Birand Bingül - Riskante Manöver

  • Der Pharmariese "Wenner" hat ein ernsthaftes Problem. Nach der Einnahme des Medikamentes Validolor, das vor allem Kindern verschrieben und verabreicht wird, verschlechtert sich der Zustand der kleinen Patienten rapide. Als die sechsjährige Sophie stirbt, muss Wenner dringend seinen Ruf retten, um die Katastrophe abzuwenden. Der Chef des Pharmaunternehmens engagiert Mats Holm und seine Partnerin Laura May. Die beiden haben eine eigene Firma, die Holm KPR, die Firmen bei PR- Krisen Hilfe anbietet.


    Mich hat dieses Buch zu Beginn regelrecht geschüttelt. Ein erkranktes Kind, die Eltern bekommen vom Arzt ein Medikament verschrieben, die Situation kennt wohl jeder von uns. Als Mutter konnte ich mich sehr gut in die Lage der Eltern des kranken Kindes hineinversetzen. Notgedrungen wendet man am eigenen Kind ein Medikament an, verhofft sich Linderung und Besserung und das Gegenteil trifft ein. Die Situation, die beängstigend beschrieben ist, ging mir unheimlich nahe und hat mich emotional mitgenommen.

    Dann der Wechsel, der mich ebenfalls kalt erwischt hat. Der Wechsel von den Ängsten der Eltern, in die berechnende Welt der Pharmaindustrie , ist krass. Dazu Holm, der mir zwar sehr sympathisch war, und seine Fähigkeiten als "Master of Desaster" einsetzt, um eine Tragödie an und für sich nur schön zu reden. Diese Diskrepanz hat mich sehr beschäftigt. Obwohl….seine Arbeit, die Ansätze um zu retten was noch zu retten ist, sind äusserst interessant und geschickt in die Story eingewoben.

    Das ganze Buch läuft über drei Tage, die Uhrzeit markiert jeweils ein neues Kapitel. So ist die Handlung unheimlich rasant und abwechslungsreich.

    Ein grosses Plus ist wohl die ausgezeichnete Charakterisierung der Figuren, die mich alle restlos überzeugt haben. Ob es nun die verzweifelten Eltern sind, Holm mit seiner cleveren, charismatischen Art, oder aber Laura May, der es in einer Männerdomäne gelingt, ihren Mann zu stehen.

    Wie gesagt ist der Schreibstil temporeich und auch sehr prägnant. Etwas gestört haben mich gerade zu Beginn einzelne Sätze, die Gedanken dar stellen….denn nicht immer wusste ich, wessen Gedanken das denn nun sind, da mehrere Personen anwesend waren und die Gedanken nicht zugeordnet werden konnten. Auch die immer wieder mal eingeworfenen englischen Ausdrücke waren nicht unbedingt meines, hatten sie doch einen leichten Nachklang der Aufgesetztheit.

    Diese Geschichte zeigt eindrücklich, wie man als Laie und Patient der Pharmaindustrie ausliefert ist. Aber auch die Weise, wie sicher auch im realen Leben versucht wird, Geld zu scheffeln …um jeden Preis und auch über Leichen!

  • Der Klappentext wurde auch vergessen...


    Klappentext:

    Der in Berlin lebende Mats Holm ist ein Genie der Krisen-PR. Gemeinsam mit seiner Partnerin Laura May boxt er Minister aus dem Kreuzfeuer der Medien, rettet Konzernen am Pranger den Aktienkurs oder bringt Promis im schwersten Shitstorm aus der Schusslinie. Für die perfekte PR braucht Holm nur eins: die Wahrheit. Doch die wollen die Auftraggeber nie verraten – und das aus gutem Grund.
    Nun wird die Agentur von einem Giganten der Pharmaindustrie zu Hilfe gerufen. Mehrere Kinder sind nach Einnahme eines Medikaments des Unternehmens schwer erkrankt, ein Mädchen stirbt. Eine Pharmakritikerin wirft dem Konzern vor, unsaubere klinische Studien in Indien durchgeführt zu haben. Als ihr Informant tot aufgefunden wird und eine Mitarbeiterin des Konzerns spurlos verschwindet, spitzt sich die Situation zu. Holm gerät in ein Ränkespiel ungeahnten Ausmaßes.

  • Packender Krimi


    Die PR-Agenten Mats Holm und Laura May werden vom Konzern Wenner Pharma zu Hilfe gerufen. Anscheinend ist ein Medikament des Unternehmens die Ursache für zahlreiche kranke Kinder, eines stirbt sogar. Eine verschwundene Mitarbeiterin wirft ebenso kein gutes Licht auf den Konzern. Der „Master of Desaster“ und seine Kollegin müssen so manches riskante Manöver ausführen, um nicht nur dem Image-Schaden entgegenzuwirken.


    Das Cover ist zwar kein Hingucker, die ungewöhnliche Perspektive jedoch ist mal was Neues und weckt Interesse. Und in echt gefällt es mir gleich viel besser als nur als Vorschaubild, da macht es sogar was her. Auch die dunklen Wolken symbolisieren zum einen die Probleme des Konzerns, zum anderen auch die düsteren Machenschaften einiger Personen.


    Das Buch ist sehr flüssig geschrieben, die Seiten sind nur so an mir vorbeigerauscht. Auch die Unterteilung der Kapitel in exakte Zeitangaben hat die Spannung unterstützt; es hatte etwas von einem Live-Ticker, was wunderbar zur Thematik passt.


    Bei der Leseprobe hat mich das erste Kapitel über das erkrankte Mädchen sofort gefesselt; es ist eindrücklich geschildert und man fühlt richtig mit den Eltern mit.

    Holm und seine Kollegin sind sehr sympathisch, sie sind nicht überzogen dargestellt, sondern haben wie jeder andere Mensch ihre Ecken und Kanten. Dadurch, dass der Krimi aus vielen verschiedenen Sichtweisen geschrieben ist, erfährt man auch einige Dinge privater Natur, was die Protagonisten authentisch wirken lässt. Da wären außer den zwei Hauptpersonen noch einige Wenner-Mitarbeiter, in deren Psyche man Einblick erhält, aber auch der „Bösewicht“ hat mehrere Auftritte, ohne, dass jedoch seine wahre Identität preisgegeben wird. Dass man hier so im Dunkeln gelassen wird, gefällt mir sehr. Man kann gut mit raten, da es nicht nur wenige potentielle Kandidaten gibt. Durch rasante Wendungen wird die erarbeitete Vermutung wieder über den Haufen geworfen und man ist sehr auf die Auflösung gespannt.

    Außerdem bringt es frischen Wind, dass die Hauptprotagonisten nicht wie so oft beim staatlichen Apparat angestellt sind, sondern dass es PR-Agenten und deren Helferlein sind, die den Fall aufklären. Man bekommt einen kleinen Überblick, wie der Tagesablauf in diesem Beruf aussieht und mit welchen (mal mehr, mal weniger sympathischen) Personen die zwei zu kämpfen haben. Holms Methoden, um Menschen zu durchschauen, erinnern ein bisschen an Sherlock Holmes. :)


    Ich habe riskante Manöver an einem Tag durchgelesen; da war alles dabei, was ein guter Krimi haben muss. Darüber hinaus dachte ich beim Lesen nie „Oh man, wie kann man nur so naiv sein!“ oder Ähnliches, wie es mir sonst oft passiert, wenn mal wieder jemand total gegen jeglichen Verstand handelt. Auch wenn das Cover einen vielleicht nicht in den Bann zieht, überzeugt der Inhalt dafür umso mehr! Ich kann Birand Bingüls Krimi-Erstling nur empfehlen und hoffe auf weitere Teile. :) 5 Sterne! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Vom Komiker zum Spannungsautor





    Vom Komiker zum Spannungsautor – diese Kehrtwende hatte mich absolut interessiert. Ich kannte Birand Bingül bereits aus seinem ersten Roman. Denn dies ist nicht sein erstes Buch – nur sein erster Krimi…! Sein erstes Buch, „Der Hodscha und die Piepenkötter“, war an den Klassiker „Don Camillo und Peppone“ angelehnt, und porträtierte die Querelen zwischen einem muslimischen Hodscha, und der Ortsvorsteherin, einer Bürgermeisterin – hinter der man Angela Merkel vermuten konnte, aber nicht musste. Das Buch war sehr komisch, brachte dabei aber auch poltisch brisante Themen aufs Tapet. Und es beschäftigte sich mit Politikern, Priestern, ihren Assistenten und den ganzen Verflechtungen zwischendrin.


    Ich kann in dem Buch um Mats Holm und Laura May die Fortführung einiger dieser Fäden erkennen. Auch hier geht es um hochrangige Persönlichkeiten, ihre Untergebenen, und was alles hinter den Kulissen getan wird. Es geht um politische Verflechtungen, unerwartete Wendungen, und allerlei persönliche Abhängigkeiten. Aber: das komische Element ist gänzlich verschwunden. Es wurde ersetzt durch eine gnadenlos getaktete Spannungskurve, zahlreiche Hintergrundinfos aus den Bereichen PR und Pharmaindustrie, sowie eine gehörige Prise Zwielichtigkeit auf beiden Seiten.


    Ich kann dem Autor nur gratulieren; er hat die Kehrtwende perfekt hinbekommen. Alle Achtung! Ein besonderes Kennzeichen dieses neuen Buches ist für mich die Tatsache, dass man als Leser eben nicht „die“ perfekte Identifikationsfigur vorgestellt bekommt. Moralisch gesehen, muss sich jeder Leser entscheiden, zu wem er halten will.


    Mats Holm und Laura May sind ehemals Polizist oder Privatdetektiv, arbeiten nun als PR-Agenten im Auftrag großer Unternehmen. Sie sind für mich aber eben nicht durchgehend sympathische Figuren. Auch sie arbeiten mit Tricks, und legen nichtsahnende Privatpersonen herein – nur um ihrem Kunden Vorteile zu verschaffen. Auch die persönlichen Aspekte geben mir Rätsel auf. Mats Holm hat ein fragwürdiges Verhältnis zu Frauen – das er bisweilen ebenfalls ausnutzt. Ein Saubermann ist er also nicht. Auch zu seiner Kollegin fühlt er sich hingezogen; das wird aber nie deutlicher. In seiner Vergangenheit gibt es einen dunklen Fleck – und dann wird auch noch seine Tochter schwanger… Hier würde ich eventuell einen halben Stern abziehen, weil diese privaten Aspekte erstens nicht zu Ende geführt wurden, und auch für den Fall völlig unerheblich waren. Es sei denn, es ist eine Fortsetzung geplant… dann würden diese offenen Fäden Sinn machen.


    Auf der anderen Seite haben wir das riesige (und letztlich skrupellose) Pharma-Unternehmen Wenner, das ein dubioses Schmerzmittel für Kinder vertreibt. Scheinbar sind in Indien unsaubere klinische Studien durchgeführt worden. In Deutschland hat das fatale Folgen, weil etliche Kinder nach Gabe des Medikamentes erkranken; eines stirbt sogar. Aber auch hier ist für mich die Bewertung nicht eindeutig. Ein Kunststück des Autors! Es wird sehr deutlich, dass selbst Chefsekretärin und persönlicher Assistent nur Rädchen in einem komplexen Geflecht sind. Niemand hat den alleinigen Überblick, niemand hat die Entscheidungsgewalt. Alle spielen, teils unbewusst, einander zu. Was natürlich die eine Person, die skrupellos genug ist, für sich ausnutzen kann. Der Autor ist allerdings vorsichtig – ganz am Schluss gibt es noch einen Knalleffekt, nach dem man das gesamte Buch eigentlich noch einmal überdenken müsste.


    Wie gesagt, war nicht nur die Figurenzeichnung, sondern auch die Spannungskurve herausragend. Das Buch ist nicht in Kapitel, sondern in vier Tage unterteilt, und diese wiederum nach Uhrzeiten. Man fühlt sich mitten im Geschehen, und hört die Uhr ticken. Es geht teilweise um Entscheidungsspielräume von weniger als einer Stunde – und die sollen es dann wieder herausreißen! Zudem wird noch eine verschwundene Person gesucht, die in Lebensgefahr schwebt.


    Sehr gut fand ich auch die vielen Hintergrundinfos. Man merkt sehr deutlich, dass der Autor selber Journalist ist, und sich auskennt. Welche Rolle spielt PR überhaupt? Wie werden Nachrichten gemacht? Was nehmen Zeitungen oder Fernsehsender auf sich, um „die Story schlechthin“ zu landen? Was ist die Rolle von Talkshows, Statements, Leitartikeln? Gibt es überhaupt so etwas wie eine neutrale Meinung? Sehr pointiert gesetzte Fragen, die das Buch stellt.


    Ich kann nur sagen, dass ich das Buch auf mehreren Ebenen mit höchstem Genuss gelesen habe. Ich bin sehr gespannt auf die weitere Entwicklung des Autors. Birand Bingül, von Ihnen haben wir noch einiges zu erwarten…!

    "Ein Mensch, der Ideale hat/
    Der hüte sich, sie zu erreichen!/
    Sonst wird er eines Tags anstatt/
    Sich selber andern Menschen gleichen."
    (Erich Kästner) :):)

  • Die Machenschaften der Pharmaindustrie

    Das neue, speziell für Kinder entwickelte Medikament „Validolor“ der Firma Wenner steht im Verdacht, für den Tod eines Kindes verantwortlich zu sein. Mats Holm, seines Zeichens PR-Agent, wird gemeinsam mit seiner Partnerin Laura May angeheuert, um die Firma gegenüber den Medien zu vertreten und den Skandal so gut wie möglich in Grenzen zu halten. Mats nimmt den Auftrag unter einer Bedingung an: dass Wenner ihm die Wahrheit sagt. Von Anfang an ist klar, dass es für Holm nicht damit getan ist, ein paar Pressemitteilungen zu schreiben. Mats und Laura stellen auf eigene Faust Recherchen an.

    Eine Mitarbeiterin von Wenner Pharma ist verschwunden. Hat sie einem amerikanischen Konkurrenzunternehmen Informationen zugespielt und sich abgesetzt? Oder ist ihr etwas zugestoßen? Dann verschwindet ein zweiter Mitarbeiter und wird kurz darauf ermordet aufgefunden. Da der Mann den Ruf hatte, nichts anbrennen zu lassen und sich außerdem entsprechende Spuren am Tatort finden, wird schnell die Ehefrau des Ermordeten als Täterin ausgemacht. Doch ein Indiz passt nicht. Vielleicht war es auch ein eifersüchtiger Ehemann oder womöglich Wenner Pharma?

    Als ob Mats Holm nicht schon genug mit diesen Fällen zu tun hätte, teilt ihm seine 17jährige Tochter auch noch mit, dass sie schwanger ist. Bei einem Gespräch mit ihrem Vater stellt sie ihm einige Fragen im Zusammenhang mit dem Selbstmord ihrer Mutter vor vielen Jahren. Doch Mats erzählt ihr nicht alles, und auch der Leser erfährt nicht, welche Informationen er zurückhält.

    Am Ende löst sich der Fall, doch anders als es zunächst den Anschein hatte. „Riskante Manöver“ ist ein spannender Krimi mit gut durchdachtem Plot und glaubhaften Personen. Allerdings hatte ich teilweise Probleme, die vielen Namen auseinanderzuhalten. Ein Glossar wäre hilfreich gewesen. Was mir gut gefallen hat, war der unerwartete Schluss. Da nicht alle Fragen beantwortet wurden, gehe ich davon aus, dass es bald eine Folgeband geben wird, in dem Mats Holm und Laura May einen neuen Fall zu lösen haben. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: