Stefanie Gregg - Der Sommer der blauen Nächte

  • Stefanie Gregg - Der Sommer der blauen Nächte


    Klappentext (Quelle Amazon) :

    Bilder in den Farben des Südens – das ist alles, was Jule nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter Marie von ihr bleibt. Das und eine ganze Reihe Fragen. Und so beschließt Jule an die Orte zu reisen, an denen ihre Mutter so oft alleine gemalt hat, um dort nach dem Leben zu suchen, das Marie offensichtlich nicht mit ihrer Familie teilen wollte. Dann taucht überraschend Jules Freund Ben auf, und ihr wird klar: Man muss die Vergangenheit loslassen können, um das Leben neu zu beginnen.



    Wen ein Mensch stirbt, erfahren die Angehörigen manchmal Dinge aus seiner Vergangenheit, die dieser sorgsam gehütet hat. So geht es auch Jule, nach dem Tod ihrer Mutter Marie. Als sie und ihr Bruder Thomas die Wohnung durchsehen nach Maries Tod, entdeckt sie alte Fotos. Erinnerungen an einen Urlaub in Italien, die Marie mit den beiden Kindern ohne den Vater verbracht hatte. Dort entstanden damals auch die "blauen Bilder" von Marie, die als Malerin gearbeitet hat. Jule reist in das kleine Dorf in Italien und Erinnerungen kommen hoch an eine andere Marie, die damals ein Geheimnis hütete.


    Der Prolog zeigt die Gedanken einer Malerin und ist sehr poetisch, ja fast lyrisch. Er erklärt auch den Bezug zu dem Titel des Buches. Etwas was ich sehr mag, wenn eine Verbindung zwischen Handlung und Titel besteht. Dies ist ja beileibe nicht in allen Büchern so.

    Dann fast wie ein Klimaschock: Vom sonnigen Mittelmeer im Prolog landet man im Kapitel eins und im nasskalten und verschneiten München. Toll geschrieben!

    Jule muss sich auseinandersetzen mit dem Tod der Mutter. Obwohl sie es als Psychologin besser wissen müsste, nimmt sie sich keinerlei Zeit für die Trauerarbeit, sondern verdrängt erst mal ihre Trauer. So arbeitet sie sofort weiter, ohne sich eine Auszeit zu nehmen. Immer wieder denkt sie jedoch zurück an die glückliche Vergangenheit der Familie und zeichnet ein Bild von Marie, das liebevoller nicht sein könnte. Diese Gedanken haben mich sehr berührt.

    Ein Zusammentreffen Jules mit einem Mann bedient auch die romantische Schiene und man denkt : hier ist alles in trockenen Tüchern. Zwar gibt es ab und zu noch ein hin und her, doch eigentlich nie so ernsthaft, dass man als Leser um diese Liebe bangen müsste. Diese Seite der Story war mir zu sicher und zu wenig spannend. Der Exfreund Jules wird eher halbherzig erwähnt, man spürt als Leser, dass er keinerlei Konkurrenz für den neuen Mann ist

    Danach wird es gegen Mitte Buch langatmig. Ganz Psychologin denkt und analysiert sich Jule durch etliche lange Passagen. Die Handlung plätschert und die Situation der Familie in der Vergangenheit, sowie die Charaktereigenschaften der Familienmitglieder werden ausschweifend thematisiert. Klar ist es schwer, wenn man im Nachhinein erkennt, dass das Familienleben auf einer Lüge aufgebaut war….aber mir war das einfach zu aufgebauscht und nervend.

    Jule ist eine Figur, die ich nicht recht fassen konnte. Einerseits analysiert sie ihre Situation sehr gut, andererseits benimmt sie sich wie ein störrisches Kind. Was sich in einem Gespräch mit ihrer Chefin sehr gut zeigt. Ihre Reaktionen konnte ich nicht immer nachvollziehen. So rät sie zum Beispiel einer Freundin, die einen Seitensprung begangen hat, zum Verschweigen von diesem. Als Psychologin sollte sie eigentlich wissen, wie sich solche Lügen auf Dauer auf eine Beziehung auswirken können.


    Ein Highlight sind die einzelnen Kapitel aus der Sicht von Marie. Hier spürt man sehr gut, wie sie gelebt und gefühlt hat.

    Die Geschichte empfand ich als sehr konstruiert. Nicht nur, dass ein passender Mann im richtigen Augenblick zur Stelle ist, sondern auch ein, zwei Ereignisse, die Jule in Italien erlebt.

    Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Einwohner eines kleinen Dorfes sich noch nach 20 Jahren an eine Familie erinnern, die nur 2 Wochen dort Urlaub verbracht haben. Auch ein Gedankenblitz von Jule, die sich nach 20 Jahren genau erinnert, ihre Mutter einmal im Urlaub auf einem fremden Balkon gesehen zu haben, ist mehr als fraglich.

    Der Schreibstil gefiel mir, abgesehen von den langatmigen Passagen, eigentlich ganz gut. Der Plot hätte meiner Meinung nach besser ausgearbeitet werden dürfen, damit das Ganze weniger konstruiert wirkt.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Stepahnie Gregg - der Sommer der blauen Nächte“ zu „Stepahnie Gregg - Der Sommer der blauen Nächte“ geändert.
  • Inhaltsangabe:


    Jule Jansen steht am Grab ihrer Mutter Marie, die als Künstlerin durch ihre Bilder Emotionen mit Farben ausdrückte. Marie war schon immer anders als andere Mütter, schien oft abwesend zu sein, aber wenn ihre Kinder sie brauchte, war sie da.


    Jule ist nicht nur wegen der Beerdigung durcheinander, sondern auch wegen der Arbeit als Psychotherapeutin. In einer Bar lernt sie Ben kennen und entgegen ihrer Gewohnheiten verlebt sie mit ihm eine schöne Nacht. Doch gleich will sie sich wieder von ihm lösen, denn aus irgendeinem Grund scheint er ihr unzuverlässig. Sie strebt nach Sicherheit und Geborgenheit, aber die Kehrseite dessen kann auch Langeweile und eingefahrene Routine bedeuten.

    Im Nachlass findet Jule ein Foto von einem Mann, aufgenommen in Manarola, Italien. Sie erinnert sich an den Ort, denn die Familie hat dort oft Urlaub gemacht und einmal war der Papa nicht dabei. Die blauen Bilder, die Marie besonders am Herzen lagen und die tiefe Empfindungen ausdrücken, sind ebenfalls nicht mehr da. Für all das muss es eine vernünftige Erklärung geben, sagt sich Jule.


    Den Job ist sie gerade los und irgendwie ist das alles viel zu verwirrend, um nichts zu unternehmen. Und so beschließt Jule nach Italien zu reisen, ohne zu ahnen, dass sie ihre Mutter neu kennenlernt und dabei selbst über sich einiges herausfindet.


    Mein Fazit:


    Mein allergrößter Dank geht an Stefanie Gregg. Nicht nur, weil sie mir das Rezensions-Exemplar zur Verfügung stellte. Auch, weil ich zusammen mit Jule eine wunderbare Reise erleben durfte, die sie in den Grundfesten erschütterte und gleichzeitig neuen Mut gab.


    Marie, die geheimnisvolle Mutter, kommt einem erst ziemlich egoistisch rüber. Sie hat ihre Kunst oft über die Familie gestellt. Wenn sie malte, galt Zeit und Raum nicht mehr. Abwesende Blicke, Momente in fernen Galaxien, aber doch stets liebevoll und gerade in sehr wichtigen Moment war sie für die Kinder Thomas und Jule da. Die Familie hat sie stets so angenommen, aber kaum einer kannte den wahren Grund für ihre Melancholie und unstillbare Sehnsucht. Jule und Thomas haben sie im Nachhinein stilisiert und auf ein hohes Podest gestellt. Nichts konnte das Bild wirklich trüben, sie war einfach so. Aber dann erfährt Jule von dem geheimnisvollen Mann auf dem Foto, auf einem Felsen bei Manarola und beginnt Nachforschungen anzustellen.


    Am Anfang begleitet Ben sie, ein Architekt, der für sie wie geschaffen scheint. Jules Herz brennt nahezu für ihn, aber sie hat Angst, sich die Finger zu verbrennen. Ihre Mutter war unzuverlässig und sie will es nicht auch noch in ihrer Partnerschaft erleben. Und doch geht ihr dieser Mann nicht mehr aus dem Kopf. Dass sie ihren Job verliert, ist der Gipfel und sie flieht nach Italien, um aus allem schlauer zu werden, was mit ihrer Mutter auf sich hat. Dabei lernt sie ihre Mutter von einer ganz anderen Seite kennen und auch ihr Leben verändert sich unverrückbar.


    Diese Geschichte hat sehr viel Gefühl. Jule Jansen ist mir sofort sympathisch gewesen, auch wenn sie mir mit ihren Gedankensprüngen an Ben zuweilen auf den Keks ging. Aber es sei ihr entschuldigt, denn sie war in Trauer und hochgradig verwirrt. Wer würde denn nicht komisch werden, wenn man plötzlich Wahrheiten über die Mutter erfährt, die man im Leben nicht für möglich gehalten hätte. Auf schmerzliche Weise musste Jule ihre Mutter vom Podest der Verehrung holen und ihr im Nachhinein anerkennen, dass sie nicht nur Mutter und Ehefrau war, sondern auch Mensch mit Gefühlen, Sehnsüchten und einer ziemlich großen Schuld. In kurzen Abschnitten wird über Maries Leben berichtet, dabei war auch sie mir sehr sympathisch und ich konnte mich gut in sie hineinfühlen. Einige ihrer Wesenszüge erkenne ich an mir selbst, allerdings habe ich damals eine andere Entscheidung getroffen wie sie und bezahlte (wie auch sie) einen hohen Preis. Daher kann die Antwort auf die Frage, ob nach dem Herzen oder der Vernunft gehen soll, nicht wirklich falsch oder richtig sein. Vielleicht ist das der Grund, warum das Buch mir so nachging. Es wirkt authentisch, die Figuren haben Ecken und Kanten und bekommen ihren Platz zur freien Entfaltung. Einzig Ben bleibt mir ein bisschen blass.


    Die Autorin hat die Geschichte mit Worten gemalt und mich dabei bis ins Innerste berührt, es ist einfach so. Und es hängt mir noch eine Weile nach. Daher kann ich gar nicht anders als fünf Sterne vergeben und eine klare Lese-Empfehlung aussprechen.

  • Verhaltenstherapeutin Jule Hansen lebt in München und hat gerade mit dem Ende ihrer Beziehung zu kämpfen, als der plötzliche Tod ihrer Mutter, der Künstlerin Marie, sie hart trifft. Für sie und ihren Bruder Thomas war Marie immer eine liebe- und aufopferungsvolle Mutter und ihrem Mann eine gute Ehefrau. Jule übersteht die Beerdigung mehr schlecht als recht, denn die letzten Schicksalsschläge beuteln sie doch sehr. Deshalb ist sie auch recht empfänglich für die Avancen, die ihr ein Mann in einer Bar macht und geht darauf ein, um kurz danach doch wieder an ihren eigenen Gefühlen zu zweifeln. Als sie bei der Sichtung von Maries Nachlass Fotos von einem fremden Mann vor der Kulisse Manarolas in Italien findet, wo sie gemeinsam vor langer Zeit den Urlaub verbracht haben, ist Jule völlig durcheinander. Zudem vermisst Jule die blaue Gemäldeserie ihrer Mutter, die Marie immer behalten wollte. Die Bilder sind spurlos verschwunden und Jule will unbedingt herausfinden, was es mit dem Mann auf dem Foto auf sich hat und wo die Gemälde ihrer Mutter sind. Sie hat schon jetzt das Gefühl, ihre Mutter nicht wirklich gekannt zu haben, deshalb macht sie sich, nachdem sie ihren Job gekündigt hat, auf die Reise nach Italien, um auf den Spuren ihrer Mutter zu wandeln und einige Fragen zu klären…


    Stefanie Gregg hat mit ihrem Buch „Der Sommer der blauen Nächte“ einen Roman vorgelegt, der zum Nachdenken anregt und gleichzeitig im Leser auch eine Menge Gefühle weckt. Der Schreibstil ist flüssig, dabei farbenfroh und voller Bilder, die sich im Kopf des Lesers regelrecht festsetzen und die Lektüre recht bunt gestalten. Durch die Erwähnung sämtlicher Farbschattierungen fängt die Autorin Stimmungen ein und transportiert sie direkt an den Leser weiter, wodurch sie indirekt auch die jeweilige Stimmung der Situation oder Aussicht wiedergibt. Die Handlung wird aus der Sicht von Jule erzählt, und der Leser darf Jule unsichtbar auf ihren Wegen, bei ihren Gedanken und Gefühlen begleiten, wobei er eine Achterbahn von Emotionen während einer recht abenteuerlichen Reise nach Italien und nach Frankreich erlebt. Durch kleine Einschübe aus der Vergangenheit bekommt der Leser auch Einblick in Maries Gefühlswelt, die einige Dinge klarer werden lassen. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig und vermitteln dem Leser das Gefühl des Vorortseins, um alles mit eigenen Sinnen zu erleben. Der Spannungsbogen ist zuerst recht niedrig angelegt, um dann ab der Mitte des Buches immer weiter anzusteigen. Die Geschichte lässt leider eine tiefere Auseinandersetzung mit Marie und die Beziehung zwischen Jules Eltern im Besonderen vermissen, während sie sich in Allgemeinplätzen verläuft und weniger wichtige Dinge in den Fokus rückt.


    Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften real und mit Leben versehen. Jule ist eine Frau, die unzufrieden und nicht mit sich selbst im Reinen ist. Gleichzeitig wirkt sie unsicher und verwirrt, denn ihr Leben steht Kopf. Die neuen Erkenntnisse über ihre Mutter kann sie nur schwer verkraften, ihre unterschwellige Wut darüber ist ständig zu spüren. Das neugewonnene Wissen lässt Jule auch an sich selbst zweifeln und zwingt sie dazu, über ihr eigenes Leben nachzudenken und Weichen für die Zukunft zu stellen bzw. neue Wege einzuschlagen oder alte Verhaltensmuster abzulegen. Marie ist eine Frau, die immer für ihre Familie da war, doch sich insgeheim nach etwas anderem sehnte, was auf andere wie Melancholie wirkte. Sie war zwar egoistisch in Bezug auf ihre Kunst, aber auch hingebungsvoll und immer da, wenn sie gebraucht wurde. Gleichzeitig versagte sie sich eine Liebe, die sie von ihrer Familie getrennt hätte, um ein Leben lang darunter zu leiden. Auch die übrigen Protagonisten können durchaus mit ihrem Erscheinen überzeugen und beleben die Handlung.


    „Der Sommer der blauen Nächte“ ist ein nachdenklich stimmender und gefühlvoller Familien- und Liebesroman, der vor allem durch seine wunderschöne Sprache besticht. Die Handlung kann allerdings nicht restlos überzeugen, da wichtige Dinge ungesagt bleiben, um Nebensächlichkeiten Platz zu machen. Deshalb gibt es hier nur eine eingeschränkte Leseempfehlung!


    Leider nur :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten