Adler und Engel

Buch von Juli Zeh, Anna Thalbach

Bewertungen

Adler und Engel wurde insgesamt 25 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,3 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Adler und Engel

    Handlung
    Nachdem seine Freundin - oder so etwas in der Art - sich eine Kugel durch den Kopf gejagt hat, verliert Max langsam aber sicher die Kontrolle über sein Leben, das er im Grunde sowieso schon seit einiger Zeit nicht mehr wirklich im Griff hatte.
    Und dabei sieht es eigentlich so aus, als wäre er ein erfolgreicher Typ. Als bester Absolvent seiner Universität hat er sein Jura-Studium abgeschlossen und danach ziemlich flott einen prestigeträchtigen Job in einer der größten Kanzleien Wiens bekommen. Der Chef mag ihn und er arbeitet sich als Balkanexperte schnell zu einem unersetzlichen Teil der Firma hoch. Dennoch wurde er irgendwann nach Leipzig versetzt, was einer karrieretechnischen Beschneidung gleich kam. Dennoch lief sein Leben zumindest irgendwie vorwärts. Bis zu dem verhängnisvollen Telefonat mit Jessie, während dessen er zum letzten Mal ihre Stimme hören sollte.
    Nach ihrem Tod ist Max am Ende. Er hat jeden Lebenswillen verloren und wartet mehr oder weniger nur noch darauf, dass sein Körper aufhört, weiterzumachen. Da kommt die Radiomoderatorin und Psychologiestudentin Clara auf den Schirm, die seine Psychose für ihre Diplomarbeit verwenden möchte und deshalb darauf besteht, dass er ihr seine ganze Geschichte erzählt. Und die ist nicht nur länger und komplexer als erwartet, sondern steckt ganz tief drin im organisierten Verbrechen. Tiefer sogar, als Max selbst es sich eingestehen will.
    Meine Meinung
    Gerade habe ich dieses Buch beendet und bleibe etwas verloren und ratlos zurück. Was will mir die Geschichte sagen? Will sie mir überhaupt etwas sagen? Und wie kann sie gleichzeitig so leise und dennoch so verstörend sein?
    Zunächst einmal zu den Formalia, die mich anfangs ein wenig verwirrt, aber irgendwann gar nicht mehr gestört haben: wörtliche Rede wird nicht gekennzeichnet und auch die Qualität der Rede sind im Text formal nicht markiert. Was bedeutet, dass man einen Gesprächsbeitrag der Figuren nur am hintenan gestellten "sagte sie" erkennen kann. Und auch Fragesätze sind nicht mit einem Fragezeichen markiert, sondern lediglich durch ein "fragte er" erkennbar, sodass formal betrachtet die Sätze gleichermaßen Aussage- wie Fragesatz sein könnten. Was in vielen Fällen sogar Sinn ergibt und den Text noch vielschichtiger macht, als er ohnehin schon ist.
    Die Geschichte ist so verwirrend, weil sich nirgendwo ein Zeichen von gewohnten und (so sehr ich das Wort hasse, aber hier gehört es irgendwie hin) normalen Verhaltensmustern ist, an dem man sich orientieren könnte. Keine Figur verhält sich nachvollziehbar - und doch sind es keine unlogisch konzipierten Charaktere. Im Gegenteil eröffnet sich dem Leser beim Voranschreiten der Lektüre eine Welt, in der es keine andere rationale Handlungsmöglichkeit gibt, als möglichst irrational zu handeln, damit die Figuren das erreichen können, was sie sich wünschen.
    Dabei verfolgen wir im Grunde in einer unaufhaltsamen Abwärtsspirale den seelischen Verfall von Max und augenscheinlich auch von Clara, auch wenn ich mir bei ihr nicht sicher bin, ob es da wirklich so rasant und irreversibel abwärts geht, denn im Text ist auch die Möglichkeit angelegt, dass sie die Kontrolle nicht endgültig verliert. Was ich mir bei dem ganzen freiwilligen und unfreiwilligen Drogenkonsum allerdings nur schwer vorstellen kann. Ich glaube, die Figuren in diesem Buch haben alleine so viel gekokst, wie alle anderen Figuren in jedem Buch, das ich jemals gelesen habe, zusammen.
    So surreal diese Rahmenhandlung aber auch ist, nichts toppt das, was Max für Clara in vielen kurzen Episoden in ein Diktiergerät spricht. Jessies und seine Geschichte handelt von einer geistig kranken, psychisch labilen, aber lebensfrohen und kindlichen jungen Frau und einem ihr verfallenen Mann. Beide mit verrückten Ideen, Luftschlössern, um sich gegenseitig und sich selbst das Leben zu ermöglichen.
    Der Schreibstil ist ebenso verwirrend wie alles andere und das ist auch nur konsequent. Ich kann nicht sagen, dass er verschnörkelt ist oder verspielt, denn es ist eine Nüchternheit, fast schon Kühle darin. Dennoch spart die Autorin nicht mir eindrücklichen Metaphern und sprachlichen Bildern. Nur ist alles von einem melancholischen Grundtenor durchsetzt, der sehr gut zu Max und seinem resignierten Zustand passt.
    Insgesamt ein interessantes Buch, mit dem ich mich noch eine Zeit lang gedanklich beschäftigen werde. Ich finde aber, man merkt ihm an, dass es der Debüt-Roman von Juli Zeh war, denn er ist um einiges unkommunikativer als die übrigen Werke, die ich von ihr gelesen habe. Doch viele Motive, die sie in späteren Werken wieder aufgreift, erkennt man hier wieder - vor allem, wenn es um die Frage nach Wahrheit und Erkenntnis geht. Insgesamt kann ich nur eine solide Wertung von geben. Es war eine sehr interessante Lektüre, die ich nicht missen möchte, aber vom Hocker gerissen hat mich das Buch nicht.
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  • Rezension zu Adler und Engel

    […]
    Das kann ich leider nicht so bestätigen…eher im Gegenteil…
    Gerade eben habe ich das Buch zu Ende gelesen, doch ich bin noch sehr unsicher, was ich dazu sagen soll. Vielleicht muss ich ihm noch ein bisschen Zeit geben, sich zu setzen.
    Was ich aber jetzt auf alle Fälle schon einmal sagen kann, ist, dass auch ich mit dem Schluss einigermaßen unzufrieden bin. Es bleiben zu viele Fragen offen, und dabei meine ich noch nicht einmal, ob Max Clara noch ein Mal wiedersieht oder nicht und ob er sein Leben wieder in den Griff bekommt oder nicht (obwohl mich das alles auch sehr interessieren würde). Ich frage mich vor allem, weshalb Jessie sich nun tatsächlich erschossen hat, denn ich finde, dass im ganzen Verlauf der Geschichte dafür keine (ausreichende) Erklärung gegeben wird – und noch dazu, warum sie es tat, während sie ihren Freund am Telefon hatte. Außerdem frage ich mich, warum Clara mit Max nach Wien gefahren ist, denn ich finde, dass es auch dafür nicht wirklich einen Grund gegeben hat.
    Es gibt noch weitere Unklarheiten in diesem Buch, die mich ein bisschen stören, was damit anfängt, dass ich es sehr seltsam finde, dass ausgerechnet der Tontechniker der Sendung mit den Leuten zu tun hat, zu denen auch Max’ Freundin gehörte. Und wie überhaupt allem Anschein nach in Max’ Umkreis fast jeder jeden irgendwie zu kennen scheint. Außerdem wüsste ich gerne, wie Shershah tatsächlich gestorben und was danach mit ihm passiert ist. Das alles ist irgendwie komisch und deshalb lässt mich dieses Buch eher verwirrt zurück.
    Und daher kann ich – wie ich vorher schon schrieb – noch (lange) nicht sagen, wie ich das Buch gefunden habe. Nach einer Weile habe ich mich zwar an den Schreibstil gewöhnt und bin dann auch recht flott vorwärts gekommen, aber eine reichlich seltsame Geschichte hat Juli Zeh, meiner Meinung nach, mit Adler und Engel dennoch geschrieben.
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Rezensionen zum Hörbuch

  • Rezension zu Adler und Engel

    Was für eine chaotische Geschichte, die da aus einer Teenagerliebe erwächst. Es geht um Drogenhandel und -schmuggel, geschickt vermischt mit den Kriegswirren auf dem Balkan und der danach folgenden Osterweiterung - das sind die unschönen Beigaben einer Liebesgeschichte die keine ist. Max ist verliebt in Jessy, die aber in Scherscha - der wiederum nur an viel Geld interessiert ist, an das er über Jessy heranzukommen glaubt, deren Vater ein Drogenhändlier im großen Stil ist. Max zieht sich zurück, wird ein erfolgreicher Anwalt im Völkerrecht und begegnet Jessy wieder. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als sich der Kontakt zu seiner alten Liebe intensiviert...
    Grundsätzlich keine schlechte Geschichte, wie hier das Grauen des Drogenhandels wie auch des Balkankrieges einem vor Augen geführt wird wie auf übelste Weise beides zusammengeführt wird. Doch irgendwie empfand ich die Art in der Alles zusammenhing, ziemlich konstruiert. Nichts, aber auch überhaupt nichts wurde hier dem Zufall überlassen, alles war geplant und von bösen Hintermännern in die Wege geleitet worden. Es löst sich am Ende (wenn auch nicht in Wohlgefallen) zwar alles auf und die Zusammenhänge sind klar erkennbar, doch etwas weniger Konstruktion hätte für meinen Geschmack dem Roman sehr gut getan. So bleibt es im Rückblick für mich eine recht chaotische Geschichte mit noch chaotischeren Hauptfiguren.
    Sehr gut gefallen hat mir aber Anna Thalbach als Vorleserin, die Jessy für mich überdeutlich darstellte mit ihrer feinen, manchmal leicht abwesend klingenden Stimme. Auch der Part von Max gefiel mir - recht neutral, schwer zu entscheiden ob Mann oder Frau, genau richtig für diese Figur.
    Alles in allem also ok - wenn man Anna Thalbach mag ;-)
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Ausgaben von Adler und Engel

Taschenbuch

Seitenzahl: 576

E-Book

Seitenzahl: 571

Hardcover

Seitenzahl: 444

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