Carol Rifka Brunt - Sag den Wölfen, ich bin zu Hause / Tell the wolves I'm home

  • Kurzmeinung

    *Bücherwürmchen*
    Sprecherin top, jedoch konnte mich die Geschichte nicht berühren
  • Kurzmeinung

    Cordi
    Eine sehr bewegende Geschichte über Liebe, Tod, Vertrauen und Familie.
  • :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Es gibt Romane, in denen geht man so rettungslos verloren, dass man eine grundlegende Tatsache vergisst: die Charaktere sind nicht mehr und nicht weniger als das – nur Charaktere, in Worte gepresste Fiktion.


    Der Verstand weiß natürlich, dass sie genauso wenig 'echt' sind wie ihre Emotionen, aber das Herz spürt dennoch den Widerhall erdachten Glücks und erdachten Leids, wie Vibrationen einer tief tönenden Glocke.


    Ich habe mitgefiebert, mitgelitten, mitgehofft, mitgetrauert. Ich habe mich über Ungerechtigkeiten empört. Und ja, ich habe geweint. Bitterlich. Untröstlich. Wenn ich jetzt an bestimmte Szenen denke, spüre ich immer noch das heiße Brennen hinter den Augen.


    Wenn eine fiktive Geschichte dermaßen starke Emotionen beim Leser auslöst, dann sind diese mehr als fiktiv – dann nimmt man etwas mit in sein Leben, das bleibt.


    Vor allem aber habe ich das Buch geliebt, weil es so unglaublich authentisch ist. Die Emotionen, die es erzeugt, erzeugt es nicht durch billige Effekthascherei. Es drückt nicht mit kitschigem Pathos auf die Tränendrüsen – die Szene, die mich am meisten mitgenommen hat, wird in ruhiger, fast schon schlichter Sprache erzählt.


    Auch, wenn das Buch manchmal wehtut, ich würde es nicht umschreiben wollen. So, wie es ist, ist es für mich perfekt.


    Obwohl es auf den ersten Blick hauptsächlich um Trauer geht, kristallisieren sich nach und nach andere Themen heraus:Vergebung. Freundschaft. Familienzusammenhalt. Nicht nur für June und ihre Schwester Greta ist es ein Entwicklungsroman, auch die Erwachsenen in ihrem Leben müssen wachsen an dem, was sie erleben. Fast jeder muss Dinge loslassen und sich in anderen Dingen neu erfinden


    Und es geht um Aids, denn die Geschichte spielt zu einer Zeit, als man noch kaum etwas darüber wusste. Ich kann mich an diese Zeit erinnern: es gab keine wirksamen Medikamente, die Menschen waren verunsichert, viele glaubten, man könne sich schon durch einen Händedruck anstecken... Manche waren sogar der Ansicht, die Krankheit sei die 'gerechte Strafe' für Homosexuelle.


    "...bevor ich mich versah, hatte sie den Mistelzweig hervorgeholt und hielt ihn mit einer Hand hoch. Sie zog damit einen Bogen über unsere Köpfe, als schneide sie die Luft, als halte sie mehr in der Hand als ein Stückchen Ast aus Weihnachtsgrün und Beeren. Finn und ich blickten beide nach oben, und mein Herz zog sich zusammen. Für einen kurzen Augenblick, der vielleicht so lange währte wie ein Sandkorn im Stundenglas oder ein Tropfen in einem undichten Wasserhahn, trafen sich unsere Blicke, und Finn, mein Onkel Finn, durchschaute mich – zack – einfach so. In diesem winzigen Sekundenbruchteil erkannte er, dass ich Angst hatte, und er senkte meinen Kopf leicht nach unten und küssste mich mit einer so sanften Berührung auf den Scheitel, dass es sich eher anfühlte wie ein landender Schmetterling."
    (Zitat)


    Die Charaktere zeigen mehr und mehr eine große Tiefe. Die Geschichte wird aus Sicht der 14-jährigen June erzählt, die einen erstaunlich feinen Blick auf das Leben hat. In glasklaren Worten erklärt sie sich im Grunde selber ihre Welt, und das liest sich mal poetisch, mal spannend.


    Junes Schwester Greta und die Mutter der Mädchen machen es dem Leser manchmal nicht leicht. Ich habe mehr als einmal wütend umgeblättert, aber je besser June ihre Beweggründe versteht, desto deutlicher konnte ich sie nachvollziehen. Die Fassade bricht nach und nach auf, und dahinter zeigen sich alte emotionale Wunden und verletzte Einsamkeit.


    Auch, wenn es nach einem Klischee klingt: ich konnte das Buch kaum weglegen. Manchmal hätte ich mir gewünscht, in die Geschichte eingreifen oder die Zeit für die Charaktere zurückdrehen zu können. Für ein paar Stunden waren diese mehr für mich als Zeichen auf Papier - und sogar jetzt ertappe ich mich bei dem Gefühl, Freunde zu vermissen.


    | FAZIT |


    Die 14-jährige June liebt ihren Onkel Finn – mehr, als eine Nichte ihren Onkel lieben sollte, sie versucht jedoch, sich das nicht anmerken zu lassen. Aber Finn hat Aids, und als er stirbt, fühlt June sich vollkommen verloren mit ihrer Trauer; keiner scheint zu verstehen, wie tief Finns Tod sie erschüttert hat. Und der eine Mensch, dem es genauso geht, wird von ihrer Familie gehasst...


    Coming of Age, Familienroman, ein Buch über Trauer, Freundschaft und Liebe. Dieser Debütroman ist einiges, vor allem aber zutiefst bewegend und bittersüß.

  • Das wird mein nächstes Buch und nach deiner Rezi freue ich mich noch mehr darauf. Ganz lieben Dank! :love:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Verlag: Eisele Verlag

    Hardcover

    448 Seiten

    Erschienen am 23.02.2018


    Wurde mir als Ebook von Netgalley zur Verfügung gestellt.


    Inhaltsangabe laut Verlag:

    Manchmal verlierst du
    einen Menschen,
    um einen anderen zu gewinnen.

    New York, 1987: Eigentlich gibt es nur einen Menschen, der June Elbus je verstanden hat, und das ist ihr Onkel Finn Weiss, ein berühmter Maler. Als Finn viel zu jung an einer Krankheit stirbt, deren Namen ihre Mutter kaum auszusprechen wagt, steht in Junes Leben kein Stein mehr auf dem anderen. Auf Finns Beerdigung bemerkt June einen scheuen jungen Mann, und ein paar Tage später bekommt sie ein Päckchen. Darin befindet sich die Teekanne aus Finns Apartment – und eine Nachricht von Toby, dem Fremden. Wer ist dieser Mann, der behauptet, Finn ebenso gut zu kennen wie June selbst? Zunächst ist June misstrauisch, doch dann beginnt sie sich heimlich mit Toby zu treffen, und sie erfährt, dass es gegen Trauer ein Heilmittel gibt: Freundschaft und Zusammenhalt.


    Inhalt:


    Wir erfahren eine Geschichte, die von Trauer und Vorurteilen spricht erzählt in der ICH-Form von der Hauptprotagonistin June. June hat Ihren Onkel Finn an die Krankheit Aids verloren. In dem Jahr 1987 indem die Geschichte spielt ist Aids noch eine mit sehr vielen Vorurteilen behaftete Krankheit. Die letzte gemeinsame Zeit verbringt June mit Finn, als er ein Porträt von ihr und ihrer Schwester Greta malt. Nach seinem Tod erfährt June das Finn einen festen Partner hatte. Ihre Familie macht den Partner Toby für Finns Tod verantwortlich. Toby nimmt Kontakt zu June auf um mit ihr zusammen um Finn zu trauern. Zusammen erzählen die beiden Geschichten über Finn.


    Meine Meinung:

    Der Schreibstil ist sehr flüssig. Die gewählte ICH-Form ist sehr passend gewählt, es hat mir die Möglichkeit gegeben mich noch mehr in June herein zu versetzen. Jeder Charakter ist detailreich beschrieben, mir sind die Protagonisten dadurch sehr ans Herz gewachsen. Der Inhalt konfrontiert uns mit Trauer, Wut und Hass. Alles wurde gut und realistisch geschildert. Das Ende war für mich zu einfach gehalten aber es stimmt mich durchaus zufrieden. Für mich ein 4 Sterne Buch.

  • Mir hat das Buch gefallen und viele schöne Lesestunden beschert. Es ist ein ruhiges Buch, das sicher auch einige Längen aufweist, an anderen Stellen aber überraschend Fahrt aufnimmt. Langweilig oder banal erschien es mir nicht, auch wenn gegen Ende durchaus ein wenig Druck auf die Tränendrüsen aufgebaut wurde.


    Viele, eventuell manchmal zu viele, aber für mich meist interessante Betrachtungen über die Kunst des Lebens und Sterbens sind ins Geschehen eingewoben, über Freundschaft und Liebe, übers Erwachsenwerden, über gelungenes oder misslungenes Elternsein, über Höhen und Tiefen in der Beziehung zweier Schwestern, über Misstrauen, Heimlichtuerei, Eifersucht, Loslassen und Verzeihen, über die Sehnsucht, erkannt und geliebt zu werden, über Träume und genutzte oder vertane Chancen im Leben, über die Wahrnehmung von Musik, Kunst, besonderen Orten und Stimmungen… Diese Themen haben mich neben dem Umgang mit der Krankheit Aids sehr interessiert. Insofern war es ein intensives und dichtes Buch, zu dem ich mir viele Notizen gemacht habe, in denen ich sicher gern noch einmal blättern werde.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: Seishi Yokomizo - Mord auf der Insel Gokumon

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :musik: Satoshi Yagisawa - Die Tage in der Buchhandlung Morisaki

    :montag: Dietrich Krusche (Hg.) - Haiku (Reread)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Zum Buch:

    Titel: Sag den Wölfen, ich bin zuhause

    Autor: Carol Rifka Brunt

    Verlag: Eisele Verlag

    Erscheinungsdatum: 23.02.2018

    Seitenanzahl: 448

    ISBN: 978-3961610075

    Format: Hardcover / Tschenbuch / Ebook

    Preis: 22€ / 12€ / 18,99€


    Klappentext lt. Amazon:

    Manche Verluste wiegen so schwer, dass sie nicht wiedergutzumachen sind. So geht es June Elbus, als ihr Onkel Finn stirbt, der Mensch, mit dem sie sich blind verstand, der ihr alles bedeutete. Doch mit ihrer Trauer ist sie nicht allein. Schon bald nach der Beerdigung stellt June fest, dass sie sich die Erinnerung an Finn teilen muss – mit jemandem, der sie mit einer schmerzhaften Wahrheit konfrontiert. Der sie aber auch lehrt, dass gegen die Bitternisse des Lebens ein Kraut gewachsen ist: Freundschaft und Mitgefühl.


    Inhalt:

    Vorab kann ich euch sagen, anhand des Klappentextes habe ich so eine Geschichte nicht erwartet. Ich bin aber vollkommen verliebt♥

    In diesem Buch geht es um June, Ihr verstorbener Onkel Finn, Ihre Familie und Toby. Jane liebt Ihren Onkel, Sie ist sich aber nicht sicher welche Art von Liebe Sie für Ihn empfindet. Als Finn an AIDS stirbt bricht für June eine Welt zusammen.

    Das Buch spielt im Jahr 1987, zu der Zeit war Homosexualität und AIDS ein absolutes no go und wurde oft vertuscht.

    So auch in Junes Familie, Ihre Mutter wie auch Ihr Vater wollen nicht, das dieses Thema zuhause angesprochen wird und erstrecht nicht über den Freund von Finn gesprochen wird. Denn diesen machen Ihre Eltern für den Tod von Finn verantwortlich.

    Bevor Finn gestorben ist, ist June regelmäßig mit Ihrer Mutter und Ihrer Schwester zu Finn gefahren, da er ein Portrait von Ihnen gemalt hat. Bei jedem Besuch merke Sie das es Ihrem geliebten Onkel schlechter ging.

    Erst nach dem Tod von Finn hat June von seinem Lebensgefährten Tony erfahren. Ihre Eltern möchten nicht, dass Sie Kontakt zu Tony hat und tuen alles um Sie davon abzuhalten. Währenddessen nimmt Tony aber auf unterschiedlichste Weise Kontakt mit June auf. Schließlich stimmt Sie einem treffen zu, dieses verheimlicht Sie vor Ihrer Schwester und Ihren Eltern.

    Anfangs findet June es unheimlich sich mit Tony zu treffen, aber nach und nach Entwickelt sich eine Freundschaft und Sie kann verstehen warum sich Finn in Tony verliebt hat. Bei Ihren treffen erzählen Sie sich jeweils Geschichten über Finn. June macht es traurig, dass Tony von Ihr wusste, Sie aber nicht von Ihm. Sie dachte immer Ihr Onkel wäre alleinstehend.

    Es ist eine Geschichte wie zwei einsame Seelen zueinander finden und sich dann gegenseitig Kraft geben zum Weitermachen.


    Fazit:

    Ein toller Schreibstil, eine tolle Geschichte, ein abschreckendes Cover…

    Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und lässt sich schön einfach lesen.

    Die Geschichte selber hat mich tief berührt. Ich kann mir vorstellen das es auch in der heutigen Zeit nicht einfach ist mit AIDS umzugehen und es viele verheimlichen. Umso schöner finde ich die Geschichte von June und Tony und habe Hoffnung für alle anderen.

    Das Cover sagt mir leider gar nicht zu… Ich hätte niemals eine solch tolle Geschichte dahinter vermutet. Wenn ich es nicht als Rezi-Exemplar bekommen hätte wäre diese tolle Geschichte einfach an mir vorbei gegangen.

    Selten hat mich ein Buch in letzter Zeit so sehr mitgenommen und nachdenklich gemacht.

    Bitte lest dieses tolle Buch!


    Von mir gibt es :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Liebe Grüße
    Julia


    Gelesen 2019:


    8 Bücher

    3216 Seiten


    :study:Ein Thron aus Knochen und Schatten:study:

    :study:Sternensturm - Das Herz der Quelle:study:

    :study:Evernight - Gefährtin der Morgenröte:study:

    :study:Alice im Düsterland:study:

    :montag:Der nächste Freitag kommt bestimmt:montag:

  • Inhaltlich konnte mich das Buch nicht vom Hocker reißen; ich würde es allenfalls als 'nett' bezeichnen und habe gut gemeinte :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: vergeben.

    Die Ich-Erzählerin ist 14 und deshalb gehört es für mich eher ins Jugendbuch-Genre. Zunächst erschienen mir ihre Probleme (Tod des Patenonkels, schlechter werdendes Verhältnis zur älteren Schwester) noch plausibel. Aber im Verlauf wurden die Aktionen derart schräg und unglaubwürdig (z.B. die Aktionen der Schwestern, was das Porträt betraf), dass ich mehr und mehr gelangweilt wurde. Die Schwester-Bruder-Geschichte aus Sicht der Mutter hätte mich viel mehr interessiert!

    Die Erfindung des Buchdruckes ist das größte Ereignis der Weltgeschichte (Victor Hugo).

  • Carol Rifka Brunt - Sag den Wölfen, ich bin zu Hause

    Abschied nehmen, erwachsen werden und die eigenen Gefühle verstehen und annehmen


    Dieses Buch spielt in der zweiten Hälfte der 80-er Jahre im Westchester County und in New York direkt. Im Norden des Westchester County wohnt die Familie Elbus, Vater und Mutter Elbus und ihre beiden pubertierenden Töchter Greta und June. Direkt in New York der Onkel Finn und sein Lebensgefährte Toby. Die Mutter und Finn sind Geschwister. Finn ist ein berühmter Maler und an AIDS erkrankt und möchte noch bevor es mit ihm zu Ende geht ein Portrait der beiden Mädchen malen, dies geschieht 1986. Man spürt deutlich im Umgang der Menschen miteinander, wie die Angst vor der Erkrankung AIDS den Kontakt zueinander beeinflusst/verändert. Am Anfang des Jahres 1987 stirbt Finn. Und nun wird aus der Sicht von der fünfzehnjährigen June beschrieben, was dieser Verlust für sie bedeutet, June hegte tiefe Gefühle für Finn, aber auch die Trauer der anderen Familienmitglieder wird beschrieben. Die Mutter erlebt ebenso einen tiefen Verlust, für sie ist es einfacher Toby verantwortlich zu machen, Finn wurde ihrer Meinung nach von Toby mit AIDS angesteckt und ist durch dessen Schuld gestorben. Aber auch alte Konflikte brodeln noch, auch die Mutter hatte früher gezeichnet, ist stark begabt, wollte ausbrechen, scheiterte schließlich, auch durch die Schuld ihres Bruders. Toby tritt in den Kontakt zu June, erst wehrt sich June, schreckt davor zurück, aber es kommt dann doch zu einer Annäherung und auch hier treten viele unterdrückte Gefühle an die Oberfläche, besonders eine gewisse Eifersucht. Und auch die beiden Schwestern tragen noch viel Ungesagtes mit sich herum und nun müssen die fünfzehnjährige June und ihre siebzehnjährige Schwester Greta gewisse Kämpfe bestehen.


    An und für sich ist das alles schon eine interessante Gemengelage/sind das interessante Thematiken und man könnte daraus eine wunderbare Geschichte zaubern. Aber diesen Roman hier empfand ich als etwas lahm, ich wurde nicht richtig warm mit den Charakteren, der einzige Charakter, der so etwas wie Sympathien und Verständnis in mir auslöste, war Toby. Alle anderen empfand ich als recht blutleer und farblos, fast schon platt und teilweise auch etwas unglaubwürdig. Schade. Ein Sog hat sich beim Lesen nicht wirklich eingestellt, erst am Ende sieht man eine gewisse Entwicklung der Figuren und das Tempo erhöht sich etwas. Aber die Gestaltung des Finales ist dann auch wieder etwas platt, gerade hier hätte man die Entwicklungen in den Beziehungen aller Protagonisten aufdröseln können, aber es wurde nur auf die Entwicklung zweier Charaktere Wert gelegt. Schade. Die Sprache des Romans variiert in ihrer Intensität für meine Begriffe ebenso. Manchmal werden Sätze gebraucht, die zum Schmelzen schön sind und anderes klingt wieder recht banal und dröge. Ob das ein Stilmittel sein soll, durch das ein Gefühlsleben eines Menschen in der Adoleszenz dargestellt werden soll? Möglich. Aber auch das hat mich nicht überzeugt und hat mir auch nicht so sehr gefallen. Schade. Alles in allem ist das ein Roman, bei dem für meine Begriffe deutlich mehr hätte herausspringen können. Schade.

  • "Wenn sie doch geredet hätten..."


    Ich werde nicht viel zum Inhalt sagen, denn dass haben bereits genug andere vor mir erledigt. Viele Probleme in dieser Geschichte - wie ja eigentlich auch in vielen anderen Familiendramen - ist die gut gemeinte Heimlichtuerei, die im Endeffekt alle Beteiligten verletzt. Die Situationen mit dem AIDS-kranken Onkel, der der Familie aus verschiedenen Gründen peinlich ist und seinem geheim gehatenen Geliebten, sowie die Hintergründe der Geschwisterbeziehung des Onkels und der Mutter und natürlich auch der Erzählerin June und ihrer Schwester Greta sind jeweils für sich genommen schon interessant und wären sicherlich noc weiter zu untersuchen gewesen, aber die Erzählfigur ist nicht so sehr auf die Motive anderer Personen konzentriert und deswegen bleibt uns da so Einiges verborgen. Was ja der Relaität der meisten 13- bis 14-Jährigen auch entsprcht.


    Glaubwürdig und interessant.

  • Großartige Geschichte, voller Herzlichkeit und Zuneigung. :applause: Es ist eine Geschichte des Erwachsenwerden, die aus Sicht eines vierzehnjähriges Mädchen erzählt wird. Die Erzählart sorgt dafür, dass der Leser die Geschichte aus erster Hand erfährt und sich gut auf die Erzählerin einlassen kann. Außerdem muss ich dazu sagen, dass alle Charaktere außergewöhnlich gut ausgearbeitet sind. Man kann sich problemlos in alle Handlungspersonen versetzen.

    Es ist eine Story über den Verlust, Tod, wahre Freundschaft, Liebe zu Nahestehenden aber auch zu Fremden, und Mitgefühl und Verständnis für Menschen, die in einer schwierigen Lebenslage sind. Auch Hass und Antipathie sind ein Thema des Romans, außerdem Angst vom AIDS wird thematisiert.

    Meine Lobeshymnen werden dem Roman kaum gerecht, denn das Buch ist wirklich gut. Es ist unscheinbar, unspektakulär, und dennoch entwickelt der Roman so eine Sogwirkung, dass man der kaum entkommen kann. Sehr gut gelungene Geschichte. :thumleft:

    Habe ich sehr gerne gelesen. Für einen Debütroman wirklich gelungen. Da hoffe ich sehr, dass die Autorin noch andere Romane verfasst.

    2024: Bücher: 87/Seiten: 38 703

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Newman, T. J. - Absturz

    Müller, Asta - Kairra

  • Als ihr Onkel Finn stirbt, bricht für June eine Welt zusammen. Nicht nur, weil sie sich von Finn immer verstanden und angenommen gefühlt hat, sondern auch, weil sie ein bisschen verliebt in ihn war. Finn war Maler und hatte einen ganz anderen Blick auf die Welt als Junes Eltern mit ihren langweiligen Steuerberaterjobs, bei ihm konnte June einfach sie selbst sein. Doch sie wusste, dass der Tag des Abschieds unweigerlich kommen würde, und Finn selbst wusste es auch. Deshalb hat er angefangen, June und ihre Schwester Greta zu malen, als sein letztes Kunstwerk.


    Die Existenz dieses Bildes wird zur Sensation, als bekannt wird, dass Finn Weiss, der schon sehr lange nichts mehr veröffentlicht hat, vor seinem AIDS-Tod noch ein Werk geschaffen hat. Noch ein Schlag für June, die weder gewollt hat, dass jeder nun über Finn und seine Krankheit tratscht, noch dass um das als millionenschwer eingestufte Bild nun ein Wettstreit entbrennt.


    Doch was June noch viel mehr beschäftigt, ist etwas ganz anderes: Finn hatte jahrelang einen Partner, Toby, den Junes Mutter verabscheut hat und den er deshalb vor June und Greta geheim halten musste. Nach Finns Tod nimmt Toby Kontakt zu June auf, und June lässt sich, zunächst etwas widerwillig, darauf ein. Einerseits ist sie froh, auf diese Art noch eine gewisse Verbindung zu Finn zu haben, andererseits fällt es ihr schwer anzuerkennen, dass Toby ein so viel Anteil an Finns Leben hatte und sie nie etwas davon gewusst hat.


    Dieser Romanerstling hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. June ist eine Protagonistin, mit der ich mich schnell identifizieren konnte, ein introvertiertes, nachdenkliches Mädchen, das sich unter Gleichaltrigen oft nicht wohlfühlt und sich lieber in den Wald zurückzieht, um dort ihren Gedanken nachzuhängen und in der Phantasie ins Mittelalter abzutauchen, eine Zeit, die sie enorm fasziniert. In ihren Gefühlen, insbesondere auf irgendwelchen Partys, konnte ich mich sehr gut wiederfinden.


    Die Erkenntnis, dass es Toby gibt, ist natürlich erst einmal ein Schock für June, zumal ihre Mutter auch noch behauptet, er sei schuld an Finns Erkrankung, doch es ist auch eine Chance für June, Finn weiterhin in gewisser Weise nahe zu sein, Neues über ihn zu erfahren und auch, etwas Eigenes zu haben, wovon weder ihre Eltern noch ihre hübsche, beliebte und musikalisch so begabte Schwester wissen.


    Meine anfängliche grenzenlose Begeisterung hat sich zum Schluss hin ein klein wenig abgeschwächt, weil mir ein paar Entwicklungen doch ein bisschen zu theatralisch wurden, aber trotzdem ein Buch, das ich ausgesprochen gerne gelesen habe und das wunderbar sowohl die Umstände der ersten AIDS-Jahre einfängt als auch, was es heißt, Teenager zu sein, sich in seinem eigenen Leben nicht wohlzufühlen und dann auch noch einen großen Verlust verarbeiten zu müssen. June und ihre Erzählstimme habe ich als sehr authentisch empfunden.


    Carol Rifka Brunt werde ich definitiv weiter im Auge behalten.