Chester Brown - Fuck / I Never Liked You

  • Der Autor (Q: Reprodukt): Chester Brown, 1960 in Montréal geboren, begann seine Laufbahn als Comiczeichner mit der Veröffentlichung von “Yummy Fur”, das zunächst als selbstverlegter Mini-Comic erschienen ist und später bei Drawn & Quarterly als Heftreihe fortgeführt wurde. Neben “Fuck” gehören “Die Playboy-Stories” und “Ed the happy clown” zu seinen bekanntesten Arbeiten. Chester Brown hat vor allem mit seinen autobiografischen Comics einen großen Einfluss auf die junge amerikanische Szene und auch auf deutsche Zeichner wie Arne Bellstorf, Sascha Hommer oder Mawil. Er selber ist gut bekannt mit seinen kanadischen Comickollegen Joe Matt und Seth und taucht auch als gezeichneter Charakter gerne einemal in deren Werken auf. :lol:


    Kurzbeschreibung (Q: Reprodukt): Zwischen Orientierungslosigkeit, Selbstzweifeln und stummer Wut: Chester Brown dokumentiert in “Fuck” seine Jugend in einer kanadischen Kleinstadt. Für Chester beginnt die Zeit der ersten Gefühlsregungen für Mädchen aus der Nachbarschaft, die er bislang nur als Spielkameradinnen wahrgenommen hatte. Die Krankheit seiner Mutter und ihr Bedürfnis nach Liebesbeweisen ihres Sohnes verkomplizieren die Welt des pubertierenden Jungen noch zusätzlich. Chester Browns genaue Beobachtungsgabe und die pointierte Auswahl der geschilderten Episoden erzeugen eine persönliche, beinah intime Wirkung.


    Der Comicroman erschien zunächst in Fortsetzungen unter dem Titel "Fuck" zwischen Oktober 1991 und April 1993 in den Ausgaben 26 bis 30 von Chester Browns eigener Underground-Comic-Heftserie "Yummy Fur". Die erste Ausgabe in Buchform erschien 1994 unter dem neuen Titel "I Never Liked You" mit teilweise umgestellter Seitenaufteilung und von Chester Brown veränderten oder entfernten Panels bei "Drawn & Quarterly" in Montreal. 2002 erschien eine "neue, definitive" Buchausgabe. Eine deutsche Ausgabe wurde zunächst Mitte der 1990er-Jahre beim inzwischen nicht mehr existierenden Berliner Comicverlag "Jochen Enterprises" herausgebracht. Die aktuelle deutsche Veröffentlichung basiert auf der kanadischen Ausgabe von 2008. Die deutsche Übersetzung stammt von Torsten Alisch und Dirk Baranek. Das Handlettering besorgte Dirk Rehm. Die erste Auflage wurde im Dezember 2008 als Softcover bei Reprodukt in Berlin veröffentlicht. Diese Ausgabe umfasst 192 Seiten.


    Autobiografischer Comciroman über die schwierige Teenagerzeit eines ruhigen Jungen, der keine Kraftausdrücke in den Mund nehmen möchte (daher der plakative deutsche Titel), über seine Liebschaften und auch über die Nachbarsmädchen, die ihn anhimmeln. Vieles ist der Hauptfigur Chet peinlich, er drückt sich lieber in Zeichnungen aus und pflegt seine Masturbationsfantasien. All das vor dem Hintergrund seines gespaltenen Verhältnisses zu seiner Mutter. Irgendwann in den 1970ern in einem Vorort-Kanada. Im Grunde geht es um Menschen, die ihre Gefühle nicht zeigen können - oder die nicht wissen, was sie fühlen. Die Hauptfigur läuft mit fast emotionslosem Gesicht durch sein Leben. Manche fast unverbundenen Episoden erzeugen eine fast unheimlich leere Atmosphäre der Vereinzelung, als würde man über Schnappschüsse ein vergangenes Leben rekonstruieren, und nicht, als ereignete sich gerade eine Sozialisation, in die man noch eingreifen könnte. Einer eigentlich bekannt wirkenden Geschichte wird durch etliche sehr aussagekräfte Panels, einem völlig freien Seitenaufbau (manchmal nur ein kleines Panel mittig auf einer Seite) und den treffsicheren und entlarvenden Zeichenstil ein ganz ungewöhnliches Leben eingehaucht, so dass die Erzählung richtig aufblüht und einen im Herzen trifft. :cry: Man möchte laut in die Stille hineinrufen, wie man den Kasper im Puppentheater vor einer Gefahr warnt. Eine Stille, die einen umfängt. Das kann meiner Meinung nach auf diese Weise nur in Form eines Comics erzählen werden. Sich langsam leerende Parkplätze, oder ein langes, stilles Nebeneinandersitzen wirken viel direkter, wenn man es sieht, als wenn man es beschreiben müsste. Wie die Geschichte fast völlig über die Zeichnungen und die Bildgestaltung erzählt wird, ist grandios! :love::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::pray:

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "Die Bäume" (214/365)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

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    O:-) Letzter Kauf: Esch "Supercool" (24.03.)

  • Eine "neue, definitive" kanadische Buchausgabe von 2004 unter dem Originalbuchtitel "I Never Liked You"

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  • Die kanadische Erstausgabe von 1994.

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  • Eine französische Übersetzung von Vincent Bernière erschien 2001 unter dem Titel "Je ne t'ai jamais aimé".

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  • Die alte deutsche Ausgabe unter dem Titel "Fuck" im Berliner Verlag Jochen Enterprises.

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  • Wie die Geschichte fast völlig über die Zeichnungen und die Bildgestaltung erzählt wird, ist grandios

    ... und drum habe ich es gerade bestellt, und mich bei der freundlichen Buchhändlerin
    für den Titel entschuldigt :) .
    Danke für die Rezension!

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • :winken: @drawe: Gern geschehen! :) Chester Brown sollte wirklich bekannter werden. Irgendwas spricht sein vermeintlich "elfenhafter", sehr reduzierter Zeichenstil in mir an. Und die Schonungslosigkeit in seinen autobiografischen Comics den eigenen Schwächen gegenüber, vor allem ohne sich in Peinlichkeiten zu suhlen, finde ich sehr bemerkenswert.


    Tatsächlich kann ich mir gut vorstellen, dass der Titel der deutschen Ausgabe - auch wenn er dem ursprünglichen Titel der Geschichte entspricht, als sie noch in Fortsetzungen erzählt wurde, und wahrscheinlich gerade aus "Bad Language"-Gründen für die erste Veröffentlichung in Buchform in "I Never Liked You" umgeändert wurde - die Verbreitung hierzulande etwas eingeschränkt hat. Was wird denn das schon für ein Rüpel-Comic sein! Ist es aber nicht, ist gerade sehr feinfühlig und tiefgründig. :thumleft:


    So sehr ich seine nordamerikanische Kollegen Daniel Clowes und Adrian Tomine (gerade die beiden!), aber auch Charles Burns oder Jeff Lemire mag, hat Chester Brown bei mir doch einen besonderen Stein im Brett. :king:

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  • Chester Brown sollte wirklich bekannter werden

    Ja - das habe ich mir auch gedacht, und da man ja bekanntlich erst mal vor seiner eigenen Tür fegen sollte, freue ich mich
    aufs Lesen.
    Mich interessieren die autobiografischen Comics, egal ob Coming-Out oder traumatisierende Erfahrungen, und diese
    stillen Stellen, die Du oben ansprichst, fand ich besonders bei Persepolis von Satrapi anrührend, die muss man immer wieder
    "lesen".
    Hast Du von Chester Brown "I pay for it" gelesen?

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Mich interessieren die autobiografischen Comics, egal ob Coming-Out oder traumatisierende Erfahrungen, und diese stillen Stellen, die Du oben ansprichst, fand ich besonders bei Persepolis von Satrapi anrührend, die muss man immer wieder "lesen".
    Hast Du von Chester Brown "I pay for it" gelesen?

    Das steht und steht hier ungelesen rum. :-, Aber eigentlich wäre jetzt eine gute Zeit dazu. :) Ich kenne noch den Comic "Playboy-Stories" über seine in der Teenager-Zeit begründete Leidenschaft für "Herrenmagazine", den ich toll fand, dann den mir etwas zu strangen "Ed the Happy Clown" (es könnte sein, dass er die alte Reihe 2012 noch einmal überarbeitet hat, jedenfalls erschien Ed da noch einmal mit dem Zusatz "Graphic Novel") und den Band mit seinen kurzen Arbeiten ("The Little Man"), der es nicht nach Deutschland geschafft hat. Von den neueren Sachen rund um "Paying For It" wurde leider auch nichts mehr übersetzt. Tststs... [-(

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  • leider auch nichts mehr übersetzt.

    ... was ich nicht so schlimm finde. Kommt auf den Übersetzer an.

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  • ... was ich nicht so schlimm finde. Kommt auf den Übersetzer an.

    Ich lese es auch eher als mangelndes Interesse der deutschen Buchkäufer. Oder notfalls fehlende Risikobereitschaft der Verlage. Einige Leser finden auch ohne die Buchhandelsketten ihre Bücher, auch in Originalsprache. Die meisten aber nun mal nicht.

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  • Aber die können ja dann auch hier bei uns reingucken ;)

    Na, auch im BT lesen doch die meisten deutsche Übersetzungen und orientieren sich daran, was die Mehrheit so liest. Da obendrein hier wie überall die Vorbehalte gegen Comicliteratur sehr groß sind, ist die Schwelle, mal einen Comicroman zur Hand zu nehmen, auch für lesebegeisterte BTler eher hoch. Comics als die "Vorschule des Lesens" steckt zu sehr noch in den Köpfen drin. Und wer schon Romane unter 300 Seiten nicht ernst nimmt, wird die meist dünneren und relativ schnell zu lesenden Comicromane auch nicht für voll nehmen. Eher als Unterhaltung für zwischendurch, ohne Belang. Leider. Aber ich schweife ab... :wink:

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  • meinen SIIern die Geschichte der Graphic Novel

    Ist ja schon mal ein guter Anfang :-)
    Aber bitte nicht nur die Geschichte, sondern auch einen "echten" Comic!
    Anfeuer-Grüße :applause:

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    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Menschen, die ihre Gefühle nicht zeigen können

    Ja - das scheint mir das Hauptthema zu sein. Gefühle nicht zeigen können, und vor allem anderen Menschen nicht mitteilen
    zu können.
    Die Episode mit Sky hat ja was Rührendes: über Seiten hinweg sagt er sich selber, dass er es ihr sagen soll - und dann sagt er es endlich und es klingt wie die Bestellung bei McDonalds, sachlich und emotionslos. Und vor allem: den Worten folgen keine Taten.


    Das Verhältnis zur Mutter habe ich nicht aufdröseln können. Der Autor erzählt mehrmals von ihrer Zuwendung und ihrem Verständnis für ihn, aber er selber tut sich schwer. Einmal umarmt er sie freiwillig. Sie scheint recht bigott zu sein, wenn ich an die Szene mit dem warmen Brot denke. Da wird doch von einer richtig schönen Zweisamkeit von Mutter
    und Sohn erzählt, die die Mutter zerstört durch ihren bigotten Tadel. Und der Besuch im Krankenhaus, mein Gott, wie schrecklich. Und wieder sagt er nichts.


    Mit hat die Seitenarchitektur gut gefallen. Kein horror vacui,sondern meist wenige Panels auf einer Seite. Man sieht direkt, wie die Zeit verstreicht. Einige dieser Einzelpanels wirken wie ein Schlusspunkt, wie ein trauriger Abschluss.

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  • Die Episode mit Sky hat ja was Rührendes: über Seiten hinweg sagt er sich selber, dass er es ihr sagen soll - und dann sagt er es endlich und es klingt wie die Bestellung bei McDonalds, sachlich und emotionslos. Und vor allem: den Worten folgen keine Taten.

    Was ja sehr nach typisch verschüchtertem Teenagerverhalten klingt. Schön fand ich dann aber gerade, dass dieses "ungeschickte" Verhalten im Grunde dem der Erwachsenen so fremd gar nicht ist. Die sind oftmals ebenso unfähig oder "unfertig", wenn es um den Ausdruck ihrer Gefühle geht.

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    :study: Gelesen: 43 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
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  • Und der Besuch im Krankenhaus, mein Gott, wie schrecklich. Und wieder sagt er nichts.

    Noch viel schrecklicher fand ich, dass sie dann quasi nebenbei gestorben ist und die Kinder nicht mal gefragt worden sind ob sie zur Beerdigung gehen wollen.:|

    Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich den starken Kontrast in den Geschichten nicht wirklich gemocht habe. Zum einen die albernen Spaßkämpfe oder die Story am Anfang mit dem langgezogenen Penis und auf der anderen Seite die Emotionslosigkeit und Tristesse. "Fuck" war auf jeden Fall eine ziemlich deprimierende Geschichte ohne viel Hoffnung. Trotzdem wirkt vieles sehr ehrlich und wenn man manchmal das Gefühl hat, dass Autoren vieles beschönigen, hat man hier scheinbar keine Peinlichkeit und keine Fremdschämmomente ausgelassen und alles realistisch wiedergegeben. Das war zumindest mein Eindruck.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: