Nora Bendzko - Bärenbrut

  • Nachdem er den Schrecken des Krieges nur knapp entronnen ist, baut er sich als Jäger ein neues Leben auf. Er heiratet, bekommt einen Sohn. Doch die Menschen in seinem Dorf sind ihm gegenüber misstrauisch. Ein Fluch soll auf seiner Familie lasten. Als seine lang verschollene Mutter wieder auftaucht und ihr der Tod ihres Mannes beigebracht werden muss, brodeln die Gerüchte von damals wieder. Thorbens Vater sei nicht von einem Bären getötet worden, heißt es. Ein Mensch in Bärenhaut habe die Bluttat begangen ... ein Gestaltenwandler. Was ihn auch getötet hat, es lauert noch immer im Dorf - und Thorben muss sich ihm stellen. Wenn nicht für seinen Vater, dann um sich und seine Liebsten zu schützen...(Klappentext)


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    "Bärenbrut" ist das Prequel zur Novelle "Wolfssucht", dem ersten Teil der Galgenmärchen-Reihe. Ich habe die anderen Teile noch nicht gelesen und mit "Bärenbrut" begonnen. Man benötigt aber auch bei den anderen Teilen keinerlei Vorkenntnisse, da alle Teile dieser Reihe unabhängig voneinander gelesen werden können.


    Ursprünglich waren die Grimms Märchen Geschichten für Erwachsene. Sagen, Legenden und Märchen, welche sich vor dem Feuer erzählt wurden, wenn die Kinder bereits in ihren Betten lagen. Diese Geschichten waren brutal und blutig und wurden erst später in kindgerechte Märchen umgewandelt.


    "Es war nur ein winziger Moment gewesen, in dem die Welt in Thorbens Ohren gebrüllt hatte, wie wenn sie zusammenfallen würde. Dann, als er in der anschließenden Stille kniete, lag sein Vater regungslos auf dem Waldboden..." (S. 9 - Anfang)


    Das vorliegende Galgenmärchen "Bärenbrut" ist an das Grimm'sche Märchen "Der Bärenhäuter" angelehnt und ist wohl genauso blutig und brutal wie einst die ursprünglichen Versionen der Märchen von den Gebrüder Grimm.


    Normalerweise habe ich so meine Probleme mit Adaptionen von Klassikern und Märchen, aber Nora Bendzko konnte mich mit "Bärenbrut" mehr als nur begeistern.
    Dies liegt gleich an mehreren Faktoren. Zum Einen ist es der Schreibstil - dieser ist flüssig und beinhaltet eine ausdrucksstarke und bildhafte Sprache, welche einem in die Zeit des frühen 17. Jahrhunderts reisen und Bilder im Kopf entstehen lässt.
    Der Erzählstil ist packend und enthält Tempo, sodass man quasi mit der Nase nahezu am Buch klebt.
    Zum Anderen war ich von der Story selbst begeistert und was die Autorin aus dem Märchen "Der Bärenhäuter" gemacht hat. Es gibt Parallelen zum ursprünglichen Märchen, welche das "Grundgerüst" betreffen. Aus diesem hat Nora Bendzko ein spannendes und temporeiches Märchen kreiert, welches die Bezeichnung "Galgenmärchen" wahrlich verdient hat. Es geht hier brutal und blutig zur Sache, denn hier wird ausgeweidet und Köpfe rollen. Dies alles in einem Setting von dichten Wäldern, die sowohl märchenhaft, als auch düster dargestellt werden.
    Die Charaktere sind ausgereift und auch durchaus authentisch dargestellt, sofern man dies bei einem Fantasy/Märchen beurteilen kann. Zudem enthält dieses Märchen mehrere überraschende Wendungen.


    Fazit:
    Eine fantastische Lesereise in das Reich der Galgenmärchen - düster, brutal, packend, temporeich und doch auch so märchenhaft.
    Mit "Bärenbrut" hat Nora Bendzko eine mehr als gelungene Adaption des Grimmschen Märchens "Der Bärenhäuter" geschaffen und begeistert ebenso mit der Sprache und dem Erzählstil, als auch mit der Story selbst. Für zart Besaitete ist dieses Galgenmärchen jedoch nur bedingt zu empfehlen, da es hier manchmal schon etwas blutig zugeht.
    Von mir erhält diese Kurzgeschichte fern des Mainstreams, eine absolute Leseempfehlung und ist mein zweites Lesehighlight im Jänner 2018. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone