Die Nachtigall

Buch von Kristin Hannah

Bewertungen

Die Nachtigall wurde insgesamt 62 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,3 Sternen.

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Meinungen

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die Nachtigall

    Über den zweiten Weltkrieg haben wir alle vermutlich bereits sehr viel gelesen oder gelernt. Wie es den Männern an der Front ergangen ist, was sie durchmachen und erleben mussten, das wird einem in den unterschiedlichsten Situationen ja immer wieder mal ins Gedächtnis gerufen. Aber was ist eigentlich mit den Frauen, die den Krieg überstehen mussten? Haben die auch irgendetwas leisten müssen? Mussten sie Dinge entbehren, Opfer bringen, Hunger leiden? Kaum einer weiß viel über das Leben der Frauen während dem zweiten Weltkrieg. Dass diese es auch alles andere als leicht hatten und auf gewisse Weise ebenso einen großen Einfluss auf das Kriegsgeschehen hatten, ist vielen Menschen nicht bewusst. In diesem Roman, mit wahrem historischen Hintergrund, erzählt die Autorin Kristin Hannah von ebenjenen (französischen) Frauen und ihren erschreckend bewegenden Schicksalen.
    ~ Für uns war es ein Schattenkrieg. Und nachdem er vorbei war, gab es keine Paraden für uns, keine Orden und keinen Platz in den Geschichtsbüchern.
    Im Krieg taten wir, was wir tun mussten, und nachdem er vorbei war, sammelten wir die Scherben ein und fingen noch einmal von vorn an. ~
    (S. 599)
    Im Mittelpunkt der Geschichte stehen also die beiden französischen Schwestern Vianne und Isabelle. Während Vianne, Mutter einer kleinen Tochter, auf die Rückkehr ihres Mannes von der Front wartet, erlebt sie ihre ganz persönliche Hölle in ihrem eigenen Zuhause, denn dort quartieren sich nacheinander zwei deutsche Offiziere ein, mit denen beiden ziemlich schlecht Kirschen essen ist.
    Isabelle hingegen, die einen wirklich ganz eigenen Kopf mit widerspenstigem Charakter besitzt, ist, im Gegensatz zu ihrer Schwester, kein brav und still gehorchendes Mädchen, sondern jemand der aktiv Widerstand leisten will. Jede Aktion, die schlecht für die Nazis ist, ist ihr willkommen. Ihr Wesen lässt sich demnach in etwa so beschreiben: Wurde ihr gesagt, dass sie etwas nicht tun sollte, tat sie es erst recht, jede Mauer verwandelt sie in eine Tür.
    Jedenfalls durchleben die beiden Schwestern, mal zusammen, mal länger voneinander getrennt, eine Menge unschöne Momente. Sowohl große Verluste, sich Verlassenfühlen und hochgefährliche Situationen, als auch Hunger, Kälte und die permanente Angst vor dem Feind im eigenen Land sind Themen, die in diesen Jahren allgegenwärtig und kaum auszuhalten waren ...
    ~ »Denke nicht darüber nach, wer sie sind. Denk darüber nach, wer du bist, und darüber, mit welchen Opfern du leben kannst und welche dir den Halt nehmen würden.« ~
    (S. 180)
    Für mich war diese Lektüre sehr spannend und mitreißend. Bewegend war vor allem die Tatsache, dass mir bewusst war, dass dies wahre Schicksalsgeschichten sind, die so tatsächlich stattgefunden haben. All die entsetzlichen Szenen, all das Leid, der Hunger, die Kälte, die Vergewaltigungen, Gewalt im Allgemeinen, der Tod ... Es muss furchtbar gewesen sein, das mitzuerleben. Und ich ziehe meinen Hut vor all jenen Frauen, die in dieser Zeit die Kraft hatten, nicht aufzugeben, das überstanden haben und danach, auf welche Weise auch immer, mit ihren Verlusten zurechtgekommen sind.
    Ich kann euch allen dieses aufwühlende Stückchen Literatur nur ans Herz legen. Der Inhalt ist so gewaltig, so tiefberührend, dass er mich an manchen Stellen wirklich sprachlos zurückgelassen hat und das will schon was heißen. Aber von der Autorin habe ich glücklicherweise ja schon einmal ein derartig bewegendes Buch gelesen, deswegen steht fest: in naher Zukunft gerne Weiteres von Kristin Hannah!
    (Weitere Buchzitate findet ihr HIER!)
    5 !
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  • Rezension zu Die Nachtigall

    Stimmt, wir sind in Frankreich. Die Leute essen Baguette (das sogar richtig französisch mit weiblichem Artikel, nicht mit dem sächlich-deutschen versehen ist), sagen „merci“, und sie heißen Antoine, Julien, Gaeton (das kriegt nicht mal meine Tastatur richtig hin ) und Micheline. Und man hat sich sehr lieb lieb lieb. Klaro, Frankreich ist das Land der Liebe (bei DER Hauptstadt ).
    Irgendwas fühlt sich falsch an. Der Krieg – ja, gut, ich habe ihn auch nicht miterleben müssen, doch ich vergleiche mit anderen Büchern – und Frankreich. Und die Liebe auch.
    Ich will der Autorin nicht unterstellen, dass sie nicht aus echten Motiven und der Überzeugung, ihren Landsleuten die Schrecken des 2. Weltkriegs in Europa nahezubringen, dieses Buch geschrieben hat. Doch leider: Entweder reicht ihr Können nicht dazu aus, ein Buch ohne Sentimentalität und ausufernde Emotionalität zu schreiben mit weniger pilchrigem Überguss, dafür treffsicherer Personenzeichnung. Oder es ist die einzige Möglichkeit, das Herz der Amerikaner der Gegenwart für das Schicksal, die Verzweiflung und den Mut von Menschen im Krieg zu gewinnen. (Einen Vertrag mit einem Papiertaschentuchhersteller möchte ich ihr erst recht nicht unterstellen.)
    Der Anfang, die alte Dame mit dem Koffer, macht neugierig; notwendig wäre die Rahmenerzählung nicht. Aber dann folgt, was eine Amazon-Rezensentin passend „Der Krieg als Rührstück“ nennt.
    Die Loblieder überschlagen sich. Das Feuilleton nimmt das Buch nicht zur Kenntnis. (Ich habe jedenfalls keinen Artikel gefunden, lasse mich aber gern überzeugen.)
    Nach „Meine geniale Freundin“ das zweite Buch in diesem Jahr, das einen Riesenhype auslöste und mir nicht gefiel. Wobei ich der Gefühlsduseligkeit in „Die Nachtigall“ nach dem ersten Drittel so überdrüssig war, dass ich das Buch nur noch quer gelesen und irgendwann zum Schluss vorgeblättert habe.
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  • Rezension zu Die Nachtigall

    Ich habe mich sehr auf dieses Buch gefreut, und der erste Satz fühlte sich so echt an „Wenn ich in meinem langen Leben eines gelernt habe, dann ist es Folgendes: In der Liebe finden wir heraus, wer wir sein wollen; im Krieg finden wir heraus, wer wir sind.
    Auch der Anfang liest sich positiv, wie Erinnerungen wach werden an eine vergangene, düstere Zeit, jedoch schon nach etwa fünfzig Seiten hatte ich die Empfindung, wie wenn es sich nicht ganz richtig anfühlte. Konnte es jedoch noch nicht genau definieren weswegen, das wurde mir allerdings im Verlauf des Lesen bewusst.
    Somit kann ich mich den vielen positiven Rezensionen und den Schwärmereien für diesen Roman leider nicht anschliessen es gibt einfach zu viele Punkte welche mir schmerzhaft vor Augen führen wie nachlässig die Autorin, ich spreche nicht von den Recherchen, diese sind ganz sicher sorgfältig in die Geschichte eingebettet, das Thema gut gewählt, diese sensible Geschichte verarbeitet, wie wenig sie ihr die nötige Achtsamkeit schenkt um somit dem Leser ein Gefühl für die Geschehnisse der damaligen Zeit vermitteln zu können.
    Natürlich halte ich der Autorin zu Gute dass sie ansonsten mehr im Genre Liebesroman zu schreiben pflegt (dies ist jedoch das erste Buch von ihr das ich lese), und sie hat sich an eine schwierige Thematik gewagt, jedoch bleibt alles so oberflächlich, nimmt keine Tiefe an und somit plätschert die Geschichte vor sich hin.
    Was die Autorin liebt, detailgetreue Beschreibungen der Räume, der Häuser, der Umgebung welche oftmals wirken wie einem Heft "Living at Home" entsprungen.
    Viel zu aufdringlich arbeitet die Autorin mit Klischees, die Vorurteile welche unübersehbar penetrant dem Leser vor Augen führen sollen, welche Personen die Guten, die Bösen, die Helden, die Verfolgten, die Unscheinbaren sind.
    Der Gute Deutsche, respektvoll, zuvorkommend, hilfsbereit, gutaussehend, gross, mit breiten Schultern, schmalen Hüften, …..
    Der Böse Deutsche eine zischende Aussprache, aufrecht wie eine Bajonettklinge, anzügliche Bemerkungen gegen Frauen führend, bösartig, grob….
    Diese Wertungen der Protagonisten, ob Deutsche, Franzosen, Frauen, Männer usw. ziehen sich durch das ganze Buch, etwas was ich als völlig unnötig empfinde. Die Charakterbeschreibungen gehören natürlich in eine Geschichte allerdings nicht in einer Art und Weise dass sie wie hier „Klassifiziert“ werden um klar zu stellen das sind die edlen, das sind die gemeinen.
    Das verunmöglichte es mir eine Beziehung zu den Protagonisten aufzubauen weder Vianne noch Isabelle wurden fassbar, blieben mir fremd. Jedoch auch die andern Personen, die Verfolgten, Vertriebenen, Kinder konnten nicht meine Empathie wecken denn die Autorin versäumte es den Worten die entsprechende Gewichtung zu geben und somit der Geschichte die Glaubwürdigkeit welche sie verdient hätte.
    Sicher es gibt in der Geschichte schönen Szenen die ich mochte und gerne gelesen habe. Denn da wo sich die Autorin zurück gehalten hat mit dem „Leid und Schmerz Schmalz" spürte man ihr Können als Schriftstellerin und wäre es ihr gelungen diesen Stil durch das ganze Buch fliessen zu lassen, hätte es mir sicher sehr gut gefallen. Das positive an dieser Geschichte war, ich konnte sie praktisch ohne Unterbrechung in zwei Tagen lesen, da ich niemals so stark berührt war, um innehalten zu müssen.
    Es ist ein Unterhaltungsroman, den man als ganz okay benennen kann, mir jedoch nicht in Erinnerung bleiben wird.
    Schwer tue ich mich im Moment mit einer Bewertung, deshalb muss ich das gelesene etwas ruhen lassen und dann werde ich mich entscheiden.
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  • Rezension zu Die Nachtigall

    Mein erstes Buch von Kristin Hannah und ich muss sagen... Wahnsinn...
    Das Cover alleine ist wunderschön, doch wer jetzt denkt, er hätte einen freundlichen, frohen Schmöker vor sich, den muss ich da leider enttäuschen.
    Denn das Buch geht so viel tiefer und richtig unter die Haut.
    Zwei französische Schwestern müssen in Zeiten des Krieges überleben. Die eine versucht sich still zu verhalten, um ihre Tochter zu beschützen und die andere schließt sich einer Widerstandsbewegung an.
    Es ist aber nicht einfach nur eine Schilderung des Krieges, wo wieviele Bomben abgeworfen worden, stattdessen schildert Hannah das Schicksal einer Frau und deren Konflikte, als deutsche Offiziere bei ihr im Haus einquartiert werden und dort wohnen. Dabei gibt es keineswegs nur schwarz und weiß, die Autorin lässt uns an den inneren Spannungen der Figuren teilhaben und erkennen, warum sie sich so entschieden haben, wie sie es taten. Das macht den Roman so tiefgehend. Man ist jederzeit in der Geschichte und erfährt so ganz nah auch die Schicksale der Freundinnen und der Familie. Der Roman wirkt dadurch echt und unglaublich nah. Ich könnte ewig weiterschwärmen, aber ich empfehle einfach nur jedem, das Buch zu lesen!
    gibts von mir!
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  • Rezension zu Die Nachtigall

    Selten sitze ich nach dem Beenden eines Romanes da und muss mich erst mal wieder sortieren. Ich kann gar nicht sagen, welche Gefühle gerade auf mich einströmen. Aber ich möchte zunächst von vorn beginnen.
    Ich bin auf dieses Buch durch sein wunderbar schlichtes und doch anziehendes Cover aufmerksam geworden. Der Klappentext wirkte eindringlich und da ich gerne Bücher lese, die sich mit der Thematik des 2. Weltkriegs befassen wollte ich dieses unbedingt lesen. Denn zuvor hatte ich noch kein Buch gelesen, welches in Frankreich spielt und die Besatzung schildert. Und dann beginnt man dieses Buch zu lesen und der Schreibstil lässt einen direkt abtauchen. Ich konnte förmlich die Bilder vor mir sehen und die Empfindungen der Menschen teilen. Es ist wirklich von der ersten Seite mitreißend und die Seiten fliegen nur so dahin. Die Autorin transportiert hier geschichtliche Fakten verpackt mit Emotionen wirklich bewegend an den Leser. Ich kann gar nicht in Worte kleiden, wie sehr mich dieser Roman schon von den ersten Seiten an bewegte. Und je besser wie die Charaktere kennen lernen und die Handlung voranschreitet, desto enger wird die Bindung zu den Protagonisten und je mehr hat man das Gefühl diese auf ihrem Weg direkt zu begleiten. Die Autorin hat wirklich sehr gut recherchiert und vermittelt dem Leser eindringliche Bilder dieser Zeit. Wir haben viele unterschiedliche Charaktere, die alle ihr eigenes Schicksal haben und damit zu dem großen Ganzem beitragen.
    Hauptsächlich geht es natürlich um Vianne und Isabelle, aber es gibt Kinder, Begleiter, Freunde und Gegner die den Weg der beiden begleiten und durch die auch der Roman so eindringlich wird. Die Autorin hat hier auch eine zweite Zeitebene eingefügt, diese spielt 1995 und stellt den Leser vor ein Rätsel, welches erst am Ende des Romans aufgeklärt wird. Und diese zweite Ebene ist nur ein kleiner Teil des Romans rundet diesen zum Schluss aber perfekt ab.
    Gerade auf den letzten 100 Seiten spitzt sich alles nochmal zu und man fängt das Hoffen und Bangen an. Verschiedene offene Fragen und Ungewissheiten werden geklärt und überrollen den Leser regelrecht mit Emotionen. Ich war sehr froh, dass ich eine Packung Taschentücher neben mir liegen hatte. Ich musste mich gegen Ende hin immer mal wieder vom Buch abwenden, die Emotionen sacken lassen, um dann weiterlesen zu können.
    Es ist wirklich ein überragender Roman über diese schlimme Zeit, der sehr viel Wissen vermittelt, ohne wie ein Sachbuch zu wirken. Viele verschiedene Facetten des damaligen Lebens werden beleuchtet und dem Leser nah gebracht. Für uns ist es heute unvorstellbar und ich habe großen Respekt vor den Leuten jener Tage, die diese grausame Zeit überlebt haben.
    Mir fehlen echt die Worte. Ich kann diesen Roman nur jedem ans Herz legen, denn er trifft mitten ins Herz.
    "Liebe. Sie war der Anfang und das Ende von allem, das Fundament und die Decke und die Luft dazwischen."
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  • Rezension zu Die Nachtigall

    Nachdem ich erst vor Kurzem Romane gelesen habe, in denen es um die italienische Resistenza und den deutsch-polnischen Widerstand während des Zweiten Weltkriegs ging, hat mich Kristin Hannahs Die Nachtigall nun ins besetzte Frankreich mitgenommen. Sie erzählt die Geschichte zweier Schwestern, die schon immer ein schwieriges Verhältnis zueinander hatten und deren Prinzipien auch in Kriegszeiten weit auseinander gehen. Dabei gibt es auch eine Rahmenhandlung, in der eine der Schwestern im Jahr 1995 allmählich Abschied von ihrem Leben nimmt und sich an die Ereignisse während des Krieges zurückerinnert - doch erst am Ende erfährt der Leser, um welche der beiden es sich handelt. Und das kam für mich in jeder Hinsicht überraschend.
    Die Schwestern Vianne und Isabelle Rossignol (zu Deutsch: Nachtigall) wuchsen nach dem Tod ihrer Mutter getrennt voneinander auf und während die ältere Vianne so schnell wie möglich ihre eigene Familie mit ihrer Jugendliebe Antoine gründete, machte Isabelle es sich zur Aufgabe, aus jedem einzelnen Internat, in das ihr Vater sie steckte, zu fliehen und gegen sämtliche Regeln und Normen zu rebellieren. Als 1939 der Krieg nach Frankreich kommt, ist es für Vianne ein Schock, denn ihre heile Welt bricht zusammen, ihr Mann wird einberufen und mit den Deutschen kommen Hunger, Tod und Terror in das kleine, idyllische Städtchen, in dem Vianne und Antoine mit ihrer Tochter Sophie leben. Für Isabelle hingegen ist es, das Gefühl hat man zumindest anfangs, eine große Chance, denn endlich hat sie eine Aufgabe, wird gebraucht und kann ihre rebellische Ader nutzen, um etwas Gutes zu tun.
    Anhand dieser fiktiven Charaktere erzählt Hannah, wie der Krieg ein Land veränderte und seine Einwohner in unermessliches Leid stürzte. Detailgetreu und schonungslos zeichnet sie die sechs Jahre unter deutscher Besatzung nach und lässt nichts aus. Wie die zurückgebliebenen Frauen sich behaupten mussten, wie sie lernten, unter den Nazis zu leben, mit ihnen zu leben und gegen sie zu rebellieren, wie sie Familien zusammenhielten und Menschenleben retteten. Wie die Menschen hungern mussten, während sich die Besatzer die Bäuche voll schlugen, wie sie deren Willkür tagtäglich ausgesetzt waren und wie sie mit ansehen mussten, wie Freunde, Nachbarn und Familienmitglieder deportiert wurden. Und was die Mitglieder und Organisatoren der französischen Widerstandsgruppe Résistance aufs Spiel setzten, um für die Freiheit ihres Landes zu kämpfen.
    All das macht unheimlich betroffen und an einigen Stellen musste ich das Buch sogar kurz aus der Hand legen, um wieder frei atmen zu können. Immer wieder kam mir beim Lesen der Gedanke, dass es einfach nur Wahnsinn ist, was ein einzelner Mensch zu ertragen imstande ist und es ist einfach unmöglich, all das zu lesen, ohne sich ein bisschen für sein Land zu schämen. Und das ist gut so, denn es ruft einem ins Bewusstsein, für wie selbstverständlich man heutzutage vieles hält und wie einfach unser Leben doch im Grunde ist. Zumindest mir ging es so und ich hatte unglaublichen Respekt vor Hannahs Protagonistinnen - sowohl vor Isabelle als auch vor Vianne.
    Die beiden Schwestern könnten unterschiedlicher nicht sein und der Krieg und die deutsche Besatzung machen das so deutlich, wie vermutlich nichts davor oder danach. Isabelle ist eine furchtlose junge Frau, die das Herz auf der Zunge trägt und sich deshalb schon vor ihrer Tätigkeit mehrmals großer Gefahr aussetzt. Doch sie ist nicht nur widerspenstig und eigensinnig, sondern auch leidenschaftlich und unfassbar mutig, getrieben von einer fast schon übersinnlichen Kraft. Während sie in Paris als Kurier für die Résistance tätig ist und später mehr als hundert abgeschossene Fliegerpiloten der Alliierten auf dem Pfad der Nachtigall über die Pyrenäen in die Freiheit führt, ist die Gefahr stets deutlich spürbar an ihrer Seite und als Leser weiß man, dass die Frage nicht lautet, ob Isabelle irgendwann den Deutschen in die Hände fällt, sondern wann. Es ist von Anfang an eine Gewissheit, die man hat, weil man weiß, dass in diesem Krieg selten etwas gut gegangen ist. Weil man weiß, wie tödlich er war. Und das macht Isabelles Leistung umso unglaublicher.
    Übrigens ist sie kein heldenhafter Charakter, dessen Taten komplett der Fantasie einer Schriftstellerin entsprungen sind: Sie basiert auf einem realen Vorbild und zwar handelt es sich dabei um die belgische Widerstandskämpferin Andrée de Jongh, die eine Fluchtroute von Belgien über Frankreich bis nach Spanien etablierte und auf diese Weise 700 bis 800 Menschen, darunter 288 alliierten Piloten, zur Flucht aus den von den Nazis besetzten Gebieten verhalf. Zwischen dieser realen Heldin und Hannahs Charakter gibt es viele Parallelen und auch sonst spürt man auf jeder Seite, welche unglaubliche Recherchearbeit hinter dem Roman steckt und wie authentisch Hannah all diese historischen Fakten aufgearbeitet hat.
    Man könnte jetzt denken, dass in Hannahs Roman Isabelle die mutige, starke und Vianne die feige und schwache Schwester ist. Doch so einfach ist das nicht, denn Die Nachtigall zeigt, dass die Welt sich vor allem in Kriegszeiten nicht in Schwarz und Weiß teilt. Am Anfang scheint es so, als würde Vianne die Anwesenheit der Besatzer einfach dulden, als würde sie resignieren und einfach ihrer Wege gehen, um niemanden auf ihre Familie aufmerksam zu machen und schlichtweg zu überleben. Und nicht einmal das kann man ihr vorwerfen, denn an oberster Stelle steht für sie ihre Tochter und nicht nur eine Mutter kann nachvollziehen, dass sie alles tut, um Sophie zu schützen. Sie gerät immer wieder mit Isabelle aneinander, weil sie der Meinung ist, dass diese mit ihrer offen zur Schau gestellten Feindseligkeit gegenüber der Nazis ihrer aller Leben gefährdet und manchmal möchte man Vianne rütteln, ihr die Augen öffnen. Doch verurteilen kann man sie nicht, denn wer von uns weiß schon, was er getan, wie er reagiert hätte?
    Das Schicksal der beiden so unterschiedlichen Schwestern, die sich, wie sich am Ende herausstellt, doch gar nicht so unähnlich sind, regt zum Nachdenken an - für welche Seite hätte man sich selbst entschieden? Und am Ende zeigt sich, dass Hoffnung und Menschlichkeit auch in den dunkelsten Zeiten siegen und ich kann euch versprechen, dass ihr von Vianne noch überrascht sein werdet. Ebenso wie von ihrem Vater, der sich nie für seine Töchter interessierte, den der Erste Weltkrieg verändert hat und der nichts anderes zu sein scheint als ein verbitterter Säufer. Das, was alle in ihm sehen wollen, weil sich niemand die Mühe macht, hinter die Fassade zu blicken.
    Ich weiß, das sind große Worte, aber anders kann ich es einfach nicht ausdrücken: Die Nachtigall ist ein episches Meisterwerk von solch einer Kraft, dass man es manchmal kaum ertragen kann. Es ist in jeglicher Hinsicht emotional, ehrlich, packend und unglaublich mitreißend. Abends konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen, weil ich immer wissen wollte (musste!), wie es weitergeht, nachts habe ich von der Geschichte geträumt (und das war sehr erschreckend, das könnt ihr mir glauben) und mehr als einmal kamen mir beim Lesen die Tränen. So bewegt war ich während der Lektüre eines Buches schon lange nicht mehr. Die Nachtigall ist in Kristin Hannahs Roman ein Symbol für die Liebe, die Hoffnung und den Kampf für eine bessere Welt und ihr Geist lebt nicht nur in der unerschrockenen Widerstandskämpferin, sondern auch in Vianne und jeder einzelnen Frau, die während dieser 6 dunklen Jahre nicht aufgab, sondern weitermachte - für sich, für ihre Familie und für das gesamte Volk. Die Nachtigall ist ein Roman über die Heldinnen des französischen Widerstands, über die Liebe und die Freundschaft, welche in Kriegszeiten so wichtig sind wie nichts sonst, über Schuld und über Vergebung. Und es ist ein Roman, den man, wenn man ihn einmal gelesen hat, niemals wieder vergessen wird. Es ist ein Roman, den man mit keinem anderen vergleichen kann. Das mag pathetisch und vielleicht auch übertrieben klingen, aber ihr könnt es mir glauben - Die Nachtigall ist ein modernes Meisterwerk. So einfach ist das!
    Lieblingszitat:
    "In der Liebe finden wir heraus, wer wir sein wollen, im Krieg finden wir heraus, wer wir sind. Und manchmal wollen wir womöglich gar nicht wissen, was wir alles tun würden, um zu überleben." (S. 604)
    Mein Fazit:
    Dieses Buch ist unglaublich. Es ist eines der wenigen, das mich emotional so erreicht und mitgerissen hat, dass es mir weder im Schlaf noch tagsüber während der Arbeit noch sonst irgendwann aus dem Kopf ging. Ich habe geweint, mit den beiden Schwestern mitgefiebert, mit ihnen gelitten und mit ihnen geliebt und ich habe die Luft angehalten, wenn die Situation für Isabelle oder Vianne aussichtslos erschien. Ich habe immer noch einen Kloß im Hals, wenn ich daran denke, dass das, was Kristin Hannah in Die Nachtigall beschreibt, vor mehr als 70 Jahren grausame Realität für tausende von Frauen war. Dieses Buch ist episch und so gut, dass man die 600 Seiten gar nicht merkt und am Ende sogar enttäuscht ist, dass es vorbei ist. Es ist ein Buch, dass man gelesen haben muss. Ohne Wenn und Aber.
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Ausgaben von Die Nachtigall

Hardcover

Seitenzahl: 672

Taschenbuch

Seitenzahl: 611

E-Book

Seitenzahl: 603

Hörbuch

Laufzeit: 00:15:30h

Die Nachtigall in anderen Sprachen

  • Deutsch: Die Nachtigall (Details)
  • Englisch: The Nightingale (Details)

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