Überall in Dänemark

Buch von Bent William Rasmussen

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Überall in Dänemark

    Der Autor (Klappentext und dänisches Wikipedia): Der dänische Schriftsteller Bent William Rasmussen wurde am 27. Juli 1924 in Kopenhagen geboren. Nach dem Abitur studierte er ab 1942 Jura, legte 1952 das Staatsexamen ab, arbeitete als Angestellter in öffentlichen Diensten und zwischen 1954 und 1984 bei der „Kongeriget Danmarks Hypotekbank“. Er hat Romane, Erzählungen, Gedichte, dramatische Radiostücke und Kinderbücher veröffentlicht, unter anderem die Werke „Karrusselrejse“ (Roman, 1963), „Hold øje med søndag“ (Roman 1965), „Jeanne Moreau i Middelfart“ (Erzählungen, 1967) „Til venstre for Virum“ (dt. „Überall in Dänemark“, Roman 1970), „Rolig flugt“ (Roman, 1974), „Vejrmelding på en altan“ (Roman, 1977), „Uge 38“ (Roman, 1985), „En dag i Amerika“ (Roman, 1986), „101 er hjemme“ (Roman, 1988), „Der ligger en mand på en bænk“ (Roman, 1992), „Endnu en glad dag“ (Roman, 1993), „En mand skal bære våben“ (Roman, 1996) und „Plan C“ (Roman, 1998) publiziert. Für seine Werke wurde er in Dänemark mit etlichen Preisen ausgezeichnet, zum Beispiel 1981 mit dem Henrik Pontoppidans mindefonds legat und 1986 mit dem Weekendavisens litteraturpris. Er starb am 30. Januar 2010.
    In deutscher Übersetzung liegt nur sein wohl größter Erfolg „Til venstre for Virum“ vor. Die Übersetzung besorgte Udo Birkholz. Sie erschien unter dem Titel „Überall in Dänemark“ und mit einem Nachwort von Alfred Antkowiak im Jahr 1972 beim Verlag Volk und Welt in Ostberlin. Diese Ausgabe umfasst 252 Seiten.
    Leicht gekürzter Klappentext: Dänemark im Jahre 2000 – so lautet das Thema eines zweiwöchtigen Ferienkurses, den eine dänische Internatsschule für Interessenten aus allen Bevölkerungsschichten veranstaltet. Die Teilnehmer des Lehrgangs – Angestellte, Damen des gehobenen Mittelstandes, Gewerkschaftsfunktionäre und Intellektuelle – sind dem Aufruf bereitwillig gefolgt, vor allem weil sie dem täglichen Umgangskreis für kurze Zeit entfliehen möchten. Namhafte Politiker, Psychologen und Soziologen halten Vorträge und Seminare. Doch die Referenten erschöpfen sich in Scheinproblemen und hohlen Phrasen, die das latente Unbehagen der Anpassungswilligen nur noch steigern. Doch eigentlich hat keiner der Teilnehmer etwas anderes von dem Lehrgang erwartet, und daher versucht so mancher von ihnen, durch amouröse Abenteuer das geistige Vakuum dieses Kurses in „Mitbürgerkunde“ auszufüllen.
    „Überall in Dänemark“ zeigt die gruppendynamischen Vorgänge während eines zweiwöchigen Volkshochschulkurses in Jütland zum Thema Mitbürgerkunde. Für viele der 26 Teilnehmer, unter ihnen die Hauptfigur Jørgen aus dem spießigen Kopenhagen-Vorort Virum, scheint es sich dabei eher um eine Art Urlaub zu handeln, fern von den gewohnten Familienferien daheim, fast ein kleiner Ausbruch aus dem Alltag.
    Dänische folkehøjskoler sind wohlgemerkt etwas ganz anderes als deutsche Volkshochschulen: Es sind eher Internatsschulen für die mehrwöchige oder mehrmonatige Erwachsenenbildung, wobei keine Abschlüsse im Vordergrund stehen, sondern die fachliche, soziale und persönliche Weiterentwicklung sowie die Begegnung mit anderen Mitbürgern und anderen Meinungen. Teamwork, Debatten, Dialoge, Austausch, Gesprächsrunden und gemeinschaftliche Erfahrungen stehen hoch im Kurs. Hier begegnen sich Intellektuelle und Proleten, Arme und Reiche, Alte und Junge, Konservative und Liberale, Einsame und Gesprächige.
    Was allen Personen in diesem spröde realistischen Roman gemein zu sein scheint, ist die Inhaltsleere ihres Lebensentwurfes. Und Hauptfigur Jørgen, ein von Ehefrau und Mutter gegängelter, etwas antriebs- und ambitionsloser Mann, der ruhig und ausgiebig vom Rand aus die Dinge beobachtet und sich seinen Teil denkt, der überhaupt gerne seine Ruhe hat, ist da weiß Gott keine Ausnahme! Der sarkastische, böse entlarvende, dabei aber unaufgeregte, manchmal fast lethargische Tonfall hat mich sehr an Michel Houellebecq erinnert, den ich ja auch sehr mag. "Überall in Dänemark" ist ein Roman voll subtiler Ironie und angefüllt mit treffenden Charakter- und Typenstudien, der den Wohlfahrts-Staatsbürger als armseliges Würstchen entlarvt. Ein Mikrokosmos von Menschen, die gegen die Leere ihres Lebens anquasseln, aber unter ihresgleichen einfach keine neuen Impulse erlangen können. Meist finden sie noch nicht mal eine Linderung ihrer Sinnkrise. Da ist es sogar noch wahrscheinlicher, dass sie Abscheu vor dem Anderen empfinden, ihrem Spiegelbild. Aber eines hat Hauptfigur Jørgen wenigstens gelernt in den zwei Wochen: Dass es noch ein anderes Leben „links von Virum“ gibt, wo andere Menschen andere und wahrscheinlich schwerwiegendere Probleme haben, als man selbst.
    Wie gesagt: ein tolles, beängstigend ruhiges und nicht aufdringliches Buch, in dem sehr authentisch eingefangene Charaktere beim Ausleben ihrer menschlichen Schwächen beobachtet werden, ohne vorgeführt zu werden. Jede mögliche Verachtung für die Figuren auf Seiten des Autors verschwindet fast völlig zwischen den Zeilen. Und für mich als Leser ist jede Erbärmlichkeit der Figuren direkt nachempfindbar – manchmal ein Grund, sich selbst ertappt zu fühlen. So soll das sein!
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