Julya Rabinowich - Dazwischen: Ich

  • Inhalt:

    "Wo ich herkomme? Das ist egal. Es könnte überall sein. Es gibt viele Menschen, die in vielen Ländern das erleben, was ich erlebt habe."
    Madina musste mit ihrer Familie vor dem Krieg flüchten. Sie ist froh, jetzt in Sicherheit zu sein, aber der Alltag im Flüchtlingsheim ist nicht einfach. Die beengte, provisorische Wohnsituation zerrt ebenso an ihren Nerven, wie die Ungewissheit, ob sie überhaupt bleiben dürfen und die Sorge um die Familienmitglieder, die sie zurücklassen mussten.
    Trotz aller Schwierigkeiten lässt Madina sich nicht unterkriegen und erkämpft sich mithilfe ihrer besten Freundin Laura ein Stückchen Normalität, sodass aus der fremden Umgebung ganz langsam ein neues Zuhause mit neuen Perspektiven wird.
    Doch dann kommt Post aus der Heimat und die Zukunft der Familie ist plötzlich ungewisser als je zuvor.


    Aufbau:
    Die Geschichte wird aus Madinas Sicht in Form von Tagebucheinträgen erzählt. Manchmal über mehrere Seiten, manchmal in wenigen Sätzen, schreibt Madina alles auf, was sie beschäftigt: ihr Schulalltag, Ausflüge mit Freunden, Streit mit ihren Eltern, Erinnerungen an die Flucht und ihr früheres Leben. So setzt sich die Geschichte aus vielen kleinen Begebenheiten zusammen und man erfährt neben dem aktuellen Geschehen auch noch etwas über die Hintergünde der Situation, in der sich die Familie befindet.


    meine Meinung:
    Ich bin sehr zögerlich an die Geschichte herangegangen. Nachdem ich in den letzten Jahren die Berichterstattung zur Flüchtlingskrise intensiv verfolgt habe, war ich unsicher, ob ich einen Roman mit diesem Thema wirklich lesen kann (von genießen ganz zu schweigen). Aber meine Sorge hat sich zum Glück nicht bewahrheitet, ich bin sehr froh, dass ich mich "getraut" habe, es zu lesen. Rabinowich findet für mich den perfekten Erzählton, entspannt und positiv, ohne zu verharmlosen, streckenweise nüchtern, aber nie emotionslos, ohne zu beschönigen, aber auch ohne zu dramatisieren.
    Obwohl die Situation der Protagonistin mir völlig fremd ist, haben mir die Ich-Perspektive und der "Live-Kommentar" mit dem sie ihr Leben versieht, geholfen Zugang zum Geschehen zu finden. Ich habe keine Vergleiche zu realen Personen mit Fluchterfahrungen, aber mir erschien Madina als Figur sehr glaubhaft.
    Sehr gut fand ich, dass die Autorin sich nicht vor unbequemen Fragen scheut, viele kritische Themen anspricht und sich dabei immer um eine ausgeglichene Sichtweise bemüht. Ob es um "Gut und Böse" in Kriegszeiten geht, um die Dynamik in Madinas Familie, kulturelle Unterschiede und Anpassungsschwierigkeiten oder den Bürokratiedschungel, sie beleuchtet stets beide Seiten und überlässt es dann dem Leser ein Urteil zu fällen.
    Trotz all der "schweren Kost" gelingt es Rabinowich aber, Madina zwischendurch auch mal einen ganz normalen 15-jährigen Teenager sein zu lassen.


    Das Buch hat mich auf jeden Fall auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitgenommen. Ich habe über Madina geschmunzelt und mit ihr geweint, ich hätte sie manchmal gern in den Arm genommen, hatte mehr als einmal vor ohnmächtiger Wut einen Kloß im Magen und habe mich dabei ertappt wie ich nur noch hilflos vor mich hingestarrt habe.
    Auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick anders wirkt, mir hat das Buch wirklich gut gefallen und einigen Stoff zum Nachdenken beschert.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: Sterne und eine wärmste Leseempfehlung für alle, die sich mit dem Themenbereich Flucht/Asyl/ntegration beschäftigen möchten, ohne nur auf trockene Fakten zurückzugreifen.

    "We're all stories in the end. Just make it a good one." - The Doctor


    2019 gelesen: 0 gehört: 0 (2018: 25/13) aktiver SUB: 75

  • Vor kurzem hatte ich mich dazu entschlossen dieses Buch,dass ich ursprünglich als Weihnachtsgeschenk erhalten hatte mal zu lesen und ich muss sagen ich war geflasht. Die Autorin hatte eine so ruhige und doch so intensive Schreibweise das es mir unter die Haut ging. Ganz große Klasse