Milena Agus – Eine fast perfekte Welt / Terre promesse

  • Original : Italienisch, 2017


    INHALT :

    Kurz nach dem zweiten Weltkrieg sucht der Sarde Raffaele Arbeit und eine gewisse Weite in Genua, wohin ihm seine junge Braut Ester folgen wird. Die Arbeitssuche drängt sie ins enge Mailand. Dort findet ihre Tochter Felicita nach und nach ihren Platz. Doch dann hat Ester Heimweh, wird daran nahezu krank und drängelt zur Rückkehr. So geht’s zurück nach Sardinien, mal als Eldorado für die einen, mal als Albtraum für die anderen erlebt. Auch da gewöhnt sich die Heranwachsende Felicita, verbindet in sich Einweihung in den Kommunismus und einen tiefem Glauben ans Gute. Sisternes, ein Aristokrat, aber eigentlich auch ein Muttersohn ohne eigenes Standbein, und sie verleben zwar eine langjährige Beziehung, doch « lieben » tut er sie anscheinend nicht… Gregorio wird geboren, und Mutter und heranwachsender Sohn leben in Cagliari…


    BEMERKUNGEN :

    Eine Familiensage über drei, vier Generationen. Das Stichwort wird vom Titel klar angegeben « verheißene (gelobte) Länder » (tatsächlich im Plural). Alle Protagonisten dieses Romans suchen es, mal hier mal da. Man vermutet es in besseren wirtschaftlichen Verhältnissen, die Menschen wegziehen lassen (hier aus Sardinien, aber durchaus übertragbar). Oder eben « bei sich », da, wo man von jeher beheimatet war. Oder in einer Ferne, wo man vielleicht jene Gaben ausspielen kann, die im eigenen Rahmen vernachlässigt werden. Denn ein anderes wiederkehrendes Grundmotiv ist die Anfrage : « ja, wie kann man denn an solch einem Ort leben » ? Und « wo ist also das verheißene Land » ?


    Das Buch ist in drei Teile eingeteilt « Kontinent – Sardinien - Amerika », und enthält insgesamt 50 Kapitel. Manche Träume verpuffen schnell, und die Erwartungshaltungen der einen decken sich nicht immer mit denen der anderen. Dann aber kommen Ahnungen auf : Wenn es sich vielleicht eben nicht um einen Ort allein handelt ? Sondern zB um das Kind, eine glückliche Beziehung ?


    Der Roman spielt zwischen gewissen Verhärtungen, Isolierungen und andererseits einer gewissen Unschuld jener, die nach und nach zur Hauptperson wird : Felicita, eine lichte Figur. Ist es ein wenig zu simpel gestrickt, ab circa zweiter Hälfte ? Mag es jede(r) selbst entscheiden.


    Das verheißene Land – eine Haltung ?!


    AUTORIN :

    Milena Agus (* 1959 in Genua) ist eine italienische Schriftstellerin. Sie wurde als Kind sardischer Eltern in Genua geboren. Heute lebt sie in Cagliari, Sardinien. Sie ist Lehrerin und unterrichtet weiterhin Italienisch und Geschichte an einer Berufsschule. Ihre Romane spielen auf Sardinien. Sie ist eine Vertreterin der sardischen literarischen Nouvelle Vague, auch bekannt als Neue sardische Literatur. So fliessen hier und da Elemente der sardischen Sprache in ihre Werke mit ein.


    Milena Agus wurde in Italien und Frankreich mehrfach nominiert und ausgezeichnet, u. a. mit dem Premio Junturas, Premio Campiello, Premio Strega und Prix Méditerranée Étranger.

    Ih Buch « Die Frau im Mond » wurde 2016 von Nicole Garcia verfilmt.

    (Quellen : wikipedia ; Hoffmann und Campe ; Web-Interview mit de Autorin)



    Angesichts der bisherigen Übersetzungen ist es wahrscheinlich, dass auch dieses Buch auf Deutsch erscheinen wird ? Einstweilen verlinke ich mal die italienische Version :


    Ciascuno di noi ha la sua terra promessa, anzi, le sue terre promesse, perché non c'è momento della nostra vita che non guardi a quel vago avvenir che in mente aveva, prendendo in prestito le parole del poeta tutelare di questo romanzo. Ma vale la pena di continuare a cercarle? Questa è la domanda che Milena Agus si pone, inseguendo le terre promesse di tre generazioni di una famiglia sarda, dalla madre che sogna il matrimonio della figlia con un ricco possidente, alla figlia che sogna di essere amata da un uomo sempre sfuggente, al nipote che si trasferisce in America, già terra promessa dell'Italia povera, rincorrendo la musica. Tutti procedono da una terra promessa all'altra, illusi e delusi, finché, un giorno, potrebbero forse decidere di fermarsi e concludere li quel viaggio sfinente. In questo nuovo libro Milena Agus ci porta, scortati dal suo sguardo lucido e amoroso, dentro ai nostri sogni più segreti, nell'illusione-delusione della vita, con delicata maestria e sortilegio. (libro.it)


    Broché: 201 pages

    Editeur : Nottetempo (11 mai 2017)

    Collection : Narrativa

    Langue : Italien

    ISBN-10: 8874526628

    ISBN-13: 978-8874526628

  • Auf Französisch (und ich las es auch in dieser Sprache) schon erschienen:


    Broché: 176 pages

    Editeur : LIANA LEVI (1 mars 2018)

    Langue : Français

    ISBN-13: 979-1034900077

    ASIN: B0788XVB1J


    Der Klappentext verrät mE schon zuviel. Ich hatte ihn gekürzt und arrangiert für die obige Inhaltsbeschreibung.

  • Unter einem ziemlich anderem Titel nun angekündigt für eine baldige Veröffentlichung (könntest Du das erneut im Fredtitel erweitern? Danke, Squirrel !:


    Eine fast perfekte Welt


    Wie wird man glücklich in einer Welt, die nicht perfekt ist?

    Als Ester noch in Genua lebte, sehnte sie sich nach Sardinien zurück. Nach der wilden, steinigen Landschaft und dem ursprünglichen Leben im Dorf. Nun ist sie zurück in ihrer Heimat, doch die Sehnsucht ist geblieben. Ihrer Tochter Felicita soll es da besser ergehen – und tatsächlich findet sie ihr Glück. Im bunten Hafenviertel von Cagliari fertigt sie Schmuck aus Weggeworfenen und zieht ihren Sohn Gregorio groß – dem das Leben seiner Mutter bald zu eng wird.Poetisch und berührend erzählt Milena Agus von drei Generationen einer sardischen Familie und davon, dass wir alle Voraussetzungen für ein erfülltes Leben in uns tragen.

  • Nur ein Entwurf

    Milena Agus‘ gerade einmal 200 Seiten starker Roman lässt den Leser ziemlich ratlos zurück. Einerseits bietet er kurze, prägnante Szenen, die die rauhe, archetypische Lebenswelt Sardiniens wuchtig und eindringlich vor Augen stellen. Die lapidare Schilderung des Selbstmordes von Esters Sohn ist hierfür ein treffendes Beispiel. Andererseits bietet der geringe Umfang nicht den nötigen Raum, Figuren wirklich psychologisch schlüssig zu entwickeln. Die zahlreichen Charaktere bleiben skizzenhaft, sind häufig nur Sprachrohr für die unterschiedlichsten Standpunkte der Autorin. Gerade zum Schluss hin verkommt der Text zu einer probaten Stichwortsammlung von allerlei dem Zeitgeist geschuldeten Einstellungen und Meinungen. Sprachlich wirkt der Roman unfertig, kaum über einen ersten Entwurf hinausgelangend. Alles in allem ein eher enttäuschendes Leseerlebnis, zumal die italienische Literatur ansonsten viele Beispiele packender Gestaltungskraft bereithält.

    Mein Urteil: 3 Sterne

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Milena Agus – Eine fast perfekte Welt / Terre promesse / Terres promises​“ zu „Milena Agus – Eine fast perfekte Welt / Terre promesse“ geändert.
  • In ihrem Roman "Eine fast perfekte Welt" erzählt Milena Agus von drei Generationen einer sardischen Familie.


    Ester lebt seit ihrer Heirat auf dem Festland und sehnt sich nach Sardinen zurück. Endlich wieder in der Heimat, bleibt diese Sehnsucht weiterhin. Ihrer Tochter Felicita soll es dann einmal besser haben, aber auch sie entscheidet sich für einen anderen Weg. Sie findet ihr Glück in Cagliari und zieht dort ihren Sohn Gregorio groß. Dem Jungen wird das Leben aber zu eng.


    Berührend wird das Leben in Armut, mit der Hoffnung auf ein besseres Leben beschrieben. Die Protagonisten sind mit wenigen Worten gut dargestellt. Alles in allem eine poetische, sehr gut lesbare Familiengeschichte, auch wenn ich letztendlich den Eindruck habe, das ein oder andere Kapitel fehlt.


    Trotzdem ein Buch, das ich guten Gewissens weiter empfehlen kann.

  • Mit ihrem langjährigen Verlobten Raffaele kommt Ester von Sardinien nach Genua aufs italienische Festland. Lange hat sie sich danach gesehnt, die Insel zu verlassen. Doch, in der Stadt angekommen, wünscht sie sich nach Sardinien zurück. Sie zieht schließlich wieder auf die Heimatinsel, aber auch dort wird sie nicht glücklich. Ihrer Tochter Felicita soll es besser ergehen. Im Hafenviertel der sardischen Hauptstadt Cagliari fertigt sie Schmuck aus Weggeworfenem. Dort zieht sie ihren Sohn Gregorio groß, dem das Leben seiner Mutter bald zu eng wird und der als Pianist hinaus in die weite Welt will.


    „Eine fast perfekte Welt“ ist ein Generationenroman von Milena Agus.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus drei Teilen, die wiederum in 50 kurze Kapitel untergliedert sind. Erzählt wird chronologisch und aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Handlung umfasst mehrere Jahrzehnte, wobei es immer wieder Zeitsprünge gibt. Dieser Aufbau funktioniert gut.


    Der Schreibstil ist sehr nüchtern, aber gut verständlich. Der Roman hat eine poetische Note, ist allerdings von einer eher düsteren, melancholischen Stimmung geprägt. Der Einstieg fiel mir leicht.


    Die Idee, drei Generationen zu begleiten, hat mir gut gefallen. Ester, Felicita und Gregorio sind reizvolle Charaktere. Sie werden als Menschen mit Ecken und Kanten dargestellt und erscheinen realitätsnah. Dennoch fiel es mir schwer, Sympathie für die Protagonisten zu empfinden, denn der Roman bleibt auf Distanz zu ihnen.


    Thematisch spricht mich der Roman sehr an. Es geht um Sehnsuchtsorte, die Suche nach Glück und Perfektion, den Wert der Familie und die Liebe in unterschiedlichen Ausprägungen. Daher bietet das Buch eine Menge Stoff zum Nachdenken. Auch die gesellschaftskritischen Komponenten, die zwischendurch auftauchen, sind ein inhaltlicher Pluspunkt.


    Obwohl der Roman nur 200 Seiten umfasst, wirkt die Geschichte stellenweise monoton und langweilig. Sie plätschert vor sich hin und schafft es nicht, mich emotional zu erreichen. Das mag auch daran liegen, dass die Geschichte oftmals an der Oberfläche bleibt, vieles nur skizziert und nicht sehr detailreich ausgestaltet ist. Auch das Ende konnte mich nicht begeistern.


    Das Cover ist ansprechend. Den deutschen Titel finde ich nicht so passend wie das Original („Terre promesse“).


    Mein Fazit:

    Leider schöpft der Roman „Eine fast perfekte Welt“ von Milena Agus sein großes Potenzial nicht aus. Die Geschichte konnte mich zwar unterhalten, aber nicht fesseln.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Lebenswege



    Ein Blick auf verschiedene Generationen einer sardischen Familie, ein Blick vom Gestern ins Jetzt, ein Blick auf die Geschichte und auf ein anderes Land, ein Blick auf Sardinien und auf Italien und auf einen gewissen Konflikt der beiden Länder, ein Blick auf eine andere Mentalität, eine interessante Mentalität, ein Blick auf das Leben, ein Blick auf die Menschen, ein Blick auf eine nicht perfekte Welt und genauso ein Blick auf Versuche des Umgehens mit dieser nicht perfekten Welt. Es wird in einer unaufgeregten Sprache erzählt, nüchtern berichtend, dennoch liegt aber in diesen Worten eine versteckte Emotionalität, und dieses Buch ist auch durchaus interessant, hat einen ganz eigenen Sog. Man kommt ins Sinnieren über das Leben über diesem Buch, denkt über vergangene Generationen nach und ihr Leben und vergleicht. Interessant gemacht von einer Autorin, die als Kind sardischer Eltern in Genua geboren wurde und heute wieder in Sardinien lebt. Es fließen also genügend biographische Elemente in dieses Buch ein. Genauso wird dieser Roman von einer gewissen Melancholie getragen, vielleicht auch eine eng mit Sardinien verknüpfte Melancholie, dennoch liegt auch eine Kraft in diesen Worten, denn trotz aller Melancholie gibt es auch ein vorwärts gerichtetes Denken. Und trotzdem dieses Buch in einer Gegend des Machismo handelt, strotzt es nur so vor interessanten weiblichen Charakteren und ist auch dadurch recht interessant zu nennen. Denn diese weiblichen Charaktere haben es in sich, sie sind eckig, haben Kanten, sind dickköpfig, aber auch weich, haben alles an sich, um interessante und vor allem glaubhafte Charaktere zu sein. Im Original heißt dieses Buch "Terre Promesse", ins Deutsche übersetzt "Gelobtes Land". Vielleicht ein passenderer Titel, denn diese Suche nach dem gelobten Land zieht sich durch die drei Teile des Buches, die drei Hauptprotagonisten sind Suchende. Doch wo liegt dieses gelobte Land, in der verheißungsvollen Ferne oder in einem Selbst?!?!