Äußerlichkeiten
- Limes Verlag
- März 2018
- 480 Seiten
- Originaltitel: Before we were yours
Autorin
Lisa Wingate ist Journalistin und Autorin mehrerer preisgekrönter Romane. Sie lebt in den Ouachita Mountains in Arkansas, USA.
Klappentext
Ein bewegender Roman über das kraftvolle Band, das Geschwister verbindet, über verborgene Geheimnisse und ihre heilende Wirkung, wenn man sie endlich lüften darf …
Ihre Geschichte beginnt an einem schwül-heißen Sommerabend im Jahr 1939, doch erst über 70 Jahre später wird sie erzählt werden können ― aber davon weiß Avery Stafford noch nichts. Für sie hat das Leben keine Geheimnisse. Bis sie eines Tages auf die 90-jährige May Crandall trifft. Die Fremde erkennt ihr Libellenarmband, ein Familienerbstück, und sie besitzt ein Foto von ihrer Großmutter. Was hat May mit ihrer Familie zu tun? Avery stößt schon bald auf ein unglaubliches Geheimnis, das sie zurück in ein dunkles Kapitel ihrer Familiengeschichte führt …
Memphis, Tennessee, 1939: Die zwölfjährige Rill Foss und ihre vier Geschwister leben mit ihren Eltern in einem Hausboot auf dem Mississippi. Als die Kinder eines Tages allein sind, werden sie von angeblichen Beamten in ein Waisenaus gebracht. Rill hat ihren Eltern versprochen, auf ihre Geschwister aufzupassen. Ein Versprechen, das sie auf keinen Fall brechen will, aber es wird ihr alles abverlangen, vielleicht mehr als sie geben kann …
Inhalt/ historischer Hintergrund
Der Roman beruht auf einem jahrelang andauernden, schockierenden Verbrechen:
In den Jahren zwischen 1920-1950 ließ die Amerikanerin Georgia Tann unzählige
Babys und Kleinkinder entführen, um sie gewinnbringend als Waisen an
wohlhabende Familien zu verkaufen. Alleinerziehende Frauen, jugendliche Mütter,
Ausländerinnen oder auch Frauen, die in Frauenhäusern Schutz gesucht hatten,
wurden auf arglistige Weise getäuscht, indem man ihnen gefälschte Formulare zur
Unterschrift vorlegte. Unter dem Vorwand, sie müssten in eine ärztliche
Untersuchung einwilligen oder ähnlichen scheinbar dringlichen Notfällen, wurden die Frauen zur Unterschrift
gedrängt, mit der sie sämtliche Rechte als Mutter abgaben. Sie sahen ihre
Kinder, die in Heimen unter kargsten Bedingungen untergebracht wurden, niemals
wieder. Diese wurden von Georgia Tann und ihrer Organisation gegen horrende
Vermittlungsgebühren an wohlhabende Familien verkauft. In den 30 Jahren ihrer
Tätigkeit annoncierte Georgia Tann, die es über die Jahre zur mehrfachen Millionärin gebracht hatte, regelmäßig auf der Suche
nach kinderlosen Paaren unverblümt in überregionalen Zeitungen und pries die
gestohlenen Kinder beispielsweise als „lebendige Weihnachtsgeschenke“ an.
Weiterführende Informationen, Bilder und anderes Material zu den Hintergründen des Romans findet Ihr auf den Seiten der Verlagsgruppe Random House, also hier.
Dieses furchtbare Verbrechen, das jahrelang von der amerikanischen
Öffentlichkeit ignoriert wurde, dient als Vorlage für den Roman „Libellenschwestern“.
Wingate hat umfangreiche, genaue Recherchen betrieben, zahlreiche der
ehemaligen Tann-Kinder interviewt und so erschreckendes Material für ihren
Roman gesammelt. Mithilfe der fiktiven Foss-Geschwister, die an einem
Nachmittag aus ihrem Zuhause entführt werden, während die Mutter im
naheliegenden Krankenhaus ein weiteres Kind zur Welt bringt, setzt die Autorin
den vielen Kindern ein Denkmal, die aus reiner Habgier ihren Eltern gestohlen
wurden. Die fiktive Geschichte der vier Geschwister zeigt deren ganzes Leben, von der Entführung über die entbehrungsreiche Zeit im Heim voller Mißhandlungen und Unterdrückung, bis hin zum späteren Leben in den jeweiligen neuen Familien. Mehr als siebzig Jahre nach der Entführung trifft die Tochter eines einflußreichen Politikers, Avery Stafford, bei einem Routinebesuch während des Wahlkampfes im örtlichen Altersheim auf eine ihr gänzlich unbekannte Frau, die nicht nur Averys Armband, ein altes Familienerbstück, zu kennen scheint, sondern auch ein Foto von deren kürzlich verstorbener Großmutter besitzt. Auf zwei verschiedenen Zeitebenen löst die Autorin dieses Rätsel erst langsam auf.
Fazit
Eine sehr berührende Geschichte, die auf einem wahren Hintergrund beruht. Packend, eindringlich und sehr authentisch erzählt.