Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Die Wut

In Gene Kerrigans 2012 mit dem Gold Dagger Award ausgezeichneten Roman 'Die Wut' wird Dublin zu einem Ort, in dem Grundstücke nichts mehr wert sind, Häuser leer stehen, die Jobs verschwinden. Detective Sergeant Bob Tidey untersucht den vermeintlichen Selbstmord eines Bankers und muss feststellen, dass das Richtige zu tun und legal zu bleiben manchmal nicht möglich ist.
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Bewertungen

Die Wut wurde insgesamt 2 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,8 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die Wut

    Der Autor (nach Klappentext): Gene Kerrigan ist ein irischer Journalist und Autor aus Dublin. Seit den Siebzigern verfasst er politische Beiträge mit dem Fokus Irland für Zeitungen wie der Sunday Independent und für Magazine. 1985 und 1990 wurde er World Journalist of the Year. Er schrieb mehrere Sachbücher, u.a. über Polizeiarbeit und Irlands Politik, sowie diverse Kriminalromane, die sich mit den sozialen Problemen Irlands auseinandersetzen: Little Criminals (2005), The Midnight Choir (2007), Dark Times in the City (2009), The Rage/Die Wut (2011, dt. 2014).
    Inhalt (nach Klappentext): In Gene Kerrigans 2012 mit dem Gold Dagger Award der Crime Writer's Association als Bester Kriminalroman ausgezeichnetem Roman „Die Wut“ wird Dublin zu einem Ort, in dem Grundstücke nichts mehr wert sind, Häuser leer stehen, die Jobs verschwinden. Detective Sergeant Bob Tidey untersucht den Mord an einem Banker und muss feststellen, dass das Richtige zu tun und legal zu bleiben manchmal nicht möglich ist.
    Ich hatte etwas Mühe, in den Roman hineinzufinden, die vielen Namen zu ordnen. Aber nach kurzer Zeit war ich an der Angel – und kann jetzt nach dem Ende sagen: Was für ein famoser Kriminalroman, spannend, sehr intelligent konstruiert, der auf viele gängige Klischees über (irische) Polizisten verzichtet, und das Herz auf dem rechten Fleck hat. Ein großartiges Stück zeitgenössischer Literatur, das eine aufregende Geschichte als Aufhänger nimmt, sich sowohl mit gegenwärtigen sozialen Problemen, als auch mit allgemeinen Fragen von Schuld und Moral auseinanderzusetzen. Eine düstere Welt, in der sich Gut und Böse vermischen, in der die wahren Verbrecher in den oberen Etagen der Banken und freien Wirtschaft sitzen; eine Welt, die so schrecklich den Bach runtergeht, die so hässlich ist, dass man lieber wegschaut. Die einzigen Menschen, die sich mit „dem Staat“ noch auseinandersetzen, sind die Verbrecher. Alle anderen machen es sich in ihrer eigenen kleinen Welt behaglich und sorgen sich um den Wirtschaftsstandort, anstatt für eine konkrete Verbesserung des eigenen Arbeitsalltags zu kämpfen. Ambitionslose Menschen, die sich selbst genügen.
    An einer Stelle unterhält sich ein alter Alkoholiker, dessen Enkel wegen einer Drogengeschichte erschossen wurde, mit Sergeant Bob Tidey über die desolate Lage des Landes:
    […]
    (S. 77)
    In „Die Wut“ verzahnen sich die Geschichte des Polizei-Ermittlers Tidey, der den Mörder eines erschossenen korrupten Bankers sucht, der sich an der Finanzkrise gesund gestoßen hat, mit der Geschichte des Kleinkriminellen Vincent Naylor, der mit einigen Komplizen, unter anderem seinem älteren Bruder Noel, einen äußert raffinierten Raub auf eine Geldtransportfirma durchführt. Einige Bedeutung erlangt auch die fast 80-jährige, Bob Tidey aus einem früheren Fall bekannte Nonne Maura Coady, die die Polizei auf den vor ihrem Haus geparkten zweiten Fluchtwagen der Räuber aufmerksam macht. Bei einem Zugriff der Staatsgewalt werden Noel, der sich ergeben will, und ein weiterer Komplize erschossen. Ein überengagierter Journalist stilisiert Maura, die seinerzeit als Erzieherin in einem Waisenhaus in den systematischen Missbrauchsskandal der Katholischen Kirche Irlands verwickelt war - und schwer an dieser persönlichen Schuld zu tragen hat -, zu einer Heldin der Nachbarschaft, samt Foto und Namensnennung auf der Titelseite. Der jähzornige Kriminelle Vincent sinnt auf Rache für seinen toten Bruder: Er möchte die Gerechtigkeit wieder ins Gleichgewicht bringen, etwas ausgleichen, und alle Menschen, die einen Anteil daran haben, dass sein Raubzug scheiterte und sein Bruder starb, auslöschen. Teil dieser Rache ist auch die Tötung Mauras, für die aus Geldmangel kein Polizeischutz vorgesehen ist …
    Trotz der Fülle an Themen, die angeschnitten werden - von der Finanzkrise über die Immobilienblase bis zur Pflichterfüller-Generation und den Missbrauchsskandalen katholischer Kinderheime in Irland – erscheint „Die Wut“ wie aus einem Guss. Es ist kein Thesenroman, der etwas vorführen will. Nichts wirkt bemüht eingeflochten oder wie ein schick angeführter Beweis der eigenen sozialen Verantwortung des Autors. Manche Aspekte ziehen sich, und das macht Kerrigan ganz unterschwellig, ohne mit dem Finger drauf zu zeigen auf die eigene Cleverness, wie Motivketten durch den ganzen Roman, tauchen in verschiedenen Charakterisierungen und Situationen wieder auf: Diverse Figuren zeichnen sich dadurch aus, dass sie wegschauen, die Augen lieber verschließen – was im Kern heißt: sich der Schuld nicht zu stellen oder eine gesellschaftliche Verantwortung nicht wahrzunehmen. Allerdings ist das in einer Gesellschaft so ungleich verteilter Mittel, so ungleich verteilten Einflusses auch oft sehr gut zu verstehen. Der Wut anhand der eigenen Ohnmacht erliegen Verbrecher, Polizisten und normale Bürger gleichermaßen.
    Werden vielleicht auch im Fall des erschossenen Bankers Erkenntnisse von den höheren Polizeibeamten aus politischen Interessen unter den Tisch gekehrt, um dem allgemeinen Unmut gegenüber der Wirtschafts- und Finanzwelt in Zeiten der gesellschaftlichen Krise nicht weiter Zunder zu geben; um die Gemüter zu kühlen und die Nation zu stärken? Wie kann man der Gerechtigkeit genüge tun in einer ungerechten Welt? Heiligt der Zweck manchmal nicht doch die Mittel? Wer darf einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen? Doch wohl nur die, denen Leid angetan wurde!
    Am Ende liegt Tidey neben seiner Exfrau im Bett und denkt darüber nach, wie er den Fall angegangen ist, wie er sich verhalten hat, wie er manchen geholfen, anderen aber geschadet hat:
    […]
    (S. 291)
    Ein düsteres Ende für eine grimmige Geschichte.
    Wer bei dem Wort „soziale Probleme“ in einem Kriminalroman-Klappentext nicht gleich an „Betroffenheitsscheiß für Gutmenschenleser“ denkt, muss bei Gene Kerrigan sofort zuschlagen. Dieser Roman ist für mich eine ganz große Entdeckung – und Belebung des Genres; ein spannendes Buch mit Relevanz! Ich hoffe wirklich, dass demnächst auch die vorherigen Irish-Noirs Kerrigans ins Deutsche übertragen. Dank kleinen Verlagen wie dem recht neuen Polar-Verlag aus Hamburg kommen in den letzten Monaten endlich wieder Kriminalromane nach Deutschland, die einen die ganzen öden Baukasten-Spannungsromane, die die Auslagen der großen Buchhandelsketten zumüllen, fast vergessen lassen. Aber einen ehrlicheren, menschlich fesselnderen und dabei absolut gegenwärtigen Kriminalroman muss man dieser Tage lange suchen. Große, ernste Unterhaltung, wenn auch nicht zum Wohlfühlen.
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Ausgaben von Die Wut

Taschenbuch

Seitenzahl: 315

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