Das wird eine etwas ungewöhnliche Rezension für mich - denn obwohl mir die Rahmenhandlung um die dämonische Amber, ihren Begleiter Milo und die teuflischen Gegenspieler auf ihre rasante Art super gefällt, hat Derek Landy viele Botschaften in seiner Geschichte, die mir wirklich wichtig sind und mir aus dem Herzen sprechen. Deshalb möchte ich euch hier zeigen, dass man auch in so einer bissigen, actiongeladenen und auch brutalen Unterhaltungsreihe sehr viel Tiefgang finden kann!
Den Klappentext spare ich mir hier, um Nichtkennern der Reihe Spoiler zu ersparen.
Worum es geht: wie der Originaltitel schon sagt, um "American Monsters", um Dämonen, um Höllenfürsten und die mittlerweile 17jährige Amber, die auf Rache aus ist. Aber eben nicht nur um das offensichtlich Böse, sondern auch um die kleinen oder auch größeren dunklen Seiten, die jeder in uns trägt, und wie damit umzugehen ist.
Manche vergleichen die Geschichte ein bisschen mit der Serie "Supernatural" und es gibt auch einge Grundzüge, die ähnlich sind, denn Amber ist mit dem kampferprobten Milo in einem Dodge Charger auf den Straßen Amerikas unterwegs, um Dämonen zu jagen - zumindest war es bisher so. Doch Amber musste ihre Prioritäten mehr als einmal umschmeißen und sich den Gegebenheiten anpassen, denn nicht alles läuft immer so, wie man es sich vorstellt.
Es geht um Dämonen: dabei wird es brutal und mit gewalttätigen Szenen spart Derek Landy hier wahrhaftig nicht. Gerade im ersten Drittel ging es nicht viel um Handlung, sondern um das brachiale Leben, dass Amber mittlerweile sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen ist. Natürlich wie immer gewürzt mit den genialen trockenen und sarkastischen Dialogen zwischen Milo und ihr, die mir immer wieder ein sardonisches Grinsen ins Gesicht zaubern
Trotz der vielen Action und der "Hau drauf" Mentalität baut Derek Landy aber viele Fragen und Probleme mit ein, die er zwar direkt anspricht, aber vielleicht in dem ganzen Spektakel um Ambers Vergeltungsmaßnahmen untergehen könnten, mir aber immer wieder ins Auge gesprungen sind. Sie hat sich ja mittlerweile an ihr neues Dasein angepasst und genießt nach wie vor ihre "Böse Seite", ihr dämonisches Aussehen, dass sie schöner macht, begehrenswert und die Blicke auf sich zieht. Ganz anders als das Bild, dass sie als "normales Mädchen" von sich hat: zu unauffällig, zu dick und einfach unscheinbar.
Ich denke, dass es vielen Mädchen und Frauen so geht, gerade durch die geschönten Bilder und Fotos aus der Presse, wie "Frau" heutzutage aussehen soll und ja auch aussehen kann, wenn man nur alles dafür tun würde - ah ja ... Aber auch die Gefahren durch das Internet, in dem verglichen wird und auf den Fotos viele so retouchiert sind, dass man sie kaum wiedererkennt.
Für Amber ist diese dämonische Ader also sowas wie ein Geschenk, sie verwandelt sich in etwas besseres, schöneres, das Aufmerksamkeit verdient - und wie scheinbar einfach ist es, diese Maske aufzusetzen, sich zu verkleiden, zu tarnen und "die Sau rauszulassen", ohne an die Konsequenzen zu denken. Dabei werden alle schwächenden Gefühle überdeckt, versteckt und wie leicht scheint es auf einmal, sich stark und frei zu fühlen, eine Macht, die man nicht so gerne aufgeben möchte.
Derek Landy zeigt hier sehr gut, wie schnell Amber dabei vergisst, dass das alles nur Show ist, ein Traum, der natürlich Spaß macht und geträumt werden darf, und wie ernüchternd es ist, wenn er tatsächlich real wird!
Gerade das was man verstecken möchte ist das, was einen als Persönlichkeit ausmacht und was andere an einem schätzen, ja liebenswert finden; meist ohne dass man selbst es merkt!
Aber es ist auch eine Gratwanderung, denn manchmal muss man sich auch schützen, muss Stärke zeigen um sich nicht unterkriegen zu lassen, und da kann solche eine "Rüstung auch ein gutes Werkzeug" sein für schwierige Situationen. Nur sollte man diesen Panzer auch wieder ablegen können!
"Reue ist ein Werkzeug, Amber. Sie ist da, um dir zu helfen. Sie setzt sich in deinem Kopf fest und du wirst sie nicht mehr los. [...] Damit du ein besserer Mensch wirst", entgegnete er. "Du wirst weiter Fehler machen. Vielleicht wirst du Menschen weiter wehtun. Und jedes Mal, wenn du bereust, sticht wieder ein spitzer Stachel in dein Gehirn und verändert dich und die Art und Weise, wie du Dinge angehst." S. 200
Man darf Fehler machen - wichtig ist, Entscheidungen zu treffen! Jeder Mensch macht Fehler, manche deuten da sehr gerne drauf, andere wiederum sehen die Fehler immer nur bei sich selbst - aber das ganze Leben besteht daraus, denn niemand kann immer alle Folgen absehen über das, wofür man sich entscheidet und nur so kann man daraus lernen. Und ja, man darf seine Meinung im Laufe des Lebens auch ändern und neue Wege gehen, das ist nicht launisch oder inkonsequent, sondern zeugt von Offenheit und der Fähigkeit, dazulernen zu können.
Es gibt auch sehr schwerwiegende Entscheidungen, zum Glück nicht oft, aber auch diese müssen getroffen werden, manchmal auf Kosten anderer, manchmal muss man das ganz Schlimme gegen das weniger Schlimme abwägen, aber auch hier gilt: mit dem Herzen entscheiden. Denn auch wenn es vielleicht nicht zu dem Ziel führt, das man wollte, hat man zumindest aus der Sicht entschieden, die vom Gefühl her die richtige war.
So, das waren meine individuellen Eindrücke, die mich durch diese Reihe begleitet haben. Auch wenn Derek Landy nicht so in die Tiefe geht schneidet er das alles mit seiner Thematik sehr wohl an, was gerade bei diesem Genre sicher nicht so einfach war, authentisch rüberzubringen.
Große Action, triefender Sarkasmus, teuflische Grausamkeiten, auch das alles gibt es bei dieser rasanten Trilogie, die mich durchweg begeistert hat!
Fazit: 4.5 Sterne
© Aleshanee
Weltenwanderer