Sayaka Murata - Die Ladenhüterin/Konbini ningen

  • Keiko Furakawa ist 36 Jahre, ledig und arbeitet seit 18 Jahren als Aushilfe in einem Konbini, einem Supermarkt. Sie ist intelligent, doch Emotionen sind ihr völlig fremd, das Leben und die Menschen um sie herum verwirren sie, denn sie geht an Alles ausschließlich mit Logik heran (vielleicht ein bisschen wie Mr. Spock ;-)) Schon als Kind ist ihr klar, dass sie anders ist als alle Anderen und sich ihre Eltern große Sorgen um sie machen. So versucht sie nicht aufzufallen und wird ein stilles zurückgezogenes Mädchen. Sie besucht die Universität und arbeitet nebenher in einem Konbini, in dem sie sich zunehmend wohler zu fühlen beginnt. Dort wird sie als 'normaler' Mensch akzeptiert, auch deshalb weil sie sich angewöhnt, die Verhaltensweisen ihrer Kolleginnen zu imitieren, was niemandem auffällt. Doch ihre 'FreundInnen' beginnen sie argwöhnisch zu betrachten: in ihrem Alter, unverheiratet, kein richtiger Beruf - was stimmt nicht mit ihr? Da kommt sie auf eine aberwitzige Idee - ganz logisch natürlich.
    Würde man der Ich-Erzählerin Keiko im wahren Leben begegnen, würde sie einem sicherlich nicht auffallen, denn ihr Verhalten dürfte kaum von dem ihrer Kolleginnen zu unterscheiden sein. Doch durch ihre Gedanken wird einem klar, wieviele Mühe es sie kostet, diesen Schein aufrecht zu erhalten und wie absurd eigentlich dieses scheinbar so normale Verhalten im logischen Sinne wirkt. Durch ihre Augen sieht man die Welt in ihrer Irrationalität und bald schon drängt sich die Frage auf, wer hier eigentlich zu den 'Normalen' gehört.
    Doch ebenso deutlich wird, wie wichtig diese vermeintliche Irrationalität ist. Keiko zieht, ganz rational, den Sinn ihres Lebens allein aus ihrer Arbeit. Als diese wegfällt, bricht ihr Leben in sich zusammen: Weshalb soll sie sich noch pflegen, regelmäßig schlafen, essen, trinken?
    Ein dünnes Büchlein (gerade einmal 141 Seiten hat es), das einem nicht nur die Absurditäten unseres Lebens vor Augen führt, sondern auch nach meinem Empfinden ein Appell für mehr Menschlichkeit ist.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Klappentext:

    Keiko Furukura ist anders. Gefühle sind ihr fremd, das Verhalten ihrer Mitmenschen irritiert sie meist. Um nirgendwo anzuecken, bleibt sie für sich. Als sie jedoch auf dem Rückweg von der Uni auf einen neu eröffneten Supermarkt stößt, einen sogenannten Konbini, beschließt sie, dort als Aushilfe anzufangen. Man bringt ihr den richtigen Gesichtsausdruck, das richtige Lächeln, die richtige Art zu sprechen bei. Keikos Welt schrumpft endlich auf ein für sie erträgliches Maß zusammen, sie verschmilzt geradezu mit den Gepflogenheiten des Konbini. Doch dann fängt Shiraha dort an, ein zynischer junger Mann, der sich sämtlichen Regeln widersetzt. Keikos mühsam aufgebautes Lebenssystem gerät ins Wanken. Und ehe sie sichs versieht, hat sie ebendiesen Mann in ihrer Badewanne sitzen. Tag und Nacht.


    Autorin:

    Sayaka Murata wurde 1979 in der Präfektur Chiba, Japan, geboren und arbeitet selbst in einem Konbini. Für ihre literarische Arbeit erhielt sie bereits mehrere Auszeichnungen, unter anderem den Noma-Literaturpreis für Nachwuchsschriftsteller und den Mishima-Yukio-Preis. Ihr Roman "Die Ladenhüterin" gewann 2016 mit dem Akutagawa-Preis den renommiertesten Literaturpreis Japans.


    Allgemeines:

    Erscheinungsdatum: 9. März 2018

    Seitenanzahl: 145

    Verlag: Aufbau

    Originaltitel: Konbini Ningen


    Eigene Meinung:

    Bitte bitte mehr davon! Ich bin verliebt!

    Sayaka Muratas Schreibstil hat mich sofort gefesselt. Nüchtern erfasst Keiko ihre Umwelt. Sie versteht nicht, warum manche Menschen Dinge kompliziert machen und ist mit sich und der Welt im Reinen. Keiko arbeitet und lebt für ihre Arbeit in einem Konbini. Doch aus ihrem Umfeld wird sie ständig gefragt, wann sie denn heirate, ob sie denn ewig als Aushilfe arbeiten wolle, wolle sie denn kein Kind?

    Mir gefällt sehr wie Murata aus Keikos Sicht diese Situationen beschreibt und wie sie uns das Denken in Japan näher bringt. Doch bei weiterem Lesen des Romans wird einem auch klar, dass die Manipulation von außen nicht nur in Japan der Fall ist. Die Autorin gibt jedem auf den Weg seinen eigenen Weg zu finden und das man mit sich selbst im Reinen sein sollte. Das Ganze aber ganz unspirituell und unterhaltsam.


    Fazit: Mich hat das Buch sehr gut unterhalten und ich werde es sicher nochmals lesen und die Autorin im Auge behalten! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb::love:

  • Nachdem mir die ersten 40 Seiten sehr gut gefallen haben, bin ich insgesamt nun doch etwas enttäuscht.


    Ich mag alles, was die Autorin bezüglich des Konbini schreibt und wie sich Keiko verändert (über ihr Verhalten musste ich öfter lachen, schon bisschen verrückt, die Gute) aber Shiraha hat mir die Leselust genommen.

    Für mich ist er zu gemein zu Keiko (und das in einem Land, in dem Höflich so wichtig ist). Er wiederholt sich mit seinen nervigen Ansichten auch immer wieder. Das ist etwas schade, weil das Büchlein eh so kurz ist.


    Also mein Fall ist „Die Ladenhüterin“ nicht ganz; :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: wurden es letztlich.

  • Original : Japanisch, Konbini Ningen (コンビニ人間 ), 2016


    INHALT :

    Seit ihrer Kindheit lebte Keiko Furukura stets etwas besonders und wie abgerückt und versetzt zu ihren Kameraden und der Umwelt. Nun, sechsunddreissig Jahre alt, ist sie Verkäuferin in einem « konbini », jenen japanischen Kleinsupermärkten, die 24 h offen sind. Seit achtzehn Jahren auf dem Posten hat sie keineswegs die Absicht, ihren Laden zu verlassen. Und das zum Leidwesen ihrer ganzen Umgebung, die diesen « miesen » Job nicht schätzen und ebenfalls nicht verstehen, dass Keiko immer noch alleine lebt, während doch ihre Freundinnen alle verheiratet sind und Kinder haben. Wird sie die beständigen Urteilen der Gesellschaft vermeiden oder umgehen können ? Wie lange ?


    BEMERKUNGEN :

    Das kann schon für die einen als groteske Geschichte gelten : Ist es denn wirklich möglich, einen so geringgeachteten Job in einem typisch japanischen Rund-um-die-Uhr-Kaufmarkt zu schätzen ? Aber unsere Keiko findet dort eine Sicherheit, einen beruhigend gleichmässigen Rahmen in einer rhythmischen, formatierten Arbeit. Nicht etwa einfach das Vergessen grosser Probleme, sondern tatsächlich eine Form des Glücks, ja, eines Sinns : Teil eines Ganzen zu sein (der Gruppe im Konbini), und eine Funktion einfach hervorragend und geschmeidig, wenn auch etwas automatisch und formatisiert, auszufüllen. Sie hat ihren Platz gefunden.


    Aber wie kommt das bei den anderen an ? Im Umfeld der nun schon meist verheirateten und kinderhabenden Freundinnen ? Nein, definitiv : Keiko erfülle doch nicht die ihr zugedachte Rolle und bringt die Werteskala durcheinander ! Solch ein lausiges Jöbchen ! Und dazu noch : Keiko scheint nicht nur keine feste, sondern noch nicht einmal eine lockere Beziehung und sexuellen Kontakt zu haben ! Und das mit 36 ! Nein, die ist nicht in eine Form zu kriegen, erfüllt weder die Rolle, die ihr die Gesellschaft zudenkt als auch die Schematas, die die Freunde von einem « normalen » Leben haben. Doch warum eigentlich sollten andere entscheiden, worin denn nun eine rechter Platz besteht ?


    Keiko, ist nicht einfach eine nach Unabhängigkeit strebende Rebellin oder in gewissem Sinne « Feministin », denn zur selben Zeit strebt sie als Vorbildverkäuferin danach, sich in einer Vielzahl von Einzelheiten den vorgeschriebenen Gesten und Formeln der Arbeit unterzuordnen. Ja, darin besteht sogar ein Glück, sich einzufügen, und Teil eines Ganzen zu sein ! Bräche dies zusammen, würde sie ebenfalls flachliegen.


    So wird dieser kleiner, total originaler Roman zu einer Anfrage an die so genannte Normalität und Identität, an Rollenverständnisse, die man anderen und sich selbst zuordnet ? Daraus entkommen ? Zeitweilige Versuchung Keikos… Wird sie etwa ein Ablenkungsmanöver initiieren ?


    Ja, man kann diesen Roman für grotesk, bizarr, schräg oder irreal bezeichnen, aber er wird noch einschneidender und realistischer, wenn man weiß, dass die Autorin viel von ihren eigenen Erfahrungen hat einfliessen lassen. Nachdem sie für dieses Werk den bekannten Akutagawa-Preis erhalten hat ging sie wieder zurück, in ihr Supermärktchen, und arbeitet nach achtzehn Jahren weiter...


    Für mich eine echte Entdeckung ! Mal sehen, ob der Roman einen Weg in die deutsche Bücherwelt finden wird ?


    AUTORIN :

    Sayaka Murata (村田 沙耶香, Murata Sakaya?, 14.August 1979) ist eine japanische Schriftstellerin. Tochter eines Richters und einer Hausfrau arbeitet sie seit nun mehr als achtzehn Jahren in japanischen Konbinis. Die regelmässigen Arbeitszeiten kämen ihr sehr entgegen, denn in ihrer freien Zeit schriebe sie ! Als Studentin an der Universität hatte sie Schreibunterricht beim Autor Akio Miyahara.


    Bisher erschienen :

    Gin’iro no uta (ギンイロノウタ?), 2009, Preis Noma für neue Schriftsteller

    Shiroiro no machi no, sono hone no taion no (しろいろの街の、その骨の体温の), 2013, Preis Mishima

    Konbini, jap. :Konbini Ningen (コンビニ人間?), 2016, Preis Akutagawa

  • (Heute morgen beendet und die Rezensionen gelesen)


    Den hier geäusserten vorwiegend positiven Rezensionen kann ich mich nicht unbedingt anschliessen. Es war etwas zu viel auf „Funktionalität“ ausgelegt, zu unterkühlt, jedoch nicht konsequent durchdacht, denn Keiko


    Zitat von Sayaka Murata

    Dennoch schien mir Schweigen das beste Mittel zu sein, um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Es war einfach die vernünftigste Strategie.


    …beschränkte ich meine Kommunikation weiterhin auf das Nötigste.


    Denn im Konbini entwickelt sie sich zu einer richtigen Plaudertasche, insbesondere wenn sie die andern Mitarbeiter nachahmt.


    Ich bin mir durchaus bewusst dass es Menschen wie Keiko gibt welche sich in einer streng geregelten Lebensart bewegen müssen um den Alltag zu überstehen, ihren kleinen überschaubaren Kosmos haben. Sollte dieser ins Wanken kommen ihr ganzes sorgsam aufgebautes Gefüge ins Wanken gerät.


    Ebenso ist mir klar was die Autorin mit dieser kurzen Geschichte vermitteln will. Jedoch diese könnte man ebenso gut in der westlichen Welt ansiedeln. Denn wir sind gar nicht so weit entfernt der japanischen Lebensart, auch hier eckt an wer nicht der Norm entspricht, auch hier zählt zum höchsten Gut Fleiss und Höflichkeit. Ohne zynisch zu sein, wir sind ebenso eingebunden in eine gut funktionierende Gesellschaft, merken es einfach nicht mehr weil alltäglich,.

    Was ich damit sagen will, ich verstehe nicht ganz weswegen ausgerechnet um diese japanische Geschichte ein solch Hype gemacht wird.

    Mir scheint sie überhaupt nicht aussergewöhnlich zu sein, trotz der schönen und präzisen Sprache. Jedoch löst sie keinerlei Empfinden aus.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • ich verstehe nicht ganz weswegen ausgerechnet um diese japanische Geschichte ein solch Hype gemacht wird.

    Mir scheint sie überhaupt nicht aussergewöhnlich zu sein, trotz der schönen und präzisen Sprache. Jedoch löst sie keinerlei Empfinden aus.

    Hm, vielleicht liegt es genau daran? Ich mag die japanische Literatur gerade aus dem Grund sehr gerne. Es wird meistens emotionslos und, wie du schreibst, funktional, geschrieben. Und das war auch viel davon, was das Buch für mich ausgemacht hat. Gerade dieses nicht bewertetende der Situation verleitet doch dazu nochmal anders darüber nachzudenken. Bei der Verlegung ins Westliche stimmt ich dir zu, das hatte ich in meiner Rezi ja auch geschrieben, aber ich denke, dass gerade diese Nüchternheit der Schreibweise, die wirklich für japanische Autoren typisch ist, das Fünkchen ausmacht, weshalb es zumindest bei mir gut angekommen ist. Und ich finde auch dein Zitat passt genau in dieses Buch. Denn sie refkletiert ja im Grunde, dass es aus ihrer Sicht am Einfachsten ist, einfach nichts zu sagen und der Gesellschaft somit keine Angriffsfläche zu bieten. Doch kann sie auch nicht aus ihrem Innersten, im Konbini fühlt sie sich wohl, da ist sie sie selbst und versucht sich dennoch irgendwie anzupassen (Sprache) ob nun bewusst gewollt oder nicht. Ich finde, dass es sehr gut diesen Zwiespalt wiederspiegelt.

  • pralaya klare Worte, danke kann ich durchaus nachvollziehen. Auch ich mag japanische Literatur, mag ihre klar strukturierten Geschichten.


    Jedoch hier hat mich einiges gestört, habe länger gebraucht um zu realisieren was es war. Es sind eigentlich nur Kleinigkeiten, aber in ihrer Anhäufung störend. Zu Beginn der Geschichte entsteht ein klares Bild von Keiko. Jedoch im Verlauf dieser ist es ein zu grosses Hin und Her, sie bewegt sich zu sehr auf verschiedenen Ebenen und wird ihrer Persönlichkeit somit nicht gerecht. Wie dieser Satz, solche Worte passen einfach nicht zum Wesen von Keiko.

    Zitat von Sayaka Murata

    Ich wiederholte wortwörtlich Frau Sugawaras Äusserung. »Echt jetzt! Hat der wieder geschwänzt? Wo wir eh unterbesetzt sind? Unfassbar!

    Es klingt so , wow....das ist die angepasste Keiko einfach nicht. (Es gibt weitere solcher Sätze)


    Oder dann, ich las das E-Book, die ständigen Wiederholungen des Wortes "Normal" - "Normalität" . Zwischen Seite 81 und 87 fielen diese Worte siebenmal. Das empfand ich so was von penetrant, ich fand fast nicht mehr heraus aus und wirkte nur noch schwatzhaft, auch wie sie sich mit Shiraha darüber unterhielt -

    Zitat von Sayaka Murata

    Sie beschimpfte ihn, weil sie ihn für einen »der Ihren«, also für einen normalen Menschen hielt. Eine »normale« Schwester mit ein paar Problemen machte sie weitaus glücklicher als eine »unnormale« ohne Probleme.

    Es sind die unterschiedlichen Reaktionen von Keiko welche für mich einfach nicht stimmig waren. Denn bei dieser Situation reagiert sie wieder genau so wie man sie sich vorstellt.

    Zitat von Sayaka Murata

    »Ja, meine ich. Behalten Sie Ihre verdorbenen Gene bis zu Ihrem Lebensende für sich, nehmen Sie sie bei Ihrem Tod mit in den Himmel und lassen Sie nicht das winzigste bisschen davon auf dieser Erde zurück!


    Diese Schwägerin war wirklich ein Mensch, der logisch denken konnte. Ich war voller Bewunderung.

    Gut im ersten Beitrag schrieb ich "Jedoch löst sie keinerlei Empfinden aus". Das müsste ich wohl etwas präzisieren. Damit meinte ich sie berührte mich nicht, ich las sie zwar, fand einiges ärgerlich, einiges nicht logisch aufgebaut, jedoch wie ich die letzte Seite zuklappte blieb nichts zurück.

    Ich weiss, vielleicht konzentrierte ich mich bei dieser Erzählung zu fest auf allenfalls unwichtige Details, wobei doch die Aussage dieser auf dieses eigentlich unwürdige Muster des alltäglichen Lebens wie es von jedem einzelnen erwartet wird hinweist.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ich weiss, vielleicht konzentrierte ich mich bei dieser Erzählung zu fest auf allenfalls unwichtige Details, wobei doch die Aussage dieser auf dieses eigentlich unwürdige Muster des alltäglichen Lebens wie es von jedem einzelnen erwartet wird hinweist.

    Du scheinst dich da ja nicht speziell drauf konzentriert zu haben, sondern dich hat es beim Lesen ja gestört, also finde ich es nicht unwichtig. ich muss allerdings gestehen, dass ich das Buch wirklich nochmal lesen müsste, denn ich gestehe, als ich es gelesen habe, war ich wirklich wie gefangen und habe es auch in einem Rutsch gelesen. Ich war wie verzaubert und mir ist dergleichen nicht aufgefallen. Ich wollte es eh nochmal lesen, aber wann ich das mache, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht, hab da noch ein paar Rezi-Exemplare liegen.


    Ich hatte es damals nur so empfunden, dass Keiko immer wieder hin und hergerissen ist zwischen sich selbst und der Gesellschaft, die sie prägen soll, bzw. der sie sich bitte anzupassen hat. Das hatte sich auch in den Gedanken gespiegelt. Aber um die direkten Zitate nochmal im Gedächtnis zu haben, müsste ich es wirklich nochmal lesen :uups:

  • Ich bin mir nicht bganz sicher, ob ich Eure letzten Bemerkungen richtig verstanden habe, doch fallen mir folgende Sachen noch ein:


    Meines Erachtens liegt die Originalität nicht an einem Nischendasein des Themas. Denn es ist tatsächlich universal, und in dem Sinne auch bei uns anzutreffen. Angesiedelt ist es hier halt in Japan, und dort ist der gesellschaftliche Druck zu einer "Rolle" wahrscheinlich und durchaus noch höher als bei uns (das selbe gilt sicher auch für Südkorea oder Hongkong!). Was nicht heisst, dass es solchen Druck, und solches Handeln bei uns nicht gäbe!


    Aber ich finde doch die Ausarbeitung relativ selten. So universal eben das Thema ist fand ich die Ansiedlung des Themas der Anpassung, der Rolle einerseits, bzw des Andersseins hier in einem Konbini echt gut. Es mag seltsam erscheinen, dass Keiko nicht aus einem Guß für manche erscheint: nun, ist sie eine Plaudertasche oder halt eher "isoliert" und zufrieden in ihrem relativ sozialarmen Leben? Ich dachte dabei: Kommt das nicht in einem Leben oft zusammen, dass sich verschiedene Bereiche fast zu widersprechen scheinen? Hier ist man so, dort so? Sind wir eben nicht komplexer als man zunächst denkt, und das heißt auch: widersprüchlicher, nicht so nur aus einem Guß?


    Dabei ist das Imitieren der anderen echter Mimetismus, und zwar gesteuerter, um eben nicht aufzufallen, sondern "dazuzugehören". Keiko ist sich einerseits ihres Andersseins bewusst, und will irgendwo eben dabei bleiben, aber ohne dauernd angemacht zu werden.

  • Sayaka Murata - Die Ladenhüterin

    Japanische Außenseiter

    Ein Buch über zwei Außenseiter in Japan. Ein Land in dem die Gleichförmigkeit der Individuen ein wichtiger Aspekt der Kultur ist/war. Die Hauptpersonen, Keiko Furukara, 36-jährige Protagonistin, fiel ihrer Umgebung schon in jungen Jahren negativ durch fehlende Empathie auf, da sie selbst diese negativen Empfindungen der Umgebung nicht nachvollziehen kann, entschließt sie sich, sich in sich selbst zurückzuziehen, und versucht einfach Personen ihrer Umwelt nachzuahmen um nicht negativ aufzufallen. Genau aus diesem Grund sucht sie sich auch einen Aushilfsjob in einem Supermarkt und fängt diesen 18-jährig an. Und über die folgenden 18 Jahre verschmilzt sie förmlich mit diesem Job, er wird ihr Lebenszweck. Die zweite Person ist Herr Shiraha, kommt zur Aushilfe in die Supermarktfiliale, ein Kritiker des Systems an sich, aber eigentlich nur darauf aus, jemanden zu finden, der ihn aushält. Er unterbreitet Keiko seine Sichten darüber, was einen Menschen in der Gesellschaft zu einem wertvollen Mitglied macht, seine Arbeitskraft für die Gesellschaft und seine Zeugungskraft zum Erhalt der Gesellschaft. Alle anderen werden ausgegrenzt. Und Keiko überlegt und handelt … . Den Sarkasmus in diesem Buch finde ich schon hervorragend. Aber trotzdem finde ich solche Aussagen als sehr einfach, zu sehr Schwarz/Weißdenken. Jedes Individuum grenzt doch das aus, was es nicht verstehen kann bzw. will. Und Sichtweisen sind doch hoffentlich bei jedem Individuum verschieden. Sicherlich ist das in der japanischen Welt noch etwas Anderes. Aber ich denke doch das Menschen rein gefühlstechnisch überall auf der Welt ähnlich ticken/empfinden, die kulturellen Prägungen kommen nur zu den sozialen hinzu. Aber auf jeden Fall eine originelle Geschichte, die auch einen großen Sog besitzt.

  • Themen wie Anpassung in einem sozialen Gefüge, Leben als Außenseiter, Verhaltensauffälligkeiten sind die Themen des Buches. Die Autorin hat es auch sehr gut hinbekommen diese wichtigen Aspekte anzusprechen und darzustellen, am Beispiel der Protagonisten. Diese waren durchaus interessant zu beobachten.


    Doch die Voreingenommenheit gegenüber anders denkenden und anders "funktionierenden" Menschen, ist leider, nicht nur in Japan der Fall. Man kann die Parallelen deutlich auch zum Leben in anderen Staaten erkennen. Dass die Außenseiter ein Leben am Abseits der Gesellschaft führen müssen, und Schwierigkeiten haben ist ein weltweites Problem, würde ich, sagen.


    Allerdings als "Sensation aus Japan", wie der Roman angepriesen wurde, würde ich das Buch nicht bezeichnen. Es ist nett, es ist interessant, es ist verständlich, was die Autorin vermitteln wollte in Hinblick auf das Zusammenleben in einer japanischen Gesellschaft. Doch für einen umfassenden Einblick in die Gesellschaft Japans ist es zu wenig und zu kurz in meinen Augen.


    Doch alles in allem habe ich das Buch gerne gelesen, und es hat mir gut gefallen. Eine Geschichte zum Nachdenken, die jedoch noch sehr viele Fragen offen lässt.

    2024: Bücher: 91/Seiten: 40 202

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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