Alex Beer - Die rote Frau

  • Beschreibung

    August Emmerich und Ferdinand Winter sind mittlerweile im „Leib und Leben“-Ressort der Wiener Polizei gelandet, befinden sich dort aber am unteren Ende der Nahrungskette. Denn sie müssen den ganzen Tag Protokolle transkribieren und Kaffee kochen. Dabei wurde gerade der Wiener Stadtrat Fürst ermordet – doch die zwei müssen stattdessen den Fall der Schauspielerin Rita Haidrich untersuchen, die mit einem Fluch bedacht sein soll. Über diesen Fall stoßen sie dann doch auf den Fall Fürst und finden eine Spur in politisch hochrangigen Kreisen – doch bevor sie merken, wie gefährlich die Sache ist, begeben sie sich selbst in Gefahr …


    Rezension

    Alex Beer hat mit „Der zweite Reiter“ den Erfolg bekommen, den sie unter ihrem bürgerlichen Namen und einer zeitgenössischeren Serie vergeblich gesucht hat. Das Feuilleton hat das erste Buch um August Emmerich gefeiert, Beer hat einen der wichtigsten Literaturpreise Österreichs gewonnen und auch mich hat sie begeistert. Nicht nur, weil es in meiner Heimatstadt spielt, sondern auch zu einer absolut interessanten Zeit – einer völlig vernachlässigten Zeit, wie Beer dem Krimisofa in einem Interview verriet. Jetzt kam der Zweite Teil heraus, der mich allerdings nicht mehr so euphorisch zurückließ.


    August Emmerich und sein Assistent Ferdinand Winter haben es in die „Leib und Leben“-Abteilung geschafft – jene Abteilung, in die Emmerich schon vor seinem letzten Fall wollte. Winter ist noch von seinen schweren Verletzungen gezeichnet, die er im „zweiten Reiter“ erlitten hatte und kann nur einen Arm nutzen. Aber mehr als Protokolle abzutippen, haben die zwei, die vom Rest der Abteilung geschnitten und hinter ihren Rücken „Krüppelbrigade“ genannt werden, ohnehin nicht zu tun. Emmerich hingegen ist vom Heroin, das er im ersten Teil gegen seine Knieschmerzen genommen hat, losgekommen. Da er von seiner Luise ausziehen musste, weil ihr Mann es wider Erwarten aus der russischen Kriegsgefangenschaft heim geschafft hat, wohnt Emmerich jetzt in einem der neuen und von der Presse gefeierten Männerlogierhäusern. Anstatt einen Mordfall zu untersuchen, müssen die zwei sich den Fall der angeblich verfluchten Schauspielerin Rita Haidrich ansehen – eine weitere Schikane ihrer Vorgesetzten. Doch über diesen Fall stoßen die zwei auf den Fall des ermordeten Wiener Stadtrats Fürst, den die restliche Abteilung bearbeitet und die auch schnell einen Täter verhaftet. Aber Emmerich ist sicher, das es der falsche ist.


    Manchmal frage ich mich, ob man ein Buch nicht so gut findet, weil man in der falschen Stimmung ist, einen harten Tag hatte und deshalb nicht richtig in die Geschichte reinkommt – genau so erging es mir bei „Die rote Frau“, das ich erst gegen Ende richtig gut fand. Auch fragte ich mich, was die Sache mit dem Fluch am Anfang sollte, die so gar nicht in die Geschichte passen will – am Ende war ich dann aber schlauer, denn beim hervorragenden und historisch interessanten Showdown löst sich alles auf. Die Charaktere von Emmerich und Winter haben sich weiterentwickelt und die zwei sind sich gegenseitig wesentlich loyaler als zu Beginn von „Der zweite Reiter“, obwohl „Die rote Frau“ nicht mal ein halbes Jahr danach spielt.


    Obwohl es ein völlig anderes und wesentlich politischeres Buch ist als „Der zweite Reiter“, gibt es einige ähnliche Abläufe. Zum Beispiel hat Emmerich im ersten Teil der Serie sein lädiertes Knie verheimlicht – diesmal verheimlicht er, dass er in einem Männerlogierhaus in einer drei Quadratmeter Kabine haust. Oder dass die zwei Protagonisten über einen Fall zu einen Mordfall kommen – das gab es im ersten Teil schon. Dort war es der Schleichhändler, den sie dingfest machen solltest und über den sie dann zu einem Mordfall kamen. Aber das ist wohl der Preis, den man zahlt, wenn man eine Serie schreibt.


    Teilweise macht Beer es sich beim Plot zu einfach: da findet Emmerich, der kein Latein kann, ein Heft, das in reinstem Latein geschrieben ist – „Na kloa, do kenn i wen, der mir des übersetzt" (überspitzt zitiert). Oder Emmerich wird schwer verletzt, kann sich aber keine ärztlich Behandlung leisten – Winter schickt ihn zum Hausarzt seiner Oma, der macht's gratis. Und was mir leider sauer aufstößt, ist die Vermischung von Deutschem und Wiener Dialekt. Da findet ein regelrechtes Meet & Greet zwischen „die Faxen dicke“ und „Heast Oida“ statt und das geht leider auf Kosten der sonst so hohen und abermals herausragend recherchierten Authentizität. Denn ich glaube nicht, dass es in Wien 1920 gängig war, „die Faxen dicke" oder „klauen" zu sagen. Und falls doch – mea culpa.


    Tl;dr: „Die rote Frau“ von Alex Beer kann nicht ganz mit dem Auftakt der Serie mithalten, besticht aber abermals mit historisch interessanten Fakten und einem trickreichen und loyalen August Emmerich. Vor allem der Showdown wird einige überraschen, sodass man am Ende aufstehen und applaudieren möchte.

  • Muss man den Vorgänger des Buches lesen oder ist es eine in sich abgeschlossene Handlung?

    "Aber sie hatten einander damals völlig natürlich verstanden und angenommen. So vollständig, dass es beinahe ein Wunder war"


  • Habe jetzt den zweiten Band der Emmerich Reihe gelesen und möchte nur kurz meine Meinung dazu sagen.

    Wie auch der erste Teil besticht dieses Buch durch historisch belegte Ereignisse und Situationen im gebeutelten Wien der 1920er Jahre. Einerseits die Armut und Hungersnot, auf der anderen Seite die reichen und privilegierten. Auch die Filmindustrie hat ihren Aufschwung und spielt eine nicht unwichtige Rolle in diesem Buch.

    Die Protagonisten sind gut gezeichnet, Emmerich und Winter äußerst sympathisch und authentisch.

    Die Handlung ist spannend, leicht zu lesen und somit vergebe ich eine eindeutige Lesempfehlung :thumleft:

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • Die „Die Rote Frau“ von Alex Beer ist ein historischer Krimi, der 1920 in Wien spielt. Es geht um August Emmerich, der zusammen mit seinem jungen Kollegen Winter seit kurzem bei der Wiener Polizei in der Abteilung Leib und Leben arbeitet. Emmerich ist ein sehr vielschichtiger und zwiespältiger Charakter. Er war drogensüchtig, er ist teilweise bestechlich und doch glaubt er an Gerechtigkeit und versucht den vom Schicksal weniger begünstigten zu helfen. Dabei geht er nicht immer den geraden Weg und hält sich selten an Vorschriften. Winter dagegen ist ein naiver junger Mann, der immer versucht das Richtige zu tun und die Vorschriften genau einzuhalten, was ihm in der Zusammenarbeit mit Emmerich nicht wirklich gelingt.


    In dem beschrieben Kriminalfall geht es um verschiedene Morde an Personen aus der Oberschicht und den einen Fluch über einer Filmproduktion.


    Emmerich und Winter sind in der Abteilung Leib und Leben nicht sehr gut angesehen und werden von ihren Kollegen von den Mordfällen ferngehalten und sollen sich um den Fluch am Filmset kümmern. Doch Emmerich lässt sich nicht so ohne weiteres ausbooten und mischt schon bald zusammen mit Winter so richtig mit.


    Alex Beer schafft es eine düstere und sehr atmosphärische Stimmung zu erzeugen. Die Situation in Wien nach dem 1. Weltkrieg ist so realistisch eingefangen, dass ich mir das Elend aber auch den Versuch der Mensch sich zu amüsieren und die Probleme zu vergessen gut vorstellen konnte. Die Krimihandlung ist spannend, weist einige unerwartete Wendungen auf und hat sehr interessante Bezüge zu der damaligen und zukünftigen politischen Situation.


    Am Ende werden die Mordfälle zwar aufgeklärt, dennoch gibt es einen Cliffhanger.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich vergebe 4 Sterne. Ich werde die Reihe auf jeden Fall weiterlesen.