Original : Дон Домино (Russisch, 1994)
INHALT :
Weit ab vom Schuss : eine verlorene Bahnhofsstation, die « Neunte », in den Weiten Russlands und verbunden mit Dreck, Kälte, und dem ewig-anhaltendem Kohlgeruch. Und jede Nacht der Zug Null, der vorüberrast : zwei Loks vorneweg, hundert plombierte geheimnisvolle Wagen, zwei Loks hintendran. Niemand weiss, woher er kommt, wohin er fährt, was er transportiert. Doch die ganze Station mit ihrem Personal ist auf ihn ausgerichtet.
BEMERKUNGEN :
Schon vor Jahrzehnten – waren es die 30iger Jahre ? - kamen sie in diesem Niemandsland an : Bauleute, Bahnwärter, Sägewerker für die Schwellenbretter, Prostituierte…, und bauten diese Bahnstation auf. Einziges Ziel : Die Herstellung dieser Bahnlinie, auf der ein mysteriöser Zug Null jeden Tag durchlaufen soll. Im « Heute » der ersten Abschnitte (postsowjetisch?!) sind die Gleise abgebaut und die Leute verlassen nach und nach diese Wüste. Alle, außer Iwan Ardabejew, auch « Don Domino » genannt (von daher der russische Titel).
Alles war ausgerichtet, zentriert, konditionniert auf diesen einen geheimnisumwitterten Zug – und ? War das nun alles vorbei, eine grosse Illusion ? Worin bestand denn nun der Sinn der Arbeit, ja : des Lebens ? Hatte man nicht alles geopfert, um in diesen Weiten zu Befehl zu stehen, und ein kleines Zahnrädchen zu sein ? Oder hatte man sich - künstlich ? - selber einen Lebensgrund, -sinn geschaffen, der hinfällig war, sinnlos geworden ist, oder immer schon gewesen war ? Leben wir nun unsere « kleine Aufgabe » ohne uns in Frage zu stellen und den größeren Zusammenhang zu suchen ? Einigen Stationsleuten reicht es nicht aus : man geht auf die Suche, man diskutiert. Iwan aber bleibt treu, versteht nur Bahnhof. Er findet in Rastlosigkeit Aufgehobenheit, Trost und (wechselnde) Heimaten in den mehr oder weniger grossen Frauengestalten seines Lebens, darunter vor allem Fira…, einer geheimnisvollen Jüdin, voller Feuer.
Gelingt es mir auszudrücken, wie dieses kleine große Werk realistische Elemente (der Stalinzeit, der Sowjetunion, der Auflösung der Union…) verbindet mit den ganz großen Lebensfragen nach Sinn und Unsinn, Illusion und Enttäuschung ? Dies auf symbolische und auch leicht absurd-kafkaeske Weise. So wurde auch hier und da ein Kafka zitiert. Oder, wer ihn kennt, der große Dino Buzzati mit seiner « Tartarenwüste ». Ich dachte stark ebenfalls an Samuel Beckett und sein « Warten auf Godot ». Sprachlich aber liegt das Buch noch woanders : teils ausufernde Sätze, dann zackig-hackig-kurz, spritzig, überbordend.
In Russland ist der Autor wohl schon sehr anerkannt. Er könnte dann bei den ersten Übersetzungen ins Deutsche auch bei uns einschlagen – er hätte es verdient ! Und ich versuche, ihn im Auge zu behalten.
AUTOR :
Juri Wassiljewitsch Buida (Russisch : Юрий Васильевич Буйда) wurde am 29.8.1954 in Znamensk, in der Gegend von Kaliningrad (ehemals Königsberg), geboren. 1982 beendete er die Universität Kaliningrads, und arbeitete anschliessend als Photokorrespondent, Journalist und stellvertretender Direktor einer Zeitschrift. Seit 1991 lebt er in Moskau und publizierte in Russland seit 1992 mehrere Romane. Er hat dort ein enormes Prestige. Oben rezensierter Roman stand 1994 auf der Shortlist des Russischen Booker Preises.
Siehe auch Blog: http://yu-buida.livejournal.com/
Paperback: 140 pages
Publisher: Dedalus Ltd; Translation edition (25 May 2006)
Language: English
ISBN-10: 1903517524
ISBN-13: 978-1903517529