Lindsay Jayne Ashford - Das Flüstern des Mondfalters / Whisper of the Moon Moth

  • 1931 Indien. Die 17-jährige Estelle Thompson ist die Tochter eines Engländers und einer Halbinderin, ein sogenanntes Mischlingskind, obwohl man dies Estelle nicht ansieht und ihre Erziehung auch streng nach englischem Vorbild stattfand. Sie träumt von einer großen Karriere als Leinwandstar, kann ihren Traum aber erst einmal nur im Kino frönen. Durch die Liebe zu einem Amerikaner gelangt sie erst nach London, wo es ihr unter dem Pseudonym Merle Oberon und einer erfundenen Biographie tatsächlich gelingt, zu einer großen Schauspielerin zu werden und auch in Amerika erfolgreich zu sein. Endlich ist ihr Traum wahr geworden, aber Estelle muss dafür einen hohen Preis zahlen. Niemand darf von ihren indischen Wurzeln erfahren, dafür tut sie alles, was nötig ist und lebt doch in ständiger Angst, doch entdeckt zu werden.


    Lindsay Jayne Ashford hat mit ihrem Buch „Das Flüstern des Mondfalters“ einen sehr fesselnden historischen Roman vorgelegt, der fiktive und biographische Dinge sehr schon miteinander verbindet. Der Schreibstil ist bildhaft, gefühlvoll und flüssig, der Leser wird in das letzte Jahrhundert versetzt und darf mental eine spannende Reise gemeinsam mit Estelle antreten, die ihren Traum leben möchte und dabei gesellschaftlichen Zwängen und kulturellen Differenzen ausgesetzt ist, die ihr Leben immer wieder in Frage stellen und ihr somit nichts anderes übrig bleibt, als eine Lüge zu leben. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und den historischen Hintergrund sowie das Leben von Merle Oberon sehr schön mit fiktiven Elementen verwebt. Sie lässt die glamouröse Welt Hollywoods der 30er und 40er Jahre wieder auferstehen und beschreibt sehr bildhaft die Stationen von Estelle von Indien über London nach Amerika. Ebenfalls eindrucksvoll sind die Ausführungen über die damaligen gesellschaftlichen Ansichten, die Estelle dazu zwangen, ihre wahre Identität dauerhaft zu verschleiern und sich von ihrer Familie und allem, was zu ihrem „alten“ Leben gehörte, loszusagen, um dem gesellschaftlichen Bild zu entsprechen. Dass diese Opfer auch gefühlsmäßig nicht leicht für eine junge Frau waren, wird sehr deutlich hervorgehoben.


    Die Charaktere sind sehr individuell ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken sehr authentisch und lassen den Leser an ihrem Leben teilhaben. Die Person Estelle Thompson/Merle Oberon ist historisch belegt und war die erste und einzige indische Schauspielerin, die 1936 für den Oskar nominiert wurde. Zeit ihres Lebens hat Estelle ihre indische Herkunft verleugnet. Sie war ein Mischlingskind, die sich ihren Traum von einer Schauspielkarriere erträumte und letztendlich durch viel Arbeit und Disziplin auch verwirklichte. Aufgrund der strengen Gesetzgebung in Amerika, aber auch durch die gesellschaftlichen Zwänge in England schuf sie sich eine neue Autobiographie und eine neue Identität, schminkte sich hellhäutiger, um als weiße Frau zu gelten. Zeit ihres Lebens stand sie unter dem Druck, entlarvt zu werden und damit für einen handfesten Skandal zu sorgen bzw. von ihrer Umwelt geächtet zu werden. Dies muss für Estelle sehr verstörend gewesen sein und mit viel Angst vor Ablehnung behaftet. Sich immer verstellen zu müssen, nie sein wirkliches Ich zum Vorschein kommen zu lassen und immer darauf bedacht, der Welt etwas vorzuspielen, was man nicht ist, prägt auf Dauer sowohl die Gefühlswelt als auch das Bild von sich selbst.


    „Das Flüstern des Mondfalters“ ist ein sehr faszinierendes und fesselndes Buch über eine spannende Persönlichkeit und die glitzernde Welt der Schauspielerei, aber auch ein Querschnitt der Gesellschaft und ihre Ansichten zur damaligen Zeit. Ein absolutes Lesehighlight, deshalb auf jeden Fall eine Leseempfehlung!


    Tolle :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:.

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Lindsay Jayne Ashford - Das Geheimnis des Mondfalters“ zu „Lindsay Jayne Ashford - Das Geheimnis des Mondfalters / Whisper of the Moon Moth“ geändert.
  • Hollywood – Ein Blick hinter die Fassade

    Kalkutta, Indien, 1931 – die 19jährige Estelle Thompson, Tochter eines Engländers und einer Halbinderin, wird von ihrer Mutter nach strengem, englischen Vorbild erzogen. Trotzdem gilt sie in der kolonialen Gesellschaftsordnung als Mischlingskind, lebt zwischen zwei völlig konträren Welten und gehört nirgends wirklich dazu. Um der Realität ein wenig zu entfliehen besucht Estelle leidenschaftlich gerne Kinovorstellungen, träumt davon, einmal selbst Schauspielerin zu werden.

    Bei einer Party lernt Estelle einen Amerikaner mit Verbindungen zu einem englischen Regisseur kennen, auf eine leidenschaftliche Liaison folgt eine Einladung nach London. Die junge Frau ergreift ihre Chance, doch die englische Filmwelt stellt sich schon bald als hart und unbarmherzig heraus.

    Um bestehen zu können und weiter zu kommen sind nicht nur ein klingender Name, sondern auch eine gute, rein englische Herkunft nötig. Aus Estelle wird „Merle Oberon“ mit einer neuen, blütenweißen Identität, die sich mit viel Fleiß und Ausdauer langsam zu einem gefeierten Star empor arbeitet und schließlich auch den Sprung in den Filmzenit – nach Hollywood – schafft. Ein Leben in einer glitzernden Traumwelt, jedoch immer die Angst vor der Entdeckung ihrer wahren Herkunft im Nacken…

    **** Meine Meinung: ****

    Lindsay Ashford schildert die spannende Geschichte der aus Indien stammenden Schauspielerin Merle Oberon, die in den über fünf Jahrzehnten ihrer Karriere in mehr als fünfzig Filmen mitgewirkt hat.

    Sehr einfühlsam und nachvollziehbar werden die gesellschaftlichen Probleme und unbegreiflich erscheinenden Hürden, vor denen die damaligen Mischlingskinder standen, beschrieben.

    Aber auch die heile, schillernde Filmwelt der 30er Jahre war nicht so, wie es den Leuten vorgegaukelt wurde. Die Beschreibung der dahinter verborgenen Schicksale, der oft enttäuschende, sehr harte Weg nach oben, die vielen Intrigen, Täuschungen und Falschheit, eröffnet einen ganz neuen, äußerst interessanten Einblick auf das damalige – und heute vermutlich nicht viel bessere – wahre, ungeschönte Hollywood.

    „Das Flüstern des Mondfalters“ ist ein historischer Roman, in dem die Autorin auf wunderbar fesselnde Weise reale und fiktive Elemente miteinander verwoben hat.

    Der schöne, flüssige Schreibstil, die sehr gut herausgearbeiteten, realistisch wirkenden Charaktere in Kombination mit dieser einmaligen und faszinierenden Geschichte lassen den Leser wunderbar in die Welt der 30er Jahre abtauchen. Sie machen das Buch zu einem wirklichen Leseerlebnis – nicht nur, aber ganz besonders all jenen, die gut recherchierte, historische Romane fernab von banalem Kitsch suchen, möchte ich „Das Flüstern des Mondfalters“ wärmstens ans Herz legen.

    Gebundene Ausgabe: 407 Seiten
    Verlag: Tinte & Feder

    Erscheinungsdatum: 1. Mai 2018
    Sprache: Deutsch (Übersetzer: Peter Groth)

    Preis: 9,99 € (Taschenbuch)

    Kindle-Edition: 2,99 €

    ISBN: 2919800191

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Lindsay Jayne Ashford - Das Geheimnis des Mondfalters / Whisper of the Moon Moth“ zu „Lindsay Jayne Ashford - Das Flüstern des Mondfalters / Whisper of the Moon Moth“ geändert.