Jugend ohne Gott

Buch von Ödön von Horváth

Bewertungen

Jugend ohne Gott wurde insgesamt 55 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,1 Sternen.

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Meinungen

  • Ein erstaunlich aktuelles Buch in einer Zeit, in der die Rechtsnationalen wieder brüllen...

    drawe

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Jugend ohne Gott

    Viel zu lange hat auch dieses Buch auf meinem SuB darauf gewartet gelesen zu werden. Für mich war es auf keiner Seite langweilig gewesen, ganz im Gegenteil. Die Geschichte selbst ist mit gerade mal 142 Seiten meiner Ausgabe recht schnell gelesen, aber wirkt bestimmt noch länger bei mir nach. Faszinierend, dass man von immer wieder anderem Blickwinkel her gesehen etwas neues entdecken kann und die Möglichkeit der Interpretation dadurch recht hoch ist. Vielleicht besteht da die Gefahr, dass man so ein Buch im Deutschunterricht buchstäblich totreden kann? Wie auch immer ich fand es spannend. Der Bezug zur Nazizeit ist recht schnell klar, aber man kann es auch im Hinblick auf jede Diktatur lesen und damit finde ich es sehr aktuell.
    Das keiner der Protagonisten einen Namen hat, sondern nur als B, Z, T oder der Lehrer bezeichnet wird, hat nichts mit einem wenig erfinderischen Autor zu tun, sondern ist -wie es hier im Thread schon erwähnt wurde- ein gelungener Griff des Autors, dass man sich quasi in jeder Person der Geschichte wieder erkennen kann bzw. dass jeder beliebige Name für diesen Buchstaben stehen kann.
    Gelesen habe ich diese Ausgabe mit informativen Kommentaren und Wort- und Sacherläuterungen. Die Worterklärungen empfand ich teilweise als lustig, weil dort auch Wörter wie Spital oder Heuschober erklärt werden, bei anderen Wörtern wie sekkiert (schikaniert/gequält) war ich dann doch froh direkt eine Erklärung dabei zu haben ohne groß nachsehen zu müssen.
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  • Rezension zu Jugend ohne Gott

    Ich schließe mich einmal mehr der Begeisterung Rosalitas an und kann dieses Buch nur empfehlen!
    Der Ich-Erzähler gehört also zum Lehrkörper eines Gymnasiums und unterrichtet Geschichte und Geographie. Schnell erkennen wir den Rahmen einer Gesellschaft – im Großen und im Kleinen – die zwar nie mit eindeutigen (historischen) Namen beschrieben wird, dennoch ziemlich klar identifiziert werden kann als die militaristische, kriegshinführende und uniformierte Diktatur, in die sich das Deutsche Reich im Laufe der 30iger Jahre verwandelt hat (die „Pflicht zum Kriege“ und andererseits die Undenkbarkeit der Gleichheit der Menschen; ein Buch „Die Würde des menschlichen Lebens“ wird streng verboten etc.). Man könnte das Geschehen – wenn man es denn will auf 1936 oder 1937 einkreisen. Und auch bei den Einzelnen sind wir eben im „Zeitalter der Fische“: die „Unbeweglichkeit der Seele“ und Gleichförmigkeit wird mit dem Antlitz eines Fisches verglichen.
    Was für herrliche Seitenhiebe Horvath hier abgibt! Und man erkennt hinter all dem seinen Entschluss aus der Periode der Abfassung von „Jugend ohne Gott“ (1937):
    „So habe ich mir nun die Aufgabe gestellt, frei von Verwirrung die Komödie des Menschen zu schreiben, ohne Kompromisse, ohne Gedanken ans Geschäft. Es gibt nichts Entsetzlicheres als eine schreibende Hur. Ich geh nicht mehr auf den Strich (...)“
    Man mag erahnen, dass man also in der Ich-erzählenden Lehrergestalt, die von Zurückhaltung hin zu kompromissloser Offenheit und Zivilcourage findet, auch etwas von den eigenen Überlegungen und Kämpfen Horvaths in dieser Zeit findet!
    Mit den gesellschaftlichen, politischen Seitenhieben und Bezügen kann man durchaus solche Ebenen erkennen: die Frage von „Schuld“, Mitwissertum, Vertuschertum, Distanzierung, Zivilcourage.
    Ich erinnere mich an eigene „langweilige“ Schullektüren, die manches Buch vermiesten. Man wünschte sich anderes... Dennoch stimmt es mich heute etwas nachdenklich, ja traurig, falls solch ein wichtiges Buch aus einer Schlüsselzeit Deutschlands (und einer immer wieder aktuellen Infragestellung diktatorialer Gesellschaften) als „langweilig und öd“ oder aber als „moralische Zeigefinger“ empfunden werden.
    Ich sah etwas Faszinierendes gerade auch in einer anderen Thematik des Buches, die ich nicht als „moralisch“ bezeichnen würde (wenn sie es dann wäre, dann: prima! Mehr davon!!!): Der „wissende“ Lehrer hält sich anfänglich aus verschiedenen Gründen bedeckt, will seine Pension nicht verlieren, findet nicht zu einer Ehrlichkeit sich selbst gegenüber, anderen gegenüber. In diesem Maskenspiel hat er auch keinen Zugang zu Gott, bezeichnet sich als Ungläubiger. In dem Maße, wo er sich von der Last der Rolle und der Ängste freimachen kann, offen seine Schuld und Verstrickung erkennt, legen sich auch die anderen Beziehungen offen! Plötzlich erfährt er Erleichterung, ja sogar Heiterkeit, Sorglosigkeit trotz des Verlustes aller Sicherheiten. Zunächst mag er (vor Gericht) alleine dastehen, doch schnell ergeben sich neue Solidaritäten und Freundschaften. In dem Moment ergibt sich wie eine Aufwärtsbewegung, eine Kehrtwende: und der Ich-Erzähler findet zu sich selbst, zu den anderen, und zu Gott (zurück).
    Viel Materie zum Überlegen – ein tolles Buch! Lesen!!!
    Ich sah gerade zufällig, dass es bei Wiki sogar einen riesigen Artikel über das Buch gibt (wer immer dazu noch mehr wissen will oder andere Interpretationsansätze.):
    http://de.wikipedia.org/wiki/J…#Das_Zeitalter_der_Fische
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  • Rezension zu Jugend ohne Gott

    Ich möchte euch eines meiner Top-10 Bücher vorstellen, eines der wenigen, die ich öfter als 1x gelesen habe (um genau zu sein, jetzt zum dritten Mal):
    Inhalt:
    _„Alle Neger sind hinterlistig, feig und faul“_ schreibt ein Schüler zu dem von der Aufsichtsbehörde vorgegebenen Thema „Warum müssen wir Kolonien haben“.
    Der Lehrer, alleinstehend, 34 Jahre alt, schließt sich dieser aus Vorurteilen bestehenden Gesellschaft mit seinem Denken nicht an, doch nach außen „macht er mit“, weil er Angst um seinen Job hat. Seine Antwort _„Neger sind auch Menschen“_ bringt ihn in größte Schwierigkeiten mit den Eltern und auch den Spitznamen „Neger“ unter den Schülern.
    Mit großem Bedenken beobachtet er die Verrohung der Jugend (_„alles Denken ist ihnen verhasst. Sie pfeifen auf die Menschen! Sie wollen Maschinen sein, Schrauben, Räder, Kolben, Riemen - doch lieber als Maschinen wären sie Munition: Bomben, Schrapnells, Granaten. Wie gerne würden sie krepieren auf irgendeinem Feld! Der Name auf einem Kriegsdenkmal ist der Traum ihrer Pubertät“_), die Vorgabe durch die Medien „was zu denken ist“. Verstärkt wird dieser Verlust der Individualität dadurch, dass die Schüler nur Großbuchstaben statt Namen („Nummern“) haben. Das sogenannte „Zeitalter der Fische“ ist im Anbruch.
    Er begleitet seine Schüler auf ein von der Regierung verordnetes Ferienlager zur körperlichen Ertüchtigung. Als dort ein Mord geschieht, in den auch er gewissermaßen am Rande verwickelt ist, tritt er aus seiner Introvertiertheit und Phlegmatik heraus, springt über seinen Schatten und kämpft offen für die Wahrheit und Fairness, ohne Rücksicht auf Verluste.
    Der Lehrer hadert mit Gott, kann nicht begreifen, warum Gott solche Zustände zulässt. Doch während des Romans ändert sich auch sein Gottesbild.
    Ödön von Horvath:
    Geb. am 9.12.1901, als unehelicher Sohn des ungarischen Diplomaten Dr. Edmund Josef Horvath und der Maria Hermine Prehnal im ungarischen Fiume (heute: Rijeka, Kroatien)
    Er besucht Schulen in Budapest, Wien und München, studiert Germanistik in München.
    Er lebt in Berlin, Salzburg und Murnau (Oberbayern).
    1927
    Seine frühen Theaterstücke, wie "Revolte auf Côte 3018", zeigen seine Hinwendung zur Volkskultur und politischen Geschichte Deutschlands.
    Aufgrund des Erstarkens der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) warnt Horváth in seinen Stücken zunehmend vor den Gefahren des Faschismus.
    1930
    Veröffentlichung des Romans "Der ewige Spießer".
    1931
    Uraufführung der bedeutendsten Theaterstücke Horváths - "Italienische Nacht" und "Geschichten aus dem Wienerwald" - in Berlin. Durch den Erfolg dieser Stücke wird Carl Zuckmayer auf Horváth aufmerksam. Zwischen beiden entwickelt sich eine Freundschaft.
    Horváth erhält für "Geschichten aus dem Wienerwald" den Kleist-Preis.
    1933-1938
    Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten übersiedelt Horváth nach Wien. Er schreibt weiterhin Theaterstücke und Romane.
    1937
    Uraufführung der Komödie "Figaro lässt sich scheiden" in Prag.
    Veröffentlichung des gegen die Diktatur gerichteten Romans "Jugend ohne Gott" in Amsterdam.
    1938
    Nach dem "Anschluß" Österreichs emigriert Horváth nach Paris.
    Er veröffentlicht den Roman "Ein Kind unserer Zeit" in Amsterdam und New York.
    1. Juni: Ödön von Horváth wird auf den Champs-Élysées während eines Gewitters von einem Ast erschlagen.
    Meine Meinung:
    Für mich eines der wichtigsten Werke der Zwischenkriegsliteratur, das in keinem Schulunterricht fehlen darf und auch beim dritten Wiederlesen immer noch wahnsinnig viel hergibt. Ein Buch, das von Erzähltechnik und Stil sehr einfach geschrieben ist, mit seinen knapp 150 Seiten rasch ausgelesen ist, aber über das man stundenlang sinnieren und interpretieren kann. Über Mitläufertum, über den Mut, den Mund aufzumachen, über die Gefahr der Anonymität und der Gleichgültigkeit über die Gefahr der Manipulation, etc.
    ABSOLUT EMPFEHLENSWERT
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Ausgaben von Jugend ohne Gott

Taschenbuch

Seitenzahl: 112

Hardcover

Seitenzahl: 128

E-Book

Seitenzahl: 120

Jugend ohne Gott in anderen Sprachen

  • Deutsch: Jugend ohne Gott (Details)
  • Englisch: Jugend ohne Gott (Details)

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