Claudia & Nadja Beinert - Revolution im Herzen: Die heimliche Liebe des Karl Marx

  • Kurzmeinung

    Bücherhuhn
    Gut recherchierter Roman über eine faszinierende Zeit und Persönlichkeit - Marx der Privatmann, alles andere als perfekt
  • Kurzmeinung

    nordlicht
    Sehr interessant, Marx mal aus einer ganz anderen Sicht zu erleben. Großartig!
  • Helene Demuth, genannt Lenchen, wuchs als Bauerstochter in recht ärmlichen Verhältnissen in Sankt Wendel auf. Nach dem Tod des Vaters sucht sich das 10-jährige Lenchen eine Stelle als Dienstmädchen im nahen Trier und landet so im Haushalt der Westphalens, wo sie nach einiger Zeit neben ihrer dienstlichen Tätigkeiten auch zur Vertrauten von Jenny, der Tochter des Hauses, wird. Auch Karl Marx hat Lenchen schon kennengelernt, diesen in sich gekehrten und recht düster wirkenden Mann, dem sich Jenny immer mehr annähert und schließlich heiratet. Lenchen begleitet das Ehepaar Marx nach Brüssel und erlebt dort als Freundin von Jenny die Höhen und Tiefen der Ehe mit. Aber dann wendet sich das Blatt, denn Lenchen sieht sich auf einmal den Werbungen von Karl gegenüber, was ihre enge Freundschaft zu Jenny ins Wanken bringt.


    Claudia und Nadja Beinert haben mit ihrem Buch „Revolution der Herzen“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman rechtzeitig zum 200. Geburtstag des Philosophen Karl Marx vorgelegt, der Tatsachen und Fiktion sehr schön und vor allem gekonnt miteinander vermischt. Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd zugleich, der Leser taucht schon mit der ersten Seite in eine vergangene Zeit und darf hautnah Lenchens Werdegang miterleben sowie auch die schillernde Persönlichkeit von Karl Marx besser kennenlernen. Da die Geschichte aus der Sicht von Lenchen erzählt wird, wirkt die Handlung realitätsnah und gibt dem Leser das Gefühl, ihrer Stimme zu lauschen. Der historische Hintergrund wurde von den Schwestern Beinert wie immer hervorragend recherchiert und mit ihrer Geschichte verwebt. Sie lassen den Leser nicht nur an der Zeit der Industrialisierung und ihre Folgen teilhaben, sondern malen auch ein menschliches Bild des Philosophen Karl Marx, der sich als Protagonist der Arbeiterbewegung sowie als Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft einen Namen gemacht hat und zum einflussreichsten Theoretiker des Kommunismus wurde. Gleichzeitig bieten sie dem Leser während der Lektüre eine Reise durch Europa, so findet man sich mal in Brüssel, mal in Paris, London oder Köln wieder.


    Die Charaktere sind sehr individuell ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken durchweg lebendig und authentisch, wie aus dem richtigen Leben. Lenchen wird während der Handlung erwachsen. Zuerst erlebt der Leser sie als Kind, doch im weiteren Verlauf darf er die Entwicklung als Frau miterleben. Sie ist verantwortungsbewusst, intelligent und weiß, die ihr Anvertrauten zu schützen. Lenchen musste schon als Kind Verzicht lernen, wuchs sie doch in Armut auf. Der Einblick in eine wohlhabendere Familie trübt ihren Blick nicht für die ärmliche Bevölkerung. Der Leser kann sehr schön ihre Gedanken und Gefühle verfolgen, ihren Zwiespalt gegenüber ihrer Freundin und ihre Sehnsüchte. Jenny Westphalen ist Lenchen schnell eine Vertraute und später eine noch engere Freundin. Dass sich durch das enge Zusammenleben das Verhältnis zwischen den Freundinnen bald ändert und es zu einem Zerwürfnis kommt, ist zwar nicht vorhersehbar, aber die Konsequenz. Karl Marx ist ein eher düsterer Mann, der ganz in seinen politischen Thesen aufgeht und regelrecht für sie lebt. Gleichzeitig ist er aber auch ein normaler Ehemann und Vater, der auch gegenüber seinen Freunden und Weggefährten großzügig ist, obwohl er es sich gar nicht leisten kann. Aber er ist auch ein Mann, der sich die Gelegenheit, die sich ihm bietet, nutzt.


    „Revolution im Herzen“ ist eine wirklich gelungener und fesselnder historischer Roman beruhend auf Tatsachen, die gekonnt mit fiktiven Elementen vermischt wurden. Der Leser bekommt hier eine Geschichtsstunde par excellence, denn den Beinert-Schwestern ist es wieder einmal gelungen, Historie lebendig werden zu lassen. Absolute Leseempfehlung!


    Hervorragende :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:.

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Was sagen die beiden Autorinnen zu Henry Frederick Demuth? Karl Marx' Sohn oder nicht?

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Wer war Helena Demuth?


    Helena Demuth war die Geliebte von Karl Marx, dem deutschen Philosophen, Gesellschaftskritiker und Protagonisten der Arbeiterbewegung.


    Nach dem Tod des Vaters verlässt Helena, genannt Lenchen, im Alter von acht Jahren ihr ärmliches Elternhaus, um als Dienstmädchen in Trier ihre Mutter und Geschwister finanziell unterstützen zu können. Durch Zufall findet sie eine Anstellung in einer Adelsfamilie und freundet sich mit deren Tochter Jenny an, die später Karl Marx heiratet. Lenchen führt schließlich den Haushalt der Marxens, und nicht nur das: Sie wird zum Kindermädchen, Schuldnerberater und zur Geliebten.


    An Karl Marx, seinem Kommunistischen Manifest und seinem „Kapital“ kommt zweifelsohne keiner vorbei, doch wer weiß mehr über ihn und sein Privat- bzw. Liebesleben? Ich jedenfalls nicht. So war mir völlig neu, dass er eine Geliebte hatte, die scheinbar über sich selbst hinausgewachsen ist und den Marxen-Alltag mit all seinen Höhen und Tiefen nach ihrer Gabe gemanagt hat.


    „Revolution im Herzen“ von Claudia und Nadja Beinert gibt Einblicke in eine außergewöhnliche Familie des 19. Jahrhunderts, deren Oberhaupt Geschichte geschrieben hat.

    Der Roman liest sich einfach und gefällig, vermittelt den politischen und gesellschaftlichen Zeitgeist und vermag zu informieren und gleichzeitig zu unterhalten. Die Idee, historische und fiktive Personen in der Handlung miteinander zu verknüpfen, wird gekonnt umgesetzt. Die Figur des Lenchens, die in Ich-Form erzählt, halte ich für besonders gelungen, sie wirkt echt und überaus sympathisch.


    Auch wenn die eigentliche Liebesgeschichte zwischen Lenchen und Karl erst spät zum Thema wird und bis dahin nach meinem Geschmack ein paar Längen mit wenig Spannung zu überwinden sind, habe ich das Buch gerne gelesen und nebenbei Einiges über Leben und Werken des Karl Marx erfahren.

  • Was sagen die beiden Autorinnen zu Henry Frederick Demuth? Karl Marx' Sohn oder nicht?

    Ich bin zwar noch nicht mit dem Roman durch, habe aber bereits das Nachwort gelesen. Sie sagen, dass er der Sohn von Marx war und dass Engels die Vaterschaft (vermutlich) übernommen habe, um den Ruf der Familie Marx zu "retten".

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Claudia & Nadja Beinert – Revolution im Herzen


    Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    […] In Zeiten todbringender Armut und Ausbeutung muss sich Lenchen Demuth schon früh als Dienstmädchen verdingen. Im Haushalt der Familie Marx wird sie der jungen Ehefrau Jenny zur engen Freundin – und bald auch Vertraute des großen Philosophen Karl Marx. Fasziniert verfolgt sie seine Studien und erkennt bald, dass diese auch mit ihrem eigenen Leben zu tun haben.
    Doch dann verliebt sich Lenchen rettungslos in Karl Marx.. Als sie ein Kind erwartet, steht nicht nur ihre Freundschaft mit Jenny, sondern auch das Werk von Marx und Engels auf dem Spiel.
    Mit tiefer historischer Kenntnis verweben die Beinert-Schwestern Fakten und Fiktion zu einem einfühlsamen Roman um eine geheime große Liebe.


    Autorinnen (Quelle: amazon)
    Dr. Claudia Beinert, Jahrgang 1978, ist genauso wie ihre Zwillingsschwester Nadja in Staßfurt geboren und aufgewachsen. Claudia studierte Internationales Management in Magdeburg, arbeitete lange Zeit in der Unternehmensberatung und hatte eine Professur für Finanzmanagement inne. Sie lebt und schreibt in Erfurt und Würzburg.
    Nadja Beinert studierte ebenfalls Internationales Management und ist seit mehreren Jahren in der Filmbranche tätig. Die jüngere der Zwillingsschwestern ist in Erfurt zu Hause.
    Besuchen Sie die Autorinnen unter:
    http://www.beinertschwestern.de
    http://www.facebook.com/beinertschwestern


    Allgemeines
    Erschienen am 3. April 2018 bei Knaur als HC mit 480 Seiten
    Gliederung: Personenverzeichnis – Sechs Hauptteile mit jeweils mehreren Kapiteln – ausführliches Autorennachwort – Glossar – Bibliographische Hinweise
    Ich-Erzählung der Lenchen (Helena) Demuth
    Handlungsorte und -zeit: Sankt Wendel, Trier, Brüssel und London, 1829 – 1855


    Inhalt
    Der Roman schildert die erste Hälfte des Lebens der Helena Demuth (1820 – 1890), die als Dienstmädchen und auch als loyale Freundin im Haushalt von Karl Marx und seiner Frau Jenny lebte.
    Aus einfachsten Verhältnissen stammend kommt Lenchen zunächst als Dienstmädchen in das Haus von Jennys Eltern, Ludwig und Caroline von Westphalen, später folgt sie Jenny, als diese Karl Marx heiratet. Das Leben im Haushalt Marx ist von Armut und Unsicherheit geprägt, Karl ist mehr mit seinen Schriften zu seinem revolutionären Gedankengut beschäftigt als mit der finanziellen Absicherung seiner stetig wachsenden Familie. Durch die Verfassung von Artikeln für Zeitschriften gelangt nur unregelmäßig Geld in die Haushaltskasse, die Marxens können nicht mit Geld umgehen und es obliegt Lenchen, die Schulden zu verwalten und aus Wenigem das Bestmögliche zu machen. Ohne finanzielle Unterstützung durch Friedrich Engels, einen guten Freund der Familie, würde es oft nicht mal für das Nötigste reichen. Nicht nur aufgrund der Armut, sondern auch wegen möglicher Repressalien durch die preußische Obrigkeit muss die Familie Marx mehrfach das Domizil wechseln und auch ins Ausland gehen. Lenchen steht immer treu und loyal an der Seite der Familie, auch als der Egoismus des Hausherrn besonders für Lenchen schwerwiegende Auswirkungen hat.


    Beurteilung
    Der Roman gibt nicht nur einen gründlichen Einblick in die Gedankenwelt und das Schaffen von Karl Marx, sondern auch in die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse im Europa des 19. Jahrhunderts, dabei wird die Situation von Dienstboten in privaten Haushalten, aber auch die der Arbeiter in den Fabriken beleuchtet. Die von Marx propagierte Idealvorstellung einer Gesellschaft, an der alle Menschen Teilhabe an Wohlstand und Wohlbefinden haben sollen, kann Lenchen gerade aufgrund ihrer eigenen Familiengeschichte bestens nachvollziehen und so wächst ihre Bewunderung für Karl und verwandelt sich in ein Gefühl, das sie in einen Loyalitätskonflikt gegenüber Jenny bringt.
    Die historischen Fakten sind gründlich recherchiert, im Nachwort erläutern die Autorinnen, wo und weshalb sie sich ein paar literarische Freiheiten genommen haben. Der Roman besticht durch eine differenzierte Ausgestaltung aller Charaktere, dies wird besonders an der Figur des Karl Marx deutlich, der seiner Familie gegenüber kein zuverlässiger Ernährer ist und seiner „philosophischen Betätigung“ gegenüber dem Gelderwerb Priorität einräumt. Auch in seiner Affäre mit Lenchen, die für diese schwerwiegende Konsequenzen hat, erweist er sich als egozentrisch und verantwortungslos. Andererseits hängt er mit zärtlicher Liebe an seinen Kindern, was ihn sympathisch macht. Auch Jenny und Lenchen werden ausgefeilt charakterisiert.
    In ihrer flüssigen und eindrücklichen Erzählweise verstehen es die Autorinnen, das entbehrungsreiche Leben vor allem der nicht mit Einfluss und Geld gesegneten Menschen im 19. Jahrhundert drastisch zu verdeutlichen, vor allem die Kindersterblichkeit der Zeit durch Krankheiten, denen die Medizin noch weitgehend hilflos gegenübersteht, ist bedrückend und geht dem Leser zu Herzen.
    Das Zusatzmaterial, ein Stadtplan Londons (Soho um 1850) im vorderen Einband, das Personenverzeichnis und das sehr ausführliche und informative Nachwort der Autorinnen, erleichtern es auch Lesern ohne Vorkenntnisse über Karl Marx und sein Leben, den Überblick zu behalten.
    Es ist zu bedauern, dass die Handlung des Romans im Jahr 1855 endet, auch nach der vorsichtigen Wiederannäherung zwischen Jenny und Lenchen hätte es noch viel Berichtenswertes gegeben; angesichts des Sogs, den der Roman ausübt, fällt es schwer, Lenchen und die Familie Marx zu verlassen.


    Fazit
    Ein ebenso informativer wie anrührender Roman, der Lesern mit Interesse am 19. Jahrhundert und speziell am gesellschaftlichen und politischen Wandel infolge der Industriellen Revolution wärmstens empfohlen werden kann!

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
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  • Helena, genannt Lenchen, Demuth wächst in St. Wendel in ärmlichen Verhältnissen auf und geht nach dem Tod ihres Vaters zum Dienen in die Stadt. Durch einen glücklichen Zufall bekommt sie in Trier eine Stellung bei der Familie von Westphalen, wo sie nicht nur mit Jenny, der Tochter des Hauses, eine freundschaftliche Beziehung aufbaut, sondern auch den jungen Karl Marx kennen lernt, Jennys späteren Ehemann. Während des Brüsseler Aufenthaltes der Marxens, wird Helena zu ihnen geschickt, und verlässt die Familie fortan nicht mehr.


    Helena Demuth ist eine historische Person, die eng mit Karl Marx' Familie verbunden und schnell mehr als nur deren Dienstmädchen war. Dass Claudia und Nadja Beinert anlässlich des 200. Geburtstags des berühmten Trierers ein Buch über Lenchen Demuth schrieben, begrüße ich sehr. Karl Marx erhält sicher genug andere Würdigungen, Lenchen aber hat es verdient, dass man sich an sie erinnert. Erst kürzlich traf ich sie in einem anderen Roman (Und Marx stand still in Darwins Garten), der mich neugierig auf diese Frau machte. Schön, dass die Beinert-Schwestern nach Margarethe Luder im letzten Jahr nun einer weiteren historischen Nebenfigur Stimme geben.


    Und das ist wörtlich gemeint, denn die Autorinnen lassen Lenchen selbst in ich-Form sprechen, was dem Buch eine ganz besondere Atmosphäre gibt, man betrachtet Karl und Jenny Marx, Friedrich Engels und andere aus ihren Augen. Natürlich spielt Marx' Theorie und sein Werk dennoch eine große Rolle, denn Lenchen interessierte sich sehr dafür und diskutierte auch mit.


    Es waren schlimme Zeiten damals, nicht nur für die Fabrikarbeiter, Marx' Proletariat – ich denke, jeder kann hier nachvollziehen, wie Marx zu seinen Theorien kam. Da Karl Marx keine feste Anstellung hatte, lebte auch seine Familie immer wieder in Armut, und Lenchen mit ihnen, sie gehörte mittlerweile zur Familie und teilte Freud und Leid mit ihr. All das erlebt der Leser zusammen mit Lenchen, die Autorinnen nehmen ihn mit in die Mitte des 19. Jahrhunderts, mit in die Familie Marx, man hat das Gefühl mit dabei zu sein, leidet, trauert, freut sich mit ihnen. In einem sehr lesenswerten Nachwort erfährt der Leser die „wahre“ Geschichte bzw. inwiefern die Autorinnen ihre künstlerische Freiheit nutzten.


    Die Charaktere sind den Autorinnen gut gelungen, wirken authentisch und lebendig, vor allem die Kinder sind bezaubernd und wachsen dem Leser schnell ans Herz. Mit Lenchen lernt der Leser eine ganze Reihe interessanter, teilweise sehr liebenswürdiger Charaktere kennen, hat aber auch ein paar unangenehme Begegnungen. Mit Lenchen allerdings habe ich ein kleines Problem, immer wenn ein Charakterzug auftritt, den ich schon an Uta von Naumburg, einem Charakter aus einem der anderen Romane der Autorinnen, nicht mochte, nämlich das Vorsichhinmurmeln. Offenbar haben die Beinert-Schwestern eine bestimmte Vorliebe für murmelnde Protagonisten.


    Der Roman schildert nicht Lenchens ganzes Leben, sondern endet 1855, er erzählt aber einen sehr wesentlichen Teil nicht nur des Lebens der Protagonistin sondern auch der Familie Marx. Vielleicht lassen die Autorinnen ja irgendwann einmal einen zweiten Band folgen, mich würde es freuen und Stoff wäre sicher auch noch vorhanden.


    Neben dem bereits erwähnten Nachwort finden sich weitere Boni: Eine Karte Sohos, wo die Marxens eine Zeit lang lebten und ein großer Teil des Romans stattfindet, ein Glossar, ein Personenverzeichnis, bei dem historische Personen extra kenntlich gemacht wurden, bibliographische Hinweise sowie ein Lied, das im Roman eine Rolle spielt. Sehr interessant sind auch die Auszüge aus der Preußischen Gesindeordnung.


    Mir hat der Roman gut gefallen, mich stellenweise sehr berührt. Lenchen Demuths Leben und die historischen Ereignisse, an denen sie teilhatte, werden auch im Roman gut miteinander verwoben. Ich vergebe 4,5 Sterne und eine Leseempfehlung für Genrefans.

  • Falls es jemanden interessiert:


    Heute Abend um 20.15 Uhr auf ARTE :arrow: Karl Marx - Der deutsche Prophet

    und am Dienstag wird diese sehr gute Dokumentation mit Mario Adorf in der Rolle von Marx im ZDF wiederholt:)

    Das ist nicht ganz sicher, in unserer TV-Zeitschrift steht, dass möglicherweise auch Fußball übertragen wird. Deshalb habe ich mir die Doku lieber vorgestern auf ARTE angesehen. Durch die vorherige Lektüre von "Revolution im Herzen" habe ich die Doku sehr viel besser verstanden als wenn ich das Buch nicht gelesen hätte. Wir haben Karl Marx zwar seinerzeit auch in der Oberstufe intensiv behandelt, aber das ist ja schon seeeehr lange her...:-,

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Kurzbeschreibung:
    Der historische Roman zum 200. Geburtstag von Karl Marx von den Autorinnen Claudia und Nadja Beinert und gleichzeitig eine große Liebesgeschichte.
    In Zeiten todbringender Armut und Ausbeutung muss sich Lenchen Demuth schon früh als Dienstmädchen verdingen. Im Haushalt der Familie Marx wird sie der jungen Ehefrau Jenny zur engen Freundin – und bald auch Vertraute des großen Philosophen Karl Marx. Fasziniert verfolgt sie seine Studien und erkennt bald, dass diese auch mit ihrem eigenen Leben zu tun haben.
    Doch dann verliebt sich Lenchen rettungslos in Karl Marx.. Als sie ein Kind erwartet, steht nicht nur ihre Freundschaft mit Jenny, sondern auch das Werk von Marx und Engels auf dem Spiel.
    Mit tiefer historischer Kenntnis verweben die Beinert-Schwestern Fakten und Fiktion zu einem einfühlsamen Roman um eine geheime große Liebe. (Quelle: droemer-knaur.de)

    Autorinnen:
    Dr. Claudia Beinert, Jahrgang 1978, ist genauso wie ihre Zwillingsschwester Nadja in Staßfurt geboren und aufgewachsen. Claudia studierte Internationales Management in Magdeburg, arbeitete lange Zeit in der Unternehmensberatung und hatte eine Professur für Finanzmanagement inne. Sie lebt und schreibt in Erfurt und Würzburg.
    Nadja Beinert studierte ebenfalls Internationales Management und ist seit mehreren Jahren in der Filmbranche tätig. Die jüngere der Zwillingsschwestern ist in Erfurt zu Hause. (Quelle: droemer-knaur.de)
    Wer mehr wissen möchte: www.beinertschwestern.de oder www.facebook.com/beinertschwestern


    Allgemeines:
    Erschienen im April 2018 bei Knaur.
    480 Seiten gegliedert in sechs Teile mit mehreren Kapiteln. Es schließen sich ein ausführliches Nachwort zu Fakten und Fiktion, Personenverzeichnis und Glossar an.
    Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von Lenchen Demuth in der Ich-Perspektive.

    Meine Meinung:
    Wieder einmal machen die Beinert-Schwestern nicht die eigentliche historische Persönlichkeit zur Hauptfigur ihres Romans, sondern einen sehr wichtigen Menschen aus ihrem Umfeld. Helena Demuth war viel mehr, als das Dienstmädchen der Marxens. Sie war die Seele des Hauses, die Stütze, die die Familie zusammen und am Leben hielt. Und sie war eine Frau mit Träumen, Hoffnungen und Sorgen und einer großen verbotenen Liebe, die sie innerlich zerriss.


    Mit feinsinnigen Humor und Gespür für die Zeit lassen uns die Autorinnen durch die Augen von Lenchen Demuth die Welt zur Zeit der Industriellen Revolution sehen. Sie lassen sie genau die richtigen Gedanken denken und Fragen stellen, die einem aufgeweckten jungen Mädchen (eigentlich anfangs ja noch ein Kind) aus einfachsten Verhältnissen durch den Kopf gegangen sein könnten. So bringen sie den Leser zum Nachdenken und wecken Verständnis für das Werk von Marx noch bevor dieses überhaupt irgendwie zur Sprache gekommen ist. Wir lernen den Philosophen ganz privat von seinen guten, aber auch seinen finsteren Seiten kennen, erleben den harten Alltag eines Dienstmädchens und erfahren auf dem Weg der Familie von einem Exil ins nächste viel über das Leben in London in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Dass Marx anfangs für Lenchen die Quelle vielen Übels ist, gibt der Geschichte einen netten Spannungsbogen.


    Sehr gut gefallen haben mir die den einzelnen Teilen vorangestellten Briefe, die später in der Geschichte nochmals thematisiert werden. So hat man als Leser einen gewissen Vorsprung über die grobe Entwicklung der Handlung, ohne jedoch genau zu wissen, welche Umstände zum Schreiben der Zeilen geführt haben.
    Ich würde sagen: unbedingt Lesen! Schöner und privater kann man Geschichte nicht vermitteln. Und ich glaube, ich werde mir „Das Kapital“ wohl nochmals vornehmen und an der ein oder anderen Stelle - Lenchen Demuths Gedanken im Hinterkopf – schmunzeln. Von mir gibt es auf jeden Fall :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:.


    Fazit:
    Großartiger Roman, der auch Menschen, die noch nichts über Marx wussten, seine Ideen auf ganz subtile Art vermittelt und allen, die ihren Marx - wie ich - in der Jugend gelesen haben, ein sehr privates Bild des großen Philosophen vermittelt.

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Ich bin so gar nicht im Genre "Historischer Roman" zu Hause, aber dieses Buch hat mich begeistert. Nach der Leseprobe musste ich einfach wissen, wie sich die Geschichte entwickelt (dabei war ich ganz stark und habe nicht bei wiki nachgelesen)


    Meine Rezi:

    Ich muss zugeben, dass ich über den Privatmenschen Karl Marx bisher so gut wie nichts wusste. Und genau das hat für mich auch den Reiz dieses Buches ausgemacht, denn hier wird eine Geschichte erzählt, es ist ein Roman mit einer tollen Handlung. Und doch sind fast alle Elemente historische Tatsachen aus dem Leben dieses sehr berühmten Mannes.


    Erzählt wird diese Geschichte von Helena Demuth, die alle nur Lenchen nennen. Lenchen wächst in St. Wendel in ärmlichen Verhältnissen auf, ihr wertvollster Besitz ist ein Steckschach-Spiel. Ihr Vater hat ihr Schach beigebracht, aber als er stirbt hat sie keinen Spielpartner mehr. Das Thema Schach wird Lenchen nicht loslassen und spielte auch im Leben von Marx eine große Rolle.


    Lenchen muss ihr Heimatdorf verlassen und arbeitet als Dienstmädchen. Sie ist fleißig und strebsam, hat es aber nicht immer leicht. Besonders mit Jenny, der Tochter ihrer Arbeitgeber, versteht sie sich aber gut. Jenny bringt Lenchen vieles bei, auch Lesen und Rechnen. Später wird Jenny Karl Marx heiraten, den sie schon länger kennt. Auch Lenchen hat schon Bekanntschaft mit ihm gemacht, kann ihn jedoch nicht leiden. Sie hat wohl auch etwas Angst vor ihm, dem "Mohr", der so dunkle Haare und Augen hat. Hier war ich besonders angetan von den Beschreibungen, da man vor allem Bilder des älteren Karl Marx kennt, auf denen er bereits hellgraue Haare hat. Bis dahin lässt sich das Buch aber viel Zeit, den Alltag zu beschreiben. Dies ist manchmal etwas traurig, aber ich war fasziniert von den Details, mit denen die Zeit beschrieben wird. Ich hatte immer genau vor Augen, wie Lenchen gerade lebt und was sie tut. Auch der Unterschied zwischen Stadt- und Landleben könnte kaum besser beschrieben werden. Bei allem nimmt Karl Marx nicht die übermächtige Hauptrolle ein. Seine Frau, seine Kinder und manchmal auch seine Weggefährten haben ihren Platz und sind mindestens genauso interessant.


    Geschrieben wurde dieser Sachroman von zwei Schwestern: Claudia und Nadja Beinert. Ohne die historischen Details beurteilen zu können, finde ich den Roman sehr gut recherchiert und umgesetzt. Selbst wenn man der Person Marx nichs abgewinnen kann, ist dieses Buch lesenswert, wenn man sich für die Zeit interessiert. Für Schachspieler ist es sowieso eine Pflichtlektüre!

  • Die heimliche Liebe des Karl Marx


    Lenchen Demuth ist noch keine 10 Jahre alt, als sie ihr ärmliches Elternhaus in St. Wendel nach dem Tod des geliebten Vaters bei Nacht und Nebel verlässt. An ihrem Ziel, in Trier, hat das Kind großes Glück, begegnet sie doch zufällig Jenny Westphalen, die ihr eine Anstellung als Dienstmädchen im vornehmen elterlichen Haushalt vermittelt. Im Laufe der Zeit entwickelt sich zwischen den beiden jungen Mädchen eine enge Vertrautheit, die auch nach Jennys Eheschließung mit Karl Marx Bestand hat. Lenchen begleitet das Ehepaar nicht nur als Haushälterin und Kindermädchen auf allen Stationen ihres bewegten Lebens, sondern steht ihnen auch als gute Freundin immer zur Seite.

    Als Lenchen jedoch ein Kind von Karl erwartet, bleibt nichts so, wie es vorher war.


    Schon lange habe ich keinen historischen Roman mehr gelesen, der mich derart berührt und begeistert hat. Von den ersten Seiten an bin ich vollkommen im Leben und Schicksal der Helena Demuth versunken. Schon ihre ärmliche Kindheit, in der der heißgeliebte Vater den einzigen Lichtblick darstellte, fand ich sehr berührend geschildert. Von ihrem Pabbi lernt sie nicht nur die Grundbegriffe des Schachspiels, ihm schaut sie auch das Tabakkauen ab, oft die einzige Freude in Lenchens späterem harten Dienstbotendasein. Viele weitere Details dieser Art sind es, die die Protagonisten in ihrem Umfeld besonders lebensnahe erscheinen lassen, wie etwa die anfangs häufig zitierten Paragrafen aus der "Preußischen Gesindeordnung" oder die Angst der Menschen vor dem "Delirium furiosum", vermutlich ausgelöst durch die hohe Geschwindigkeit in der Eisenbahn.

    Lenchen Demuth ist mir schon als junges Mädchen sehr zielstrebig vorgekommen, das den tristen Lebensverhältnissen in ihrer Heimat unter allen Umständen entfliehen wollte. Obwohl sie von Kindheit an körperlich stets sehr schwer arbeiten musste, beschäftigt sie sich in Gedanken häufig mit dem Schachspiel, lernt rechnen und lesen. Ihr wacher Geist, ihr reges Interesse an allem, was um sie herum vorgeht, haben sie mir von Anfang an sehr sympathisch gemacht.

    Besonders gut hat mir gefallen, wie die Autorinnen ihr Leben im Kreise der Familie Marx geschildert haben. Lebhaft konnte ich sie mir beim Putzen und Kochen, an den kräftezehrenden Waschtagen oder bei der liebevollen Versorgung der Kinder vorstellen, deren Verhältnis untereinander ebenfalls sehr innig und herzlich dargestellt wird. Trotz der stets angespannten finanziellen Situation ihrer Arbeitgeber, hält ihnen Lenchen stets die Treue, verzichtet oft auf ihr Gehalt, und weiß auch in extremen Notlagen immer etwas auf den Tisch zu zaubern. Sie freut sich über die Geburt jedes Kindes, kümmert sich aufopfernd um die kranken, trauert mit den verzweifelten Eltern um die allzu früh verstorbenen, und spielt mit dem Hausherrn sogar die eine oder andere Partie Schach. Auch an der Arbeit ihres Dienstgebers und seinen revolutionären Ideen nimmt sie regen Anteil, liefert ihm sogar manchen gedanklichen Anstoß. Dass ein Mann vom Format eines Karl Marx im Laufe der Zeit auch eine große körperliche Anziehung auf Lenchen ausübte, ist nicht verwunderlich. Ganz wunderbar beschreiben die Autorinnen die heimliche Liebesbeziehung, in der aus dem Lenchen eine Helena wurde, wobei die starke Persönlichkeit des Philosophen meiner Meinung nach ebenfalls recht eindrucksvoll zur Geltung kommt.

    Sehr gut hat mir auch die Charakterisierung Jennys gefallen, ihre Wandlung von der liebevollen Freundin und besorgten Mutter zur enttäuschten und verbitterten Betrogenen. Dass ihre Reaktion auf die Ereignisse nicht anders ausfallen konnte, scheint mir bei aller Sympathie für Lenchen nur allzu verständlich.

    Durch das Nachwort wird klar, wie sehr die beiden Autorinnen bemüht waren, sich so nahe wie möglich an die historische Wahrheit zu halten. Hervorragend ist es ihnen gelungen, ihren Lesern aus der fernen Vergangenheit lebendige, authentische Figuren entgegentreten zu lassen. Ausgestattet mit Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen beeindrucken sie die Leserschaft, die an den unbedeutenden Gedanken eines einfachen Dienstmädchens genauso teilhaben durfte wie an den himmelstürmenden Ideen eines Mannes, der die Welt veränderte. Ob zum Besseren oder Schlechteren mag dahingestellt bleiben - und doch hat mir dieser wunderbare Roman Lust gemacht, mich demnächst auch mit einer Karl Marx-Biografie zu befassen.

    Voller Anteilnahme bin ich dem Lebensweg des Lenchen Demuth gefolgt, habe mich am mitreißenden Stil der Autorinnen, der akribischen Recherche und der großen Detailvielfalt erfreut. Keine Sekunde der Langeweile kam auf, und voller Bedauern habe ich viel zu schnell die letzte Seite dieses bemerkenswerten Romans erreicht.


    Hervorragende :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: