Charles Dickens - David Copperfield (Start: 05.02.2018)

  • Kapitel 49 - ich bin Euch auf den Fersen :D

    Nachdem ich jetzt das Kapitel gelesen habe, glaube ich erst recht an eine Fehlgeburt, denn direkt vor diesem Satz heißt es:

    Zitat von Dickens

    I had hoped that lighter hands than mine would help to mould her character, and that a baby-smile upon her breast might change my child-wife to a woman. It was not to be.D

    Das ist für mich doch das Zeichen, dass es eine Fehlgeburt gab und dass Doras körperlicher Abbau darauf gründet.

    Ich bin jetzt ebenso weit - ich habe den Feiertag immerhin so weit nutzen können, dass ich zwei Kapitel geschafft habe statt dem üblichen einen 8) Ich habe auch den Eindruck, dass der langwierige Mittelteil überwunden ist und hatte nach Kapitel 48 tatsächlich direkt Lust, mit Kapitel 49 weiterzumachen; ein gutes Zeichen! Und es geht endlich Heep an den Kragen :twisted:


    Die Idee mit der Fehlgeburt kam mir beim Lesen gar nicht, aber es ist absolut naheliegend. Dora und Jip werden uns wohl beide nicht mehr lange erhalten bleiben. Nun gut, Dora ist natürlich ein anstrengendes Persönchen, aber warum soll sie sich auch ändern, wenn sie bei ihrem Umfeld so wunderbar damit durchkommt - viel anstrengender finde ich Davids Unfähigkeit, sich in irgendeiner Weise durchzusetzen.

  • Ich bin jetzt ebenso weit - ich habe den Feiertag immerhin so weit nutzen können, dass ich zwei Kapitel geschafft habe statt dem üblichen einen 8) Ich habe auch den Eindruck, dass der langwierige Mittelteil überwunden ist und hatte nach Kapitel 48 tatsächlich direkt Lust, mit Kapitel 49 weiterzumachen

    Schön, dann sind wir beide ja parallel :friends:

    Und es geht endlich Heep an den Kragen :twisted:

    Darauf freuen wir uns wohl alle :totlach:

    viel anstrengender finde ich Davids Unfähigkeit, sich in irgendeiner Weise durchzusetzen.

    Gut, dass ich mit dieser Meinung nicht alleine dastehe. Ich empfinde das irgendwie als einen Bruch in seinem Charakter. Auf der einen Seite ist er beruflich so erfolgreich, hat sich mit solcher Verve durchgebissen, um der finanziellen Misere zu entkommen, und dann steht da im Gegensatz dazu diese Unfähigkeit, seinen eigenen Haushalt auch nur im geringsten zu organisieren oder geeignete Dienerschaft einzustellen, die ihnen hilft statt sie zu berauben. #-o

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Ich bin jetzt mitten in Kapitel 51 :D

    Ich ändere meine Spekulationen: Micawbers und die Heeps gehen nach Australien dank Squirrel,
    Emily + Peggotty nach Indien.

    Na, die Spekulation ging falsch herum :totlach:

    Ich bin etwas vorgeprescht und mittlerweile fast durch mit diesem wunderbaren Buch, weil ich es vor meinem Osterurlaub gern beendet haben möchte.

    Bist Du fertig geworden? Ich wünsch Dir einen schönen Urlaub :D

    Ich habe diese Leserunde mit euch sehr genossen und bin dankbar, diesen literarischen Schatz entdeckt zu haben. Ohne euch wäre Dickens sicher weiterhin an mir vorbeigegangen. :friends:

    Dickens ist absolut lesenswert, ich hoffe, Du wirst noch weitere seiner Bücher genießen :friends:

    Beim Lesen bin ich immer wieder über "mein Herzensschatz" gestolpert und wollte mal nachschauen, was das Original dazu sagt.

    Einmal wird "What a weary girl!" einfach mit "Oh, wie müde mein Herzensschatz sein muss" übersetzt. Ansonsten habe ich auf den ersten Blick "my dearest life", "my own darling" oder "my precious wife" gefunden, alle mit dem elenden "Herzensschatz" übersetzt :roll: Vermutlich lässt sich meine momentan etwas verhaltene Beurteilung des Mittelteils wenigstens teilweise auf den Übersetzer schieben...

    diese Übersetzung ist einfach grauenhaft und ich wieder einmal froh, das Original zu lesen :ergeben:

    Die kürzeste und treffendste Zusammenfassung überhaupt :loool: und ja, Martha rettet Emily vor der Prostitution und nach meinem Textverständnis damit vor ihrem eigenen Schicksal. 8)


    Wie fröhlich Mr. Omer ist - da können sich einige Kranke eine Scheibe abschneiden. Immer heiter! "Always look

    at the brigt sides of life!" Eine bewundernswerte Haltung.

    Und er will sein Teil dazu tun, dass für Martha gesorgt wird.

    Omer war ja immer so eine fröhliche Lichtgestalt in allem Dunkel - eine von Natur aus heitere Seele, die allem immer das Beste abgewinnt. Solche Charaktere braucht es aber auch bei so viel Elend drumherum. :)


    So ganz sicher war ich nicht mit dem Gefängnis, da er es ja nur von außen betrachten wollte (aber vielleicht ja zur Einstimmung?

    Ich bin deiner Meinung, dass er nicht ins Gefängnis muss. Ich hatte es so verstanden, dass er eine Art Erinnerungsreise macht und sich sehnsuchtsvoll an die Zeit im Gefängnis zurückerinnert, in der er ja heiter und gelassen dort "Hof hielt" und das Leben immer positiv nahm. Irgendwie ist ihm die Gelassenheit und die gute Laune bei Heep echt vergangen und ich bin gespannt, was er bei diesem ominösen Frühstück aufdeckt.


    Dass ausgerechnet Micawber das Mittel wird, um Heep zu Fall zu bringen, hätte ich jetzt nicht vermutet. Aber hinter all seinen leeren Floskeln, seiner Schnorrerei und Lebensuntüchtigkeit ist er eine ehrliche Seele und hat wohl zuviel Schlechtes bei Heep erlebt. Vielleicht ist es hier auch von Vorteil, dass er schon so oft komplett pleite war und doch immer irgendwie durchgekommen ist - so hat er keine Angst davor, seinen Job bei Heep zu verlieren. Er vertraut einfach darauf, dass er wie immer irgendwie durchkommt, es eben wie früher auch irgendwie weitergehen wird, selbst wenn er jetzt Heeps Machenschaften aufdeckt. Manch anderer hätte wohl zuviel Angst vor der Zukunft und vor seinem Arbeitgeber, um als Whistleblower zu fungieren...


    Mr. Dick schafft es, Mr. Micawber zum Sprechen zu bringen, zumindest im Ansatz. Scheinbar hat Heep etwas sehr Schlechtes getan, aber was genau, bleibt weiterhin ein Geheimnis. Ich frage mich nur, was für ein Schaden Miß Wickfield zugefügt worden sein soll? :shock: Seine gestammelte Bitte auf Zusammenkunft am Ende des Kapitels war ja wohl der Hammer. :totlach:

    Mr. Dick ist wohl so ein Mensch, der andere immer auf der emotionalen Ebene berührt und damit öffnet. Ich vermute, dass Heep Agnes in aller Öffentlichkeit einen Antrag machen will in der Annahme, dass sie vor aller Augen aus Rücksicht auf ihren Vater nicht nein sagen wird. :-k


    Miß Dartle legt ja wirklich jegliches Benehmen und Erziehung ab, so dermaßen haßerfüllt hätte ich sie mir nicht vorgestellt.

    Ich hab heut nacht noch überlegt, woher dieser unbändige Hass kommt. Könnte es sein, dass sie auf der einen Seite Steerforth nicht verzeihen kann, dass er sie durch die Narbe leicht entstellt hat, und sie dann einfach keines Auges mehr würdigt und sich hübschere Gefährtinnen nimmt, mit denen er dann spielt? Und dass sie gleichzeitig sich selbst nicht verzeihen kann, dass sie ihn trotzdem liebt?

    Es klingt auch ein bisschen so, als wenn Miß Dartle sich der Unterstützung von Steeforth sicher wäre, als wenn er sie geschickt hätte. :-k

    Ich hatte eher an Littimer gedacht :-k

    Sehr deutlich wurde ihre Abscheu vor Steerforth, als sie bei seinem Anblick aus dem Hafenort flieht

    und auch hier hatte ich den Eindruck, sie hätte Littimer gesehen :scratch:

    Ob sie mit ihrer Scham und Reue leben kann, wird sich noch zeigen. Insofern ist die Auswanderung nach Australien für alle das einzig Richtige und es ist zu hoffen, dass die Seelen allmählich wieder heilen können. Mr. Pegotty ist wirklich bewundernswert um sie bemüht - ein herzensguter Mensch. :pray:

    Diese Idee der Auswanderung hat mich nun komplett überrumpelt - darauf wäre ich nicht gekommen. Aber in Bezug auf Emily wäre es wirklich ein kompletter Neuanfang ohne das Risiko, dass jemand sie wiedererkennt und von ihrer Vorgeschichte weiß. Dickens ist einfach immer für Überraschungen gut.

    Der Abschnitt mit Mr. Omer war schön, las sich aber auch wie ein Abschied von dieser Figur. Man merkt, dass wir allmählich dem Ende entgegenlesen. Total süß fand ich seinen Umgang mit seiner Enkelin, seinem "kleinen Elefanten".

    Ja, ein wenig Abschied schwingt mit. Wir dürfen ja auch davon ausgehen, dass David so schnell nicht mehr nach Yarmouth kommt.

    Ham allerdings wird vermutlich nie über sein gebrochenes Herz hinwegkommen, oder seht ihr das anders? :cry: Dagegen ist Mrs. Gummidge wirklich rührend, wie sie zusammen mit Mr. Pegotty und Emily nach Australien aufbrechen wird. So ist auch sie glücklich untergebracht.

    Nein, er wird wohl alleine bleiben und vor sich hin leben als wohlgeachteter, aber immer auch bedauerter Mann in Yarmouth. Keine schöne Aussicht 8-[

    Ich habe mich allerdings gefragt, wer denn die ganze Zeit in London auf Emily aufpasst, währen David und Mr. Pegotty verrreist sind? :scratch:

    Ich vermute mal Martha :wink:

    Ich habe auch das Gefühl, dass der Erzähler "aufräumt". Ich bin gespannt, wie er mit Mrs Steerforth und Miss Dartle verfährt.

    Da gibt es keinen Grund, sie nach Australien zu schicken.

    Ich tippe daher auf eine Feuersbrunst in ihrem Haus - und weg sind sie.

    Aufräumen trifft es gut :loool: Aber ich hoffe, dass die beiden Weiber lange leben und sich gegenseitig das Leben zur Hölle machen in ihrer finsteren Villa :twisted:

    Ich frage mich dann natürlich, wie Martha sich durchbringt. Meine Anfangsspekulation, dass sie von Steerforth

    schwanger ist und bei einer Abtreibung stirbt, stimmt ja nicht. Ich denke, dass sie sich prostituiert?

    Auf alle Fälle hat es mir gefallen, wie Dickens einen Zusammenhang herstellt zwischen Erziehung, sozialer Schicht

    und Moral.

    Die untere soziale Schicht kommt eindeutig besser weg in Bezug auf Moral und Verhalten. :-,

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Kapitel 52: I assist at an explosion


    Wow, was für ein Kapitel und was für eine treffende Kapitelüberschrift :lechz: Ich hatte ja irgendwo vorher schon geschrieben, dass ich fasziniert bin von der Idee, ausgerechnet Micawber zur Schlüsselfigur in der Überführung von Uriah Heep zu machen. Und was für eine Schlüsselfigur er ist! Da hat ausgerechnet dieser Mann, der ja nun wirklich nicht grade die Arbeit erfunden hat, über Monate akribisch und systematisch alle möglichen Unterlagen und Beweise gesucht und zusammengetragen, um Heep des Betrugs und Diebstahls zu überführen. Was für eine Entwicklung, ich bin begeistert.:lechz: Und das beweist uns wieder einmal, dass Dickens in aller Regel keine Figur "einfach nur so" als Platzhalter in eine Geschichte schreibt.


    Klar hat er "seinen Auftritt" in gewohnter Art und Weise, aber ich denke, diesen Auftritt gönnen wir ihm dieses Mal von Herzen. Auch hat Micawber wirklich viel Umsicht bewiesen bei allem, was er hier tat. V.a. hat er Traddles zu Rate gezogen, eine kluge Entscheidung: Traddles ist emotional nur indirekt involviert und er ist Anwalt und damit mit allen nötigen Schritten vertraut. ER kann abschätzen, was sie tun dürfen und was nicht und welche Mittel sie an der Hand haben. In seiner ruhigen und ausgeglichenen, aber seriösen Art lässt er sich von Uriah ja auch nie die Butter vom Brot nehmen. Der muss sehr schnell lernen, dass seine Überheblichkeit Micawber gegenüber wohl ein Schuss in den Ofen war bzw. dass dieser Schuss gehörig nach hinten losging. Er hat Micawber eindeutig unterschätzt. Oder hat er vielleicht gedacht, Micawber würde genauso denken und handeln wie er selbst, weil er ja "auch von unten" kommt? Ganz gleich wie, er hat sich jedenfalls verrechnet. Und es kommt auch eindeutig heraus, dass er sein Leben lang David hasste für das, was er war und Uriah nicht war. Hass und Gier / Neid waren seine Motive bei allem, was er tat.

    Interessant fand ich, dass seine Mutter allen Ernstes glaubte, mit "wir sind so humble" könne sie alles wieder richten. So blauäugig kann doch niemand sein? Sie mag sich in den Motiven ihres Sohnes vielleicht getäuscht haben (Mütter wollen bestimmt nie das Negative in ihren Kindern sehen), aber sie kann doch nicht ernsthaft denken, dass mit ein wenig schleimen solche Tatbestände unter den Teppich gekehrt werden?


    Und ausnahmsweise fand ich unsere Little Blossom ziemlich erwachsen :wink: Sie besteht darauf, dass auch die Tante nach Canterbury fährt. Sie mag aus der falschen Selbstüberschätzung heraus (ich pack das schon) handeln und ihre Argumentation ist kindisch wie immer, aber sie erkennt irgendwie aus dem Bauch heraus, dass es wichtig ist, dass alle nach Canterbury fahren.


    Ach ja, und ich sag nur Australien :totlach: Jetzt bin ich mir nur nicht so ganz klar über die Motive, die die Tante zu diesem Vorschlag bewegen :-,

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Aber warum färbt Ihr die Eier nicht morgen gemeinsam? :wink:

    Weil zwei kleine blonde Enkelliebchen da sind - und für die kommt der Osterhase :wink:



    und dann steht da im Gegensatz dazu diese Unfähigkeit, seinen eigenen Haushalt auch nur im geringsten zu organisieren oder geeignete Dienerschaft einzustellen, die ihnen hilft statt sie zu berauben

    Ich glaube, da schauen wir wieder durch unsere Brille. Für Dickens und damit auch für David ist die Organisation des Haushalts offensichtlich Frauensache, und

    damit Punkt. Mich wundert es ja auch, dass er dann nicht selber eingreift, vor allem, weil er doch den ganzen Tage daheim arbeitet!


    So ganz versteh ich nicht, was Du sagen willst?

    Wie bitte kopiert man Zitat + Zitat?

    Es geht um Martha und Emily.

    Was ich meinte:

    London ist Weltstadt, damals schon, und da rennen David und Peggotty herum und suchen Martha.

    Und finden sie natürlich, genauso wie Martha dann auch Emily findet.

    Das ist für mich wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, das kann ich nicht glauben.

    Der Erzähler braucht aber dringend die beiden Mädchen, sonst dreht sich die Geschichte nicht

    weiter.

    Ich habe immer bisschen Probleme mit solchen Deus-ex-machina-Konstruktionen. Allerdings

    habe ich auch keinen Tipp für Herrn Dickens, wie er das hätte besser machen können:)

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Kapitel 52

    Was für eine Entwicklung,

    Ja - schon - aber mir ist trotzdem der Kamm geschwollen. Wie er sich in Positur wirft!

    Wie ein Schauspieler trägt er hochdramatisch und mit großer Geste seine Anschuldigungen

    vor! Und wie stolz er auf seine Rechtschaffenheit ist!

    Und der klapprige Vergleich mit einem Seehelden - also das sind so die Sätze, da könnte ich mich

    kringeln. Mr. Micawber bleibt sich einfach treu, auch wenn er jetzt unverhofft dem Uriah ein Bein stellt.

    Und das finde ich bewundernswert, wie Dickens den Charakter seiner Figuren wahrt.

    jetzt bin ich mir nur nicht so ganz klar über die Motive, die die Tante zu diesem Vorschlag bewegen

    Das soll wohl die letzte Chance sein, und Mr. Micawber meint ja auch, dass sich dann in Australien "etwas finden

    ließe".


    Die Figur des Uriah fand ich in dieser Szene auch interessant. Sehr selbstbewusst, intelligent, schlagfertig - es ist

    eigentlich schade, dass er seine Eigenschaften nicht positiv kanalisieren konnte.


    Frohe Ostergrüße!

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Kapitel 53


    Ich habs doch immer gesagt: Dora und ihr Hund!

    Das ist ja eigentlich eine traurige Sache, und ich habe das Kapitel - sehr passend -

    Karfreitag Nacht gelesen. Trotzdem habe ich lachen müssen.

    Bei der Stelle mit dem toten Hund weiß man doch sofort: Aha, und jetzt

    Dora.

    Also ein bisschen kitschig war das schon ....


    Aber Dora zeigt, dass sie die Situation richtig überblickt hat: sie seien zu jung gewesen.

    Und sie erkennt auch, dass für David eine andere Gefährtin besser wäre.

    Na ja, und wir wissen ja auch schon, wen sie meint. Nicht umsonst ist Agnes bei ihr.


    Agnes' Geste mit der himmelweisenden Geste - das erinnert an die ersten Sätze über Agnes,

    sie erschien im Licht von Kirchenfenstern oder so ähnlich. Auch hier, als Todesbotin, Todesengel,

    hat sie diesen klerikalen-frommen Anstrich.

    Kein Mensch heiratet allerdings aus diesen Gefühlen heraus. Ich denke, dass hier die ganze

    Prüderie der Zeit durchscheint.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Bei der Stelle mit dem toten Hund weiß man doch sofort: Aha, und jetzt

    Dora.

    Also ein bisschen kitschig war das schon ....

    Ja, das kann man so empfinden. Obwohl es gar nicht so abwegig ist. Oft sterben Hunde kurz nach dem Tod des Besitzers. Sie geben einfach auf.

    Da gibt es einige Geschichten. Hundeherz eben.................


    Schön fand ich die Beschreibung von Davids Gedanken und Gefühlen im Rückblick auf seine kurze Ehe.


    Zitat

    I think of every trifle between me and Dora, and feel the truth, that trifles make the sum of life.

    Ever rising from the sea of my remembrance, is the image of my dear child as I knew her first, graced by my young love, and by her own,

    with every fascination wherein such love is rich. Would it, indeed, have been better if we had loved each other as a boy and girl, and forgotten

    it? Undisciplined heart, reply!

    Traurig und doch so schön. Der Mann konnte mit Sprache einfach brillant umgehen.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Bad Monkeys

  • Oft sterben Hunde kurz nach dem Tod des Besitzers.

    Ja, das stimmt wirklich - aber war es hier nicht umgekehrt? Ich hatte das so aufgefasst, der der Tod des kleinen

    weißen Hundes der Vorbote von Doras Tod ist.


    Bei mir heißt Deine obige Stelle so:


    Ich denke an jede Kleinigkeit zwischen mir und Dora, und fühle, daß Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen. Und immer steigt aus dem Meere meiner Erinnerungen das liebe Bild des Kindes, wie ich es zuerst sah: verschönert durch meine und durch ihre jugendliche Liebe mit jedem Reiz, an dem so eine Liebe reich ist.


    Unbestritten: es ist traurig. Wie so manche Dinge im Rückblick.


    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • aber war es hier nicht umgekehrt? Ich hatte das so aufgefasst, der der Tod des kleinen

    weißen Hundes der Vorbote von Doras Tod ist.

    Das ist schwer festzustellen. Könnte auch sein, das es gleichzeitig geschah. Dazu gibt es keinen wirklichen Ansatzpunkt, oder?

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Bad Monkeys

  • Dazu gibt es keinen wirklichen Ansatzpunkt, oder?

    Für mich ist das die Perspektive des Lesers und die Chronologie der Erzählung - nicht die tatsächliche

    Chronologie der Handlungen. Es kann durchaus sein, dass Doras Alter Ego ihren Tod spürt und

    gleichzeitig oder kurz danach stirbt, aber ich als Leser erlebe erst den Tod des Hundes und werde

    damit vorbereitet auf Doras Tod. So hatte ich das mit dem "Vorboten" gemeint.


    Wir zwei halten hier die Stellung, oder?

    Du hast die T-com-Umstellung gut verkraftet?

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Huhu ich bin auch noch da - und ich habe das Buch fast komplett gelesen über Ostern :uups:

    Ich glaube, da schauen wir wieder durch unsere Brille. Für Dickens und damit auch für David ist die Organisation des Haushalts offensichtlich Frauensache, und damit Punkt. Mich wundert es ja auch, dass er dann nicht selber eingreift, vor allem, weil er doch den ganzen Tage daheim arbeitet!

    Mir dem Blick durch die Brille hast Du wohl recht und David hat schlicht ja auch keine Ahnung. Allerdings hätte er doch spätestens bei den ständigen Diebstählen handeln müssen. Find ich zumindest, wenn auch wieder aus heutiger Sicht :ergeben:

    London ist Weltstadt, damals schon, und da rennen David und Peggotty herum und suchen Martha.

    Und finden sie natürlich, genauso wie Martha dann auch Emily findet.

    Das ist für mich wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, das kann ich nicht glauben.

    Der Erzähler braucht aber dringend die beiden Mädchen, sonst dreht sich die Geschichte nicht

    weiter.

    Ich dagegen glaub schon, dass es auch damals einfach bestimmte Viertel gab, in denen sich die "Ausgestossenen" fanden, in denen die Bordelle vorherrschten, sich die Armen einfanden, die in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in die Stadt zogen. Und Martha ist lang genug dort und hat genügend Erfahrung am eigenen Leib, um Neulinge aufzuspüren. Der Tratsch war ja bestimmt auch entsprechend. Natürlich ist das auch ein Konstrukt, aber doch nicht ohne Grund und Boden.

    Geh heute mal in die Großstadt - bestimmte Klientel trifft sich dort auch immer an denselben Orten und "Neulinge" finden die auch wie von selbst.


    Wie er sich in Positur wirft!

    Wie ein Schauspieler trägt er hochdramatisch und mit großer Geste seine Anschuldigungen

    vor! Und wie stolz er auf seine Rechtschaffenheit ist!

    Und der klapprige Vergleich mit einem Seehelden - also das sind so die Sätze, da könnte ich mich

    kringeln. Mr. Micawber bleibt sich einfach treu,

    Klar kann er nicht aus seiner Haut und bleibt sich treu. Aber alles andere wäre doch auch unglaubhaft gewesen. Hätte ausgerechnet Micawber jetzt still und sachlich argumentiert, dann hätten wir ihm das doch gar nicht abgenommen :loool:


    Das soll wohl die letzte Chance sein, und Mr. Micawber meint ja auch, dass sich dann in Australien "etwas finden

    ließe".

    Die letzte Chance ist das bestimmt, aber ein paar eigennützige Motive kann ich irgendwie nicht aus meinem Hinterkopf verdrängen. :uups:


    Aber Dora zeigt, dass sie die Situation richtig überblickt hat: sie seien zu jung gewesen.

    Und sie erkennt auch, dass für David eine andere Gefährtin besser wäre.

    Na ja, und wir wissen ja auch schon, wen sie meint. Nicht umsonst ist Agnes bei ihr.

    Ein bisschen Einsicht dämmerte unserem child-wife da herauf und sie hat ja völlig recht damit. Sie waren beide extrem jung. Zwar hat man damals sicher früher geheiratet, aber gerade Dora war ja in allem zu jung, nicht nur an Jahren, und das sieht sie völlig richtig. Und auch im Hinblick auf Agnes sieht sie mehr als David. :wink:


    Agnes' Geste mit der himmelweisenden Geste - das erinnert an die ersten Sätze über Agnes,

    sie erschien im Licht von Kirchenfenstern oder so ähnlich. Auch hier, als Todesbotin, Todesengel,

    hat sie diesen klerikalen-frommen Anstrich.

    Kein Mensch heiratet allerdings aus diesen Gefühlen heraus. Ich denke, dass hier die ganze

    Prüderie der Zeit durchscheint.

    Ich glaube eher, dass Dickens uns hier klar wieder Davids Sicht von Agnes zeigt. Für ihn ist Agnes ja sein Leben lang der rettende Engel, die Lichtgestalt. Eigentlich gesteht er ihr kaum Menschliches zu, wobei sie ihm dazu mit ihrer ganzen Art auch keinen Anlass gibt. Er hat sie auf den engelsgleichen Sockel gesetzt und nichts kann sie - bisher - von dort hinunterstoßen. Eigentlich kann sie mir damit fast leid tun. :-k


    Schön fand ich die Beschreibung von Davids Gedanken und Gefühlen im Rückblick auf seine kurze Ehe.


    Traurig und doch so schön. Der Mann konnte mit Sprache einfach brillant umgehen.

    Sprachlich liegt Dickens für mich sehr weit über vielen anderen Autoren, ich finde seine Sprachgewandtheit einfach nur zum Niederknien. :pray: Das kommt für mich später auch wieder massiv zum Vorschein, besonders in Kapitel 55 :D

    aber war es hier nicht umgekehrt? Ich hatte das so aufgefasst, der der Tod des kleinen

    weißen Hundes der Vorbote von Doras Tod ist.

    Das ist schwer festzustellen. Könnte auch sein, das es gleichzeitig geschah. Dazu gibt es keinen wirklichen Ansatzpunkt, oder?

    Einen Anhaltspunkt hab auch ich nicht gefunden, aber ich hatte so das Gefühl der Gleichzeitigkeit - der Hund stirbt und schon steht Agnes in der Tür. Aber letztlich spielt es keine Rolle für die Geschichte. Ich allerdings fand das auch ein wenig kitschig. :ergeben:


    Wir zwei halten hier die Stellung, oder?

    Du hast die T-com-Umstellung gut verkraftet?

    Nee, nee - ich bin auch noch da. Ich bin nur kein Frühaufsteher wenn ich denn ausschlafen kann. :totlach:


    Kapitel 54:

    Zeit für Trauer bleibt David ja grad keine, denn zu viel ist noch zu erledigen in Canterbury. Traddles und Micawber waren schwer bei der Arbeit und tatsächlich konnte Traddles vieles aufklären, aber dann doch nicht alles. Wickfield ist aus allen Anschuldigungen raus, aber Geld bleibt nicht viel übrig. Hier zeigt sich, dass Agnes doch ziemlich mit beiden Beinen auf der Erde steht: sie hat sich schon ihre eigenen Gedanken über die Zukunft gemacht. Und auch die Zukunft von Tante Betsey ist wieder rosig. Da hat doch die alte Dame ein wenig Schicksal gespielt: lässt sie David doch glatt in dem Glauben, sie seien verarmt, um zu sehen, wie er mit den harten Tatsachen des Lebens umgeht. Ein wenig fies war das ja schon, aber eine gute Schule des Lebens. Hat sie den Jungen doch damit zum verantwortungsvollen Mann werden lassen, der sich auch harten Tatsachen stellen kann. :mrgreen: Da kommen doch mal wieder neue Seiten bei der alten Tante zum Vorschein. Ob sie noch ein paar Überraschungen für uns parat hält? Wobei sie das am Ende des Kapitels ja schon tut.


    Die Micawbers bleiben einfach die Micawbers - die ändern sich nicht. Wobei mir in diesem Kapitel Mrs Micawber fast lebensfremder erscheint als ihr Mann - wenn das überhaupt möglich ist. Aber die Freunde haben ihre festen Vorstellungen, wie sie den Micawbers beim Start in die Zukunft helfen werden, und diese sind zum einen sehr großzügig, aber auch sehr realistisch. Allen ist klar, dass man den Micawbers nicht einfach Geld in die Hand geben darf, und so regeln sie das auf eine sehr vernünftige Weise.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Er hat sie auf den engelsgleichen Sockel gesetzt und nichts kann sie - bisher - von dort hinunterstoßen.

    Ja - das meinte ich ja. Aber niemand heiratet einen Engel. Ich meine, da müssen schon andere Hormone

    greifen als diejenigen, die einen in die Kirche treiben :lol: (wenns denn solche Hormone gibt!). Und das ist für mich

    die viktorianische Prüderie, in Reinkultur.

    Nee, nee - ich bin auch noch da.

    Ja fein! Und gut vorangekommen bist Du auch!


    Zu Kapitel 54


    Allen ist klar, dass man den Micawbers nicht einfach Geld in die Hand geben darf,

    Aber sie wollen sie auch wegräumen. Und die Auswanderung nach Australien zwingt die Micawbers dazu, auf eigenen Füßen zu stehen.

    Mehr oder weniger. Es kann natürlich auch sein, dass sie dort den Aborigines oder anderen Ausgewanderten in ähnlicher Form auf

    die Nerven (und den Geldbeutel) gehen ...


    Mrs Micawber redet wieder von ihrer Familie. Nicht auszuhalten. Inzwischen denke ich, dass Dickens, das alte

    Schlitzohr, das mit voller Absicht macht. Und damit eine bestimmte Gesellschaftsschicht oder eine bestimmte Gruppe

    von Menschen lächerlich macht, die sich über Familie, Herkunft etc. definieren und nicht aus sich selbst heraus.

    Ich kenne Dickens Biografie nicht, aber vielleicht spielen hier eigene ungute Erfahrungen mit.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • Und gut vorangekommen bist Du auch!

    und wie - ich bin mitten in Kapitel 59 :cheers:

    Aber sie wollen sie auch wegräumen.

    Genau das hab ich auch gedacht, so als nicht ganz so liebes Auswanderungsmotiv auf Seiten der Tante :-,

    Und die Auswanderung nach Australien zwingt die Micawbers dazu, auf eigenen Füßen zu stehen.

    Mehr oder weniger.

    Guter Gedanke, der ist mir noch gar nicht gekommen - da unten herrschten ja etwas rauere Sitten und es war niemand da, auf den sie sich so einfach berufen konnten. Außer... neee, ich greife jetzt mal nicht vor :uups:

    Nicht auszuhalten. Inzwischen denke ich, dass Dickens, das alte

    Schlitzohr, das mit voller Absicht macht. Und damit eine bestimmte Gesellschaftsschicht oder eine bestimmte Gruppe

    von Menschen lächerlich macht, die sich über Familie, Herkunft etc. definieren und nicht aus sich selbst heraus.

    Das ist sehr gut möglich, dass genau diese Absicht dahintersteckt. 8)

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Außer... neee, ich greife jetzt mal nicht vor

    Nein, mach das nicht, sonst kann ich nicht spekulieren!!!!

    Es fehlen ja noch ein paar Leute, die nicht wie im wirklichen Leben einfach nicht mehr auftauchen.

    Da ist dieser liebe Lehrer Mell mit seiner scheußlichen Flötenmusik: ein armer, aber aufrechter

    Charakter, arm, und trotzdem den Musen zugetan - der darf nicht untergehen. Vielleicht sollte

    Emily ihn noch schnell heiraten. Oder Martha! Die könnte ihn doch nehmen!


    Auch Miss Dartle muss versorgt werden. Ja, ich weiß, Ihr wollt sie bei Mrs Steerforth in ihrer Bosheit

    schmoren lassen, aber vielleicht findet sich was Netteres für sie.

    Dann fehlen noch die Bösewichte: die Murdstones müssen noch ermordet werden, am besten auch dieser

    Schläger-Lehrer Creakle gleich mit, der darf nicht steraffrei ausgehen.

    Und Littimer und Uriah Heep müssen auch (dramaturgisch gesehen)versorgt werden.


    Das Ende der Geschichte dauert noch ein bisschen :-)


    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Kapitel 55


    Das ist ein richtig schönes Kapitel. Hoch dramatisch.

    Die Beschreibungen des Sturmes und der rollenden See habe ich 2 x gelesen, einfach

    toll beschrieben.

    Dickens entwirft da sprachliche Bilder, die ich direkt vor mir sehe: die Menschen am Strand, die

    allgemeine Aufregung, die Rettungsversuche - und dann vor allem dieser junge Mensch am Mast, der mit seiner roten

    Mütze zum Abschied winkt.

    Dickens schreibt so wie ein Maler malt.

    Dass Ham ausgerechnet seinen Nebenbuhler zu retten versucht und dabei umkommt, erhöht die Dramatik

    für den Leser.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Dickens entwirft da sprachliche Bilder, die ich direkt vor mir sehe: die Menschen am Strand, die

    allgemeine Aufregung, die Rettungsversuche - und dann vor allem dieser junge Mensch am Mast, der mit seiner roten

    Mütze zum Abschied winkt.

    Ich hab mich gefühlt, als ob ich selbst dort am Strand stünde, selbst den Naturgewalten ausgesetzt wäre. Schon die Fahrt nach Yarmouth beschreibt Dickens so intensiv, dass mir regelrecht die Kutschpferde leid taten 8-[ Und dann diese losgelassene Naturgewalt, der auch heute noch nicht viel entgegengesetzt werden kann. Wie die Menschen damals fühlten? Auf dieses tobende Meer zu schauen und zu wissen, dass Familie und Freunde dort ums Überleben kämpfen :pale:

    Dass Ham ausgerechnet seinen Nebenbuhler zu retten versucht und dabei umkommt, erhöht die Dramatik

    für den Leser.

    Diese Dramatik brauchte es bestimmt auch für einen Roman, der über Monate wöchentlich veröffentlicht wurde. Ich kann mir vorstellen, dass jedes Kapitel eine Veröffentlichung war und dann brauchte es halt Cliffhanger, wie wir heute so schön sagen.


    Aber gut gefallen hat mir auch die Diskretion besonders auf Seiten der Fischer, die ohne Worte fühlten, dass es nicht richtig wäre Steerforth neben den toten Ham zu betten. Hams Tod können sie akzeptieren, er gehörte zum Leben dazu - aber dieser eine Schritt wäre zuviel, auch wenn Ham es selbst ja gar nicht mehr fühlen kann.


    Aber mal eine Frage: zu Beginn des Kapitels heißt es, dass David und die Tante ihre Cottages auflösen. Er will ins Ausland, sie zurück in ihr Haus in Dover. Aber hatte sie dieses Haus nicht zwischenzeitlich erst vermietet und dann doch verkauft? :scratch:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Das Virus, welches meine Tochter letzte Woche aus der Kita mitgeschleppt hat, hat sie schön an ihre Eltern weitergegeben, sodass ich das Oster-Wochenende relativ unproduktiv verbracht habe. Sonntag habe ich den Dickens dann gar nicht in die Hand genommen, gestern aber endlich das große Explosions-Kapitel 52 gelesen :D Ich weiß, ich hänge immer noch hinterher, aber es fehlen ja nur noch 150 Seiten, das Ende wird also wirklich absehbar. Insofern bin ich ziemlich zuversichtlich, auch die letzten Meter in den nächsten ein, zwei Wochen noch bewältigen zu können. Von unserer anfangs so riesigen Leserunde sind auch gar nicht mehr so viele übrig - daran zeigt sich wohl auch, wie umfangreich dieses Buch ist.


    Ich hatte jedenfalls recht mit meiner Vermutung, dass der dröge Mittelteil des Buches endgültig überwunden war - mir macht das Lesen seit einigen Kapiteln wieder deutlich mehr Spaß.



    Wow, was für ein Kapitel und was für eine treffende Kapitelüberschrift :lechz: Ich hatte ja irgendwo vorher schon geschrieben, dass ich fasziniert bin von der Idee, ausgerechnet Micawber zur Schlüsselfigur in der Überführung von Uriah Heep zu machen. Und was für eine Schlüsselfigur er ist! Da hat ausgerechnet dieser Mann, der ja nun wirklich nicht grade die Arbeit erfunden hat, über Monate akribisch und systematisch alle möglichen Unterlagen und Beweise gesucht und zusammengetragen, um Heep des Betrugs und Diebstahls zu überführen. Was für eine Entwicklung, ich bin begeistert.:lechz: Und das beweist uns wieder einmal, dass Dickens in aller Regel keine Figur "einfach nur so" als Platzhalter in eine Geschichte schreibt.

    Ich habe Mr Micawber seinen Auftritt auch gegönnt - den hatte er sich verdient! Bei diesem Kapitel habe ich auch wieder häufig ins englische Original gelinst, in dem seine pompösen Formulierungen mich noch viel mehr erfreuen. Schade, dass es zu dieser Szene keine Illustration gab!

    Für mich ist Micawber auch irgendwie ein Typ, der sich selbst ein bisschen (sehr) im Weg steht, der aber durchaus seine Talente hat. Eine meiner Lieblingsszenen mit ihm ist die Punschszene in Davids Wohnung, in der er so völlig zufrieden und kompetent dieser gar nicht hochstehenden Tätigkeit frönt und mit dazu beiträgt, dass alle eine wunderbare Zeit haben - bis dieser blöde Littimer auftaucht...


    Traddles hinterlässt einen sehr positiven Eindruck. Könnte er einer der wenigen Juristen sein, an denen Dickens ein gutes Haar lässt? :-k Jedenfalls hat mich das Kapitel sehr gut unterhalten, bis hin zum fröhlichen Pläneschmieden für Australien. Die Micawbers sind wirklich Stehaufmännchen :lol: Einzig die duldsame Agnes hat mal wieder nicht viel zu tun, als wie ein Lamm in die Gegend zu gucken. Mein Fall ist sie ja nicht...

  • schon die Fahrt nach Yarmouth beschreibt Dickens so intensiv

    Und dann diese losgelassene Naturgewalt, der auch heute noch nicht viel entgegengesetzt werden kann.

    Ich fand diese Stellen wunderschön. Ich habe das alles vor mir gesehen. Vor Jahren habe ich eine Sturmflut an der

    Nordsee erlebt und Dickens Beschreibungen haben die Bilder wieder hervorgeholt.

    Von unserer anfangs so riesigen Leserunde sind auch gar nicht mehr so viele übrig - daran zeigt sich wohl auch, wie umfangreich dieses Buch ist.

    Erst einmal: gute Besserung!!


    Ihr seid ja alte Hasen und habt bestimmt schon viele Leserunden mitgemacht; ist dieser Schwund normal?

    Es ist ja so, dass Dickens ausgesprochen kurzweilig schreibt. Gut, in der Mitte ist es leicht zäh, das sehe ich so wie Kiya, aber

    prinzipiell ist doch immer was geboten.

    Mein Fall ist sie ja nicht...

    :) Meiner auch nicht! Mir ist sie entschieden zu edel, hilfreich und gut :).


    Aber hatte sie dieses Haus nicht zwischenzeitlich erst vermietet und dann doch verkauft?

    Meiner Erinnerung nach nur vermietet! Noch nicht verkauft!

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ihr seid ja alte Hasen und habt bestimmt schon viele Leserunden mitgemacht; ist dieser Schwund normal?

    Es ist ja so, dass Dickens ausgesprochen kurzweilig schreibt. Gut, in der Mitte ist es leicht zäh, das sehe ich so wie Kiya, aber

    prinzipiell ist doch immer was geboten.

    bei einem Klassiker diesen Umfangs über so einen langen Zeitraum ist das normal. Ich hatte mich eher über die große Anzahl an Startern gewundert. Am Ende bleibt ein begeisterter harter Kern - bei Bleak House vor 2 Jahren waren das Nungesser und ich.:lol:


    Kiya gute Besserung, so sollte Ostern ja für niemanden laufen :friends:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier