Kristine Bilkau - Eine Liebe, in Gedanken

  • Dies ist ein berührender, aber nie kitschiger Roman, in dem zum Einen eine Tochter versucht, sich nach dem Tod ihrer Mutter vorzustellen, was für ein Mensch sie war. Und zum Andern eine Liebesgeschichte, die schon lange zurückliegt.

    Als die Mutter stirbt, bleibt ihre Tochter mit schlechtem Gewissen zurück. Viel zu wenig Zeit verbrachte man in den letzten Wochen, Monaten, Jahren miteinander. Was weiß sie überhaupt von ihr? Wie war sie als junge Frau? Wie war das mit ihrer großen Liebe, damals, mit der sie sich in Hongkong ein gemeinsames Leben aufbauen wollte?
    Abwechselnd liest man, wie die Tochter mit dem Verlust klar kommt und die Auflösung des Haushalts die Erinnerungen an ihre Mutter hervorbringt sowie das, was damals tatsächlich geschah. Die Liebesgeschichte zwischen ihr, Toni, und Edgar, Mitte der Sechziger Jahre. Die Geschichte einer lebenslustigen, intelligenten und selbstbewussten jungen Frau, die die Welt kennenlernen wollte, aber nicht um jeden Preis. Den Preis ihres selbst bestimmten Lebens zum Beispiel, wofür sie auch Entscheidungen traf, die ihr ganzes Leben änderten.

    Kristine Bilkau gelingt es gut, den Tonfall der trauernden Tochter so wiederzugeben, dass man auch ohne Klagen und Jammern die Liebe und den Verlust spürt, den diese empfindet. Aber auch die Stimme der jungen Toni ist gut getroffen: ein bisschen frech, neugierig auf die Welt und trotz mancher Zweifel durchaus selbstbewusst. Ein gelungenes Porträt wie auch eine überzeugend wirkende Darstellung der damaligen Verhältnisse in den Sechzigern.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Das Fräulein Sonntag und der Herr mit den Problemen


    Als Edgar einmal über sich und Antonia sinniert, bezeichnet er sie als das Fräulein Sonntag und sich selbst als den Herrn mit den Problemen. Wie wahr scheint diese Erkenntnis, die sich durch das ganze Buch zieht.


    "Eine Liebe, in Gedanken" von Kristine Bilkau handelt von Antonia und Edgar, zwei jungen Menschen, die sich in den 1960er Jahren, einer Zeit des Um- und Aufbruchs in Deutschland, kennen und lieben lernen. Antonia, eine selbstbewusste Frau, die weiß, was sie will, verliebt sich Hals über Kopf in Edgar, der eher unzufrieden und nachdenklich sein Dasein fristet. Als er die Chance seines Lebens in Hongkong sieht, beschließen die beiden, dort zusammen Fuß zu fassen. Doch es kommt anders als geplant. Edgar beendet noch vor Antonia's Nachzug nach China die Beziehung, scheinbar grundlos.

    Jahrzehnte später, nach Antonia's Tod begibt sich deren Tochter auf Spurensuche nach der vermeintlich einzig wahren und lebenslangen Liebe ihrer Mutter. Sie hat den Wunsch, den inzwischen über 70-jährigen Edgar zu treffen, um ihn nach dem Warum zu fragen.


    Durch permanente Szenenwechsel und eine außerordentlichen Schreib- und Erzählstil schafft es Kristine Bilkau, Gegenwart mit Vergangenheit zu kombinieren. den Zeitgeist perfekt einzufangen und ihren Protagonisten Gesichter zu geben. Besonders gelungen ist ihr in meinen Augen die Figur Antonia, die sie hervorragend porträtiert. Das Geschehen springt von Damals zu Heute und gestaltet sich bildreich und emotional. Am Ende stellt sich nicht nur Antonia's namenlose Tochter viele Fragen, auch der Leser hat die Hoffnung auf klare Antworten, die jedoch nicht vollkommen erfüllt wird.


    Insgesamt hat mir der Roman gut gefallen, obwohl sich das Geschehen für meinen Geschmack ein wenig hinzog, wartete ich doch sehnsüchtig auf die Begegnung und Aussprache zwischen Edgar und Antonia's Tochter und vor allem auf Erklärungen. Ich musste bis zum Schluss warten und blieb danach nicht restlos glücklich zurück.


    "Eine Liebe, in Gedanken" von Kristine Bilkau, ungewöhnlich und unkonventionell und gerade deshalb vielleicht lesenswert, auch wenn es schon eine Menge Bücher über Mütter-Töchter-Beziehungen und zeitlebens unerfüllte Liebesbeziehungen gibt. Mit einem Happy End und wesentlich mehr, als die Inhaltsangabe bereits verrät, sollte man allerdings nicht rechnen.

  • Kristine Bilkau - Eine Liebe, in Gedanken

    Liebesglück und Liebesleid

    Ein Roman mit großer Sogwirkung, in einfacher Sprache geschrieben. Es wird die Geschichte einer wunderbaren und sehr starken Frau erzählt. Und das habe ich bei diesem Roman sehr genießen dürfen. Ich konnte mich gut in Antonia reinversetzen und konnte sie auch in vielem gut verstehen. Und wenn man überlegt wann diese Geschichte spielt, finde ich ihre Art und ihren Charakter einfach wunderbar erfrischend. Etwas komisch finde ich ihre Tochter, ist eigenartig warum sie so anders wirkt bei so einer starken Mutter. Aber vielleicht gerade deswegen. Im Buch heißt es ja, dass die Tochter vieles, was die Mutter immer gemacht hat, nicht mehr sehen mag.


    "Eine hatte nach Freiheit gesucht.

    Ihre Tochter hatte sich nach Beständigkeit gesehnt.

    Und deren Tochter sehnt sich wieder nach Freiheit."


    Es ist die Geschichte von Antonia, einer starken Frau, die weiß was sie will. Und auch immer alles tut, um zu bekommen was sie will. Sie ist stark und autark, ihre Eigenständigkeit/Freiheit ist ihr sehr wichtig. Sie verliebt sich in ihren Edgar und ergreift dabei in vielen Dingen selbst die Initiative, wie auch in ihrem gesamten Leben. Und das in einer Zeit, wo das bei Frauen noch nicht ganz so selbstverständlich war. Sie ist in ihrer Liebe zu Edgar aber auch manchmal dabei ihre Prinzipien etwas zu verändern, andere Gedanken zu empfinden. Und das gefällt ihr nicht immer. Sie ist also gefangen in ihren Lebensentwürfen und ihren Gefühlen. Ihr Edgar ist nicht ganz so stark wie sie, ist nicht immer bereit dem Leben die Stirn zu bieten. Ist aber von ihrer Stärke fasziniert, aber auch etwas verwirrt. Edgar geht schließlich wegen seiner Arbeit nach Hongkong. Antonia bestärkt ihn sogar in diesem Vorhaben. Es ist die Rede davon, das Antonia dann nachkommen wird, wenn Edgar ihnen in Hongkong etwas aufgebaut hat/eine Wohnung für sie beide existiert. Antonia wartet auf diesen Tag, die beiden haben Briefkontakt und schlussendlich kommt ein Telegramm in dem sie aufgefordert wird, die Brücken hinter sich abzubrechen und ihre Abreise nach Hongkong kurz bevorsteht. Antonia macht das und wartet ... . Sie wartet ein Jahr bevor sie sich neu organisieren wird.


    Der Roman wird von zwei Sichtweisen getragen, einmal erzählt Antonia selbst, dann wieder ihre Tochter. Es geht um das große Thema Liebe, und die vielen Irrungen und Wirrungen, die mit diesem Thema einhergehen. Dieses Buch macht nachdenklich. Was ist richtig ? Was ist falsch ? Wie weit kann man gehen ? Und ab wann ist Schluss ? Was macht eine große Liebe mit einem ? Wie geht man dann im weiteren Leben mit so einer Erfahrung um ? Dieses Buch zeigt uns Antonias Leben, wie sie mit dem Thema Liebe umging und wie die Tochter einen nachdenklichen Blick auf das Leben ihrer Mutter wirft.


    Ein schönes Buch, eine schöne Geschichte ! Unbedingt lesen !