Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong

Buch von Mai Jia, Karin Betz

Bewertungen

Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong wurde insgesamt 2 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong

    Originaltitel: JIEMI
    Übersetzerin: Karin Betz
    Verlagstext
    Alles beginnt Ende des 19. Jahrhunderts mit Großmutter Rong. Um die Kunst der Traumdeutung zu erlernen, schickt die Matriarchin ihren Enkel ins Ausland – und dieser kommt als moderner Mann wieder. Aus der Salzhändlerdynastie Rong wird eine Familie von Mathematikern, in die einige Generationen später Jinzhen hineingeboren wird. Der Junge mit dem übergroßen Kopf ist von einer fast mythischen Aura umgeben, denn er versteht die Welt der Zahlen wie kein anderer. Mitte der 50er-Jahre gelingt es ihm, für den chinesischen Geheimdienst einen als undechiffrierbar geltenden Code zu brechen, und er wird als Nationalheld gefeiert. Doch dann taucht ein noch schwierigerer Code auf und droht, ihn in den Abgrund zu ziehen … Wie kein Zweiter vermag es der Bestsellerautor Mai Jia, das rätselhafte Leben eines tragischen Genies einzufangen und mit großem epischem Atem in all seinen Schattierungen darzustellen. Ein Romanereignis aus China, das weltweit für Aufsehen sorgt.
    Der Autor
    Mai Jia (d. i. Jian Benhu), geboren 1964, ist einer der erfolgreichsten Autoren Chinas. Seine bisher sieben Romane, stets Bestseller, haben sich 5 Millionen Mal verkauft; alle seine Bücher wurden verfilmt. Die Filmrechte an "Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong" hat sich 20th Century Fox gesichert. Sein Werk ist mit fast allen chinesischen Literaturpreisen ausgezeichnet worden, einschließlich des renommiertesten, des Mao-Dun-Preises. Mai Jia gilt als der Begründer der chinesischen Spionageliteratur; seine Romane entsprechen jedoch nicht den westlichen Vorstellungen des Genres: Er vermischt, beeinflusst von Borges und Nabokov, auf einzigartige Weise Entschlüsselungskunst, Politverbrechen, historisches Setting und menschliches Drama.
    Artikel auf der Verlagsseite
    Inhalt
    Die alte Frau Rong aus Tongzhen war ihrer Zeit weit voraus. Um mehr über ihre beängstigenden Träume zu erfahren, schickt sie ihren Enkel Rong Zilai 1873 zum Studium ins Ausland. Der junge Herr Rong aus der Dynastie chinesischer Salzhändler studiert dort, was ihn interessiert, und nennt sich nach seiner Rückkehr nach China John Lilley. Sein Nachkomme Rong Xialai (Lilley Junior) wird Adoptivvater des Herrn Rong (Rong Jinzhen, später Rong Zhendi), um den sich das Buch dreht, sowie Begründer einer neuen bürgerlichen Klasse Chinas. Mit dem Mädchen Rong Youying, der Abakus-Lilley, taucht im Rong-Clan eine herausragende mathematische Begabung auf, die an Söhne zusammen mit einer ungewöhnlich dicken Kopfform vererbt wird. Einer dieser Teufelsschädel, Spitzname Kobold, wächst notgedrungen und wenig beachtet im Umfeld der Rongs auf. Ganz das Ebenbild seiner Großmutter Abakus-Lilley, zeigt Kobold deutliche Merkmale eines Autismus vom Typ Asperger, einer Behinderung, die Betroffene in ihren sozialen Kontakten stark einschränkt. Die chinesische Medizin wertet das Asperger-Syndrom als Entwicklungsstörung und kennt heute Mittel zu ihrer Behandlung. Fürsprecher und Förderer des mutterlosen Mathematik-Genies unterstützen seine Ausbildung und erkennen sogar seine sozialen Defizite.
    Wie eine Gesellschaft herausragende Individuen und Talente integriert oder ausgrenzt, ist ein spannendes Thema. Die Besonderheit des kleinen Kobold fasziniert vor allem deshalb, weil in asiatischen Kulturen der Einzelne sich unbedingt der Gemeinschaft unterzuordnen hat. Der begabte junge Mann kann sich aufgrund seiner Behinderung jedoch nur seinem persönlichen System selbst verordneter Zwänge unterordnen, nicht aber von Fremden verordneten Zwangssystemen. Wie es ist, in China Autist mit Inselbegabung zu sein, kann Mai Jias Lesern nur indirekt durch die Reaktionen Außenstehender vermittelt werden. Zhendi ist nicht in der Lage, seine Emotionen selbst mitzuteilen. Diese leicht zu verletzende und zu verunsichernde Persönlichkeit findet ihre Bestimmung nun ausgerechnet beim chinesischen Geheimdienst in der Dechiffrierung von Codes während des Kalten Krieges. Der Autor verbrachte selbst 17 Jahre im chinesischen Militärdienst und hat wie Zhendi einen besonderen Bezug zur Kryptografie.
    Im Psychogramm eines hochbegabten Einzelgängers und seiner Bezugspersonen sind die Motive der Förderer und Profiteure erst noch zu ergründen. Ein nüchtern beobachtender Chronist (der auch selbst in die Geschichte tritt) filtert aus Zhendis Leben allein das heraus, was dieser Beobachter für erzählenswert hält. Befragungen und Untersuchungen lassen den bereits 2002 veröffentlichten und in viele Sprachen übersetzten Roman wie einen Kriminalfall wirken. Zweifel entstehen, Bewertungen sind zu revidieren, die Geschichte muss förmlich auf den Kopf gestellt werden. Selbst Träume dienen als Schlüssel, eine Darstellungsform, die in Chinas Kriminalerzählungen Tradition hat. Ein Autor muss in eng gesetzten Grenzen lavieren, um in China verlegt werden zu können; er muss klüger sein als die Zensoren. Chinesische Romane verbergen sich deshalb oft hinter historischer Fassade. Auch die 70 Jahre zurückliegende Tätigkeit bei einem Geheimdienst sehe ich als historische Fassade an, die die Neugier westlicher Leser auf das heutige China nicht befriedigen kann. Lesern außerhalb Chinas und jüngeren chinesischen Lesern erschwert diese Art der Darstellung den Zugang. Mit der Wahl der Kryptografie als zentrales Thema seines Romans zeigt Mai Jia die im Umgang mit Zensurbehörden nötige List. Kryptografie sucht Schutz vor potentiellen Feinden in der Einzigartigkeit eines ganz besonderen Codes, zu dem nur wenige Eingeweihte Zugang haben. Einzigartigkeit ist zu Rongs Zeiten jedoch auch subversiv.
    Fazit
    Wer seine Erwartungen nicht zu stark an die Gattung Spionageroman bindet und zwischen den Zeilen lesen kann, wird von Mai Jia in der Charakterisierung seiner Figuren kritische Töne wahrnehmen können. Zhendis groteske Familiengeschichte erinnert in manchen Passagen an die Romane Yu Huas; „Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong“ verdankt „mehr der literarischen Tradition als dem wahren Leben“, so die Einschätzung von Perry Link in der New York Times Sunday Book Review vom 2.5.2014.
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Ausgaben von Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong

Hardcover

Seitenzahl: 352

E-Book

Seitenzahl: 353

Taschenbuch

Seitenzahl: 320

Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong in anderen Sprachen

  • Chinesisch: Jiemi: Decode (Details)
  • Deutsch: Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong (Details)
  • Englisch: Decoded (Details)

Besitzer des Buches 2

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