Dennoch Mensch

Buch von Elio Vittorini

Bewertungen

Dennoch Mensch wurde insgesamt 2 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,8 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Dennoch Mensch

    Original : Uomini e no (Italienisch, geschrieben 1944, veröffentlicht 1945)
    Übersetzer : Arianna Giachi, 1963
    Existiert in Deutsch auch unter dem Titel : Der Mensch N 2, 1946
    INHALT :
    N 2 ist die Zentralfigur dieses Romans. Wir folgen seinen Aktionen als Kapitän im Widerstand gegen die Faschisten wie auch seinem sentimentalen Leben. Als Angehöriger des bewaffneten Widerstandes steht er vor Gewissensfragen : gewisse Aktionen gegen deutsche Soldaten ziehen deren Racheaktionen nach an Unschuldigen und ebenfalls stellt sich ganz verborgen die Frage nach Schuld und Unschuld von Protagonisten eines gewissen Niveaus. Als Liebhaber erfährt er die Grenzen seiner Liebe zu Berta durch ihre schon zehnjährige Ehe, die fallenzulassen sie sich nicht entscheiden kann.
    BEMERKUNGEN :
    In meiner französischen, schon älteren Ausgabe 143 Kapitelchen auf 246 Seiten ! Das Buch spielt im Winter 1944 in Mailand und hat, grob gesehen, jene oben angesprochenen zwei Handlungsfäden. Der Widerständler N 2 (ursprünglich aus Sizilien) kennt für viele seine Milieus überhaupt keine Frau, doch wir wissen, dass er seine Geliebte Berta (aus der Lombardei) immer wiederfindet: eine Liebe, die eigentlich Ewigkeitscharakter hat, was auch durch Ausflüge in eine (imaginär?) gemeinsame Kindheit angedeutet wird. Doch Berta ist seit zehn Jahren anderweitig verheiratet, kann sich nicht entscheiden… Im Kontext des Widerstandes stellt sich die Frage nach dem Platz einer persönlichen Beziehung : «Ihr wollt zum Wohle des Menschen arbeiten, und doch wißt Ihr nicht, was die Menschen brauchen, um glücklich zu sein. » Manche Kapitel über jene Beziehung, teils mit Rückblicken auf die Kindheit, sind kursiv gedruckt, und aus der Sicht eines beobachtenden Ich-Erzählers. Doch ist dieser, wie es sich zu entpuppen scheint, nicht viel näher dran an N 2, sozusagen als «dessen « Geist », gar « Spektrum » ? Oder IST ER ES SELBST ?
    Der ganz große zweite Handlungsstrang (sicherlich dennoch verbunden mit den persönlichen, intimeren Entscheidungen!) handelt über den Widerstand. Die von N 2 geleiteten Zellen führen Angriffe aus, töten deutsche Soldaten. Auf überraschende Weise wird dieser ausgeübten Gewalt die Friedfertigkeit eben derselben einfachen Männer gegenübergestellt. Einfache und friedfertige Menschen, die doch kämpfen… Ist es erlaubt, Zweifel angesichts der Gewalt zu haben, auch angesichts der Konsequenzen des eigenen Handelns (Hinrichtung von Geiseln, Unschuldigen durch die Deutschen) ?
    Zum Vorgehen des Autors : eine gewisse Einfachheit der Dialoge läßt öfter Fragen wiederholen, kreisend sich neu stellen. Also eine gewiße Wiederholung, die sicherlich den ein und die andere erstaunen oder gar ärgern kann. Was soll denn das – höre ich einige Leser. Frage – Antwort – Nachfrage – Bestätigung. Manchmal eventuell zu systematisch, zu repetitiv, zu unbeholfen?! Meines Erachtens unterstreicht dieses rhetorische Mittel die unbehaglichen Fragen (des Autors), die Absurdität von Gewalt, die Zwickmühle von N 2 und Berta !
    In einem zusätzlich eingefügten Vorwort zu einer weiteren französischen Ausgabe führt Vittorini einige Gedanken zum teils in verschiedenen Sprachen mißverständlich übersetzten Titel des Buches an : Es handelt sich nicht um eine (dualistische oder manichäische) Gegenüberstellung verschiedener Menschen oder Menschengruppen, von denen die einen also « Menschen », die anderen es wiederum nicht wären. Nein, der Bruch, oder die Anteile des Menschlichen, bzw Unmenschlichen gehen durch jeden Menschen. Anteile davon gibt es in jedem von uns. Insofern will der Autor jede Einseitigkeit vermeiden, stellt Menschen nicht gegeneinander. Selbst nicht – sicherlich provozierend – Widerständler und Deutsche, die ebenso sich ihre Zeit mit Alltäglichkeiten vertreiben wie ihre Italienischen Gegner?! Sondern der Autor zeigt sie letztlich in gewisser Hinsicht als gemeinsame Opfer, bzw als Geschwister…
    Nicht überraschend ist dann (ohne dass ich diese Abhandlung gelesen hätte), wenn man im Net den Hinweis auf Studien zum « Menschenbild » in diesem Roman findet.
    Es gibt zu diesem Buch eine Verfilmmung aus dem Jahre 1980 von Valentino Orsini.
    Ich denke, dass man diesen nur oberflächlich unbeholfen wirkenden Roman langsam lesen kann : er enthüllt sich als Ort großer Fragen. Manchmal sehe ich die beschriebende Absurdität, oder auch die angedeutete Schönheit und denke : das ist ein großer Roman ! Und meine Achtung vor Vittorini, der aus dem Kreis der italienischen PC kommt, wächst und wächst !
    AUTOR :
    Elio Vittorini, 1908 als Sohn eines bolognesischen Eisenbahners und einer syrakusischen Mutter in Syrakus, Sizilien, geboren, war Schriftsteller, Publizist und Übersetzer. Als Kind fuhr er oft mit dem Vater auf dem Zug mit, entwischte auch mehrmals per Eisenbahn, lebte dann ab 1924 zunächst in Gorizia und dann in Norditalien. Dort arbeitete er zunächst als Buchhalter eines Bauunternehmens. 1930 zog er nach Florenz, wo er als Korrekturleser bei « Nazione » arbeitete. In jener Zeit fing er auch intensiver an zu schreiben (1927 erste Veröffentlichungen). 1931 musste er wegen einer Bleivergiftung die Arbeit als Korrektor aufgeben und lebte viel von Übersetzungsarbeiten aus dem Englischen (Faulkner, Poe, Lawrence). 1936 trat er für eine Parteinahme für die Republikaner im spanischen Bürgerkrieg ein, stand aber in dieser Zeit eigentlich noch der faschistischen Partei relativ nahe. 1939 Umzug nach Mailand und Arbeit an der Herausgabe amerikanischer Schriftsteller. Er nahm am Widerstand teil, näherte sich der kommunistischen Partei an und wurde 1943 als Gegner des Mussolini-Regimes inhaftiert. 1945 trat er der kommunistischen Partei Italiens bei (PCI), von der er sich später wieder distanzierte. Nach dem Krieg war er eine der wichtigsten kulturpolitischen Stimmen Italiens. Ab 1951 arbeitete er bei Einaudi, auch Mondadori, und « entdeckte » für das Verlagshaus neue Schriftsteller und leitete thematische Veröffentlichungen/Serien.
    Er starb 1966 an den Folgen eines Magenkrebses in Mailand.
    (Quelle und mehr, siehe auch unter http://de.wikipedia.org/wiki/Vittorini und wikipedia.it als auch Wagenbach)
    Taschenbuch
    Umfang: 154 S
    Verlag: Rowohlt, (1967)
    Sprache: Deutsch
    ASIN: B00HFH818O
    Andere Ausgabe:
    Gebundene Ausgabe: 227 Seiten
    Verlag: Walter (1963)
    Sprache: Deutsch
    ASIN: B0000BOYZX
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Ausgaben von Dennoch Mensch

Dennoch Mensch in anderen Sprachen

  • Deutsch: Dennoch Mensch (Details)
  • Italienisch: Uomini e no (Details)

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