Sofja Kowalewskaja - Die Nihilistin/Nihilist Girl/Нигилистка

  • Original : Russisch (gleichzeitig auf Schwedisch erschienen), 1890 geschrieben, 1892 erstmals in der Schweiz erschienen, dann 1906 in Russland.


    THEMA :
    In « Die Nihilistin » geht es um eine heranwachsende Frau, die sich danach sehnt, ihr Leben «einer Sache » zu widmen, hinzugeben...


    BEMERKUNGEN/INHALT :
    10 Kapitel über eine « Nihilistin » ? In welche Richtung mag das gehen ?


    Die Ich-Erzählerin kehrt nach fünf Jahren und einem Doktorat im Ausland als 22-Jährige nach Petrsburg zurück. Wir befinden uns irgendwann am Ende der 60iger Jahre des 19.Jahrhunderts, und das war zu jener Zeit eine absolute Sensation und Neuheit. Wir stehen wohl nah dran am Leben der Autorin selbst. Diese Ich-Erzählerin gibt aber den Weg frei, und erzählt dann die Geschichte einer sie besuchenden jungen Vera. Barantsova von Namen, aus aristokratischem, auf grossem Fuß lebendem Hause. Was einige in romantische Begeisterungsstürme ausbrechen lässt angesichts eines « nichtstuerischen, plüscherasselnden Lebens », erscheint auch als absolut vorgezeichnetes Leben ohne wirkliche Überraschungen. Die Kindheit Veras, ihr Heranwachsen auf dem grossen Gut werden lange beschrieben.


    Besonders herausstechend und interessant fand ich dabei die Beschreibung des Übergangs aus der Leibeigenschaft in die Freiheit von dieser. Das fand in diesem Scharnierjahrzehnt der 60iger Jahre statt, 1861. Vera wird sich des sozialen Abstandes bewusst(er). Die Befreiung führt aber auch zur Verarmung der ainstigen Herrschaften. Die finanziellen Verhältnisse verschlechtern sich und, gleichzeitig, das häusliche Klima.


    In diesem langweiligen und halbvergessenen Leben entdeckt Vera plötzlich, zunächst durch die Geschichte der Märtyrer und deren « Heldentaten, bzw Selbsthingaben » den Glauben, oder auch : wird in ihr der Wunsch nach einer Radikalität, einem Ideal entfacht, der Wunsch, sich zur Gänze zu geben für eine gute Sache. Ja, langfristig denkt sie doch tatsächlich an China und den dort auch heute noch leidenden Verkündern…


    Im aus Petersburg exilierten schon etwas älteren Vassiltzev entdeckt sie eine andere Welt und wird durch ihn eingeführt in sozialistische Ideen.

    Welchen Ausdruck wird der tiefe Wunsch nach Radikalität bei ihr finden ???


    MEINUNG :
    Die Autorin ist diesen Themen gegenüber selber offen gewesen und vermischt hier Historisches, Biographisches und Romanhaftes. Das merkt man teils sprachlich-stilistisch : da gibt es erzählerische, und dann wiederum beschreibende, fast historisch daherkommene Schilderungen. Dabei denke ich insbesondere an die Verkündigung der Aufhebung der Leibeigenschaft 1861 : das wird sehr eindrücklich beschrieben ! Wie einschneidend war dieses historische Ereignis !

    Später, im fast letzten Teil des Romans, geht es um die ausführliche Beschreibung der Prozesse rund um die Aufständischen, vermeintlichen Radikalisten und Nihilisten. Interessant auch da !


    Was erzählerisch und auch als echter neuer Aspekt für manche hinzukommen mag ist die Darstellung dieser « Nihilisten » als letztliche Idealisten, deren « Glaube » einfach eine radikale Antwort darauf ist, wo sie wie sich hingeben können. Da werden sie zu modernen Märtyrern. (Dass eventuell im Westen vom russischen Nihilismus, und allgemein, die Trennlinie zum Extremismus der Gewalt sehr fein sein kann, sei hier angefügt).


    Man könnte zu diesem Buch vieles hinzufügen. Verselbständigt sich der uns innewohnende Wunsch nach Radikalität ? Sucht er manchmal quasi gegen allen Widerstand eine « Sache », und ist dann eher nombrilistische Selbstbefriedung als echte Hingabe ???


    So oder so : ein interessanter Roman. Zu entdecken !


    Die Nihilistin
    erschien 1896 auf Deutsch, doch seitdem nicht mehr. Allerdings kann man hier per PDF-Kartei eine Kopie lesen : http://www.tollmien.com/pdf/nihilistin.pdf


    AUTORIN :
    Sofja Wassiljewna Kowalewskaja (russisch Софья Васильевна Ковалевская,) * 3. Januarjul./ 15. Januar 1850greg. in Moskau; † 29. Januarjul./ 10. Februar 1891greg. in Stockholm) war eine russische Mathematikerin, die 1884 an der Universität Stockholm die weltweit erste Professorin für Mathematik wurde. Sie erlangte beträchtliche Beachtung und hielt selbst Vorlesungen. Wurde erste Frau an der Russischen Akademie der Wissenschaften.

    Kowalewskaja leistete nicht nur in der Mathematik Bedeutendes, sondern hatte auch mit ihren 1889 erstmals erschienenen Kindheitserinnerungen und dem Roman « Die Nihilistin » großen Erfolg. Politisch war sie ebenfalls aktiv und setzte sich für das Recht aller Frauen auf Ausbildung ein.

    Zu Sofja Kowalewskaja gibt es viele verschiedene Namensversionen.
    (Quelle und mehr: https://de.wikipedia.org/wiki/Sofja_Wassiljewna_Kowalewskaja )


    Erste Übersetzung auf Englisch (2001!) :
    Paperback: 139 pages
    Publisher: Modern Language Association (30 Jan. 2001)
    Language: English
    ISBN-10: 0873527909
    ISBN-13: 978-0873527903

  • Софья Ковалевская – Нигилистка
    (hier verlinkt in einer Ausgabe zusammen mit den « Kindheitserinnerungen »)

    siehe auch:https://www.ozon.ru/context/detail/id/4773876/
    Год выпуска : 1989
    Формат издания : 130х165 мм (средний формат)
    Количество страниц : 304
    ISBN : 5268000403
    Издательство : Советская Россия
    Переплет : Твердый переплет
    Язык издания : Русский

  • Einige lesen ja auch auf Französisch. Diese Ausgabe (in der ich das Buch auch gelesen habe) ist neu und hervorragend eingeführt vom Übersetzer. Er erläutert den Kontext sehr gut.



    Ce roman autobiographique, publié en 1890, nous conduit par des tours et des détours jusqu'au bout d'un engagement plus mystique que politique, celui de Vera Foi, jeune femme, fille d'un propriétaire terrien russe, qui reçut une éducation ouverte et libre. Le roman s'inscrit dans la Russie des années 1860 : après la mort du tsar Nicolas Ier, son successeur, le tsar Alexandre, abolit le servage ; Vera prit alors la décision d'éduquer les petits paysans en se faisant institutrice. Elle découvrit ainsi le malheur des hommes et la tragédie des pauvres et des opprimés. Convaincue par les idées révolutionnaires des premiers nihilistes à travers rencontres et dialogues, elle partit à Saint-Pétersbourg où elle espérait pouvoir agir. Déçu, elle prit le train pour la Sibérie afin de rejoindre un condamné politique au bagne. Elle épousa cet homme en prison sans même le connaître, l'ayant tout juste vu et entendu à son procès ; mais, Véra, princesse Barantsov, avait enfin trouvé « une cause » à laquelle consacrer sa vie.