Katrine Engberg - Krokodilwächter/Krokodillevogteren

  • Die junge Studentin Julie wird tot und von vielen Schnitten im Gesicht verunstaltet in ihrer Wohnung aufgefunden - vom Täter fehlt erst einmal jede Spur. Doch als ihre Vermieterin, die emeritierte Professorin Esther, ein von ihr verfasstes Manuskript vorlegt, in dem sie den Mord bereits Tage zuvor geschildert hatte, scheinen alle Spuren auf eine Person hinzudeuten. Doch nicht sehr lange ...
    Berlinsge, die älteste dänische Tageszeitung, hat dieses Buch einen 'Thriller, der einen packt und nicht mehr loslässt.' genannt. Tja, mir ging es leider nicht so. Keine Frage, es ist gut geschrieben, ohne dass jedoch ein spezieller Engberg-Stil erkennbar wäre. Doch die Geschichte plätschert so dahin - es ist die ausführliche Schilderung der Polizeiarbeit, wie sie KrimiliebhaberInnen wohlbekannt sein dürfte, ohne große Überraschungsmomente oder verblüffende Wendungen. Zudem ist der erste Hinweis auf den Täter derart offensichtlich, dass ich mir fast sicher war, es könne nur eine falsche Fährte sein. Ein Thriller soll 'ein beständiges Spiel zwischen Anspannung und Erleichterung' sein - davon ist bei diesem Buch leider nur kaum etwas zu merken.
    Auch die Figuren sind wenig bemerkenswert: ein einsamer Kommissar, gerade verlassen von der Ehefrau und kurz davor, sich Süchten jeglicher Art hinzugeben (Harry Hole lässt grüßen ;-)); die fitte Kollegin, nicht ganz perfekt (die Speckröllchen), aber beinahe :-); und natürlich ein unsympathischer Kollege, der in einem der Folgebände (das Ganze ist als Serie angelegt) sicherlich mit diversen Intrigen zur Höchstform auflaufen wird.
    Zuguterletzt die Auflösung des Falles. Die war immerhin durchaus überraschend, was jedoch bei Weitem nicht ausreichte, mich mit der gesamten Geschichte so zu versöhnen, dass es noch für vier Sterne reichen würde. Zudem empfand ich die Erklärung des Mordes derart unglaubwürdig (ja, Manipulation ist eine mächtige Kraft, ich weiß. Aber so???), dass ich das Buch fast schon unzufrieden zuschlug.
    Fazit: Ein gut geschriebener, mäßig spannender Krimi, den man nicht unbedingt gelesen haben muss.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Wohl durchdacht und in sich stimmig


    Dieses so schlichte und doch sensationell tolle Cover umschließt einen Krimi, der sich von der Masse etwas abhebt. Aber Achtung! Den Umschlag bitte nur von vorne betrachten, denn der Text auf der Hinterseite bremst das Lesevergnügen leider enorm. Er verrät so viel, dass man die wunderbar geschriebene und durchdachte Einleitung in die Geschichte, die ersten rund 70 Seiten, gar nicht mehr genießen und nägelkauend mitraten kann.


    Wer dies beherzigt, bekommt einen rundum spannenden Kopenhagenkrimi geboten, der sich mal in die eine, dann in die andere Richtung entwickelt und dessen Fäden am Ende doch nicht so zusammenlaufen wie man es sich zusammenreimt. Nicht komplett anders, dennoch gibt es überraschende Details. Der Fall, in dem Jeppe Kørner und Annette Werner ermitteln, ist gut aufgebaut, wohl durchdacht und in sich stimmig.


    Neben der Jagd auf den Täter, der eine junge Frau tötet, bleibt auch noch Zeit, die Hauptpersonen etwas kennenzulernen. Aber auch andere zwischenmenschliche Episoden machen den Krimi zu einem rundum angenehmen Buch, wenn auch Blut fließt. Und sogar der ungewöhnliche Titel erklärt sich.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)


    Gerade erst war Julie nach Kopenhagen gezogen, um Literatur zu studieren. Warum musste sie so jung sterben? Erstochen und von Schnitten gezeichnet? Es ist ein schockierender Fall, in dem Jeppe Kørner und Anette Werner ermitteln. Als bei Julies Vermieterin ein Manuskript auftaucht, in dem ein ähnlicher Mord geschildert wird, glauben die beiden, der Aufklärung nahe zu sein. Aber der Täter spielt weiter.

    Autoreninfo (Quelle: amazon)

    Katrine Engberg, geboren 1975 in Kopenhagen, arbeitet für Fernsehen und Theater und ist als Tänzerin, Choreographin und Regisseurin landesweit bekannt. Mit ›Krokodilwächter‹ hat sie in der Welt des skandinavischen Thrillers debütiert und stand damit wochenlang auf den ersten Rängen der dänischen Bestsellerliste. Sie lebt mit ihrer Familie in Kopenhagen.



    "Krokodilwächter" bietet gute, aber nicht übermäßig spannende Unterhaltung. Die Geschichte ist komplexer konstruiert, als es anfangs den Anschein hat, deshalb können das Tatmotiv und die ganzen Verstrickungen der Romanfiguren untereinander nicht zu früh erschlossen werden.

    Der Erzählstil ist anschaulich und flüssig, aber die Charakterisierung der Hauptfiguren hat mich nicht rundum zufriedengestellt. Kommissar Jeppe Kørner, der vor kurzem von seiner Frau verlassen wurde, gibt sich dem Selbstmitleid, Tabletten und Alkohol hin. Als er sich in eine mit den Ermittlungen indirekt verbundene verheiratete Frau verliebt, bzw. eigentlich nur eine Affäre mit ihr hat, verhält er sich wie ein Pubertierender - das ist unglaubwürdig und wenig beeindruckend.

    :arrow: Ein gut geschriebener, eher ruhig erzählter Krimi, der angenehme - aber keine spektakuläre - Unterhaltung bietet!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Auch ich fand diesen Krimi (als Thriller habe ich das Buch ebenfalls nicht wahrgenommen) nett, unterhaltsam, eher mäßig spannend, nicht immer ganz glaubwürdig, aber auf jeden Fall interessant genug, dass ich ihn gern gelesen habe und der Reihe bestimmt auch noch für mindestens einen weiteren Band folgen werde. Da ich Kopenhagen mag, hatte ich auch meinen Spaß an den z.T. ironischen Betrachtungen der "Einheimischen" zur Lebensweise in ihrer Stadt. Auch der Ausflug auf die Färöer hat mir viel Freude gemacht und dank der Recherchen, die ich dann gleich anstellen musste, zu meiner Bildung beigetragen. :lol:


    Einige Aspekte des Privatlebens der Protas sowie der Lösung des Falls, nämlich

    haben mich sehr bewegt. Ich freue mich immer, wenn solche Themen in Krimis oder Romanen aufgegriffen werden.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :study: Nadia Murad - Ich bin eure Stimme

    :study: I. L. Callis - Doch das Messer sieht man nicht

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Ein Buch für Krimileser, die eine ruhige, eine sehr ruhige Gangart bevorzugen. Ein überwiegend trauriger Kommissar und seine meist gut gelaunte Partnerin arbeiten im Team – er holt Kaffee für beide, sie fährt den gemeinsamen Dienstwagen.

    Was sagt uns das? :-k Wenn es uns nicht sagen sollte, müsste es nicht so stark betont werden.


    Aus der Idee, ein unveröffentlichtes Manuskript quasi als „Drehbuch“ für einen Mord zu benutzen, entsteht eine Krimigeschichte, die sich leicht und bequem lesen lässt, ein wenig verästelt, aber nie zu komplex wird, und der Umstand, eine neue Leiche zu präsentieren, wenn die Handlung ins Stocken gerät, kommt auch wieder zum Tragen.


    Einige Figuren lassen sich Stereotypen zuordnen - der eitle, weil ich-bezogene Künstler, die einsame Alkoholikerin, der cholerische Big-Boss-Vater, das Nymphchen - während andere, leider auch die Protagonistin Anette Werner und Kollegen, blass und ohne Kontur bleiben.


    Trotz allem habe ich den Krimi ganz gern gelesen. Der Aufbau gefällt, für weitere Bände ist Luft nach oben, an das Team könnte man sich gewöhnen, und das Buch hat eine wohltuend ruhige Atmosphäre im Vergleich zu den rasanten, von Cliffhangern zerschnittenen Krimis.


    Was ich allerdings hoffe: Dass die Autorin in den nächsten Bänden keine so abwegige und irrwitzige Auflösung liefert. Und den Leser nicht über 400 Seiten auf eine spannende Szene warten lässt.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)