Ein ganzes Leben

Buch von Robert Seethaler

Bewertungen

Ein ganzes Leben wurde insgesamt 80 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,3 Sternen.

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Meinungen

  • sehr ruhige Erzählweise- leise und interessant geschrieben

    Murphy12

  • Dass 155 Seiten derart gehaltvoll sein können! Großartig.

    PotatoPeelPie

  • Schön und leise erzählt, aber irgendwie auch sehr traurig...

    jacky73

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Ein ganzes Leben

    Ich finde diesen Roman auch großartig. Er hat mir noch ein ganzes Stück besser gefallen als der “Trafikant”. Seethaler verzichtet darauf, Fragen nach dem Sinn dieses Lebens nachzugehen, psychologische Erklärungen zu liefern oder den Text mit Hilfe der Metaphorik bedeutsamer zu gestalten. Er verlässt sich ganz auf seine Erzählkunst, dem einfachen Beschreiben der Dinge in einer klaren und knappen Sprache, die dem Leser die Möglichkeit lässt, zwischen den Zeilen zu lesen. Dabei gelingen dem Autor immer wieder einprägsame und berührende Momente.
    Dass Andreas Egger ein Außenseiter bleibt und sich von den Menschen weitgehend fernhält, ist angesichts seiner lieblosen Kindheit und seines tragisch endenden Versuchs, in einer menschlichen Gemeinschaft zu leben, nicht verwunderlich. Ohne dass Seethaler es erwähnt, ist einem klar, dass auch Marie nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren ist, genau wie man die Einsamkeit und Lebensenttäuschung der alternden Lehrerin spürt, der Andreas Egger später im Leben begegnet.
    Seethaler hütet sich davor, das einfache Leben der Bauern in der Berglandschaft zu idealisieren und den Einbruch der Technik und des Tourismus in diese alte, noch unberührte Welt zu verteufeln. Immerhin bringt sie wenigstens Arbeit und Geld in das Tal.
    Wunderbar gemacht ist auch der Kunstgriff der Klammer, die die Begegnungen Eggers mit dem Ziegenhirten Hörnerhannes am Anfang und dann noch einmal gegen Ende des Buchs bilden und den Leser unmittelbar bewusst werden lassen, dass inzwischen ein ganzes langes Leben vorübergegangen ist.
    Seethaler lässt das Buch nicht mit dem Tod Andreas Eggers enden, sondern mit einem kleinen Aufschub. Und in diesem “Es ist noch nicht so weit”, deutet sich leise das Lohnende und der Sinn dieses gelebten Lebens an.
    Mich freut besonders, dass in den heutigen Zeiten, in denen die meisten Leser sich von spannenden und ausgefallenen Geschichten unterhalten lassen wollen, stille Erzählungen wie diese, man könnte hier auch „Stoner“ von John Williams oder Kazuo Ishiguros „Was vom Tage übrig bleibt“ nennen, mit ihren unscheinbaren Helden, den Sonderlingen und Losern noch ein Publikum finden und gar nicht mal so ein kleines.
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  • Rezension zu Ein ganzes Leben

    Seit er als elternloser kleiner Junge in das Dörfchen in einem abgelegenen Alpental kam, hat Andreas Egger dort gelebt und schon von Kindesbeinen an hart gearbeitet, trotz eines nach einem Unfall verkrüppelten Beins. Seine Kindheit war lieblos und freudlos, doch Andreas ist nicht verbittert, höchstens stoisch-resigniert. Er erwartet nichts vom Leben und ist umso überraschter, als er zum ersten Mal erlebt, was Liebe bedeutet, als er Marie kennenlernt.
    Ihr Glück ist groß, aber nicht von Dauer. Der 2. Weltkrieg bricht aus, Andreas wird Soldat, kehrt irgendwann aus der russischen Gefangenschaft zurück und sieht mehr verwundert als verärgert, wie die Welt sich ändert. Die Seilbahn, bei deren Bau er als junger Mann mitgearbeitet hat, lockt Feriengäste an, das einst so stille Tal wird immer mehr touristisch erschlossen. Andreas selbst bleibt wie schon sein ganzes Leben lang am Rand, ein schweigsamer Einzelgänger, den die Touristen als Kuriosität beäugen und die Einheimischen auch nicht so ganz verstehen.
    Ein ganzes Leben, zusammengefasst auf nicht einmal 200 Seiten. Geht das denn?
    Und wie das geht. Robert Seethaler findet für ein hartes, karges und fast ausschließlich auf ein einziges Tal fernab von allem beschränktes Leben schlichte und doch ausdrucksvolle Worte.
    Er erliegt nicht dem Drang, Andreas Egger als albernen Dorfdeppen oder aber als Lebensweisheiten versprudelnden putzigen Alm-Öhi zu zeichnen, sondern porträtiert ganz realistisch und sehr einfühlsam einen Menschen, der auf Außenstehende merkwürdig wirken mag, weil er sehr in sich zurückgezogen lebt und sich selbst genug ist.
    Der naturverbundene, genügsame Egger ist keiner, der gerne redet, über sich selbst schon mal gar nicht. Seinem Lebensweg und seinen Gedanken zu folgen, ist nichts für Leser, die Drama und Action suchen. Es ist ein Buch der leisen Töne, poetisch und kraftvoll zugleich, das zeigt, dass jedes Leben, und mag es noch so ereignislos wirken, eine Erzählung wert sein kann.
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  • Rezension zu Ein ganzes Leben

    Für mich war "Ein ganzes Leben" das erste, aber hoffentlich nicht letzte Buch eines Autors, der mir bisher nur als Rechtsmediziner in einem meiner bevorzugten TV-Krimis bekannt war.
    An diesem Roman hat mich die Tatsache beeindruckt, wie der Autor auf relativ wenigen Seiten und in schlichter Sprache tatsächlich ein ganzes Leben schildert. In das karge Leben des Protagonisten in dem Bergdorf bekommt man einen guten Einblick, man entwickelt Mitgefühl wegen seiner traurigen Kindheit und auch wegen des Unglücks, das seinen weiteren Lebensweg überschattet. Das harte Leben des Andreas Egger wird gänzlich ohne Kitsch und Gefühlsduseleien geschildert, gerade deshalb konnte diese spartanische Schilderung bei mir (Mit)gefühl hervorrufen.
    Interessant ist natürlich auch die gewaltige Veränderung, die während der Lebensspanne von Egger (ca 1898 bis 1977) in seiner Heimat vonstatten gegangen ist: vom verschlafenen Bergdorf ohne Elektrizität zum technisierten Touristenort. Der Leser wird Zeuge der Errichtung von Seilbahnen, aber auch von technischen Errungenschaften, die die ganze Welt beeinflussen und dem abgeschnittenen Dorf per Radio und später Fernseher die große weite Welt nahebringen. Egger kann allerdings mit diesen Veränderungen wenig anfangen und bleibt, was er immer war: ein bescheidener, fleißiger und eher eigenbrötlerischer Mann.
    Ich vergebe eine Leseempfehlung und .
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  • Rezension zu Ein ganzes Leben

    Dieses neue Buch von Robert Seethaler, ein ähnlich wunderbares literarisches Kleinod wie sein Vorgänger „Der Trafikant“, zählt zu den wenigen Büchern, die mir in diesem Jahr nicht nur gut gefallen haben, sondern regelrecht ans Herz gewachsen sind. Das liegt zum einen an seiner sprachlichen Schönheit und schlichten Eleganz, und zum anderen an der Beschreibung einer menschlichen Existenz, der des Seilbahnarbeiters Andreas Egger, die mir auf eine literarische Weise etwas verdeutlichte.
    Etwas, was ich seit meiner Jugend glaube, etwas, das ich sicher hunderte von Malen in den Gottesdiensten , die ich als Pfarrer feierte, gepredigt und betont habe. Dass nämlich jedes Leben geheiligt ist und seinen oft lange verborgenen Sinn enthält.
    Als Andreas Egger als vierjähriger Bub verwaist in das Tal kommt, das ihm fortan seine Heimat werden sollte, nimmt ihn der Bauer Kranzstocker mehr widerwillig als gerne in seine Familie auf. Es sind harte Lebensumstände, geprägt von einem harten Mangel an Liebe und Zuneigung, unter denen Andreas Egger aufwächst und sich zu einem brauchbaren Knecht entwickelt.
    Als er erwachsen ist, trifft er seine eigenen Entscheidungen und arbeitet fortan bei einem Arbeitstrupp, der unter sehr schwierigen Bedingungen die ersten Berg- und Seilbahnen baut und so nicht unerheblich an der der baldigen touristischen Erschließung einer ganzen Region beteiligt ist.
    Sehr einfühlsam gelingt es Robert Seethaler die ganze Lebensgeschichte eines Mannes zu erzählen, den kaum jemand ernst nimmt, der immer letztlich ein Außenseiter bleibt und dennoch seine Wirkung auf andere nicht verfehlt:
    "Er dachte langsam, sprach langsam und ging langsam, doch jeder Gedanke, jedes Wort und jeder Schritt hinterließen Spuren, und zwar genau da, wo solche Spuren seiner Meinung nach hingehörten."
    Es ist ein hartes Leben, das er führt, dieser schweigsame und grundgütige Mann, das er aber annimmt ohne zu jammern. Einmal in seinem Leben lernt er die Liebe kennen mit der Wirtshausgehilfin Marie Reisenbacher, die er heiratet und mit der er in einer bescheidenen Hütte lebt, die er für sich und seine Frau gebaut hat.
    Er wird sie verlieren durch eine Lawine und er nimmt es hin, trotz einer Trauer, die ihn sein Leben lang nicht mehr verlassen wird. Genauso nimmt er acht Jahre als Kriegsgefangener in russischen Lagern hin, bevor er in sein Tal zurückkehrt.
    Ohne jegliches Pathos erzählt dieses wunderbare Buch von dem, was ein Mensch in der Lage ist zu ertragen. Mit einer Sprache, die schön ist und poetisch und die dennoch das Elend nicht erhöht.
    Als er kurz vor einem stillen und sanften Tod im Alter von 79 Jahren auf sein Leben zurück blickt, muss er selbst staunen und er hat mich als Leser mit diesem Staunen angesteckt:
    „… der Tod machte ihm keine Angst. Er konnte sich nicht erinnern, wo er hergekommen war, und letztendlich wusste er nicht, wohin er gehen würde. Doch auf die Zeit dazwischen, auf sein Leben, konnte er ohne Bedauern zurückblicken, mit einem abgerissenem Lachen und einem einzigen großen Staunen.“
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Ausgaben von Ein ganzes Leben

Taschenbuch

Seitenzahl: 192

Hardcover

Seitenzahl: 160

E-Book

Seitenzahl: 161

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