 1945 muss die zwölfjährige Luisa Norff mit ihrer Mutter und der älteren Schwester aus dem bombardierten Kiel aufs Land fliehen. Das Gut ihres Schwagers Vinzent, eines SS-Offiziers, wird ein unverhoffter Raum der Freiheit: Kein Unterricht mehr, und während alliierte Bomber ostwärts fliegen und immer mehr Flüchtlinge eintreffen, streift die Verträumte durch die Wälder und versucht das Leben diesseits der Brände zu verstehen: Was ist das für eine Beunruhigung, wenn sie den jungen Melker Walter sieht, wer sind die Gefangenen am Klostersee, wohin ist ihre Schwester Billie plötzlich verschwunden, und von wem bekommt die Perückenmacherin eigentlich die Haare? Und als ihr auf einem Fest zu Vinzents Geburtstag genau das widerfährt, wovor sich alle Frauen in jenen Tagen fürchten, bricht Luisa unter der Last des Unerklärlichen zusammen. (Quelle: Verlagsseite)
Der Autor:
Ralf Rothmann wurde am 10. Mai 1953 in Schleswig geboren und wuchs im Ruhrgebiet auf. Nach der Volksschule (und einem kurzen Besuch der Handelsschule) machte er eine Maurerlehre, arbeitete mehrere Jahre auf dem Bau und danach in verschiedenen Berufen (unter anderem als Drucker, Krankenpfleger und Koch). Er lebt seit 1976 in Berlin. (Quelle: Verlagsseite)
Mein kurzer Eindruck:
Wieder hat sich Rothmann die Zeiten des Krieges ausgesucht, erst der grandiose Roman "Im Frühling sterben", dieses Mal nun dieser neu erschienene Roman aus Sicht einer Zwölfjährigen.
Anfang 1945 flieht die 12-jährige Luisa mit ihrer Mutter und der älteren Schwester auf's Land. In Kiel fallen die Bomben, dort ist es zu gefährlich. Auf dem Land wohnen sie auf dem Hof des Schwagers Vinzent, der SS-Offizier ist. Hier kann Luisa die unverhoffte Freiheit genießen, durch die Wälder streifen. Hier kann sie sich auch ihrem Hobby, dem Lesen, intensiv widmen. Hier erfährt sie auch die erste Liebe, sie verliebt sich in den Melker Walter.
Doch auch wenn sie und ihre Familie etwas abseits des Kriegsgeschehens erleben, so bekommen sie doch die Auswirkungen zu spüren. Immer mehr Flüchtlinge werden dem Hof zugeteilt, alle müssen zusammenrücken.
Ein ausuferndes Fest endet für Luisa und ihre Schwester katastrophal.
Aus der Sicht einer Zwölfjährigen erzählt Rothmann über die Grauen des Kriegsgeschehens, vielleicht etwas zu distanziert. Luisa selbst erscheint mir ein wenig zu unkindlich, altklug.
Rothmann streut hin und wieder den (sprachlich wohl dem damaligen Deutsch angepassten) Bericht des Gelehrten Bredelin Merxheim über die Wirrnisse und Schrecken des Dreißigjährigen Krieges ein. Merxheim lässt eine Kapelle bauen, um den unter dem Krieg leidenden Menschen einen religiösen Halt zu geben. Was genau mit diesen Einsprenkseln bezweckt werden soll, hat sich mir nicht ganz erschlossen und diese haben mich dann doch etwas gestört.
Luisas Entscheidung am Ende des Romanes lässt Rothmanns Nähe zur Religion erahnen.
"Der Gott jenes Sommers" ist dennoch ein lesenswerter Roman, Rothmann kann schreiben. Aber es ist sicher nicht sein bester.