Insel-Taschenbuch

Buch von Sigrid Damm

Bewertungen

Insel-Taschenbuch wurde insgesamt 11 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,4 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Insel-Taschenbuch

    Hallo
    Eendlich komme ich dazu, meine Rezension zu posten. Aber ich werde ständig am flüssigen gelesen gehindert. ABER, ich lasse mich nicht unterkriegen.
    Christiane und Goethe hat mich sehr überrascht.
    Ich habe es mit großer Begeisterung gelesen! Damms Recherchen sind sehr interessant gewesen und haben mir einen intensiven Einblick in die damalige Zeit gegeben, in die Zustände, in das Leben.
    Ihre Recherchen, so hatte ich das Gefühl, waren stets grundehrlich. Wusste sie etwas nicht 100%ig zu belegen, hat sie das gesagt. Somit war es für mich glaubhaft.
    Ich fand das Buch trotz seiner Ausführlichkeit an nicht einer Stelle zu langatmig, im Gegenteil.
    Was mich allerdings ein wenig gestört hat war der emotionale Umgang mit Goethes Beteiligung am Todesurteil der jungen Frau. Wer solch eine Recherche macht, muss die Fähigkeit besitzen, realistisch zu bleiben - und das hat Damm für ein paar Seiten an dieser Stelle verloren. Sie hat sich festgefahren und wollte um jeden Preis versuchen herauszufinden, in wie weit Goethe da mit für verantwortlich war. Wie er selber das moralisch vertreten konnte, was er sich dabei gedacht hat, etc. Wer sich mit der Zeit damals beschäftigt, weiß, dass das damals noch so üblich war. Es macht einen Goethe nicht schlechter, nur weil er vielleicht nicht den Mut hatte, sich gegen ein Todesurteil auszuprechen. Wie seine Beteiligung genau ausgesehen hatte, ließ sich letztlich ja auch nicht 100%ig beweisen und klären. Aber da jetzt mit der moralischen Keule reinzuhauen, war mir etwas am Thema vorbei, denn alle paar Sätze hat sich Damm daran versucht. Damals war das nunmal so, damals glaubte man an diese Art Bestrafung. Es war Gang und Gäbe und wir können uns das eben heute nicht mehr vorstellen, nachvollziehen. Für mich war das ein Tick zu viel des Versuches, da über jemanden den Stab zu brechen. Es las sich nämlich so, als wenn sie nur nach einem Aufhänger gesucht hat. Für mich nicht fair, das beurteilen zu wollen! Hat meiner Meinung da auch nicht so ausführlich hingehört, denn es ging um Christiane und Goethe und nicht um moralische Aspekte der damaligen Todesstrafe!
    Dennoch ist mir die Autorin sympathisch und hat mir Christiane und auch Goethe näher gebracht, mir ihrer beider Leben dargelegt. Sehr aufschlussreich, informativ und interessant und nicht zuletzt lehrreich!
    Ich hatte auch erwartet, jetzt etwas über die ach so arme Christiane zu erfahren. So von Frau zu Frau und mit viel Mitleid. Mir wurde aber, sehr zu meiner Überraschung, eine kämpferische Christiane vorgestellt, die ihr Leben trotz aller Widrigkeiten gemeistert hat. Und sie hat sich für dieses Leben entschieden. Sie hat Goethe den Rücken freigehalten, was für mich unglaubliche geistige Fähigkeiten voraussetzt. Sie hat sich in der damaligen Zeit mehr als Frau bewiesen, als es heute so manche emanzipierte versucht. Allen Widrigkeiten zum Trotz. Sie hat zwar mitgespielt, aber letztlich doch Fäden gezogen auf ihre Art. Das hat mir sehr imponiert.
    Ich kann es jedem empfehlen, der gerne Biographien liest, der historisch-spannend unterhalten werden will und der einen Einblick in bekannte Persönlichkeiten haben möchte.
    Liebe Grüße, Tanni
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  • Rezension zu Insel-Taschenbuch

    Beim Stoebern im Rezensionsteil habe ich zu meinem Erstaunen gesehen, dass "Christiane und Goethe" noch nicht vorgestellt wurde. Das moechte ich nun schleunigst nachholen, denn es ist ein sehr spannendes, informatives und faszinierendes Buch, das bei seinem Erscheinen 1998 Kritiker und Leser zu Recht begeistert hat.
    Zur Autorin
    Sigrid Damm wurde 1940 in Gotha/Thueringen geboren, studierte Germanistik und Geschichte, war Hochschuldozentin in Jena, spaeter Gastprofessorin in Schottland und Hamburg. Seit 1978 lebt sie als freie Schriftstellerin in Berlin und Roknaes/Nordschweden. Werke u.a.: Cornelia Goethe(1988 ), Voegel, die verkuenden Land. Das Leben des Jakob Michael Reinhold Lenz(1989), Ich bin nicht Ottilie(1992) und Das Leben des Friedrich Schiller. Eine Wanderung(2004).
    Rezension
    In den zahllosen Werken ueber Goethe wurde Christiane Vulpius kaum beachtet. Selbst ihr Name ist falsch ueberliefert, richtig heisst sie Christiana. Bekannte Goethes aeusserten sich oft abfaellig ueber sie. Bettina von Arnim nannte sie "eine Blutwurst, die toll geworden ist", Charlotte von Schiller "ein rundes Nichts", Schiller selbst hielt es fuer unter seiner Wuerde, sie auch nur zu erwaehnen. Noch der Goetheverehrer Thomas Mann sprach von ihr als einem "bel pezzo di carne, gaenzlich ungebildet". Ein bequemer "Bettschatz" also, eine tuechtige, aber unbedarfte Haushaelterin, die als Partnerin fuer Goethe weiter keine Rolle spielte?
    Sigrid Damm raeumt mit diesem Bild gruendlich auf und nebenbei gleich noch mit einigen schoenen Goethe-Legenden und einem allzu edlen Goethe-Bild.
    Schon als sie den Briefwechsel zwischen Christiane und Goethe liest, tritt ihr eine andere Christiane entgegen: Eine couragierte Frau von grosser Energie, die geschaeftliche Angelegenheiten regelt, Laendereien verwaltet, einen Schlitten kutschieren kann. Eine sehr lebenslustige Frau, die gern isst und trinkt, das Tanzen und das Reisen liebt. Aber auch eine chronisch ueberarbeitete Frau, die staendig mit Krankheiten zu kaempfen hat und ein Leben fuehrt, fuer das sie nicht geschaffen ist.
    Neugierig geworden, forscht Damm in Archiven und Sammlungen nach und foerdert eine Fuelle von Dokumenten zutage, die die wechselvolle Partnerschaft zwischen Christiane und Goethe und ihr Alltagsleben in Weimar eindrucksvoll belegen.
    Als Christiane und Goethe sich begegnen, ist sie 23 Jahre alt, er 15 Jahre aelter. Goethe ist gerade aus Italien zurueckgekehrt, wo er sich nicht nur an der Landschaft und den Kunstschaetzen berauscht, sondern auch die freie, sinnliche Liebe kennengelernt hat. Und sinnlich und leidenschaftlich ist offensichtlich auch der Beginn ihrer Beziehung (Goethes Bett musste in dieser Zeit mehrmals repariert werden). Als Christiane schwanger ist, bekennt er sich oeffentlich zu ihr, nimmt sie und ihre Familie zu sich ins Haus, lebt vor aller Augen in freier Liebe mit ihr zusammen, gibt dem unehelichen Sohn August seinen Namen und legitimiert das Verhaeltnis erst 18 Jahre spaeter. Das war fuer die damalige Zeit ein unerhoertes Verhalten, das grosse Empoerung bei Hofe ausloeste und wohl auch einige Konsequenzen fuer Goethe nach sich zog.
    Christiane leitete den grossen Haushalt, verwaltete den umfangreichen Besitz und versorgte die vielen Gaeste. Sie schenkte Goethe Waerme und Geborgenheit, hielt ihm den Ruecken frei, damit er in Ruhe an seinem Werk arbeiten konnte. Aber es gab auch viele Schattenseiten: Christiane hatte ein ungeheures Arbeitspensum zu bewaeltigen, durfte in den ersten Jahren bei Gesellschaften im Hause Goethes nicht in Erscheinung treten, wurde Zeit ihres Lebens von der hoefischen Gesellschaft ignoriert. Sie musste vier Totgeburten verkraften (wahrscheinlich wegen Rhesusunvertraeglichkeit), litt an Nierenproblemen und Bluthochdruck. Goethe selbst mit seiner hypochondrischen Veranlagung war oft muerrisch und schlecht gelaunt, nicht selten auch kalt und lieblos. Spaeter zog er sich oft wochenlang auf seine anderen Besitztuemer zurueck, ohne sich im geringsten um Christiane zu kuemmern. Bestuerzend sind ihre letzten Lebenstage (sie starb mit 51 Jahren) beschrieben, ihr qualvoller Todeskampf, ihr einsames Ende - Goethe, der den Anblick von Krankheit und Tod immer gescheut hat, mied ihr Sterbebett. Nach Christianes Tod sprach er nie wieder von ihr, die Briefe aus der ersten Zeit ihrer Beziehung hatte er vor Jahren schon verbrannt.
    Das Grossartige und Besondere an diesem Buch liegt in der Authenzitaet der Schilderung. Sigrid Damm laesst die Vergangenheit fuer sich selbst sprechen, indem sie immer und immer wieder zitiert: aus Akten, Kirchenregistern, Buechern, vor allem aber aus Briefen. Und sie montiert die Zitate so geschickt ein, dass sie den Lesefluss nicht stoeren, sondern im Gegenteil mit dem Text verschmelzen und ihm Plastizitaet und Unmittelbarkeit verleihen. Man meint, das Haus am Frauenplan vor sich zu sehen, man taucht in die Weimarer Jahre ein, erlebt die Zeit hautnah mit. Gerade aus der Darstellung des Alltags erschliessen sich einem die damaligen Lebensumstaende, wird das Leben im Hause Goethes lebendig, die Bedingungen fuer sein Werk sichtbar und den Anteil, den Christiane daran hatte.
    Sigrid Damm ist ein schoenes, hochinteressantes Buch gelungen, das mir grossen Spass gemacht hat. Mein freundschaftlicher Rat an Euch: Lest es!
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Ausgaben von Insel-Taschenbuch

Taschenbuch

Seitenzahl: 531

Hardcover

Seitenzahl: 544

E-Book

Seitenzahl: 545

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