Gillian Bradshaw - Der Falke des Lichts / Hawk of May

  • Kurzmeinung

    Hirilvorgul
    Großartige Version der Geschichte um Artus' eingeschworene Gemeinschaft - erzählt aus Sicht von Gawain.
  • Dieser Klassiker aus dem Fantasybereich steht als aussortierte Büchereiausgabe schon seit Jahren in meinem Regal - sträflicherweise ungelesen, wie ich nun gestehen muss. Damals hatte ich mir die Trilogie besorgt, weil mir die Cover so gut gefielen, und danach habe ich sie irgendwie vergessen. Fantasy ist nicht so wirklich mein Ding, und von König Artus habe ich zwar gehört und Gemälde der Prärafaeliten sogar im Original bewundert, mich aber nie sonderlich für die Legenden um ihn herum interessiert.


    Mehr aus Langeweile als aus Neugier habe ich den ersten Teil der Saga jetzt bei herrlichem Balkonwetter angefangen zu gelesen - und war innerhalb von vier Tagen fertig und total beeindruckt! Geschichten wie die des jungen Gawain aus Orkney, Sohn des Lots und Morgas, der sich danach sehnt, ein Gefolgsmann Artus' und ein Mitglied der "Runde" zu werden, das ist der Stoff, aus dem für mich Märchen gewebt werden, die auf unterhaltsame und lehrreiche Art etwas von der Realität widerspiegeln. Besser kann man ein Buch dieses Genres meiner Meinung nach nicht schreiben.


    Inhalt: Der elfjährige Gawain wächst als mittlerer Königssohn im Inselreich Orkney auf. Er kann seinen Vater nicht zufriedenstellen, da er sich lieber mit Harfenspiel und Reiten beschäftigt als mit der Kriegskunst, in der er im Haus der Knaben unterrichtet wird. Sein verträumtes Wesen gibt dem ältesten Bruder Agravain häufig Anlass zu Spötteleien und sogar Herausforderungen zu Zweikämpfen, die Gawain zwar erträgt und stoisch verliert, die aber dennoch an ihm nagen. In seiner Not, gebraucht zu werden und Agravain überlegen zu sein, wendet er sich seiner Mutter Morgas zu, die eine mächtige Zauberin ist und von der Finsternis regiert wird. Rasch erlernt er die dunkle Magie, doch er erkennt bald, dass er damit sich und alle anderen ins Verderben stürzt. Ein barbarischer Ritus seiner Mutter wird von ihm in letzter Sekunde vereitelt bzw. abgemildert. Als er vor Morgas Zorn darüber fliehen will, die fortan danach trachtet, ihn zu töten, wird ihm auf der "Insel der Glücklichen" ein Schwert gegeben, mit dem er das Böse bekämpfen soll. Er entscheidet sich, dies in König Artus' Truppe zu tun, von dem er in Träumen und von Untertanen viel Gutes gehört hat. Artus ist Morgas' Halbbruder und in seinem Bestreben, Britannien zu vereinen und von den Sachsen zu befreien, ein sehr charismatischer und warmherziger Herrscher. Doch auch in ihm schlummert eine dunkle Seite, die ihn davon abhält, Gawain als Ritter der Tafelrunde zu akzeptieren...


    Meinung: Tatsächlich wenig fantasyerprobt, habe ich dennoch erkannt, dass "Der Falke des Lichts" klassische Muster, vielleicht sogar Klischees der High Fantasy bedient und mich trotzdem auf keiner Seite gelangweilt. Im Gegenteil, oft war ich amüsiert von den Dialogen und den Konstellationen der Familienmitglieder, die in den wenigen Fantasyromanen, die ich bisher gelesen habe, einander gleichen.


    Gawain hat es nicht leicht - weder im Kreis seiner Familie noch später bei Artus' Gefolgsleuten und vor allem nicht bei diesem selbst. Obwohl er sich in verschiedenen Schlachten verdient macht, ihm schwört, dem Licht zu dienen und Artus loyal zu sein, traut der Kaiser von Britannien ihm nicht über den Weg. Er erklärt dies mit der Weigerung, einen Zauberer als Krieger haben zu wollen und somit nicht auf ehrenvolle Art zu kämpfen. Der wahre Grund seines Misstrauens gegenüber dem Jungen ist jedoch tiefer und war für mich ein echter Überraschungsmoment, genauso wie der Grund, weswegen er ihn schließlich doch als Krieger seiner Truppe anerkennt; und das, als Gawain bereits beschließt, leicht entmutigt, aber tapfer und seiner Mutter Morgas trotzend auf seinem Wunderpferd wieder nach Hause zurückzukehren.


    Die Story war so toll, zeitlos und teilweise so ergreifend erzählt, dass ich an manchen Stellen Gänsehaut hatte, und immer eine große Sympathie für den etwas naiv wirkenden, aber entschlossenen Jungen hegte, der sich in Artus' Heer mit seinem als Geisel genommenen Bruder aussöhnt und am Ende sein Ziel mit einer Tat erreicht, von der ich zuerst dachte: "Was soll das denn jetzt? Wie passt eine verzweifelte Frau in die Geschichte?" Solche Dinge liebe ich, denn es kam unerwartet und doch logisch. Als Gawain schließlich von Artus mit seinem eigenem Schwert zum Ritter geschlagen wird und niemand darüber erstaunter ist als Gawain selbst (nicht nur, weil er gar nicht mehr darauf zu hoffen gewagt hatte), war ich vor Glück den Tränen nah. Jetzt freue ich mich auf strahlendes Sonnenwetter und die nächsten Teile, die hoffentlich genauso spannend sind wie der Auftakt!


    Fazit: Lesenswert trotz seiner fast vierzig Jahre. Ein echter Klassiker unter den Fantasyromanen, der viel zu lange warten musste, um von mir verschlungen zu werden.


    Bewertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Danke für deine schöne Rezi. Auch bei mir subt das Buch schon seit längerem rum, aber nun ist es mir zumindest mal wieder ins Gedächtnis gerückt und vielleicht wird es nun auch bald einmal gelesen.

    Faszinierend finde ich ja, wie verschieden die Familienbande und Beziehungen der einzelnen Figuren der Sage dargestellt werden. :lol:

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Gillian Bradshaw ~ Der Falke des Lichts / Band 1 der König Artus-Saga“ zu „Gillian Bradshaw - Der Falke des Lichts / Hawk of May“ geändert.
  • Hirilvorgul Ich würde mich freuen, wenn du das Buch in Angriff nimmst! :D Es lohnt sich, und ich frage mich, wie ich es so lange ungelesen bei mir rumstehen lassen konnte.


    Mit den Namen kenne ich mich leider nicht aus, aber mir fiel auf, dass Morgas anscheinend gern mit Morgaine bzw. Morgan verwechselt wird, die in dieser Reihe die Frau von Uther Pendragon, also Artus' Mutter, ist. Ob Morgas jetzt wirklich so abgrundtief böse ist wie hier dargestellt, kann ich nicht sagen - jedenfalls hat sie mir ordentlich angst gemacht. Kindern würde ich das Buch nicht empfehlen. Den Interpretationsspielraum fand ich eigentlich ganz gut, denn er erlaubt der Autorin, ihre ganz eigene Version zu erzählen. Und das macht Gillian Bradshaw mit Bravour!

  • Mit den Namen kenne ich mich leider nicht aus, aber mir fiel auf, dass Morgas anscheinend gern mit Morgaine bzw. Morgan verwechselt wird, die in dieser Reihe die Frau von Uther Pendragon, also Artus' Mutter, ist.

    Ich hatte jetzt hinter Morgas spontan Morgause vermutet, die die Mutter von Gawain ist. Morgaine ist eigentlich die Halbschwester von Artus und nicht seine Mutter :) Aber wie gesagt... da findet man in vielen Romanen viele Versionen. Diese ganze Geschichte lässt mich seit "Die Nebel von Avalon" nicht mehr los und daher kenne ich mich ein bisschen aus. Ich werde das Buch aber nun wohl wirklich bald in Angriff nehmen - du hast mich wirklich neugierig gemacht.:thumleft:

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  • Ich hatte jetzt hinter Morgas spontan Morgause vermutet, die die Mutter von Gawain ist. Morgaine ist eigentlich die Halbschwester von Artus und nicht seine Mutter :) Aber wie gesagt... da findet man in vielen Romanen viele Versionen. Diese ganze Geschichte lässt mich seit "Die Nebel von Avalon" nicht mehr los und daher kenne ich mich ein bisschen aus.

    Kannst du mir vielleicht noch weitere Romane zum Thema empfehlen? Ich fand Artus' Charakterisierung wirklich gut gelungen und würde gern mehr über ihn erfahren.

  • Kannst du mir vielleicht noch weitere Romane zum Thema empfehlen?

    Das kann ich natürlich, allerdings kommt der gute Artus und seine Ritter nicht allen Büchern gleich gut oder schlecht weg :wink:. Aber du kannst ja mal schauen, ob was für dich dabei ist. Schau mal hier in unseren Listen. Meine persönlichen Favoriten sind "Die Nebel von Avalon" und die Artus-Reihe von Bernhard Cornwell (sind auch die Nummer 1 und 2 in der Liste)

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


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  • Du meine Güte.... Wie viele Jahre ist das her, dass ich die Bücher von Bradshaw gelesen habe :uups:

    Es muss Anfang der 80er gewesen sein. Mein erstes Artus Buch war auch die Nebel von Avalon. Da entbrannte meine Vorliebe für die Artus-Sage. Ich habe einen guten Meter Artus-Bücher von verschiedenen Autoren und besonders am Herzen liegt mir T. H. White. Ich mag die oldschool Fantasy-Schriftsteller.

    Ich hatte mich genau wie @Yael in den Einband schockverliebt - wobei ich die Ausgaben wie in der Liste (Seite 2) besitze, die eine wunderschöne Aufmachung haben.

    Ungewöhnlich fand ich, dass in diesen 3 Büchern die Artus-Sage jedes Mal aus anderer Sicht geschildert wird. Ich fand das höchst interessant und spannend und habe sie - wenn ich mich recht erinnere - ziemlich zeitnah aufeinanderfolgend gelesen.

    Zu der Zeit hatte ich Fantasy erst frisch entdeckt und tobte mich so richtig aus. Die letzten 30 Jahre habe ich kaum noch Fantasy gelesen, obwohl ich noch etliches auf dem SuB schlummern habe (tlw. schon seit 30 Jahren...). Zu der Zeit gab es längst nicht so viele Neuerscheinungen und m. E. hatte Fantasy da irgendwie noch mehr Seele.

  • wobei ich die Ausgaben wie in der Liste (Seite 2) besitze, die eine wunderschöne Aufmachung haben.

    Die habe ich wohl auch (Sonderedition von 1993), selbst wenn ich merkwürdigerweise die Liste nicht abrufen kann... das Update macht mir noch ein bisschen zu schaffen. :uups:

    Zu der Zeit gab es längst nicht so viele Neuerscheinungen und m. E. hatte Fantasy da irgendwie noch mehr Seele.

    Obwohl ich, wie schon erwähnt, kein ausgesprochener Fantasy-Fan bin, kann ich das unterstreichen. Old School ist irgendwie anders, fast magischer als das, was man heute größtenteils geboten bekommt. Eine Neuerscheinung, die mich stilistisch an das Buch erinnert und emotional ebenso angesprochen hat, war übrigens diese hier: