Jürg Halter - Wir fürchten das Ende der Musik

  • Klappentext

    Jürg Halter ist ein Dichter, der so neugierig wie selbstbewusst in die Welt blickt. Und schräg. Was lässt sich in ihr erkennen? Was lässt sich über sie mitteilen? Wie verortet sich in ihr das eigene Ich? Das ganz Kleine, Individuelle bringt er zur Sprache, aber nie ohne nach den großen Zusammenhängen zu fragen. Halter schüttelt die Bilder, um sie wieder neu zusammenzusetzen. Manchmal schillert alles wie in einem Kaleidoskop; im Gewöhnlichen wird das Ungewöhnliche sichtbar.


    Vita

    Jürg Halter (* 23. Juni 1980 in Bern) ist ein Schweizer Dichter, Musiker und Performance-Poet. Bis Anfang 2015 war Halter unter dem Pseudonym Kutti MC auch als Rapper aktiv.


    Man spürt bei vielen Gedichten von Jürg Halter wirklich die Musik zwischen den Zeilen. Meistens sind sie sehr kurz, jedoch mit einer unglaublichen Präsenz. Sie haben einen eigenen Rhythmus, besonders wenn man sich diese selbst laut vorliest, kommt dieser zum tragen und man versteht sie sofort.


    Ideal

    Wir stoßen weiter vor.

    Mehr ist nicht genug.

    Alles ist das Ziel.

    Wir stoßen weiter vor.

    Niemand zieht sich zurück,

    es gibt nur Zurückgedrängte.

    Wir stoßen weiter vor.

    Wir stoßen weiter vor.

    Mehr ist nicht genug.

    Alles ist das Ziel.

    Wir stoßen weiter vor.

    Niemand zieht sich zurück,

    es gibt nur Zurückgedrängte.

    Wir stoßen weiter vor.


    Wenn er in seinem Gedicht die Einsamkeit der Menschen thematisiert, ihre Abhängigkeit ... löst dies ein gewisse Betroffenheit aus.


    Die heilige Familie

    Am Fenster wiegt die Mutter das Kind in den Schlaf.

    Schatten entstellen ihr Gesicht.

    Zwei Bildschirme beleuchten das Zimmer.

    Vor dem einem sitzt der Vater, vor dem anderen die Tochter.

    Stunden vergehen, oder sind es Tage?

    Die Mutter liegt auf dem Sofa, das Kind im Arm.

    Vater und Tochter sind vor den Bildschirmen eingenickt


    Besonders angetan bin ich von den folgenden Zeilen, denn ich denke "Meine Güte wie recht er doch hat"


    Alles andere ist dummes Geschwätz (zu singen)

    Geld führt diese Hand, bricht diese Zeile,

    führt sie weiter.

    Geld lässt mich lachen, lässt mich weinen,

    kleiner oder größer werden.

    Geld bestimmt mich, lässt mich für die Freiheit,

    für meine Freiheit einstehen.

    Geld, ich lobe dich, du lehrst mich Demut,

    ich kann nicht ohne dich.

    Bitte, bleib bei mir, bitte, werde mehr und

    bitte spiel nicht mit mir, nur weil ich vor dir knie.

    Bis dass der Tod uns scheidet, bleib ich dein Knecht,

    alles andere ist dummes Geschwätz


    Teilweise sind es sehr tragische Zeilen, die aufhorchen lassen "Letzte Nacht ist auf dem Markt ein junger Schafshirte explodiert; an dieser Stelle gehen wir mit unseren Einkäufen auseinander..."


    Wenn er der Schweiz ein Gedicht widmet "Die Schweiz, ein Sandkorn" spürt man sofort die leichte Ironie welche in diesen Zeilen liegen.

    Wie er "Singin' in the Rain (Outtake) für Gene Kelly" intoniert, bleibt ein schmunzeln nicht aus, aber...


    Es sind Gedichte unserer Zeit, sie sind wie kleine Erzählungen, man hat sofort einen Bezug zu Ihnen. Ich weiss was er damit meint wenn ich lese wie er schreibt "Mein Beitrag zum Weltkulturerbe". Bei gewissen Zeilen muss man etwas aufpassen, denn was vielleicht humorvoll klingt bekommt beim zweiten Mal lesen eine ganz andere Bedeutung.


    Er hat eine Hommage an Kurt Cobain geschrieben, hörenswert unter 1994


    Und wenn wir im zuhören Erdwissenschaften, oder es uns laut vorlesen...dann ist es wie der Titel suggeriert "Wir fürchten das Ende der Musik"

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter