Peter Härtling - Der Gedankenspieler

  • Klappentext:

    Johannes Wenger, ein achtzigjähriger alleinstehender Architekt, ist gestürzt und seither auf den Rollstuhl und Pflege angewiesen. Das kratzt an seinem Selbstbild, macht den Alltag mühsam und lässt viel Raum für Einsamkeit und Wehmut. Sein junger Hausarzt Dr. Mailänder jedoch hält dagegen und Wenger am Leben, holt ihn zurück in die Welt und lädt ihn mit seiner Familie zu einem gemeinsamen Osterurlaub ein. Wie der grantige Alte auf diese Einladung reagiert, ist meisterhaft erzählt. Und was alles geschehen kann, wenn man mit einem kauzigen Rollstuhlfahrer, der gedanklich in ständigem Austausch steht mit historischen Figuren wie den Architekten Karl Friedrich Schinkel oder Mies van der Rohe, an den Strand von Travemünde reist, ist ein großes Leseerlebnis voller Komik und Melancholie. (von der KiWi-Verlagsseite kopiert)


    Zum Autor:

    Peter Härtling, geboren 1933 in Chemnitz, arbeitete als Redakteur bei Zeitungen und Zeitschriften.1967 wurde er Cheflektor des S. Fischer Verlages in Frankfurt am Main und war dort von 1968 bis 1973 Sprecher der Geschäftsführung. Seit 1974 arbeitet er als freier Schriftsteller. Das gesamte literarische Werk von Peter Härtling ist lieferbar im Verlag Kiepenheuer & Witsch, zuletzt erschienen »Liebste Fenchel! Das Leben der Fanny Hensel-Mendelssohn in Etüden und Intermezzi«, 2011, und »Tage mit Echo. Zwei Erzählungen«, 2013. Peter Härtling wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Hessischen Kulturpreis 2014 und dem Elisabeth-Langgässer-Preis 2015. Peter Härtling verstarb am 10. Juli 2017. (von der KiWi-Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:

    Erschienen 2018

    Letztes Buch des Autors, der während der abschließenden Lektoratsarbeiten daran starb

    Sieben Kapitel, mit jeweils einem Zitat eines Schriftstellers überschrieben

    Personale Erzählung

    223 Seiten, Nachwort des Lektors


    Eigene Meinung:

    Johannes Wengler war ein angesehener Vortragsredner, Schreiber und Experte zum Thema Architektur, obwohl er selbst nie Bauleitungen übernommen hatte. Auch heute noch, mit 83 Jahren krank, gehbehindert und hinfällig, erhält er diesbezüglich Aufträge.

    Er lebt allein, war anscheinend niemals mit einer Frau zusammen, hatte keine Freunde; jetzt kümmert sich sein junger Hausarzt über das Berufliche hinaus um ihn und wird ihm ein Freund. Und auch mit dessen Frau und deren Tochter lässt Wengler sich auf eine Freundschaft ein.

    In Gedanken, später auf Papier, setzt er sich sowohl mit berühmten Architekten als auch mit fiktiven Personen und seinem Freund Mailänder in Form von Briefen auseinander.


    Nach einem Sturz ist Wengler auf fremde Hilfe angewiesen, und es fällt ihm sehr schwer, sie anzunehmen. Er leidet vor allem an der Unselbstständigkeit und Unfähigkeit, den Tag nach eigenem Gusto zu gestalten, das Haus zu verlassen oder nicht, eine Gaststätte zu besuchen, eine Bibliothek. Er versucht immer wieder Ausflüge zu den Stätten seines alten Lebens, doch diese erweisen sich als strapaziöse und mühselige Angelegenheiten. Auch während der Travemünde-Woche mit Mailänders kann er nicht völlig entspannen, denn ein Pfleger muss natürlich für ihn zugebucht werden.


    Härtling hat dem Protagonisten die Krankheiten auf den Leib geschrieben, an denen er selbst litt und die letztlich zu seinem Tod führten. Durch die Stimme Wenglers spricht der Autor über Schmerzen, Scham und das Ende, spricht in dem leichten, ruhigen Tonfall, der ihm eigen ist, auch wenn Wengler gerade seinen grantigen Tag hat.

    Die Rolle des Alter Ego von Peter Härtling passt Wengler, auch wenn seine Lebenssituation eine ganz andere ist, weil Härtling eine große Familie hatte. Als exemplarisches Beispiel eines alten kranken Mannes taugt er bedingt: Er ist privilegiert, sein Hausarzt ist sein bester Freund, ihm stehen als Privatpatient alle Behandlungen offen, sowohl in der Klinik als auch zuhause.


    Was in Erinnerung bleiben wird von diesem Buch, sind Wahrheit und Wahrhaftigkeit der geschilderten letzten Zeit.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)