Vorab: Eigentlich ist dies kein neues Buch; das Buch erschien bereits 1953 unter dem Originaltitel "Go Tell It on the Mountain" und 1966 auf Deutsch: "Gehe hin und verkünde es vom Berge". Nun also die Neuübersetzung: "Von dieser Welt".
Bevor man das Buch liest, lohnt sich evtl. die Lektüre des Wikipedia-Eintrags zu James Baldwin, der als einer der bedeutendsten afroamerikanischen Schriftsteller des 20. Jh. gilt.
Zunächst lernt man den 14jährigen John Grime kennen. Ein schwarzer, empfindsamer Junge aus Herlem. Er hat nicht nur zu seinem Stiefvater ein sehr gespanntes Verhältnis, er hadert auch mit seinen Lebensumständen. Sein Umfeld ist geprägt von Armut und religiösem Eifer. Und auch vom Hass auf die Weißen. Schließlich befinden wir uns im Amerika der 1930er Jahre. John möchte sein Schicksal gerne selbst in die Hand nehmen und nicht von seinem Vater oder der Kirche fremdbestimmt werden. Als wäre das nicht genug, ist John auch sexuell unschlüssig...
Das Buch erzählt im Wesentlichen nur von einem Tag. Dabei ist die Geschichte dreigeteilt: Zu Beginn führt es uns über John Grime ein in das Leben im schwarzen Ghetto von Harlem. Man erhält einen ersten Blick auf John und seine Familie. Der zweite, größere Teil erzählt von einem typischen Gottesdienst in dieser Gemeinde. Man schaut über die Gebete dreier Personen tief in deren Gedanken und erfährt viel über die Beziehungen der Personen in Johns Familie untereinander und auch über deren Vergangenheit. Der dritte, sehr kurze Teil ist praktisch der Heimweg der Protagonisten.
Eigentlich also eine recht harmlose Erzählung. Aber James Baldwin kann erzählen! Selten wurde ich so kunstvoll in die Vergangenheit versetzt. Teilweise merkte ich erst ein paar Sätze später, dass man sich in einer Rückblende befindet. Selten wurden mir so raffiniert die Beziehungen zwischen den Personen geschildert. Manchmal habe ich mir im eBook Notizen gemacht wie "Wer ist jetzt das?" oder "Das kann doch nicht die ... sein?" nur um wenig später Gewissheit zu erlangen. Das Ende des Buches finde ich auch gelungen, wenngleich es etwas (oder sogar ziemlich) offen bleibt.
Ein bisschen meckern möchte ich lediglich über eine doch arg ... bildhaft ... um nicht zu sagen ... biblisch/apokalyptisch ... geschilderte Szene. Das erinnerte mich sehr an die Offenbarung des Johannes aus der Bibel. Das war mir etwas zu viel des Guten. Na, man muss es gelesen haben.
Für mich ist das Buch ein Highlight. Und es zeigt mir wieder mal, dass Büchersendungen wie der "Literaturclub" oder "Das literarische Quartett" gut und wichtig sind. Denn sonst hätte ich nie zu dem Buch gegriffen.