Cristina Di Canio - Die Buchhandlung der Träume/La libreria delle storie sospese

  • Die Buchhandlung der Träume
    Autorin: Cristina Di Canio
    Verlag: Goldmann (21. Mai 2018)*
    ISBN: 344220531X
    Seiten: 208


    Klappentext:


    Mit ihrer kleinen Buchhandlung am Stadtrand von Mailand hat sich Nina einen Traum erfüllt. Und seit sie eine besondere Idee hatte, ist ihr Laden zu einem beliebten Treffpunkt geworden: Jeder Kunde kann ein Buch, das für ihn eine große Bedeutung hat, dem zufällig nächsten Kunden schenken. Auch wenn das Buchgeschenk anonym ist, entstehen auf diese Weise Freundschaften, ja sogar Liebespaare finden sich. Nur Nina selbst ist einsam, wenn sie abends die Türen ihrer Buchhandlung schließt. Bis eines Tages ein junger Musiker in einer Matrosenjacke in ihren Laden kommt und Nina eine Kiste voller antiquarischer Bücher bringt …


    Inhalt:


    Vordergründig ging es nicht um Nina und die coole Idee, der anonymen Buchgeschenke. Die Geschichte wird nicht von Nina erzählt, sondern von einer älteren Frau, Adele. Sie ist die Freundin von Nina und sitzt den ganzen Tag in einem Sessel in der Buchhandlung und kommentiert von dort das Geschehen. Dazwischen blickt sie immer wieder auf ihr Leben zurück.


    Meine Meinung


    Selten war mir eine Figur so unsympathisch wie Adele und selten fand ich ein Buch so stupide.


    Adele sitzt die ganze Zeit in ihrem Sessel (und wenn der bei einer Lesung besetzt ist, steht sie lieber zwei Stunden) und lästert über die Geschehnisse im Laden. Teilweise echt bösartig.
    Sie behauptet Ninas Freundin zu sein, schnüffelt ihr aber hinter her. Belauscht Ninas Privatgespräche, zu denen Nina sich extra zurück zieht und rechtfertigt es damit, dass es ja nur zu Ninas Bestem sei.
    “Damit wir uns recht verstehen: Ich horche nicht. Ich stecke meine Nase auch nicht in die Angelegenheiten andere Leute, weil mir langweilig ist. Ich muss einfach wissen, was los ist, damit ich Nina zur Seite stehen kann. Je mehr Informationen ich habe, desto besser.”
    Wenn jemand sagt: “Ich tu das nur zu deinem Bestem!” ist das in 98% der Fälle nur eine Rechtfertigung für eine Grenzüberschreitung. Wie hier auch.


    Doch als Adele in der Stadt was sieht, was für Nina von wirklicher Bedeutung gewesen wäre, schweigt sie.
    “Vielleicht hätte ich ihr damit die peinliche Situation erspart. Aber das verkünden von schlechten Nachrichten liegt mir einfach nicht.”
    Ja, so eine Freundin kann man auch gut gebrauchen.


    Auch als es im Laden zu einer Auseinandersetzung kam und die kleine Nichte von Nina, ein Kindergartenkind, Angst bekommt, sitzt Adele nur weiter in ihrem Sessel und kommentiert besserwisserisch die Situation. Wie unsympathisch!



    Nina ist leider auch nicht gerade der Sympathieträger. Oft ist sie sehr unfreundlich zu ihren Kunden. Wenn das in echt so wäre, hätte sie schon längst in Konkurs gehen müssen.
    In einer anderen Situation kommt ein Kunde und fragt nach der Aktion, jemanden anonym Bücher zu schenken.
    “Ninas Gesicht hellt sich auf. “Ja, das geht bei uns, es war sogar meine Idee.””
    Mal ernsthaft! Ihr kommt in ein Geschäft und sagt: “Tolles Schaufenster” oder “Tolle Aktion” und die Verkäuferin grinst Euch an und sagt: “Ja, war meine Idee.” Ich würde mich fragen, was sie denn für ein Problem hat und würde wieder gehen.



    Da hilft es auch nicht, dass hin und wieder mal wahllos ein paar Buchtitel eingestreut werden.
    “Deshalb räume ich schon seit geraumer Zeit um. »Der Baron von den Bäumen« kommt in die Fantasy-Ecke, »Stolz und Vorurteil« auf den Bestsellerstapel, »Lolita« etwas weiter nach rechts […]”.
    Hier frag ich mich z.B. warum sie Lolita neben einen Liebesroman stellt. Will sie uns damit sagen, dass die Lolita für einen Liebesroman hält? Oder hat sie halt einfach mal wahllos ein paar Titel genannt?



    Für mich hat die Geschichte keine Tiefe, die Sätze sind ohne Inhalt.


    Adele erzählt: “Mit zwanzig kam unsere Generation das Leben wie ein Geschenk vor. Der Krieg war seit einem Jahrzehnt vorbei, das Land begann sich zu erholen, die Trümmer und die Schuldgefühle waren weggeräumt und durch den Geist der Erneuerung, der Hoffnung und der Zuversicht ersetzt worden.”

    Das Italien der 50ziger war so arm, dass 1955 26.000 Italiener alleine nach Deutschland auswanderten, um hier unter schlechten Bedingungen und Rassismus zu leben.


    Das einzig Schöne ist das Cover und die Innengestaltung.


    Ich kann dem Buch leider nur ein :bewertung1von5: geben. Ich habe lange überlegt, weil es mir natürlich sehr unangenehm ist, ein Rezensionsexemplar so schlecht zu bewerten. Aber von der Story her gibt es wirklich gar nichts, was mir gefallen hat. Nicht mal im Ansatz.

  • Wow! Das hört sich ja echt mies an! Danke trotzdem für Deine Rezension, Smartie. Ich interessiere mich für Bücher in denen es um Bücher geht. Gut dass Du uns vorgewarnt hast. Dann brauche ich meine Zeit mit dem Buch nicht verschwenden. Obwohl :-k... Die Geschichte scheint so mies zu sein, dass ich bestimmt an einigen Stellen lachen müsste, weil die Figuren so absurd handeln :lol:.


    Es gibt so viele tolle Bücher mit guten Bewertungen. Da verwende ich meine Zeit dann doch lieber für diese.


    Danke, dass Du Dir trotz der Enttäuschung des Buches noch die Zeit genommen hast uns vorzuwarnen :thumleft:

    "Die Stille stellt keine Fragen, aber sie kann uns auf alles eine Antwort geben." (Ernst Ferstl)

  • Smoky82 : Danke. Viele andere bewerten das Buch ja gut, was ich leider nicht nachvollziehen kann. Vielleicht ist mein Anspruch an Büchern einfach zu hoch.


    Mir ist peinlicherweise gerade aufgefallen, dass beim Kopieren des Textes ein Satz verloren ging. Squirrel *hülfe* :lol:

    Nach dem Zitat vom drittletzten Absatz "Adele erzählt: ...", da kommt noch der Satz hin:

    Das Italien der 50ziger war so arm, dass 1955 26.000 Italiener
    alleine nach Deutschland auswanderten, um hier unter schlechten
    Bedingungen und Rassismus zu leben.


    Wäre lieb, wenn Du den einfügen könntest. :uups: Danke!

  • Für mich hat die Geschichte keine Tiefe, die Sätze sind ohne Inhalt.

    Gestern habe ich das Buch fertiggelesen, und kann Deine Meinung weitgehend teilen, obwohl mir Adele nicht ganz so unsympathisch war wie Dir.

    Vor allem haben mir die Erinnerungen an ihr Leben nicht so schlecht gefallen. Ein junges Ehepaar, das es aus dem armen Süditalien der 1950er-Jahre in den aufstrebenden Norden nach Mailand zieht, Adeles Dreifachbelastung als Ehefrau, Mutter und Berufstätige - darüber hätte ich sogar gerne mehr erfahren. Dass sie dazwischen immer noch intensiv liest, hat mich beeindruckt, gibt es in meinem Bekanntenkreis doch auch Frauen, die das schaffen. Zu denen gehörte ich leider nie, weil ich den Kopf durch die täglichen Verpflichtungen meist so voll hatte, dass kaum Zeit und Ruhe für Ausflüge in die Welt der Bücher blieb. (Eines der schönen Dinge am Älterwerden ist, dass man sich wieder mehr auf die eigenen Interessen besinnen kann.)

    Trotzdem habe ich mir von diesem Roman etwas anderes erwartet, nämlich, dass es vor allem um die originelle Idee des anonymen Bücherschenkens (und seine Folgen geht). Der Fantasie wären dabei ja keine Grenzen gesetzt. Nina und ihre problematischen Liebesbeziehungen fand ich hingegen nicht besonders prickelnd, genauso wenig wie die immer wieder auftauchenden neurotischen Typen, inklusive der Eltern, die die Buchhandlung wohl mit einer Kinderbetreuungsstätte verwechseln.

    Die Autorin ist ja selber Buchhändlerin, und ich kann mir schon vorstellen, dass sie es im wirklichen Leben in ihrem Laden mit allerlei seltsamen Zeitgenossen zu tun bekommt. Im Roman hat das aber alles irgendwie nicht zusammengepasst. Über Adeles Leben, die in der Buchhandlung eine merkwürdige Stellung einnimmt, kaum wahrgenommen und nur selten angesprochen wird, hätte man sicher ein eigenes Buch schreiben können. Nina hat in meinen Augen gar kein Charisma. Ihre Beziehungsprobleme waren viel zu dominant, wobei sie mir eher so hilflos wie eine Pubertierende vorkam. Von einer Dreißigjährigen hätte ich mir schon ein etwas reiferes Verhalten gewünscht. Ob man einen immer knapp an der Grenze zum finanziellen Ruin dahinschrammenden Laden mit einem einzigen Zeitungsartikel retten und Scharen von Kunden anlocken kann, wage ich ebenfalls zu bezweifeln.

    Und Bücher, die eigentlich die Hauptdarsteller hätten sein sollen, kommen nur sporadisch als Randnotizen vor.

    Guten Gewissens kann man diesen Roman wirklich nicht weiterempfehlen, allerdings stiehlt er mit seinen 138 (eBook-) Seiten auch nicht viel Lesezeit. Und das Cover ist so einladend, dass ich in diese Buchhandlung ganz sicher hineingeschaut hätte.


    Über die Autorin habe ich folgende Angaben (im eBook) gefunden:

    Cristina Di Canio, Jahrgang 1984, hat sich 2010 einen Traum erfüllt und in Mailand die Buchhandlung "Il mio libro" eröffnet, die heute eine der bekanntesten unabhängigen Buchhandlungen Italiens ist. Berühmt ist ihre Initiative "Il libro sospeso", bei der sich Kunden anonym Bücher schenken.