Charles Ferdinand Ramuz - Der Bergsturz von Derborence / Derborence

  • Autor: Charles Ferdinand Ramuz
    Titel: Derborence, aus dem Französischen übersetzt von Hanno Helbling
    Originaltitel: Derborence, erschien erstmals 1934
    Seiten: 160 Seiten, unterteilt in 2 Teile mit insgesamt 18 Kapiteln
    Verlag: Limmatverlag
    ISBN: 9783857914393


    Der Autor: (von der Verlags-Homepage)

    Zitat von Charles Ferdinand Ramuz

    Ich bin 1878 zur Welt gekommen, aber sagen Sie es nicht. Ich bin als Schweizer zur Welt gekommen, aber sagen Sie es nicht. Sagen Sie, dass ich im Pays-de-Vaud zur Welt gekommen bin, einem alten savoyischen Land – das heißt dem Languedoc, dem französischen Sprachraum zugehörig –, und an den Ufern der Rhone, unweit ihrer Quelle. Ich habe Altphilologie studiert; sagen sie es nicht. Sagen Sie, dass ich bestrebt war, kein Altphilologe zu sein, was ich im Grunde nicht bin, sondern ein Enkel von Winzern und Bauern, und es war mein Wunsch, ihnen Ausdruck zu geben. Doch ausdrücken heißt erweitern. Mein tiefstes Bedürfnis ist es, zu erweitern ... Ich bin ganz jung nach Paris gekommen; in Paris und wegen Paris habe ich mich kennen gelernt. Während zwölf Jahren habe ich jedes Jahr wenigstens einige Monate in Paris verbracht; und die Reisen von Paris heim und von daheim nach Paris sind meine einzigen Reisen geblieben! (Außer jener, die ich aus Religion unternommen habe, der Rhone nach bis ans Meer, mein Meer.)

    Ramuz war mit Mitteilungen über seine Person äusserst sparsam. In seinem Tagebuch, das er vor der Veröffentlichung überarbeitete, findet man nur wenige Hinweise auf sein Privatleben. Sein umfangreicher Briefwechsel gibt nur Aufschluss über seine literarischen Projekte und über das kulturelle Leben der damaligen Westschweiz.
    Ramuz wurde am 24. September 1878 in Lausanne geboren; sein Vater hatte ein Kolonialwarengeschäft und war später Weinhändler. Nach dem Collège classique besuchte Ramuz das Gymnasium und liess sich 1896 in der philosophischen Fakultät einschreiben. Ein Aufenthalt in Karlsruhe hinterliess wenig Erinnerungen, dafür den Entschluss, Dichter zu werden. Nicht ohne Schwierigkeiten erhielt er vom Vater die Erlaubnis, seine Studien in Paris fortzusetzen, um eine Doktorarbeit über den Dichter Maurice de Guérin zu schreiben. Daraus wurde nichts, dafür fand er sich in Paris als Dichter. Mehr als zehn Jahre verbrachte er – mit längeren Unterbrüchen – in Paris. Dort lernte er auch seine Frau kennen, die Malerin Cécile Cellier. Im Krieg lernte er Igor Strawinsky kennen; aus ihrer Zusammenarbeit entstand die «Histoire du Soldat».
    Von 1926 an veröffentlichte der Pariser Verlag Grasset seine Werke. 1936 erhielt er den Grossen Preis der Schweizer Schillerstiftung. Ramuz starb am 23. Mai 1947 in Pully bei Lausanne.

    Charles Ferdinand Ramuz ist übrigens auf der aktuellen 200 CHF-Note abgebildet (Achte Serie von 1995)
    Nach ihm ist zudem der Grand Prix C.-F. Ramuz benannt, einem Literaturpreis, der alle fünf Jahre an herausragende französischsprachige Schweizer Schriftsteller vergeben wird.


    Inhalt und Meinung:
    1714 und 1749 kam es bei Derborence im Wallis zu Bergstürzen, die das Leben der Bevölkerung bis heute verändern sollten. Alphütten und Weideland wurde zerstört, viele Menschen kamen ums Leben, und da man die Naturkatastrophe für das Werk des Teufels hielt, wurden die Berge Rochers und Scex de Champ in Teufelsberge, Diablerets umbenannt. Auch der natürlich entstandene Bergsee galt für viele Jahrzehnte als verflucht, sodass sich die Natur dort ungehindert ausbreiten konnte und heute der Fichten-Tannenwald in der Gegend als Schweizer Urwald gilt.


    Ramuz nutzt die historische Kulisse des Bergsturzes vom 23. Juni 1749, um die beste Geschichte zu schreiben, die ich bislang von ihm gelesen habe. Wir erfahren vom harten Bauernleben, in dem die Männer im Sommer für mehrere Wochen mit ihrem Vieh auf die Alp ziehen, die Familien zurücklassen und den Naturgewalten in spärlichen Hütten ausgesetzt sind. Frauen, Kinder und Gebrechliche bleiben unten im Dorf, als ohne Vorwarnung die Katastrophe hereinbricht. Die schwangere Thérèse hatte ihrem frisch vermählten Ehemann nicht einmal mitteilen können, dass sie ein Kind von ihm erwartet. Fast alle im Dorf haben ihre Männer, Söhne und Väter verloren, ohne dass man für die Toten eine letzte Ölung oder christliche Bestattung sorgen konnte. Dem entsprechend verbreitet sich der Aberglaube, dass der Teufel die unruhigen Toten als Gespenster wandern lässt, um die verzweifelten Dorfbewohner ins Verderben zu führen. Und tatsächlich geschieht ein Wunder: Thérèses Gatte Anton hat überlebt und ist überzeugt, nicht der Einzige zu sein…


    Eine Liebesgeschichte, eng verwebt mit den Ramuz-typischen Beschreibungen der Bergwelt und der Übermacht der Natur im Vergleich zum vergänglichen Menschen… Der Aberglaube, der als Gegenpol die Menschen davon abhält ein Wunder zu akzeptieren… Das Leben in einem abgeschiedenen Dorf, abhängig vom Wetter, harter Arbeit und dem Tratsch der Nachbarn – das alles so grandios vermischt auf gerade mal 160 Seiten – für mich nach fünf Romanen, die ich von Ramuz gelesen habe, der Schönste. Für Jene, die sich bereits an Ramuz eigenartigen Erzählstil gewöhnt haben, ist diese Erzählung eine dringende Empfehlung! (Und wer gerne wandert, sollte dann auch mal diese Gegend erkunden)

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Charles Ferdinand Ramuz - Derborence“ zu „Charles Ferdinand Ramuz - Der Bergsturz von Derborence / Derborence“ geändert.

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